Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] 116 Träncken die Gäns wein, so beschert jhnen Gott kain Wasser. - Fischart, Trostb. (Kloster, X, 674.)

117 Trink wie die Gans, aber friss nicht wie die Gans.

118 Verständigen Gösen is god predigen. (Holst.) - Schütze, II, 51.

Klugen Leuten ist eine Sache leicht begreiflich zu machen.

119 Wahrscheinlich haben die Gänse Waden, aber wol nur oben. (Nürtingen.) - Haug.

120 Wann die Ganss das wasser sieht, so poppert jhr der Arsch. - Gruter, III, 94; Lehmann, II, 860, 15; Simrock, 3005; Körte, 1745.

121 Wann die Ganss feist ist, kan sie sich mit eygenem Schmaltz betrieffen. - Lehmann, 73, 25.

122 Wann die Ganss fleugt, so regt sie den Ars. - Lehmann, II, 869, 131.

Mhd.: So die gans fleugt, so pfipft ir der ars. (Fastnachtspiele.)

123 War koan oallen Gänsen Schuh machen! - Gomolcke, 1059; hochdeutsch bei Simrock, 3001.

Wer die Wünsche aller befriedigen.

124 Was dich die Gans nicht lehrt, das lerne vom Esel.

125 Was die Gans nicht kann, das kann der Adler. - Sprichwörtergarten, 9.

Was z. B. schriftliche Verhandlungen nicht vermögen, das muss oft das Schwert entscheiden.

126 Wehe der Gans, die dem Fuchse traut.

Dän.: Naar gaasen troer reven, og faaret ulven, da vee deres hals. (Prov. dan., 211.)

127 Wen man der Ganss heut vnnd morgen ein Feder aussrupfft, so würd sie auch kahl. - Lehmann, 547, 16.

Von allmählichen Plünderungen.

128 Wenn de Gaas Water süt, sau will se supen (saufen). (Hannover.) - Schambach, 389; für Rastede: Firmenich, III, 29, 134; ostfriesisch bei Eichwald, 652.

129 Wenn die Gans das Wasser sieht, so zappelt ihr der Steiss, und wenn der Mönch Wein riecht, so vergisst er den Psalter. - Klosterspiegel, 8, 18.

130 Wenn die Gans jedem eine Feder gibt, os muss sie erfrieren. - Sprichwörtergarten, 307.

Empfiehlt weise und vernünftig begrenzte Wohlthätigkeit.

131 Wenn die Gans vor Martini (s. d.) auf dem Eise ausglitscht, kann sie nach Sanct-Martin ins Wasser tauchen.

132 Wenn die Gänse schnattern, schweigt die Nachtigall.

133 Wenn die Gänse stehen auf Einem Fuss, dann kommt ein Regenguss.

Die Vorzeichen, aus denen für Regen- oder sogenanntes schlechtes Wetter geschlossen wird, sind bei den verschiedenen Völkern zahlreich und mannichfach. Die Deutschen schliessen auf Regen, wenn sich die Tauben baden, wenn sich Finken und Buchfinken früh vor Sonnenaufgang hören lassen, wenn die Hennen Gras fressen oder die Schwänze hängen lassen, wenn ein Huhn wie ein Hahn kräht, wenn der Hahn auf dem Mist oder noch spät abends kräht, die Hennen weit vom Stalle sich entfernen, wenn die Regenwürmer aus der Erde kriechen oder der Maulwurf die Erde aufwirft, wenn grosse Spinnen herumkriechen, wenn der Fischreiher das Wasser aufpflügt, der Laubfrosch ruft, wenn die Schwalben an dem Boden fliegen, die Rothschwänzchen herumfliegen, der Kukuk sich den Häusern naht, wenn der Esel beim Austreiben aus dem Stalle die Nase in die Höhe streckt und tüchtig die Ohren schüttelt, wenn die alten Ochsen spielen, wenn Gartenschnecken häufig auf Beeten und Wegen herumkriechen, wenn die Ameisen sich verkriechen, wenn der Rauch nicht aus dem Schornstein will u. s. w. Die Italiener: wenn die Kröte schreit, wenn der Hahn ausser der Zeit oder im Hühnerhause kräht, wenn die Esel niesen, die Ameisen processionsweise gehen, die Fische aus dem Wasser springen, die Bienen sich nicht weit vom Stock entfernen, wenn die Kuh das Maul nach oben hält, wenn Fliegen und Flöhe ungewöhnlich stechen; die Polen, wenn der Rabe krächzt. (Reinsberg VIII, 54.)

134 Wenn die Gänse zu Martini auf dem Eise stehen, so werden sie zu Weihnachten im Kothe gehen. - Mecklenb. Anz., 1864, 38.


