abschiedet ward und sein wollte. Nun bekam ich einen eigenen Hofmeister, der auf guten Gehalt ge- setzt wurde. Er war einer von den versäumten des Glücks, doch wollte man behaupten, daß es nur Un- gerechtigkeit wäre, Fortunen hier einer muthwilli- gen Vernachläßigung zu beschuldigen, weil der Mann auch nicht die geringste Eigenschaft besaß, durch die er ihrem guten Willen einigermaßen hätte zu Hülfe kommen können, und es doch nicht immer möglich wäre, eine reiche Erbschaft herzuzaubern, durch die ein Dummkopf in florisante Umstände kommt, ohne daß er selbst Hand und Fuß, Sinn und Vernunft rührt.
Herr Null, der in einem abgeschabten Röckchen und einer confiseirten Perücke in unser Haus kam, um sich zu meinem Hofmeister annehmen zu lassen, dankte Gott für diese unvermuthete Versorgung, die er nicht bekommen hätte, wenn ein anderer von denen, die diesen Vorschlag erhielten, ihn hätte annehmen wollen. Meine Mutter wollte ihm so- gleich Beweise ihrer Huld geben, und ihn in Stand setzen, unserm vornehmen Hause Ehre zu machen, deswegen wurden zwei Kleider nebst allem Zubehör und Wäsche aus dem Nachlaß meines Vaters her- beigeholt, und ihm als Antrittsgeschenk mit der Vermeldung gegeben, daß sie hoffte, Herr Null
werde
abſchiedet ward und ſein wollte. Nun bekam ich einen eigenen Hofmeiſter, der auf guten Gehalt ge- ſetzt wurde. Er war einer von den verſaͤumten des Gluͤcks, doch wollte man behaupten, daß es nur Un- gerechtigkeit waͤre, Fortunen hier einer muthwilli- gen Vernachlaͤßigung zu beſchuldigen, weil der Mann auch nicht die geringſte Eigenſchaft beſaß, durch die er ihrem guten Willen einigermaßen haͤtte zu Huͤlfe kommen koͤnnen, und es doch nicht immer moͤglich waͤre, eine reiche Erbſchaft herzuzaubern, durch die ein Dummkopf in floriſante Umſtaͤnde kommt, ohne daß er ſelbſt Hand und Fuß, Sinn und Vernunft ruͤhrt.
Herr Null, der in einem abgeſchabten Roͤckchen und einer confiseirten Peruͤcke in unſer Haus kam, um ſich zu meinem Hofmeiſter annehmen zu laſſen, dankte Gott fuͤr dieſe unvermuthete Verſorgung, die er nicht bekommen haͤtte, wenn ein anderer von denen, die dieſen Vorſchlag erhielten, ihn haͤtte annehmen wollen. Meine Mutter wollte ihm ſo- gleich Beweiſe ihrer Huld geben, und ihn in Stand ſetzen, unſerm vornehmen Hauſe Ehre zu machen, deswegen wurden zwei Kleider nebſt allem Zubehoͤr und Waͤſche aus dem Nachlaß meines Vaters her- beigeholt, und ihm als Antrittsgeſchenk mit der Vermeldung gegeben, daß ſie hoffte, Herr Null
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abſchiedet ward und ſein wollte. Nun bekam ich
einen eigenen Hofmeiſter, der auf guten Gehalt ge-
ſetzt wurde. Er war einer von den verſaͤumten des
Gluͤcks, doch wollte man behaupten, daß es nur Un-
gerechtigkeit waͤre, Fortunen hier einer muthwilli-
gen Vernachlaͤßigung zu beſchuldigen, weil der Mann
auch nicht die geringſte Eigenſchaft beſaß, durch
die er ihrem guten Willen einigermaßen haͤtte zu
Huͤlfe kommen koͤnnen, und es doch nicht immer
moͤglich waͤre, eine reiche Erbſchaft herzuzaubern,
durch die ein Dummkopf in floriſante Umſtaͤnde
kommt, ohne daß er ſelbſt Hand und Fuß, Sinn
und Vernunft ruͤhrt.
Herr Null, der in einem abgeſchabten Roͤckchen
und einer confiseirten Peruͤcke in unſer Haus kam,
um ſich zu meinem Hofmeiſter annehmen zu laſſen,
dankte Gott fuͤr dieſe unvermuthete Verſorgung,
die er nicht bekommen haͤtte, wenn ein anderer
von denen, die dieſen Vorſchlag erhielten, ihn haͤtte
annehmen wollen. Meine Mutter wollte ihm ſo-
gleich Beweiſe ihrer Huld geben, und ihn in Stand
ſetzen, unſerm vornehmen Hauſe Ehre zu machen,
deswegen wurden zwei Kleider nebſt allem Zubehoͤr
und Waͤſche aus dem Nachlaß meines Vaters her-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/99>, abgerufen am 22.11.2024.
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