Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.1. Dieser Alt-Vater hat uns allen lehren wollen/ daß wir nicht Scheltwort mit Scheltworten sollen vergelten/ sondern als Christen offt etwas vertragen und uns/ wenn der Verleumbder die Zunge wieder uns brauchet/ deß guten Gewissens und der Vnschuld trösten. 2. Ob solches zu thun nun gleich schwer ist/ so stehet doch Christen besser an / daß sie schweigen/ als wiederschelten/ wenn sie gescholten werden/ so hats der HERR JEsus auch gemachet. 222. Eine ehrliche Frau zu Meyland will in das böse Ansinnen eines Bürgers Sohns nicht willigen. Zv Meyland war eines vornehmen Bürgers Sohn/ welcher eines stattlichen alten Kauffmans Haußfrauen/ so wunder schöne/ jung/ seuberlich/ züchtig und wohlgestalt formiret war/ eine lange Zeit heimlich nach geschlichen/ sie zu seinen Willen zu bringen/ ihr auch bey Treu und Ehr verheissen 200. Ducaten zu geben/ wo sie ihre Liebe zu ihn richten würde/ mit anmeldung/ daß er nichts liebers wünschen wolt/ denn daß sie nur die grosse Liebe/ welche Er zu ihr trüge/ etlicher massen wissen solte. Diese erbare Frau sprach: Mein 1. Dieser Alt-Vater hat uns allen lehren wollen/ daß wir nicht Scheltwort mit Scheltworten sollen vergelten/ sondern als Christen offt etwas vertragen und uns/ weñ der Verleumbder die Zunge wieder uns brauchet/ deß guten Gewissens und der Vnschuld trösten. 2. Ob solches zu thun nun gleich schwer ist/ so stehet doch Christen besser an / daß sie schweigen/ als wiederschelten/ wenn sie gescholten werden/ so hats der HERR JEsus auch gemachet. 222. Eine ehrliche Frau zu Meyland will in das böse Ansinnen eines Bürgers Sohns nicht willigen. Zv Meyland war eines vornehmen Bürgers Sohn/ welcher eines stattlichen alten Kauffmans Haußfrauen/ so wunder schöne/ jung/ seuberlich/ züchtig und wohlgestalt formiret war/ eine lange Zeit heimlich nach geschlichen/ sie zu seinen Willen zu bringen/ ihr auch bey Treu und Ehr verheissen 200. Ducaten zu geben/ wo sie ihre Liebe zu ihn richten würde/ mit anmeldung/ daß er nichts liebers wünschen wolt/ denn daß sie nur die grosse Liebe/ welche Er zu ihr trüge/ etlicher massen wissen solte. Diese erbare Frau sprach: Mein <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0464" n="444"/> <p>1. Dieser Alt-Vater hat uns allen lehren wollen/ daß wir nicht Scheltwort mit Scheltworten sollen vergelten/ sondern als Christen offt etwas vertragen und uns/ weñ der Verleumbder die Zunge wieder uns brauchet/ deß guten Gewissens und der Vnschuld trösten.</p> <p>2. Ob solches zu thun nun gleich schwer ist/ so stehet doch Christen besser an / daß sie schweigen/ als wiederschelten/ wenn sie gescholten werden/ so hats der HERR JEsus auch gemachet.</p> <p>222.</p> <p>Eine ehrliche Frau zu Meyland will in das böse Ansinnen eines Bürgers Sohns nicht willigen.</p> <p>Zv Meyland war eines vornehmen Bürgers Sohn/ welcher eines stattlichen alten Kauffmans Haußfrauen/ so wunder schöne/ jung/ seuberlich/ züchtig und wohlgestalt formiret war/ eine lange Zeit heimlich nach geschlichen/ sie zu seinen Willen zu bringen/ ihr auch bey Treu und Ehr verheissen 200. Ducaten zu geben/ wo sie ihre Liebe zu ihn richten würde/ mit anmeldung/ daß er nichts liebers wünschen wolt/ denn daß sie nur die grosse Liebe/ welche Er zu ihr trüge/ etlicher massen wissen solte. Diese erbare Frau sprach: Mein </p> </div> </body> </text> </TEI> [444/0464]
1. Dieser Alt-Vater hat uns allen lehren wollen/ daß wir nicht Scheltwort mit Scheltworten sollen vergelten/ sondern als Christen offt etwas vertragen und uns/ weñ der Verleumbder die Zunge wieder uns brauchet/ deß guten Gewissens und der Vnschuld trösten.
2. Ob solches zu thun nun gleich schwer ist/ so stehet doch Christen besser an / daß sie schweigen/ als wiederschelten/ wenn sie gescholten werden/ so hats der HERR JEsus auch gemachet.
222.
Eine ehrliche Frau zu Meyland will in das böse Ansinnen eines Bürgers Sohns nicht willigen.
Zv Meyland war eines vornehmen Bürgers Sohn/ welcher eines stattlichen alten Kauffmans Haußfrauen/ so wunder schöne/ jung/ seuberlich/ züchtig und wohlgestalt formiret war/ eine lange Zeit heimlich nach geschlichen/ sie zu seinen Willen zu bringen/ ihr auch bey Treu und Ehr verheissen 200. Ducaten zu geben/ wo sie ihre Liebe zu ihn richten würde/ mit anmeldung/ daß er nichts liebers wünschen wolt/ denn daß sie nur die grosse Liebe/ welche Er zu ihr trüge/ etlicher massen wissen solte. Diese erbare Frau sprach: Mein
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