[Spaltenumbruch]

"Die älteste Art von Wetterprophezeiungen stellt sich in den sogenannten Bauernregeln dar. Aus vieljährigen Erfahrungen stets im Freien lebender Schiffer, Hirten, Jäger u. s. w. sind Regeln der kommenden Witterung gebildet, welche gewissen Fest- und Heiligentagen eine geheimnissvolle Bedeutung beilegt, insofern deren Witterung bestimmend für die nächste Folgezeit sein soll. Sie macht den Witterungsverlauf eines Jahres von den Wahrnehmungen einzelner Zeitperioden oder der Stellung von Sonne, Mond und Planeten, oder auch von ungewöhnlichen Erscheinungen des gestirnten Himmels abhängig. Alle diese Betrachtungen und Wahrnehmungen wurzeln so sehr in weit hinter uns liegender Vergangenheit, dass sie vollständig den Charakter der Sage angenommen haben. Dass sie sich bis in die neueste Zeit, wenn auch freilich in beschränkterer Ausdehnung erhalten haben, kann als Beweis angenommen werden, dass ein Theil derselben nicht ohne Werth sind. Ganz werthlos sind die an bestimmte Fest- und Heiligentage anschliessende Wettervorherverkündigungen aus dem einfachen Grunde, weil sie meistens aus einer Zeit herstammen, wo auch bei uns noch nach dem alten, jetzt nur noch in Russland geltenden Kalender gerechnet wurde, der mit unserm heutigen um zwölf Tage differirt. Aber auch specielle Beobachtungen haben ergeben, dass die Wettererscheinungen solcher sogenannten Lostage nicht massgebend sind." (Vgl. Ueber Wetterprophezeiungen und die natürlichen Wetterpropheten von Regierungsrath W. Haffer im Allgem. Mecklenb. Anzeiger, Neubrandenburg 1864, Nr. 38 fg.) Was nun die sogenannten Bauernregeln insbesondere betrifft, so hat man in Karlsruhe einen langen Zeitraum hindurch Beobachtungen über dieselben angestellt. Sie sind in Schleiden's und Schmidt's Encyklopädie der Naturwissenschaften und ihrer Anwendung auf die Landwirthschaft wie auszüglich in der obenerwähnten Zeitung mitgetheilt worden. Was nun das obige Spreichwort betrifft, dem diese Bemerkungen beigegeben sind, so fand es in Bezug auf seinen Vordersatz in 56 Jahren dreissigmal Anwendung, aber nur fünfmal mit seinem Nachsatz, d. h. in 56 Jahren gingen die Gänse zu Martini dreissigmal auf dem Eise und nur fünfmal zu Weihnachten im Koth. Wenn uns jemand unter dreissig Versicherungen fünfundzwanzig falsche gibt, so wird sich wol niemand auf seine Worte verlassen.

135 Wenn eine Gans gagget, so gagget die andere auch. - Kirchhofer, 277.

136 Wenn eine Gans kackt, so gähnt der andern 's Löchel. (Schles.)

137 Wenn eine gans trincket, so trincken sie alle. - Henisch, 1351; Simrock, 3000; Eiselein, 205; Körte, 1744; Sailer, 163.

"Der Mensch ist ein nachahmendes Geschöpf und wer der Vorderste ist, führt die Heerde." (Schiller.) - Eiselein spielt mit dem Sprichwort auf Toaste an.

Lat.: Oscitante uno oscitat et alter. (Henisch, 1351.)

138 Wenn en Gos Water süht, so will de anner drinken. (Mecklenburg.) - Schiller, III, 10b.

139 Wenn jeder der Gans eine Feder ausrupft, so ist sie bald nackt.

"So ungefähr", bemerkt jemand, "geht es der Genialität. Die allgemeine Eitelkeit der Schriftsteller verträgt keine einzelne Grösse mehr. Jeder rupft der Genialität eine Feder aus, um sein eigen Haupt damit zu schmücken."

140 Wenn man die Gans zum Ganter (Gänserich) setzt, so bleibt der Ganter der Mann, der es sein soll. - Pistor., IV, 28; Simrock, 3011; Blum, 676.

Wenn man unter mehrern Candidaten einen bestimmten gewählt wünscht, so pflegt man diesem Gewünschten (dem Ganter) solche Subjecte (Gänse) zur Seite zu stellen, von denen man überzeugt ist, dass sie nicht für sich Partei machen.

141 Wenn man die Gänse nicht sieht, so hört man sie doch.

142 Wenn man die Ganss zu sehr berupfft, so hencken sie die Flügel vnd wachssen nicht wider. - Lehmann, 546, 9.

143 Wenn man ein Ganss berupfft, so wachsen die Federn wider; an Spiess gesteckt, so verdirbt sie nichts. - Lehmann, 195, 8.

144 Wer die Gans des Königs isst, kackt hundert Jahre danach die Federn. - Graf, 95, 187.

Von der Unverjährbarkeit der Rechtsansprüche des Staats.

Frz.: Qui a mange l'oie du roi, cent ans apres en rend la plume. (Cahier, 1567; Venedey, 163.)

Holl.: Die des konings gans eet, k ... de pluimen honderd jaren daarna. ( Harrebomee, I, 432.)

145 Wer die gans gar hinnach wirfft, wänn jhr ein Feder aussgerupfft ist, der ist ein närrischer Hausswirth. - Henisch, 1351, 45.

[Spaltenumbruch] 116 Träncken die Gäns wein, so beschert jhnen Gott kain Wasser.Fischart, Trostb. (Kloster, X, 674.)

