Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
wurde aber doch bald verdaut, und da es geschehen war, fand es die Dame divertisant, hielt es nicht der Mühe werth, dem insolenten Menschen zu ant- worten, und lachte, so oft es ihr einfiel, daß er in seinem frommen Eifer so weit gieng, sie zu ei- ner eben so absurden Lebensart bekehren zu wollen. Sie blieb ihrer Art zu denken und zu handeln treu, bekam auch Liebhaber, die sie nach derselben allerliebst fanden, und gerieth an einen so despoti- schen Herrn unter denselben, der die andern alle zu verscheuchen, und sie an ihn allein zu fesseln ver- stand -- welch ein Verdienst ihm eigentlich zu die- ser Allgewalt verholfen, ist nicht bekannt worden. Er war ein harter Tyrann; sie wäre, da sie es be- merkte, wie sehr sie in seiner Gewalt war, gern frei von ihm gewesen, aber er hatte nun einmal seinen Plan gemacht, nach demselben mußte er sie heira- then, also ließ er sie nicht los. Sogar schrieb er ihr Gesetze vor, nach deren Erfüllung er sich erst mit ihr wollte trauen lassen. Der hohe Liebhaber, den sie ehemals hatte, war noch mit Erfüllung ei- nes Versprechens rückständig, bei ihrem vorigen Mann hatte sie es immer verschoben, darum zu mah- nen, weil es ihr gewiß genug war, sie es nicht nöthig hatte, und es Treffen nicht geben wollte. Graf Plund, ihr jetziger Gebiether, ließ ihr nicht eher E 3
wurde aber doch bald verdaut, und da es geſchehen war, fand es die Dame divertiſant, hielt es nicht der Muͤhe werth, dem inſolenten Menſchen zu ant- worten, und lachte, ſo oft es ihr einfiel, daß er in ſeinem frommen Eifer ſo weit gieng, ſie zu ei- ner eben ſo abſurden Lebensart bekehren zu wollen. Sie blieb ihrer Art zu denken und zu handeln treu, bekam auch Liebhaber, die ſie nach derſelben allerliebſt fanden, und gerieth an einen ſo despoti- ſchen Herrn unter denſelben, der die andern alle zu verſcheuchen, und ſie an ihn allein zu feſſeln ver- ſtand — welch ein Verdienſt ihm eigentlich zu die- ſer Allgewalt verholfen, iſt nicht bekannt worden. Er war ein harter Tyrann; ſie waͤre, da ſie es be- merkte, wie ſehr ſie in ſeiner Gewalt war, gern frei von ihm geweſen, aber er hatte nun einmal ſeinen Plan gemacht, nach demſelben mußte er ſie heira- then, alſo ließ er ſie nicht los. Sogar ſchrieb er ihr Geſetze vor, nach deren Erfuͤllung er ſich erſt mit ihr wollte trauen laſſen. Der hohe Liebhaber, den ſie ehemals hatte, war noch mit Erfuͤllung ei- nes Verſprechens ruͤckſtaͤndig, bei ihrem vorigen Mann hatte ſie es immer verſchoben, darum zu mah- nen, weil es ihr gewiß genug war, ſie es nicht noͤthig hatte, und es Treffen nicht geben wollte. Graf Plund, ihr jetziger Gebiether, ließ ihr nicht eher E 3
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wurde aber doch bald verdaut, und da es geſchehen
war, fand es die Dame divertiſant, hielt es nicht
der Muͤhe werth, dem inſolenten Menſchen zu ant-
worten, und lachte, ſo oft es ihr einfiel, daß er
in ſeinem frommen Eifer ſo weit gieng, ſie zu ei-
ner eben ſo abſurden Lebensart bekehren zu wollen.
Sie blieb ihrer Art zu denken und zu handeln
treu, bekam auch Liebhaber, die ſie nach derſelben
allerliebſt fanden, und gerieth an einen ſo despoti-
ſchen Herrn unter denſelben, der die andern alle zu
verſcheuchen, und ſie an ihn allein zu feſſeln ver-
ſtand — welch ein Verdienſt ihm eigentlich zu die-
ſer Allgewalt verholfen, iſt nicht bekannt worden.
Er war ein harter Tyrann; ſie waͤre, da ſie es be-
merkte, wie ſehr ſie in ſeiner Gewalt war, gern
frei von ihm geweſen, aber er hatte nun einmal ſeinen
Plan gemacht, nach demſelben mußte er ſie heira-
then, alſo ließ er ſie nicht los. Sogar ſchrieb er
ihr Geſetze vor, nach deren Erfuͤllung er ſich erſt
mit ihr wollte trauen laſſen. Der hohe Liebhaber,
den ſie ehemals hatte, war noch mit Erfuͤllung ei-
nes Verſprechens ruͤckſtaͤndig, bei ihrem vorigen
Mann hatte ſie es immer verſchoben, darum zu mah-
nen, weil es ihr gewiß genug war, ſie es nicht
noͤthig hatte, und es Treffen nicht geben wollte.
Graf Plund, ihr jetziger Gebiether, ließ ihr nicht
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