Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
wurde aber doch bald verdaut, und da es geschehen
war, fand es die Dame divertisant, hielt es nicht
der Mühe werth, dem insolenten Menschen zu ant-
worten, und lachte, so oft es ihr einfiel, daß er
in seinem frommen Eifer so weit gieng, sie zu ei-
ner eben so absurden Lebensart bekehren zu wollen.

Sie blieb ihrer Art zu denken und zu handeln
treu, bekam auch Liebhaber, die sie nach derselben
allerliebst fanden, und gerieth an einen so despoti-
schen Herrn unter denselben, der die andern alle zu
verscheuchen, und sie an ihn allein zu fesseln ver-
stand -- welch ein Verdienst ihm eigentlich zu die-
ser Allgewalt verholfen, ist nicht bekannt worden.
Er war ein harter Tyrann; sie wäre, da sie es be-
merkte, wie sehr sie in seiner Gewalt war, gern
frei von ihm gewesen, aber er hatte nun einmal seinen
Plan gemacht, nach demselben mußte er sie heira-
then, also ließ er sie nicht los. Sogar schrieb er
ihr Gesetze vor, nach deren Erfüllung er sich erst
mit ihr wollte trauen lassen. Der hohe Liebhaber,
den sie ehemals hatte, war noch mit Erfüllung ei-
nes Versprechens rückständig, bei ihrem vorigen
Mann hatte sie es immer verschoben, darum zu mah-
nen, weil es ihr gewiß genug war, sie es nicht
nöthig hatte, und es Treffen nicht geben wollte.
Graf Plund, ihr jetziger Gebiether, ließ ihr nicht
eher
E 3
wurde aber doch bald verdaut, und da es geſchehen
war, fand es die Dame divertiſant, hielt es nicht
der Muͤhe werth, dem inſolenten Menſchen zu ant-
worten, und lachte, ſo oft es ihr einfiel, daß er
in ſeinem frommen Eifer ſo weit gieng, ſie zu ei-
ner eben ſo abſurden Lebensart bekehren zu wollen.

Sie blieb ihrer Art zu denken und zu handeln
treu, bekam auch Liebhaber, die ſie nach derſelben
allerliebſt fanden, und gerieth an einen ſo despoti-
ſchen Herrn unter denſelben, der die andern alle zu
verſcheuchen, und ſie an ihn allein zu feſſeln ver-
ſtand — welch ein Verdienſt ihm eigentlich zu die-
ſer Allgewalt verholfen, iſt nicht bekannt worden.
Er war ein harter Tyrann; ſie waͤre, da ſie es be-
merkte, wie ſehr ſie in ſeiner Gewalt war, gern
frei von ihm geweſen, aber er hatte nun einmal ſeinen
Plan gemacht, nach demſelben mußte er ſie heira-
then, alſo ließ er ſie nicht los. Sogar ſchrieb er
ihr Geſetze vor, nach deren Erfuͤllung er ſich erſt
mit ihr wollte trauen laſſen. Der hohe Liebhaber,
den ſie ehemals hatte, war noch mit Erfuͤllung ei-
nes Verſprechens ruͤckſtaͤndig, bei ihrem vorigen
Mann hatte ſie es immer verſchoben, darum zu mah-
nen, weil es ihr gewiß genug war, ſie es nicht
noͤthig hatte, und es Treffen nicht geben wollte.
