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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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[Spaltenumbruch] emporsprosst, das in allerhand Farben hinüberspielt und bald in rothe, bald in blaue u. s. w. Falten gelegt werden kann." (Seb. Seiler, Das Complot vom 13. Juni 1849, Hamburg 1850, S. 35.)

*233 Sein Gewissen wohnt auf der breiten Strasse.

*234 Sich ein Gewissen aus etwas machen.

Frz.: C'est conscience que de faire cela. (Kritzinger, 166b.)

*235 Wenn sein Gewissen ein Jahrmarkt wär', er wäre nicht von Dieben leer. - Parömiakon, 1308.

*236 Wenn sein Gewissen ein Kasten wär', man würde in jedem Schubladen ein Schelmstück finden. - Parömiakon, 1305.

*237 Wider sein Gewissen handeln.

Frz.: Blesser sa conscience. (Kritzinger, 73b.)


Gewissensforschung.

Ich hal Gawissensforschung, sagte jener Fischer, als ihn sein Nachbar fragte, warum immer so ein Mordsgeschrei in seinem Hause sei, ehe er zur Beichte gehe.

Die Gewissenserforschung, sagte ein Fischer, hält mich zu lange auf, deswegen prügele ich vor der Beichte jedesmal meine Frau; da kommt sie in Zorn und wirft mir alles vor, was ich gethan habe. Da merke ich auf und gehe hernach hin und beichte es. So eine Beichte ist immer vollständig.


Gewissenssache.

1 Das ist eine Gewissenssache.

Holl.: Daar zou ik eene gewetenszaak van maken. (Harrebomee, I, 235.)

2 Es sind gewissenssachen, Gottesgüter schmaler machen. - Petri, II, 293.


Gewisses.

1 Das gewiss findt man im vngewissen. - Franck, I, 102a; Gruter, I, 11; Lehmann, 310, 1; Henisch, 1604, 10; Guttenstein, II, 79; Schottel, 1142a; Petri, II, 61.

2 Das Gewisse geht vor dem Ungewissen. - Blum, 471.

Lat.: Certa amittimus, dum incerta petimus. (Plautus.) (Binder I, 189; Philippi, I, 80; Seybold, 73.)

3 Das gewisse sol man behalten vnd das Vngewisse fahren lassen. - Petri, II, 61; Henisch, 976, 24.

4 Das Gewissest ist das beste Spiel. - Petri, II, 61; Henisch, 327, 47.

5 Dass gewiss kan man mit vngewissen nit vernichten. - Lehmann, 827, 16.

6 Ein gewisses ist besser dann zehen vngewisse. - Lehmann, II, 122, 35.

7 Es ist nicht rathsam, dass man das gewiss nach dem vngewissen wirfft. - Lehmann, 310, 2.

8 Man soll das gewiss nit vmb Hoffnung geben. - Eyering, III, 214.

9 Man soll kein gewisses an ein vngewisses geben. - Henisch, 1604, 20.

Frz.: Il ne faut pas quitter le certain pour l'incertain. (Cahier, 1500.)

Lat.: Incerta pro spe non munera certa relinque. (Gaal, 722.)

10 Nix Gewisses weiss man nit.

Als die Hanswürste noch einen Platz auf unsern Bühnen hatten, war dies eine ihrer Lieblingsphrasen. Man gebrauchte das Wort, um scherzhaft zu sagen, dass man von oder über irgendetwas keine gewisse Kenntniss habe.

*11 Das gewiss nicht vmbs ungewiss geben. - Eyering, I, 308.

*12 Er spielet des Gewissen. - Schottel, 1119a.


Gewitter.

1 Das gestrige Gewitter thut heute keinen Schaden mehr. - Altmann VI, 390.

2 Das Gewitter wird bald ausbrechen.

Von einem Unglück, das hereinzubrechen droht.

Frz.: La bombe est pres de crever.

3 Das ist ein böses Gewitter, das blos blitzt und nicht regnet.

Es ist ein böses Gewitter, das eher einschlägt als blitzt. (Altmann VI, 474.)

4 Ein Gewitter vertreibt das andere.

Dän.: Den eene torden fordriver den anden. (Prov. dan., 551.)

