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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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ihm. Frau von Treff ahnete davon nichts, sobald
sie geschieden war, schrieb sie ihm nachstehenden
Brief, welcher nebst der Antwort durch ein Ohnge-
fähr in die Hände des Publikums kam.

"Wenn ich es nicht durch andere erfahren hätte,
daß ein alter reicher Oheim so klug gewesen ist zu
sterben, und Jhnen sein Vermögen zu hinterlassen,
so würde ich bekümmert um Sie sein, und wegen
Jhres Stillschweigens, da Sie mir doch zu schrei-
ben versprochen hatten, Sie wohl gar für erkaltet
in der Freundschaft, oder eigentlicher in der Liebe
gegen mich halten. So aber weis ich, daß die Ue-
bernahme einer Erbschaft Geschäfte giebt, und ent-
schuldige Sie.

Meine eigenen verdrüßlichen Geschäfte sind
nun beendigt, ich bin den unerträglichen Treff los,
und jetzt hängt es von mir ab, entweder die edle
Freiheit zu behaupten, oder zu versuchen, ob ich
mit einem andern glücklicher sein werde? Beinahe
hätte ich aus weiblicher Neugier Lust zu diesem
Versuch, indem ich nun dabei die Herren, welche
sich mir anzubieten scheinen, einen nach dem an-
dern in Betrachtung nehme, scheint mir keiner mehr
Aufmerksamkeit zu verdienen, als mein geliebter
Bonitz. Jst der liebe Junge nun seiner Caroline,
wie ich ihn mich zu nennen erlaubte, noch so ge-
wogen,
ihm. Frau von Treff ahnete davon nichts, ſobald
ſie geſchieden war, ſchrieb ſie ihm nachſtehenden
Brief, welcher nebſt der Antwort durch ein Ohnge-
faͤhr in die Haͤnde des Publikums kam.

„Wenn ich es nicht durch andere erfahren haͤtte,
daß ein alter reicher Oheim ſo klug geweſen iſt zu
ſterben, und Jhnen ſein Vermoͤgen zu hinterlaſſen,
ſo wuͤrde ich bekuͤmmert um Sie ſein, und wegen
Jhres Stillſchweigens, da Sie mir doch zu ſchrei-
ben verſprochen hatten, Sie wohl gar fuͤr erkaltet
in der Freundſchaft, oder eigentlicher in der Liebe
gegen mich halten. So aber weis ich, daß die Ue-
bernahme einer Erbſchaft Geſchaͤfte giebt, und ent-
ſchuldige Sie.

Meine eigenen verdruͤßlichen Geſchaͤfte ſind
nun beendigt, ich bin den unertraͤglichen Treff los,
und jetzt haͤngt es von mir ab, entweder die edle
Freiheit zu behaupten, oder zu verſuchen, ob ich
mit einem andern gluͤcklicher ſein werde? Beinahe
haͤtte ich aus weiblicher Neugier Luſt zu dieſem
Verſuch, indem ich nun dabei die Herren, welche
ſich mir anzubieten ſcheinen, einen nach dem an-
dern in Betrachtung nehme, ſcheint mir keiner mehr
Aufmerkſamkeit zu verdienen, als mein geliebter
Bonitz. Jſt der liebe Junge nun ſeiner Caroline,
wie ich ihn mich zu nennen erlaubte, noch ſo ge-
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[64/0068] ihm. Frau von Treff ahnete davon nichts, ſobald ſie geſchieden war, ſchrieb ſie ihm nachſtehenden Brief, welcher nebſt der Antwort durch ein Ohnge- faͤhr in die Haͤnde des Publikums kam. „Wenn ich es nicht durch andere erfahren haͤtte, daß ein alter reicher Oheim ſo klug geweſen iſt zu ſterben, und Jhnen ſein Vermoͤgen zu hinterlaſſen, ſo wuͤrde ich bekuͤmmert um Sie ſein, und wegen Jhres Stillſchweigens, da Sie mir doch zu ſchrei- ben verſprochen hatten, Sie wohl gar fuͤr erkaltet in der Freundſchaft, oder eigentlicher in der Liebe gegen mich halten. So aber weis ich, daß die Ue- bernahme einer Erbſchaft Geſchaͤfte giebt, und ent- ſchuldige Sie. Meine eigenen verdruͤßlichen Geſchaͤfte ſind nun beendigt, ich bin den unertraͤglichen Treff los, und jetzt haͤngt es von mir ab, entweder die edle Freiheit zu behaupten, oder zu verſuchen, ob ich mit einem andern gluͤcklicher ſein werde? Beinahe haͤtte ich aus weiblicher Neugier Luſt zu dieſem Verſuch, indem ich nun dabei die Herren, welche ſich mir anzubieten ſcheinen, einen nach dem an- dern in Betrachtung nehme, ſcheint mir keiner mehr Aufmerkſamkeit zu verdienen, als mein geliebter Bonitz. Jſt der liebe Junge nun ſeiner Caroline, wie ich ihn mich zu nennen erlaubte, noch ſo ge- wogen,

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/68>, abgerufen am 14.05.2024.