wohl wieder gut werden, wenn ich nur sage, daß ich seine Nichte heirathen will, geh er nur voraus, ich komme gleich nach und bringe alles ins gleiche.
Johann war dumm genug, dieses zu glauben und ließ mich wandeln, ich aber eilte zum Thor hin- aus, durch welches man zwei Minuten vorher ei- nige Recruten transportirt hatte, erreichte sie glück- lich und beging in der Angst die Uebereilung mich anwerben zu lassen. Meine Figur gefiel dem trans- portirenden Unterofficier, er nahm mich unter sei- ne Erkauften auf und wir erreichten glücklich den ersten Ort, wo gerastet ward.
Um wegen des Nachsetzens oder aller weitern Frage sicher zu sein, erzählte ich dem Unterofficier freimüthig, daß ich ein Mädchen mit mir herum geführt hätte, und daß mich jetzt die Eltern zwin- gen wollten, sie zu heirathen, wozu ich aber nicht Lust hätte, weil ich nicht ihr erster Verführer wäre. Jch hatte noch Goldstücke bei mir, von denen ich ein paar dem Unterofficier verehrte, er war him- melfroh einen so ansehnlichen Recruten nicht nur ohne Handgeld bekommen zu haben, sondern so- gar noch von ihm beschenkt worden zu sein und versprach mir Schutz.
Die Furcht, man werde mich zwingen, Hann- chen meine Hand zu geben, war nicht ein bloßer Vorwand; sie hatte sich hinter dem ersten Schreck bald genung eingestellt, auch war nichts begreifli- cher, da Hannchens Familie keine andere Art kennen konnte, den ihnen angethanen Schimpf zu tilgen, als mir ihre entführte Tochter zum Weibe zu geben, so ungern sie mich auch, nachdem sie mich von der
rech-
wohl wieder gut werden, wenn ich nur ſage, daß ich ſeine Nichte heirathen will, geh er nur voraus, ich komme gleich nach und bringe alles ins gleiche.
Johann war dumm genug, dieſes zu glauben und ließ mich wandeln, ich aber eilte zum Thor hin- aus, durch welches man zwei Minuten vorher ei- nige Recruten transportirt hatte, erreichte ſie gluͤck- lich und beging in der Angſt die Uebereilung mich anwerben zu laſſen. Meine Figur gefiel dem trans- portirenden Unterofficier, er nahm mich unter ſei- ne Erkauften auf und wir erreichten gluͤcklich den erſten Ort, wo geraſtet ward.
Um wegen des Nachſetzens oder aller weitern Frage ſicher zu ſein, erzaͤhlte ich dem Unterofficier freimuͤthig, daß ich ein Maͤdchen mit mir herum gefuͤhrt haͤtte, und daß mich jetzt die Eltern zwin- gen wollten, ſie zu heirathen, wozu ich aber nicht Luſt haͤtte, weil ich nicht ihr erſter Verfuͤhrer waͤre. Jch hatte noch Goldſtuͤcke bei mir, von denen ich ein paar dem Unterofficier verehrte, er war him- melfroh einen ſo anſehnlichen Recruten nicht nur ohne Handgeld bekommen zu haben, ſondern ſo- gar noch von ihm beſchenkt worden zu ſein und verſprach mir Schutz.
Die Furcht, man werde mich zwingen, Hann- chen meine Hand zu geben, war nicht ein bloßer Vorwand; ſie hatte ſich hinter dem erſten Schreck bald genung eingeſtellt, auch war nichts begreifli- cher, da Hannchens Familie keine andere Art kennen konnte, den ihnen angethanen Schimpf zu tilgen, als mir ihre entfuͤhrte Tochter zum Weibe zu geben, ſo ungern ſie mich auch, nachdem ſie mich von der
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wohl wieder gut werden, wenn ich nur ſage, daß
ich ſeine Nichte heirathen will, geh er nur voraus,
ich komme gleich nach und bringe alles ins gleiche.
Johann war dumm genug, dieſes zu glauben
und ließ mich wandeln, ich aber eilte zum Thor hin-
aus, durch welches man zwei Minuten vorher ei-
nige Recruten transportirt hatte, erreichte ſie gluͤck-
lich und beging in der Angſt die Uebereilung mich
anwerben zu laſſen. Meine Figur gefiel dem trans-
portirenden Unterofficier, er nahm mich unter ſei-
ne Erkauften auf und wir erreichten gluͤcklich den
erſten Ort, wo geraſtet ward.
Um wegen des Nachſetzens oder aller weitern
Frage ſicher zu ſein, erzaͤhlte ich dem Unterofficier
freimuͤthig, daß ich ein Maͤdchen mit mir herum
gefuͤhrt haͤtte, und daß mich jetzt die Eltern zwin-
gen wollten, ſie zu heirathen, wozu ich aber nicht
Luſt haͤtte, weil ich nicht ihr erſter Verfuͤhrer waͤre.
Jch hatte noch Goldſtuͤcke bei mir, von denen ich
ein paar dem Unterofficier verehrte, er war him-
melfroh einen ſo anſehnlichen Recruten nicht nur
ohne Handgeld bekommen zu haben, ſondern ſo-
gar noch von ihm beſchenkt worden zu ſein und
verſprach mir Schutz.
Die Furcht, man werde mich zwingen, Hann-
chen meine Hand zu geben, war nicht ein bloßer
Vorwand; ſie hatte ſich hinter dem erſten Schreck
bald genung eingeſtellt, auch war nichts begreifli-
cher, da Hannchens Familie keine andere Art kennen
konnte, den ihnen angethanen Schimpf zu tilgen,
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/472>, abgerufen am 22.11.2024.
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