5 Gewitter im Mai verkünden ein fruchtbar Jahr. - Orakel, 493.

6 Gewitter im October sagen beständig, der künft'ge Winter sei sehr wetterwendig. - Bair. Hauskalender.

[Spaltenumbruch] 7 Gewitter nach Sanct-Bartholomä' (s. d.) bringen wenig Nutzen, schaden meh'. - Bair. Hauskalender.

8 Gewitter ohne Regen ist ohne Segen.

9 Gewitter vor Georg, Kälte nach Georg. (Oels.) - Boebel, 21.

10 Grosse (schwere, heftige) Gewitter dauern nicht lange.

11 Merkt, dass heran Gewitter zieh', schnappt auf der Weid' nach Luft das Vieh. - Bair. Hauskalender.

12 Ohne Gewitter keine Aenderung der Jahreszeiten, und keine Aenderung des Regiments ohne Zerrüttung und Confusion. - Opel, 381.

13 Viel Gewitter im Herbst bringen viel Schnee im März und ein gutes Kornjahr. (Luzern.)

14 Viel Gewitter im Mai, singt der Bauer Juchhei. - Bair. Hauskalender.

Bei Reinsberg (VIII, 130) findet sich dagegen der Spruch: Donnert es im Mai, so wird ein unfruchtbar Jahr. Ich habe nur dem Aprildonner diese ungünstige Wirkung zuschreiben hören. Auch die Polen sagen: Häufige Gewitter im Mai zerstreuen dem Bauer die Sorgen, während man sie wieder in Italien nach Reinsberg a. a. O. für unheilvoll betrachtet.

15 Wen ein Gewitter überfallen will, der macht schnellere Schritte.

Bei uns treten die Gewitter nicht so regelmässig auf, wie, nach Dove, in Villarica (Brasilien), wo sich die Damen nicht zu Kaffee oder Thee, sondern auf "vor dem Gewitter" und "nach dem Gewitter" einladen. (Vgl. Dove, Witterungsverhältnisse in Berlin, Berlin 1842, S. 23.)

16 Wenn das Gewitter vorüber ist, kommen die Gebetbücher in den Winkel.

Die Russen: Wenn das Gewitter nicht tobt, schlägt der Bauer kein Kreuz.

17 Wenn Gewitter am Himmel stehn, will niemand mit aufs Gebirge (auf Reisen) gehn.

In Gefahren ist man allein.

18 Wer das Gewitter aufziehen sieht, kann zeitig unter Dach gehen.

Die Chinesen: Wer das Gewitter an den Wolken erkennt, wird nicht durchnässt werden.

19 Wer das Gewitter zerläuten will, den trifft es.

Erfahrungswahrheit. Von der verkehrten, abergläubischen Gewohnheit entlehnt, bei Gewittern zu läuten, in der Meinung, sie dadurch zu zertheilen und unschädlich zu machen. In der Nacht vom 14./15. April 1718 schlug der Blitz von Landernau bis St.-Paul de Leon in Bretagne in 24 Kirchen ein, in denen man läutete, und tödtete mehrere Läuter. In den Kirchen dagegen, wo man nicht läutete, schlug es nicht ein. (Vgl. Der Gesellschafter, Magdeburg 1785, III, Anh. S. 36.)

20 Wie das erste Gewitter zieht, so man die andern folgen sieht. (Arnsberg.) - Boebel, 104.

21 Woher das erste Gewitter kommt, da kommen die andern nach.

Bei Reinsberg (VIII, 57) als czechisch bezeichnet, ist aber auch in Schlesien, wenigstens an der ganzen böhmischen Grenze weit verbreitet; jedoch glaube ich, dass man zwischen den Gewittern vor und nach Johanni unterscheidet, indem man die Gewitter nur bis Johanni aus derselben Richtung kommen lässt. Schon als Knabe habe ich gehört: Wenn das erste Gewitter über die "weisse Steinrücke" (eine Felsenpartie auf dem schmiedeberger Kamme in der Gegend der Friesensteine) kommt, so kommen die andern (bis Johanni) auch daher. Auch in Oberösterreich sagt man, wie ich eben bei Baumgarten (59) finde: "Wo das erste Wetter im Frühjahr hingeht, dorthin gehen alle bis Sonnenwende; erst von Sonnenwende an schlagen sie wieder eine andere Richtung ein." Das erste Gewitter hat übrigens im Volksglauben noch andere Wichtigkeit. "Wer", meint man in Oberösterreich, "wenn es das erste mal im Jahre donnert, einen Baum schüttelt, der wird über die massen stark." "Beim Herannahen des ersten Gewitters wälzt man sich auf dem Erdboden oder legt sich rücklings auf die blosse Erde; man bleibt dann vor Kreuzweh verschont." Baumgarten a. a. O. bemerkt dabei: "Ich denke an Thor's Hammer, dessen Form der eines Kreuzes ziemlich gleicht. Sich auf dem Erdboden wälzen, den des Gottes geheiligter Hammerwurf gleichsam wieder neu geweiht, verjüngt hat, bewahrt vor Kreuzweh."