117 Trink wie die Gans, aber friss nicht wie die Gans.

118 Verständigen Gösen is gôd predigen. (Holst.) – Schütze, II, 51.

Klugen Leuten ist eine Sache leicht begreiflich zu machen.

119 Wahrscheinlich haben die Gänse Waden, aber wol nur oben. (Nürtingen.) – Haug.

120 Wann die Ganss das wasser sieht, so poppert jhr der Arsch.Gruter, III, 94; Lehmann, II, 860, 15; Simrock, 3005; Körte, 1745.

121 Wann die Ganss feist ist, kan sie sich mit eygenem Schmaltz betrieffen.Lehmann, 73, 25.

122 Wann die Ganss fleugt, so regt sie den Ars.Lehmann, II, 869, 131.

Mhd.: So die gans fleugt, so pfipft ir der ars. (Fastnachtspiele.)

123 War koan oallen Gänsen Schuh machen!Gomolcke, 1059; hochdeutsch bei Simrock, 3001.

Wer die Wünsche aller befriedigen.

124 Was dich die Gans nicht lehrt, das lerne vom Esel.

125 Was die Gans nicht kann, das kann der Adler.Sprichwörtergarten, 9.

Was z. B. schriftliche Verhandlungen nicht vermögen, das muss oft das Schwert entscheiden.

126 Wehe der Gans, die dem Fuchse traut.

Dän.: Naar gaasen troer reven, og faaret ulven, da vee deres hals. (Prov. dan., 211.)

127 Wen man der Ganss heut vnnd morgen ein Feder aussrupfft, so würd sie auch kahl.Lehmann, 547, 16.

Von allmählichen Plünderungen.

128 Wenn de Gaas Water süt, sau will se supen (saufen). (Hannover.) – Schambach, 389; für Rastede: Firmenich, III, 29, 134; ostfriesisch bei Eichwald, 652.

129 Wenn die Gans das Wasser sieht, so zappelt ihr der Steiss, und wenn der Mönch Wein riecht, so vergisst er den Psalter.Klosterspiegel, 8, 18.

130 Wenn die Gans jedem eine Feder gibt, os muss sie erfrieren.Sprichwörtergarten, 307.

Empfiehlt weise und vernünftig begrenzte Wohlthätigkeit.

131 Wenn die Gans vor Martini (s. d.) auf dem Eise ausglitscht, kann sie nach Sanct-Martin ins Wasser tauchen.

132 Wenn die Gänse schnattern, schweigt die Nachtigall.

133 Wenn die Gänse stehen auf Einem Fuss, dann kommt ein Regenguss.

Die Vorzeichen, aus denen für Regen- oder sogenanntes schlechtes Wetter geschlossen wird, sind bei den verschiedenen Völkern zahlreich und mannichfach. Die Deutschen schliessen auf Regen, wenn sich die Tauben baden, wenn sich Finken und Buchfinken früh vor Sonnenaufgang hören lassen, wenn die Hennen Gras fressen oder die Schwänze hängen lassen, wenn ein Huhn wie ein Hahn kräht, wenn der Hahn auf dem Mist oder noch spät abends kräht, die Hennen weit vom Stalle sich entfernen, wenn die Regenwürmer aus der Erde kriechen oder der Maulwurf die Erde aufwirft, wenn grosse Spinnen herumkriechen, wenn der Fischreiher das Wasser aufpflügt, der Laubfrosch ruft, wenn die Schwalben an dem Boden fliegen, die Rothschwänzchen herumfliegen, der Kukuk sich den Häusern naht, wenn der Esel beim Austreiben aus dem Stalle die Nase in die Höhe streckt und tüchtig die Ohren schüttelt, wenn die alten Ochsen spielen, wenn Gartenschnecken häufig auf Beeten und Wegen herumkriechen, wenn die Ameisen sich verkriechen, wenn der Rauch nicht aus dem Schornstein will u. s. w. Die Italiener: wenn die Kröte schreit, wenn der Hahn ausser der Zeit oder im Hühnerhause kräht, wenn die Esel niesen, die Ameisen processionsweise gehen, die Fische aus dem Wasser springen, die Bienen sich nicht weit vom Stock entfernen, wenn die Kuh das Maul nach oben hält, wenn Fliegen und Flöhe ungewöhnlich stechen; die Polen, wenn der Rabe krächzt. (Reinsberg VIII, 54.)

