Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.lig/ treu und nicht geitzig seyn / auch sonsten allezeit in jhren Schrancken bleiben. 500. Eine Witwe betet vor ihrem Tyrannischen Herrn. EIne Wittwe betete sehr andächtig vor [unleserliches Material]hrem Herrn/ des hörte der Tyran und wunderte sich darüber/ fragte sie; warumb sie so fleißig vor ihn betete? Denn Er wol wuste/ daß ihm jedermann feind war/ und er dieser Witten auch viel leides gethan hatte. Dem gab sie zur Antwort; als dein Großvater lebete/ hatte ich zehen Kühe/ davon nahm er mir zwo/ da betetich/ daß er bald sterben solte; als nun sein Sohn dein Vater an die stell kam/ nahm er mir mit grosser Gewalt und Unrecht drey Küh/ ungeacht ich vermeynete/ er würde frömmer seyn; da betete ich abermals/ daß du soltest Herr werden/ und dein Vater sterben. Nun bistu viel hefftiger und geschwinder/ und hast mir armen Frauen 4. Küh genommen/ drumb bete ich fleißig vor dich/ daß nach dir nicht etwan einer käm / und mir die übrigen Küh vollend gantz und gar nehme/ neben dem was ich sonsten habe. 1. Man pflegt im Sprichwort zu sagen/ es kömpt selten etwas bessers her- lig/ treu und nicht geitzig seyn / auch sonsten allezeit in jhren Schrancken bleiben. 500. Eine Witwe betet vor ihrem Tyrannischen Herrn. EIne Wittwe betete sehr andächtig vor [unleserliches Material]hrem Herrn/ des hörte der Tyran und wunderte sich darüber/ fragte sie; warumb sie so fleißig vor ihn betete? Denn Er wol wuste/ daß ihm jedermann feind war/ und er dieser Witten auch viel leides gethan hatte. Dem gab sie zur Antwort; als dein Großvater lebete/ hatte ich zehen Kühe/ davon nahm er mir zwo/ da betetich/ daß er bald sterben solte; als nun sein Sohn dein Vater an die stell kam/ nahm er mir mit grosser Gewalt und Unrecht drey Küh/ ungeacht ich vermeynete/ er würde frömmer seyn; da betete ich abermals/ daß du soltest Herr werden/ und dein Vater sterben. Nun bistu viel hefftiger und geschwinder/ und hast mir armen Frauen 4. Küh genommen/ drumb bete ich fleißig vor dich/ daß nach dir nicht etwan einer käm / und mir die übrigen Küh vollend gantz und gar nehme/ neben dem was ich sonsten habe. 1. Man pflegt im Sprichwort zu sagen/ es kömpt selten etwas bessers her- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0943" n="923"/> lig/ treu und nicht geitzig seyn / auch sonsten allezeit in jhren Schrancken bleiben.</p> <p>500.</p> <p>Eine Witwe betet vor ihrem Tyrannischen Herrn.</p> <p>EIne Wittwe betete sehr andächtig vor <gap reason="illegible"/>hrem Herrn/ des hörte der Tyran und wunderte sich darüber/ fragte sie; warumb sie so fleißig vor ihn betete? Denn Er wol wuste/ daß ihm jedermann feind war/ und er dieser Witten auch viel leides gethan hatte. Dem gab sie zur Antwort; als dein Großvater lebete/ hatte ich zehen Kühe/ davon nahm er mir zwo/ da betetich/ daß er bald sterben solte; als nun sein Sohn dein Vater an die stell kam/ nahm er mir mit grosser Gewalt und Unrecht drey Küh/ ungeacht ich vermeynete/ er würde frömmer seyn; da betete ich abermals/ daß du soltest Herr werden/ und dein Vater sterben. Nun bistu viel hefftiger und geschwinder/ und hast mir armen Frauen 4. Küh genommen/ drumb bete ich fleißig vor dich/ daß nach dir nicht etwan einer käm / und mir die übrigen Küh vollend gantz und gar nehme/ neben dem was ich sonsten habe.</p> <p>1. Man pflegt im Sprichwort zu sagen/ es kömpt selten etwas bessers her- </p> </div> </body> </text> </TEI> [923/0943]
lig/ treu und nicht geitzig seyn / auch sonsten allezeit in jhren Schrancken bleiben.
500.
Eine Witwe betet vor ihrem Tyrannischen Herrn.
EIne Wittwe betete sehr andächtig vor _ hrem Herrn/ des hörte der Tyran und wunderte sich darüber/ fragte sie; warumb sie so fleißig vor ihn betete? Denn Er wol wuste/ daß ihm jedermann feind war/ und er dieser Witten auch viel leides gethan hatte. Dem gab sie zur Antwort; als dein Großvater lebete/ hatte ich zehen Kühe/ davon nahm er mir zwo/ da betetich/ daß er bald sterben solte; als nun sein Sohn dein Vater an die stell kam/ nahm er mir mit grosser Gewalt und Unrecht drey Küh/ ungeacht ich vermeynete/ er würde frömmer seyn; da betete ich abermals/ daß du soltest Herr werden/ und dein Vater sterben. Nun bistu viel hefftiger und geschwinder/ und hast mir armen Frauen 4. Küh genommen/ drumb bete ich fleißig vor dich/ daß nach dir nicht etwan einer käm / und mir die übrigen Küh vollend gantz und gar nehme/ neben dem was ich sonsten habe.
1. Man pflegt im Sprichwort zu sagen/ es kömpt selten etwas bessers her-
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Zitationshilfe: | Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 923. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/943>, abgerufen am 16.07.2024. |