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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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der Orden, welchen er trug, sagte mir, er sei ein
vornehmer Mann; weßhalb ich es auch für bloße
Einbildung hielt, daß es mir vorkam, als hätte
ich diese Gestalt und dieses Gesicht irgend ein-
mal gesehen.

Er ist also durch die Gnade des Monarchen
dem Tode glücklich entgangen, sagte der General,
und dafür hat er sich bei seiner Exellenz dem Mi-
nister Grafen Pardenhein zu bedanken. Jndem
ich dieß vernahm, blickte ich auf nach dem Gra-
fen, an den mich ein etwas, welches ich nicht erra-
then konnte, ohnehin fast magnetisch zog, und
nahte mich ihm, um ihm den gebührenden Dank
zu sagen, doch noch war ich ziemlich kalt dabei.
Ehe ich sprechen konnte, fragte mich der Mini-
ster mit Lachen, ob ich mich nicht auf einen
Mann besinnen könnte, den ich als Kind in die
Wade gebissen hätte? --

Hier war der erste, nie möglich geglaubte Au-
genblick, wo mein Herz zu fühlen begann.

Jndem ich noch immer darauf bestehe, daß
ich so, wie ich von jeher war, eben recht bin,
und mich nicht leicht zu dem weinerlichen Be-
kenntniß entschließen werde, daß die Johann Ja-
cobe und Peters, die Celestins, Felße, und wer
ihnen sonst gleich ist, recht haben, ärgere ich
mich noch über die blitzschnelle Rührung, die
mich zu des Mannes Füßen hinwarf, indem die
ersten Thränen, seit ich als Kind vor Bosheit
geweint hatte, mir in die Augen traten. Er hob
mich auf "Jst, sagte er, diese Rührung Vorläu-
fer deiner Besserung? Dann mein Sohn, wünsch
ich dir und mir Glück zu dieser Begebenheit. Jch
habe dem ehrlichen Mann, dessen Namen Du
führst, durch diesen entscheidenden Augenblick, der
Dich vielleicht vom Wege des Lasters zurückbringt,
eine bessere Vergeltung seiner Freundschaft gelei-
stet, als die Rettung deines Lebens an sich ist.
Deine Geschichte ist mir bekannt, Du würdest
das Leben nur wieder haben, um noch mehr

Uebel-

der Orden, welchen er trug, ſagte mir, er ſei ein
vornehmer Mann; weßhalb ich es auch fuͤr bloße
Einbildung hielt, daß es mir vorkam, als haͤtte
ich dieſe Geſtalt und dieſes Geſicht irgend ein-
mal geſehen.

Er iſt alſo durch die Gnade des Monarchen
dem Tode gluͤcklich entgangen, ſagte der General,
und dafuͤr hat er ſich bei ſeiner Exellenz dem Mi-
niſter Grafen Pardenhein zu bedanken. Jndem
ich dieß vernahm, blickte ich auf nach dem Gra-
fen, an den mich ein etwas, welches ich nicht erra-
then konnte, ohnehin faſt magnetiſch zog, und
nahte mich ihm, um ihm den gebuͤhrenden Dank
zu ſagen, doch noch war ich ziemlich kalt dabei.
Ehe ich ſprechen konnte, fragte mich der Mini-
ſter mit Lachen, ob ich mich nicht auf einen
Mann beſinnen koͤnnte, den ich als Kind in die
Wade gebiſſen haͤtte? —

Hier war der erſte, nie moͤglich geglaubte Au-
genblick, wo mein Herz zu fuͤhlen begann.

Jndem ich noch immer darauf beſtehe, daß
ich ſo, wie ich von jeher war, eben recht bin,
und mich nicht leicht zu dem weinerlichen Be-
kenntniß entſchließen werde, daß die Johann Ja-
cobe und Peters, die Celeſtins, Felße, und wer
ihnen ſonſt gleich iſt, recht haben, aͤrgere ich
mich noch uͤber die blitzſchnelle Ruͤhrung, die
mich zu des Mannes Fuͤßen hinwarf, indem die
erſten Thraͤnen, ſeit ich als Kind vor Bosheit
geweint hatte, mir in die Augen traten. Er hob
mich auf „Jſt, ſagte er, dieſe Ruͤhrung Vorlaͤu-
fer deiner Beſſerung? Dann mein Sohn, wuͤnſch
ich dir und mir Gluͤck zu dieſer Begebenheit. Jch
habe dem ehrlichen Mann, deſſen Namen Du
fuͤhrſt, durch dieſen entſcheidenden Augenblick, der
Dich vielleicht vom Wege des Laſters zuruͤckbringt,
eine beſſere Vergeltung ſeiner Freundſchaft gelei-
ſtet, als die Rettung deines Lebens an ſich iſt.
Deine Geſchichte iſt mir bekannt, Du wuͤrdeſt
das Leben nur wieder haben, um noch mehr

Uebel-
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[484/0488] der Orden, welchen er trug, ſagte mir, er ſei ein vornehmer Mann; weßhalb ich es auch fuͤr bloße Einbildung hielt, daß es mir vorkam, als haͤtte ich dieſe Geſtalt und dieſes Geſicht irgend ein- mal geſehen. Er iſt alſo durch die Gnade des Monarchen dem Tode gluͤcklich entgangen, ſagte der General, und dafuͤr hat er ſich bei ſeiner Exellenz dem Mi- niſter Grafen Pardenhein zu bedanken. Jndem ich dieß vernahm, blickte ich auf nach dem Gra- fen, an den mich ein etwas, welches ich nicht erra- then konnte, ohnehin faſt magnetiſch zog, und nahte mich ihm, um ihm den gebuͤhrenden Dank zu ſagen, doch noch war ich ziemlich kalt dabei. Ehe ich ſprechen konnte, fragte mich der Mini- ſter mit Lachen, ob ich mich nicht auf einen Mann beſinnen koͤnnte, den ich als Kind in die Wade gebiſſen haͤtte? — Hier war der erſte, nie moͤglich geglaubte Au- genblick, wo mein Herz zu fuͤhlen begann. Jndem ich noch immer darauf beſtehe, daß ich ſo, wie ich von jeher war, eben recht bin, und mich nicht leicht zu dem weinerlichen Be- kenntniß entſchließen werde, daß die Johann Ja- cobe und Peters, die Celeſtins, Felße, und wer ihnen ſonſt gleich iſt, recht haben, aͤrgere ich mich noch uͤber die blitzſchnelle Ruͤhrung, die mich zu des Mannes Fuͤßen hinwarf, indem die erſten Thraͤnen, ſeit ich als Kind vor Bosheit geweint hatte, mir in die Augen traten. Er hob mich auf „Jſt, ſagte er, dieſe Ruͤhrung Vorlaͤu- fer deiner Beſſerung? Dann mein Sohn, wuͤnſch ich dir und mir Gluͤck zu dieſer Begebenheit. Jch habe dem ehrlichen Mann, deſſen Namen Du fuͤhrſt, durch dieſen entſcheidenden Augenblick, der Dich vielleicht vom Wege des Laſters zuruͤckbringt, eine beſſere Vergeltung ſeiner Freundſchaft gelei- ſtet, als die Rettung deines Lebens an ſich iſt. Deine Geſchichte iſt mir bekannt, Du wuͤrdeſt das Leben nur wieder haben, um noch mehr Uebel-

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/488>, abgerufen am 22.11.2024.