22 Woher dat Gewitter kummt? sed de Jung'; aut mein Grotmoder ehr Knaken, da sitt et all jümmers veer Dag vörher in.

*23 Es hängt ihm ein Gewitter überm Kopf.

[Spaltenumbruch] emporsprosst, das in allerhand Farben hinüberspielt und bald in rothe, bald in blaue u. s. w. Falten gelegt werden kann.“ (Seb. Seiler, Das Complot vom 13. Juni 1849, Hamburg 1850, S. 35.)

*233 Sein Gewissen wohnt auf der breiten Strasse.

*234 Sich ein Gewissen aus etwas machen.

Frz.: C'est conscience que de faire cela. (Kritzinger, 166b.)

*235 Wenn sein Gewissen ein Jahrmarkt wär', er wäre nicht von Dieben leer.Parömiakon, 1308.

*236 Wenn sein Gewissen ein Kasten wär', man würde in jedem Schubladen ein Schelmstück finden.Parömiakon, 1305.

*237 Wider sein Gewissen handeln.

Frz.: Blesser sa conscience. (Kritzinger, 73b.)


Gewissensforschung.

Ich hâl Gawissensforschung, sagte jener Fischer, als ihn sein Nachbar fragte, warum immer so ein Mordsgeschrei in seinem Hause sei, ehe er zur Beichte gehe.

Die Gewissenserforschung, sagte ein Fischer, hält mich zu lange auf, deswegen prügele ich vor der Beichte jedesmal meine Frau; da kommt sie in Zorn und wirft mir alles vor, was ich gethan habe. Da merke ich auf und gehe hernach hin und beichte es. So eine Beichte ist immer vollständig.


Gewissenssache.

1 Das ist eine Gewissenssache.

Holl.: Daar zou ik eene gewetenszaak van maken. (Harrebomée, I, 235.)

2 Es sind gewissenssachen, Gottesgüter schmaler machen.Petri, II, 293.


Gewisses.

1 Das gewiss findt man im vngewissen.Franck, I, 102a; Gruter, I, 11; Lehmann, 310, 1; Henisch, 1604, 10; Guttenstein, II, 79; Schottel, 1142a; Petri, II, 61.

2 Das Gewisse geht vor dem Ungewissen.Blum, 471.

Lat.: Certa amittimus, dum incerta petimus. (Plautus.) (Binder I, 189; Philippi, I, 80; Seybold, 73.)

3 Das gewisse sol man behalten vnd das Vngewisse fahren lassen.Petri, II, 61; Henisch, 976, 24.

4 Das Gewissest ist das beste Spiel.Petri, II, 61; Henisch, 327, 47.

5 Dass gewiss kan man mit vngewissen nit vernichten.Lehmann, 827, 16.

6 Ein gewisses ist besser dann zehen vngewisse.Lehmann, II, 122, 35.

7 Es ist nicht rathsam, dass man das gewiss nach dem vngewissen wirfft.Lehmann, 310, 2.

8 Man soll das gewiss nit vmb Hoffnung geben.Eyering, III, 214.

9 Man soll kein gewisses an ein vngewisses geben.Henisch, 1604, 20.

Frz.: Il ne faut pas quitter le certain pour l'incertain. (Cahier, 1500.)

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10 Nix Gewisses weiss man nit.

Als die Hanswürste noch einen Platz auf unsern Bühnen hatten, war dies eine ihrer Lieblingsphrasen. Man gebrauchte das Wort, um scherzhaft zu sagen, dass man von oder über irgendetwas keine gewisse Kenntniss habe.

*11 Das gewiss nicht vmbs ungewiss geben.Eyering, I, 308.

*12 Er spielet des Gewissen.Schottel, 1119a.


Gewitter.