134 Wenn die Gänse zu Martini auf dem Eise stehen, so werden sie zu Weihnachten im Kothe gehen.Mecklenb. Anz., 1864, 38.


[Spaltenumbruch]

„Die älteste Art von Wetterprophezeiungen stellt sich in den sogenannten Bauernregeln dar. Aus vieljährigen Erfahrungen stets im Freien lebender Schiffer, Hirten, Jäger u. s. w. sind Regeln der kommenden Witterung gebildet, welche gewissen Fest- und Heiligentagen eine geheimnissvolle Bedeutung beilegt, insofern deren Witterung bestimmend für die nächste Folgezeit sein soll. Sie macht den Witterungsverlauf eines Jahres von den Wahrnehmungen einzelner Zeitperioden oder der Stellung von Sonne, Mond und Planeten, oder auch von ungewöhnlichen Erscheinungen des gestirnten Himmels abhängig. Alle diese Betrachtungen und Wahrnehmungen wurzeln so sehr in weit hinter uns liegender Vergangenheit, dass sie vollständig den Charakter der Sage angenommen haben. Dass sie sich bis in die neueste Zeit, wenn auch freilich in beschränkterer Ausdehnung erhalten haben, kann als Beweis angenommen werden, dass ein Theil derselben nicht ohne Werth sind. Ganz werthlos sind die an bestimmte Fest- und Heiligentage anschliessende Wettervorherverkündigungen aus dem einfachen Grunde, weil sie meistens aus einer Zeit herstammen, wo auch bei uns noch nach dem alten, jetzt nur noch in Russland geltenden Kalender gerechnet wurde, der mit unserm heutigen um zwölf Tage differirt. Aber auch specielle Beobachtungen haben ergeben, dass die Wettererscheinungen solcher sogenannten Lostage nicht massgebend sind.“ (Vgl. Ueber Wetterprophezeiungen und die natürlichen Wetterpropheten von Regierungsrath W. Haffer im Allgem. Mecklenb. Anzeiger, Neubrandenburg 1864, Nr. 38 fg.) Was nun die sogenannten Bauernregeln insbesondere betrifft, so hat man in Karlsruhe einen langen Zeitraum hindurch Beobachtungen über dieselben angestellt. Sie sind in Schleiden's und Schmidt's Encyklopädie der Naturwissenschaften und ihrer Anwendung auf die Landwirthschaft wie auszüglich in der obenerwähnten Zeitung mitgetheilt worden. Was nun das obige Sprîchwort betrifft, dem diese Bemerkungen beigegeben sind, so fand es in Bezug auf seinen Vordersatz in 56 Jahren dreissigmal Anwendung, aber nur fünfmal mit seinem Nachsatz, d. h. in 56 Jahren gingen die Gänse zu Martini dreissigmal auf dem Eise und nur fünfmal zu Weihnachten im Koth. Wenn uns jemand unter dreissig Versicherungen fünfundzwanzig falsche gibt, so wird sich wol niemand auf seine Worte verlassen.

135 Wenn eine Gans gagget, so gagget die andere auch.Kirchhofer, 277.

136 Wenn eine Gans kackt, so gähnt der andern 's Löchel. (Schles.)

137 Wenn eine gans trincket, so trincken sie alle.Henisch, 1351; Simrock, 3000; Eiselein, 205; Körte, 1744; Sailer, 163.

„Der Mensch ist ein nachahmendes Geschöpf und wer der Vorderste ist, führt die Heerde.“ (Schiller.) – Eiselein spielt mit dem Sprichwort auf Toaste an.

Lat.: Oscitante uno oscitat et alter. (Henisch, 1351.)

138 Wenn ên Gôs Wâter süht, so will de anner drinken. (Mecklenburg.) – Schiller, III, 10b.

139 Wenn jeder der Gans eine Feder ausrupft, so ist sie bald nackt.

„So ungefähr“, bemerkt jemand, „geht es der Genialität. Die allgemeine Eitelkeit der Schriftsteller verträgt keine einzelne Grösse mehr. Jeder rupft der Genialität eine Feder aus, um sein eigen Haupt damit zu schmücken.“

140 Wenn man die Gans zum Ganter (Gänserich) setzt, so bleibt der Ganter der Mann, der es sein soll.Pistor., IV, 28; Simrock, 3011; Blum, 676.

Wenn man unter mehrern Candidaten einen bestimmten gewählt wünscht, so pflegt man diesem Gewünschten (dem Ganter) solche Subjecte (Gänse) zur Seite zu stellen, von denen man überzeugt ist, dass sie nicht für sich Partei machen.

141 Wenn man die Gänse nicht sieht, so hört man sie doch.

142 Wenn man die Ganss zu sehr berupfft, so hencken sie die Flügel vnd wachssen nicht wider.Lehmann, 546, 9.

143 Wenn man ein Ganss berupfft, so wachsen die Federn wider; an Spiess gesteckt, so verdirbt sie nichts.Lehmann, 195, 8.

144 Wer die Gans des Königs isst, kackt hundert Jahre danach die Federn.Graf, 95, 187.

Von der Unverjährbarkeit der Rechtsansprüche des Staats.

Frz.: Qui a mangé l'oie du roi, cent ans après en rend la plume. (Cahier, 1567; Venedey, 163.)

Holl.: Die des konings gans eet, k ... de pluimen honderd jaren daarna. ( Harrebomée, I, 432.)

