Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.ERasmus gedencket in seinen Apophthegmatibus eines Rhodiesers/ welchem/ weil er zu dapffer geredt/ von einem Tyrannen sein Hände abgehauen/ sein Gesicht scheußlich verwundet/ und er darzu noch in eine Grube geworffen/ darinnen er / wie ein Wild thier zur Schmach und Schand gespeiset und gehalten ward. Als nun derselbige von seinen guten Freunden ermahnet/ daß er sich selbst todt hungern/ und ihm der Schmach abhelffen wolte/ hat er sich dessen gewegert und gesagt: Cuncta homini, quoad vivit, speranda sunt, ein Mensch/ so lang er lebet / soll alles hoffen. 1. Er hat recht gethan/ denn sich selbsten durch Hunger umbs Leben bringen / wehr wieder das sünffte Gebot gehandelt. 2. So ists auch der Natur gemesser gehandelt/ denn die liebet allezeit mehr das Leben/ als den Tod/ also gar/ daß wenn der Mensch noch so alt und ungestalt / noch so Kranck und gebrechlich wehre/ so würde er/ der Natur nach/ doch immer ehe zum Leben/ als zum Tode wehlen. 315. Von der Insul Malta in Cicilien. ERasmus gedencket in seinen Apophthegmatibus eines Rhodiesers/ welchem/ weil er zu dapffer geredt/ von einem Tyrannen sein Hände abgehauen/ sein Gesicht scheußlich verwundet/ und er darzu noch in eine Grube geworffen/ darinnen er / wie ein Wild thier zur Schmach uñ Schand gespeiset und gehalten ward. Als nun derselbige von seinen guten Freunden ermahnet/ daß er sich selbst todt hungern/ und ihm der Schmach abhelffen wolte/ hat er sich dessen gewegert und gesagt: Cuncta homini, quoad vivit, speranda sunt, ein Mensch/ so lang er lebet / soll alles hoffen. 1. Er hat recht gethan/ denn sich selbsten durch Hunger umbs Leben bringen / wehr wieder das sünffte Gebot gehandelt. 2. So ists auch der Natur gemesser gehandelt/ denn die liebet allezeit mehr das Leben/ als den Tod/ also gar/ daß wenn der Mensch noch so alt und ungestalt / noch so Kranck und gebrechlich wehre/ so würde er/ der Natur nach/ doch immer ehe zum Leben/ als zum Tode wehlen. 315. Von der Insul Malta in Cicilien. <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0631" n="611"/> <p>ERasmus gedencket in seinen Apophthegmatibus eines Rhodiesers/ welchem/ weil er zu dapffer geredt/ von einem Tyrannen sein Hände abgehauen/ sein Gesicht scheußlich verwundet/ und er darzu noch in eine Grube geworffen/ darinnen er / wie ein Wild thier zur Schmach uñ Schand gespeiset und gehalten ward. Als nun derselbige von seinen guten Freunden ermahnet/ daß er sich selbst todt hungern/ und ihm der Schmach abhelffen wolte/ hat er sich dessen gewegert und gesagt: Cuncta homini, quoad vivit, speranda sunt, ein Mensch/ so lang er lebet / soll alles hoffen.</p> <p>1. Er hat recht gethan/ denn sich selbsten durch Hunger umbs Leben bringen / wehr wieder das sünffte Gebot gehandelt.</p> <p>2. So ists auch der Natur gemesser gehandelt/ denn die liebet allezeit mehr das Leben/ als den Tod/ also gar/ daß wenn der Mensch noch so alt und ungestalt / noch so Kranck und gebrechlich wehre/ so würde er/ der Natur nach/ doch immer ehe zum Leben/ als zum Tode wehlen.</p> </div> <div> <head>315.</head> <argument> <p>Von der Insul Malta in Cicilien.</p> </argument> </div> </body> </text> </TEI> [611/0631]
ERasmus gedencket in seinen Apophthegmatibus eines Rhodiesers/ welchem/ weil er zu dapffer geredt/ von einem Tyrannen sein Hände abgehauen/ sein Gesicht scheußlich verwundet/ und er darzu noch in eine Grube geworffen/ darinnen er / wie ein Wild thier zur Schmach uñ Schand gespeiset und gehalten ward. Als nun derselbige von seinen guten Freunden ermahnet/ daß er sich selbst todt hungern/ und ihm der Schmach abhelffen wolte/ hat er sich dessen gewegert und gesagt: Cuncta homini, quoad vivit, speranda sunt, ein Mensch/ so lang er lebet / soll alles hoffen.
1. Er hat recht gethan/ denn sich selbsten durch Hunger umbs Leben bringen / wehr wieder das sünffte Gebot gehandelt.
2. So ists auch der Natur gemesser gehandelt/ denn die liebet allezeit mehr das Leben/ als den Tod/ also gar/ daß wenn der Mensch noch so alt und ungestalt / noch so Kranck und gebrechlich wehre/ so würde er/ der Natur nach/ doch immer ehe zum Leben/ als zum Tode wehlen.
315. Von der Insul Malta in Cicilien.
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Zitationshilfe: | Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/631>, abgerufen am 18.06.2024. |