Graf Plund, ihr jetziger Gebiether, ließ ihr nicht
eher
E 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SUS">
          <p><pb facs="#f0073" n="69"/>
wurde aber doch bald verdaut, und da es ge&#x017F;chehen<lb/>
war, fand es die Dame diverti&#x017F;ant, hielt es nicht<lb/>
der Mu&#x0364;he werth, dem in&#x017F;olenten Men&#x017F;chen zu ant-<lb/>
worten, und lachte, &#x017F;o oft es ihr einfiel, daß er<lb/>
in &#x017F;einem frommen Eifer &#x017F;o weit gieng, &#x017F;ie zu ei-<lb/>
ner eben &#x017F;o ab&#x017F;urden Lebensart bekehren zu wollen.</p><lb/>
          <p>Sie blieb ihrer Art zu denken und zu handeln<lb/>
treu, bekam auch Liebhaber, die &#x017F;ie nach der&#x017F;elben<lb/>
allerlieb&#x017F;t fanden, und gerieth an einen &#x017F;o despoti-<lb/>
&#x017F;chen Herrn unter den&#x017F;elben, der die andern alle zu<lb/>
ver&#x017F;cheuchen, und &#x017F;ie an ihn allein zu fe&#x017F;&#x017F;eln ver-<lb/>
&#x017F;tand &#x2014; welch ein Verdien&#x017F;t ihm eigentlich zu die-<lb/>
&#x017F;er Allgewalt verholfen, i&#x017F;t nicht bekannt worden.<lb/>
Er war ein harter Tyrann; &#x017F;ie wa&#x0364;re, da &#x017F;ie es be-<lb/>
merkte, wie &#x017F;ehr &#x017F;ie in &#x017F;einer Gewalt war, gern<lb/>
frei von ihm gewe&#x017F;en, aber er hatte nun einmal &#x017F;einen<lb/>
Plan gemacht, nach dem&#x017F;elben mußte er &#x017F;ie heira-<lb/>
then, al&#x017F;o ließ er &#x017F;ie nicht los. Sogar &#x017F;chrieb er<lb/>
ihr Ge&#x017F;etze vor, nach deren Erfu&#x0364;llung er &#x017F;ich er&#x017F;t<lb/>
mit ihr wollte trauen la&#x017F;&#x017F;en. Der hohe Liebhaber,<lb/>
den &#x017F;ie ehemals hatte, war noch mit Erfu&#x0364;llung ei-<lb/>
nes Ver&#x017F;prechens ru&#x0364;ck&#x017F;ta&#x0364;ndig, bei ihrem vorigen<lb/>
Mann hatte &#x017F;ie es immer ver&#x017F;choben, darum zu mah-<lb/>
nen, weil es ihr gewiß genug war, &#x017F;ie es nicht<lb/>
no&#x0364;thig hatte, und es Treffen nicht geben wollte.<lb/>
Graf Plund, ihr jetziger Gebiether, ließ ihr nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 3</fw><fw place="bottom" type="catch">eher</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0073] wurde aber doch bald verdaut, und da es geſchehen war, fand es die Dame divertiſant, hielt es nicht der Muͤhe werth, dem inſolenten Menſchen zu ant- worten, und lachte, ſo oft es ihr einfiel, daß er in ſeinem frommen Eifer ſo weit gieng, ſie zu ei- ner eben ſo abſurden Lebensart bekehren zu wollen. Sie blieb ihrer Art zu denken und zu handeln treu, bekam auch Liebhaber, die ſie nach derſelben allerliebſt fanden, und gerieth an einen ſo despoti- ſchen Herrn unter denſelben, der die andern alle zu verſcheuchen, und ſie an ihn allein zu feſſeln ver- ſtand — welch ein Verdienſt ihm eigentlich zu die- ſer Allgewalt verholfen, iſt nicht bekannt worden. Er war ein harter Tyrann; ſie waͤre, da ſie es be- merkte, wie ſehr ſie in ſeiner Gewalt war, gern frei von ihm geweſen, aber er hatte nun einmal ſeinen Plan gemacht, nach demſelben mußte er ſie heira- then, alſo ließ er ſie nicht los. Sogar ſchrieb er ihr Geſetze vor, nach deren Erfuͤllung er ſich erſt mit ihr wollte trauen laſſen. Der hohe Liebhaber, den ſie ehemals hatte, war noch mit Erfuͤllung ei- nes Verſprechens ruͤckſtaͤndig, bei ihrem vorigen Mann hatte ſie es immer verſchoben, darum zu mah- nen, weil es ihr gewiß genug war, ſie es nicht noͤthig hatte, und es Treffen nicht geben wollte. Graf Plund, ihr jetziger Gebiether, ließ ihr nicht eher E 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/73
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/73>, abgerufen am 14.05.2024.