145 Wer die gans gar hinnach wirfft, wänn jhr ein Feder aussgerupfft ist, der ist ein närrischer Hausswirth.Henisch, 1351, 45.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><pb facs="#f0694" n="[666]"/><cb n="1331"/>
116 Träncken die Gäns wein, so beschert jhnen Gott kain Wasser.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Fischart, Trostb. (Kloster, X, 674.)</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">117 Trink wie die Gans, aber friss nicht wie die Gans.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">118 Verständigen Gösen is gôd predigen.</hi> (<hi rendition="#i">Holst.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schütze, II, 51.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Klugen Leuten ist eine Sache leicht begreiflich zu machen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">119 Wahrscheinlich haben die Gänse Waden, aber wol nur oben.</hi> (<hi rendition="#i">Nürtingen.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Haug.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">120 Wann die Ganss das wasser sieht, so poppert jhr der Arsch.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gruter, III, 94; Lehmann, II, 860, 15; Simrock, 3005; Körte, 1745.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">121 Wann die Ganss feist ist, kan sie sich mit eygenem Schmaltz betrieffen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 73, 25.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">122 Wann die Ganss fleugt, so regt sie den Ars.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, II, 869, 131.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: So die gans fleugt, so pfipft ir der ars. (<hi rendition="#i">Fastnachtspiele.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">123 War koan oallen Gänsen Schuh machen!</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gomolcke, 1059;</hi> hochdeutsch bei <hi rendition="#i">Simrock, 3001.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Wer die Wünsche aller befriedigen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">124 Was dich die Gans nicht lehrt, das lerne vom Esel.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">125 Was die Gans nicht kann, das kann der Adler.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sprichwörtergarten, 9.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Was z. B. schriftliche Verhandlungen nicht vermögen, das muss oft das Schwert entscheiden.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">126 Wehe der Gans, die dem Fuchse traut.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Naar gaasen troer reven, og faaret ulven, da vee deres hals. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 211.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">127 Wen man der Ganss heut vnnd morgen ein Feder aussrupfft, so würd sie auch kahl.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 547, 16.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Von allmählichen Plünderungen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">128 Wenn de Gaas Water süt, sau will se supen (saufen).</hi> (<hi rendition="#i">Hannover.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schambach, 389;</hi> für Rastede: <hi rendition="#i">Firmenich, III, 29, 134;</hi> ostfriesisch bei <hi rendition="#i">Eichwald, 652.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">129 Wenn die Gans das Wasser sieht, so zappelt ihr der Steiss, und wenn der Mönch Wein riecht, so vergisst er den Psalter.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Klosterspiegel, 8, 18.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">130 Wenn die Gans jedem eine Feder gibt, os muss sie erfrieren.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sprichwörtergarten, 307.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Empfiehlt weise und vernünftig begrenzte Wohlthätigkeit.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">131 Wenn die  Gans vor Martini (s. d.) auf dem Eise ausglitscht, kann sie nach Sanct-Martin ins Wasser tauchen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">132 Wenn die Gänse schnattern, schweigt die Nachtigall.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">133 Wenn die Gänse stehen auf Einem Fuss, dann kommt ein Regenguss.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Vorzeichen, aus denen für Regen- oder sogenanntes schlechtes Wetter geschlossen wird, sind bei den verschiedenen Völkern zahlreich und mannichfach. Die Deutschen schliessen auf Regen, wenn sich die Tauben baden, wenn sich Finken und Buchfinken früh vor Sonnenaufgang hören lassen, wenn die Hennen Gras fressen oder die Schwänze hängen lassen, wenn ein Huhn wie ein Hahn kräht, wenn der Hahn auf dem Mist oder noch spät abends kräht, die Hennen weit vom Stalle sich entfernen, wenn die Regenwürmer aus der Erde kriechen oder der Maulwurf die Erde aufwirft, wenn grosse Spinnen herumkriechen, wenn der Fischreiher das Wasser aufpflügt, der Laubfrosch ruft, wenn die Schwalben an dem Boden fliegen, die Rothschwänzchen herumfliegen, der Kukuk sich den Häusern naht, wenn der Esel beim Austreiben aus dem Stalle die Nase in die Höhe streckt und tüchtig die Ohren schüttelt, wenn die alten Ochsen spielen, wenn Gartenschnecken häufig auf Beeten und Wegen herumkriechen, wenn die Ameisen sich verkriechen, wenn der Rauch nicht aus dem Schornstein will u. s. w. Die Italiener: wenn die Kröte schreit, wenn der Hahn ausser der Zeit oder im Hühnerhause kräht, wenn die Esel niesen, die Ameisen processionsweise gehen, die Fische aus dem Wasser springen, die Bienen sich nicht weit vom Stock entfernen, wenn die Kuh das Maul nach oben hält, wenn Fliegen und Flöhe ungewöhnlich stechen; die Polen, wenn der Rabe krächzt. (<hi rendition="#i">Reinsberg VIII, 54.