Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
eher Ruhe, bis sie es eintrieb, und bemächtigte sich, da es bezahlt war, desselben, so wie auch alles übrigen, was sie noch an Kapitalen besaß. Nun beehrte er sie mit seiner Hand, hielt sie zur genaue- sten Wirthschaft, in dem was ihre Person betraf, sie mußte eingezogen leben, und er hielt sie äußerst streng. Als er endlich das Vermögen insgeheim nach und nach ins Ausland geschickt hatte, nahm er eines Nachmittags, da sie abwesend war, ihren Schmuck ebenfalls zu sich, ließ in einem der Schrän- ke etliche hundert Thaler zurück, und verschwand. Nach einigen Wochen erhielt sie einen Abschieds- brief von ihm, ohne Anzeige des Orts, in demsel- ben erklärte er ihr, daß er zu einer großen Carriere, die er sich vorgeschrieben hätte, das Jhrige brauch- te, nach welchem sie in den dortigen Gegenden umsonst fragen würde, sie möchte also mit dem zurückgelassenen Gelde auszukommen suchen, bis er wieder Nachricht von sich gäbe. Uebrigens bekannte er ihr, daß er nicht Graf, sondern Christoph Pfund schlecht weg, einst Kammerdiener, dann Comödiant gewesen sei, und durch Glück im Spiel sich so in Equivage hätte setzen können, daß er gar leicht die Rolle eines Grafen in einer fremden Stadt hätte unterhalten können, die er denn auch so lange, bis er
eher Ruhe, bis ſie es eintrieb, und bemaͤchtigte ſich, da es bezahlt war, deſſelben, ſo wie auch alles uͤbrigen, was ſie noch an Kapitalen beſaß. Nun beehrte er ſie mit ſeiner Hand, hielt ſie zur genaue- ſten Wirthſchaft, in dem was ihre Perſon betraf, ſie mußte eingezogen leben, und er hielt ſie aͤußerſt ſtreng. Als er endlich das Vermoͤgen insgeheim nach und nach ins Ausland geſchickt hatte, nahm er eines Nachmittags, da ſie abweſend war, ihren Schmuck ebenfalls zu ſich, ließ in einem der Schraͤn- ke etliche hundert Thaler zuruͤck, und verſchwand. Nach einigen Wochen erhielt ſie einen Abſchieds- brief von ihm, ohne Anzeige des Orts, in demſel- ben erklaͤrte er ihr, daß er zu einer großen Carriere, die er ſich vorgeſchrieben haͤtte, das Jhrige brauch- te, nach welchem ſie in den dortigen Gegenden umſonſt fragen wuͤrde, ſie moͤchte alſo mit dem zuruͤckgelaſſenen Gelde auszukommen ſuchen, bis er wieder Nachricht von ſich gaͤbe. Uebrigens bekannte er ihr, daß er nicht Graf, ſondern Chriſtoph Pfund ſchlecht weg, einſt Kammerdiener, dann Comoͤdiant geweſen ſei, und durch Gluͤck im Spiel ſich ſo in Equivage haͤtte ſetzen koͤnnen, daß er gar leicht die Rolle eines Grafen in einer fremden Stadt haͤtte unterhalten koͤnnen, die er denn auch ſo lange, bis er
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eher Ruhe, bis ſie es eintrieb, und bemaͤchtigte
ſich, da es bezahlt war, deſſelben, ſo wie auch alles
uͤbrigen, was ſie noch an Kapitalen beſaß. Nun
beehrte er ſie mit ſeiner Hand, hielt ſie zur genaue-
ſten Wirthſchaft, in dem was ihre Perſon betraf,
ſie mußte eingezogen leben, und er hielt ſie aͤußerſt
ſtreng.
Als er endlich das Vermoͤgen insgeheim nach
und nach ins Ausland geſchickt hatte, nahm er
eines Nachmittags, da ſie abweſend war, ihren
Schmuck ebenfalls zu ſich, ließ in einem der Schraͤn-
ke etliche hundert Thaler zuruͤck, und verſchwand.
Nach einigen Wochen erhielt ſie einen Abſchieds-
brief von ihm, ohne Anzeige des Orts, in demſel-
ben erklaͤrte er ihr, daß er zu einer großen Carriere,
die er ſich vorgeſchrieben haͤtte, das Jhrige brauch-
te, nach welchem ſie in den dortigen Gegenden
umſonſt fragen wuͤrde, ſie moͤchte alſo mit dem
zuruͤckgelaſſenen Gelde auszukommen ſuchen, bis er
wieder Nachricht von ſich gaͤbe. Uebrigens bekannte
er ihr, daß er nicht Graf, ſondern Chriſtoph Pfund
ſchlecht weg, einſt Kammerdiener, dann Comoͤdiant
geweſen ſei, und durch Gluͤck im Spiel ſich ſo in
Equivage haͤtte ſetzen koͤnnen, daß er gar leicht die
Rolle eines Grafen in einer fremden Stadt haͤtte
unterhalten koͤnnen, die er denn auch ſo lange, bis
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