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">134 Wenn die Gänse zu Martini auf dem Eise stehen, so werden sie zu Weihnachten im Kothe gehen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Mecklenb. Anz., 1864, 38.</hi></p><lb/>
          <cb n="1332"/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Die älteste Art von Wetterprophezeiungen stellt sich in den sogenannten Bauernregeln dar. Aus vieljährigen Erfahrungen stets im Freien lebender Schiffer, Hirten, Jäger u. s. w. sind Regeln der kommenden Witterung gebildet, welche gewissen Fest- und Heiligentagen eine geheimnissvolle Bedeutung beilegt, insofern deren Witterung bestimmend für die nächste Folgezeit sein soll. Sie macht den Witterungsverlauf eines Jahres von den Wahrnehmungen einzelner Zeitperioden oder der Stellung von Sonne, Mond und Planeten, oder auch von ungewöhnlichen Erscheinungen des gestirnten Himmels abhängig. Alle diese Betrachtungen und Wahrnehmungen wurzeln so sehr in weit hinter uns liegender Vergangenheit, dass sie vollständig den Charakter der Sage angenommen haben. Dass sie sich bis in die neueste Zeit, wenn auch freilich in beschränkterer Ausdehnung erhalten haben, kann als Beweis angenommen werden, dass ein Theil derselben nicht ohne Werth sind. Ganz werthlos sind die an bestimmte Fest- und Heiligentage anschliessende Wettervorherverkündigungen aus dem einfachen Grunde, weil sie meistens aus einer Zeit herstammen, wo auch bei uns noch nach dem alten, jetzt nur noch in Russland geltenden Kalender gerechnet wurde, der mit unserm heutigen um zwölf Tage differirt. Aber auch specielle Beobachtungen haben ergeben, dass die Wettererscheinungen solcher sogenannten Lostage nicht massgebend sind.&#x201C; (Vgl. <hi rendition="#i">Ueber Wetterprophezeiungen und die natürlichen Wetterpropheten von Regierungsrath W. Haffer im Allgem. Mecklenb. Anzeiger, Neubrandenburg 1864, Nr. 38 fg.</hi>) Was nun die sogenannten Bauernregeln insbesondere betrifft, so hat man in Karlsruhe einen langen Zeitraum hindurch Beobachtungen über dieselben angestellt. Sie sind in <hi rendition="#i">Schleiden's und Schmidt's Encyklopädie der Naturwissenschaften und ihrer Anwendung auf die Landwirthschaft</hi> wie auszüglich in der obenerwähnten Zeitung mitgetheilt worden. Was nun das obige Sprîchwort betrifft, dem diese Bemerkungen beigegeben sind, so fand es in Bezug auf seinen Vordersatz in 56 Jahren dreissigmal Anwendung, aber nur fünfmal mit seinem Nachsatz, d. h. in 56 Jahren gingen die Gänse zu Martini dreissigmal auf dem Eise und nur fünfmal zu Weihnachten im Koth. Wenn uns jemand unter dreissig Versicherungen fünfundzwanzig falsche gibt, so wird sich wol niemand auf seine Worte verlassen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">135 Wenn eine Gans gagget, so gagget die andere auch.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Kirchhofer, 277.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">136 Wenn eine Gans kackt, so gähnt der andern 's Löchel.</hi> (<hi rendition="#i">Schles.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">137 Wenn eine gans trincket, so trincken sie alle.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1351; Simrock, 3000; Eiselein, 205; Körte, 1744; Sailer, 163.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Der Mensch ist ein nachahmendes Geschöpf und wer der Vorderste ist, führt die Heerde.&#x201C; (<hi rendition="#i">Schiller.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein</hi> spielt mit dem Sprichwort auf Toaste an.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Oscitante uno oscitat et alter. (<hi rendition="#i">Henisch, 1351.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">138 Wenn ên Gôs Wâter süht, so will de anner drinken.</hi> (<hi rendition="#i">Mecklenburg.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schiller, III, 10<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">139 Wenn jeder der Gans eine Feder ausrupft, so ist sie bald nackt.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;So ungefähr&#x201C;, bemerkt jemand, &#x201E;geht es der Genialität. Die allgemeine Eitelkeit der Schriftsteller verträgt keine einzelne Grösse mehr. Jeder rupft der Genialität eine Feder aus, um sein eigen Haupt damit zu schmücken.&#x201C;</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">140 Wenn man die Gans zum Ganter (Gänserich) setzt, so bleibt der Ganter der Mann, der es sein soll.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Pistor., IV, 28; Simrock, 3011; Blum, 676.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn man unter mehrern Candidaten einen bestimmten gewählt wünscht, so pflegt man diesem Gewünschten (dem Ganter) solche Subjecte (Gänse) zur Seite zu stellen, von denen man überzeugt ist, dass sie nicht für sich Partei machen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">141 Wenn man die Gänse nicht sieht, so hört man sie doch.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">142 Wenn man die Ganss zu sehr berupfft, so hencken sie die Flügel vnd wachssen nicht wider.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 546, 9.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">143 Wenn man ein Ganss berupfft, so wachsen die Federn wider; an Spiess gesteckt, so verdirbt sie nichts.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 195, 8.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">144 Wer die Gans des Königs isst, kackt hundert Jahre danach die Federn.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 95, 187.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Von der Unverjährbarkeit der Rechtsansprüche des Staats.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Qui a mangé l'oie du roi, cent ans après en rend la plume. (<hi rendition="#i">Cahier, 1567; Venedey, 163.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Die des konings gans eet, k ... de pluimen honderd jaren daarna. ( <hi rendition="#i">Harrebomée, I, 432.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">145 Wer die gans gar hinnach wirfft, wänn jhr ein Feder aussgerupfft ist, der ist ein närrischer Hausswirth.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1351, 45.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[666]/0694] 116 Träncken die Gäns wein, so beschert jhnen Gott kain Wasser. – Fischart, Trostb. (Kloster, X, 674.) 117 Trink wie die Gans, aber friss nicht wie die Gans. 118 Verständigen Gösen is gôd predigen. (Holst.) – Schütze, II, 51. Klugen Leuten ist eine Sache leicht begreiflich zu machen. 119 Wahrscheinlich haben die Gänse Waden, aber wol nur oben. (Nürtingen.) – Haug. 120 Wann die Ganss das wasser sieht, so poppert jhr der Arsch. – Gruter, III, 94; Lehmann, II, 860, 15; Simrock, 3005; Körte, 1745. 121 Wann die Ganss feist ist, kan sie sich mit eygenem Schmaltz betrieffen. – Lehmann, 73, 25. 122 Wann die Ganss fleugt, so regt sie den Ars. – Lehmann, II, 869, 131. Mhd.: So die gans fleugt, so pfipft ir der ars. (Fastnachtspiele.) 123 War koan oallen Gänsen Schuh machen! – Gomolcke, 1059; hochdeutsch bei Simrock, 3001. Wer die Wünsche aller befriedigen. 124 Was dich die Gans nicht lehrt, das lerne vom Esel. 125 Was die Gans nicht kann, das kann der Adler. – Sprichwörtergarten, 9. Was z. B. schriftliche Verhandlungen nicht vermögen, das muss oft das Schwert entscheiden. 126 Wehe der Gans, die dem Fuchse traut. Dän.: Naar gaasen troer reven, og faaret ulven, da vee deres hals. (Prov. dan., 211.) 127 Wen man der Ganss heut vnnd morgen ein Feder aussrupfft, so würd sie auch kahl. – Lehmann, 547, 16. Von allmählichen Plünderungen. 128 Wenn de Gaas Water süt, sau will se supen (saufen). (Hannover.) – Schambach, 389; für Rastede: Firmenich, III, 29, 134; ostfriesisch bei Eichwald, 652. 129 Wenn die Gans das Wasser sieht, so zappelt ihr der Steiss, und wenn der Mönch Wein riecht, so vergisst er den Psalter. – Klosterspiegel, 8, 18. 130 Wenn die Gans jedem eine Feder gibt, os muss sie erfrieren. – Sprichwörtergarten, 307. Empfiehlt weise und vernünftig begrenzte Wohlthätigkeit. 131 Wenn die Gans vor Martini (s. d.) auf dem Eise ausglitscht, kann sie nach Sanct-Martin ins Wasser tauchen. 132 Wenn die Gänse schnattern, schweigt die Nachtigall. 133 Wenn die Gänse stehen auf Einem Fuss, dann kommt ein Regenguss. Die Vorzeichen, aus denen für Regen- oder sogenanntes schlechtes Wetter geschlossen wird, sind bei den verschiedenen Völkern zahlreich und mannichfach. Die Deutschen schliessen auf Regen, wenn sich die Tauben baden, wenn sich Finken und Buchfinken früh vor Sonnenaufgang hören lassen, wenn die Hennen Gras fressen oder die Schwänze hängen lassen, wenn ein Huhn wie ein Hahn kräht, wenn der Hahn auf dem Mist oder noch spät abends kräht, die Hennen weit vom Stalle sich entfernen, wenn die Regenwürmer aus der Erde kriechen oder der Maulwurf die Erde aufwirft, wenn grosse Spinnen herumkriechen, wenn der Fischreiher das Wasser aufpflügt, der Laubfrosch ruft, wenn die Schwalben an dem Boden fliegen, die Rothschwänzchen herumfliegen, der Kukuk sich den Häusern naht, wenn der Esel beim Austreiben aus dem Stalle die Nase in die Höhe streckt und tüchtig die Ohren schüttelt, wenn die alten Ochsen spielen, wenn Gartenschnecken häufig auf Beeten und Wegen herumkriechen, wenn die Ameisen sich verkriechen, wenn der Rauch nicht aus dem Schornstein will u. s. w. Die Italiener: wenn die Kröte schreit, wenn der Hahn ausser der Zeit oder im Hühnerhause kräht, wenn die Esel niesen, die Ameisen processionsweise gehen, die Fische aus dem Wasser springen, die Bienen sich nicht weit vom Stock entfernen, wenn die Kuh das Maul nach oben hält, wenn Fliegen und Flöhe ungewöhnlich stechen; die Polen, wenn der Rabe krächzt. (Reinsberg VIII, 54.) 134 Wenn die Gänse zu Martini auf dem Eise stehen, so werden sie zu Weihnachten im Kothe gehen. – Mecklenb. Anz., 1864, 38. „Die älteste Art von Wetterprophezeiungen stellt sich in den sogenannten Bauernregeln dar. Aus vieljährigen Erfahrungen stets im Freien lebender Schiffer, Hirten, Jäger u. s. w. sind Regeln der kommenden Witterung gebildet, welche gewissen Fest- und Heiligentagen eine geheimnissvolle Bedeutung beilegt, insofern deren Witterung bestimmend für die nächste Folgezeit sein soll. Sie macht den Witterungsverlauf eines Jahres von den Wahrnehmungen einzelner Zeitperioden oder der Stellung von Sonne, Mond und Planeten, oder auch von ungewöhnlichen Erscheinungen des gestirnten Himmels abhängig. Alle diese Betrachtungen und Wahrnehmungen wurzeln so sehr in weit hinter uns liegender Vergangenheit, dass sie vollständig den Charakter der Sage angenommen haben. Dass sie sich bis in die neueste Zeit, wenn auch freilich in beschränkterer Ausdehnung erhalten haben, kann als Beweis angenommen werden, dass ein Theil derselben nicht ohne Werth sind. Ganz werthlos sind die an bestimmte Fest- und Heiligentage anschliessende Wettervorherverkündigungen aus dem einfachen Grunde, weil sie meistens aus einer Zeit herstammen, wo auch bei uns noch nach dem alten, jetzt nur noch in Russland geltenden Kalender gerechnet wurde, der mit unserm heutigen um zwölf Tage differirt. Aber auch specielle Beobachtungen haben ergeben, dass die Wettererscheinungen solcher sogenannten Lostage nicht massgebend sind.“ (Vgl. Ueber Wetterprophezeiungen und die natürlichen Wetterpropheten von Regierungsrath W. Haffer im Allgem. Mecklenb. Anzeiger, Neubrandenburg 1864, Nr. 38 fg.) Was nun die sogenannten Bauernregeln insbesondere betrifft, so hat man in Karlsruhe einen langen Zeitraum hindurch Beobachtungen über dieselben angestellt. Sie sind in Schleiden's und Schmidt's Encyklopädie der Naturwissenschaften und ihrer Anwendung auf die Landwirthschaft wie auszüglich in der obenerwähnten Zeitung mitgetheilt worden. Was nun das obige Sprîchwort betrifft, dem diese Bemerkungen beigegeben sind, so fand es in Bezug auf seinen Vordersatz in 56 Jahren dreissigmal Anwendung, aber nur fünfmal mit seinem Nachsatz, d. h. in 56 Jahren gingen die Gänse zu Martini dreissigmal auf dem Eise und nur fünfmal zu Weihnachten im Koth. Wenn uns jemand unter dreissig Versicherungen fünfundzwanzig falsche gibt, so wird sich wol niemand auf seine Worte verlassen. 135 Wenn eine Gans gagget, so gagget die andere auch. – Kirchhofer, 277. 136 Wenn eine Gans kackt, so gähnt der andern 's Löchel. (Schles.) 137 Wenn eine gans trincket, so trincken sie alle. – Henisch, 1351; Simrock, 3000; Eiselein, 205; Körte, 1744; Sailer, 163. „Der Mensch ist ein nachahmendes Geschöpf und wer der Vorderste ist, führt die Heerde.“ (Schiller.) – Eiselein spielt mit dem Sprichwort auf Toaste an. Lat.: Oscitante uno oscitat et alter. (Henisch, 1351.) 138 Wenn ên Gôs Wâter süht, so will de anner drinken. (Mecklenburg.) – Schiller, III, 10b. 139 Wenn jeder der Gans eine Feder ausrupft, so ist sie bald nackt. „So ungefähr“, bemerkt jemand, „geht es der Genialität. Die allgemeine Eitelkeit der Schriftsteller verträgt keine einzelne Grösse mehr. Jeder rupft der Genialität eine Feder aus, um sein eigen Haupt damit zu schmücken.“ 140 Wenn man die Gans zum Ganter (Gänserich) setzt, so bleibt der Ganter der Mann, der es sein soll. – Pistor., IV, 28; Simrock, 3011; Blum, 676. Wenn man unter mehrern Candidaten einen bestimmten gewählt wünscht, so pflegt man diesem Gewünschten (dem Ganter) solche Subjecte (Gänse) zur Seite zu stellen, von denen man überzeugt ist, dass sie nicht für sich Partei machen. 141 Wenn man die Gänse nicht sieht, so hört man sie doch. 142 Wenn man die Ganss zu sehr berupfft, so hencken sie die Flügel vnd wachssen nicht wider. – Lehmann, 546, 9. 143 Wenn man ein Ganss berupfft, so wachsen die Federn wider; an Spiess gesteckt, so verdirbt sie nichts. – Lehmann, 195, 8. 144 Wer die Gans des Königs isst, kackt hundert Jahre danach die Federn. – Graf, 95, 187. Von der Unverjährbarkeit der Rechtsansprüche des Staats. Frz.: Qui a mangé l'oie du roi, cent ans après en rend la plume. (Cahier, 1567; Venedey, 163.) Holl.: Die des konings gans eet, k ... de pluimen honderd jaren daarna. ( Harrebomée, I, 432.) 145 Wer die gans gar hinnach wirfft, wänn jhr ein Feder aussgerupfft ist, der ist ein närrischer Hausswirth. – Henisch, 1351, 45.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:54:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:54:38Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/694
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [666]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/694>, abgerufen am 22.11.2024.