1 Das gestrige Gewitter thut heute keinen Schaden mehr.Altmann VI, 390.

2 Das Gewitter wird bald ausbrechen.

Von einem Unglück, das hereinzubrechen droht.

Frz.: La bombe est près de crever.

3 Das ist ein böses Gewitter, das blos blitzt und nicht regnet.

Es ist ein böses Gewitter, das eher einschlägt als blitzt. (Altmann VI, 474.)

4 Ein Gewitter vertreibt das andere.

Dän.: Den eene torden fordriver den anden. (Prov. dan., 551.)

5 Gewitter im Mai verkünden ein fruchtbar Jahr.Orakel, 493.

6 Gewitter im October sagen beständig, der künft'ge Winter sei sehr wetterwendig.Bair. Hauskalender.

[Spaltenumbruch] 7 Gewitter nach Sanct-Bartholomä' (s. d.) bringen wenig Nutzen, schaden meh'.Bair. Hauskalender.

8 Gewitter ohne Regen ist ohne Segen.

9 Gewitter vor Georg, Kälte nach Georg. (Oels.) – Boebel, 21.

10 Grosse (schwere, heftige) Gewitter dauern nicht lange.

11 Merkt, dass heran Gewitter zieh', schnappt auf der Weid' nach Luft das Vieh.Bair. Hauskalender.

12 Ohne Gewitter keine Aenderung der Jahreszeiten, und keine Aenderung des Regiments ohne Zerrüttung und Confusion.Opel, 381.

13 Viel Gewitter im Herbst bringen viel Schnee im März und ein gutes Kornjahr. (Luzern.)

14 Viel Gewitter im Mai, singt der Bauer Juchhei.Bair. Hauskalender.

Bei Reinsberg (VIII, 130) findet sich dagegen der Spruch: Donnert es im Mai, so wird ein unfruchtbar Jahr. Ich habe nur dem Aprildonner diese ungünstige Wirkung zuschreiben hören. Auch die Polen sagen: Häufige Gewitter im Mai zerstreuen dem Bauer die Sorgen, während man sie wieder in Italien nach Reinsberg a. a. O. für unheilvoll betrachtet.

15 Wen ein Gewitter überfallen will, der macht schnellere Schritte.

Bei uns treten die Gewitter nicht so regelmässig auf, wie, nach Dove, in Villarica (Brasilien), wo sich die Damen nicht zu Kaffee oder Thee, sondern auf „vor dem Gewitter“ und „nach dem Gewitter“ einladen. (Vgl. Dove, Witterungsverhältnisse in Berlin, Berlin 1842, S. 23.)

16 Wenn das Gewitter vorüber ist, kommen die Gebetbücher in den Winkel.

Die Russen: Wenn das Gewitter nicht tobt, schlägt der Bauer kein Kreuz.

17 Wenn Gewitter am Himmel stehn, will niemand mit aufs Gebirge (auf Reisen) gehn.

In Gefahren ist man allein.

18 Wer das Gewitter aufziehen sieht, kann zeitig unter Dach gehen.

Die Chinesen: Wer das Gewitter an den Wolken erkennt, wird nicht durchnässt werden.

19 Wer das Gewitter zerläuten will, den trifft es.

Erfahrungswahrheit. Von der verkehrten, abergläubischen Gewohnheit entlehnt, bei Gewittern zu läuten, in der Meinung, sie dadurch zu zertheilen und unschädlich zu machen. In der Nacht vom 14./15. April 1718 schlug der Blitz von Landernau bis St.-Paul de Leon in Bretagne in 24 Kirchen ein, in denen man läutete, und tödtete mehrere Läuter. In den Kirchen dagegen, wo man nicht läutete, schlug es nicht ein. (Vgl. Der Gesellschafter, Magdeburg 1785, III, Anh. S. 36.)

20 Wie das erste Gewitter zieht, so man die andern folgen sieht. (Arnsberg.) – Boebel, 104.

21 Woher das erste Gewitter kommt, da kommen die andern nach.

Bei Reinsberg (VIII, 57) als czechisch bezeichnet, ist aber auch in Schlesien, wenigstens an der ganzen böhmischen Grenze weit verbreitet; jedoch glaube ich, dass man zwischen den Gewittern vor und nach Johanni unterscheidet, indem man die Gewitter nur bis Johanni aus derselben Richtung kommen lässt. Schon als Knabe habe ich gehört: Wenn das erste Gewitter über die „weisse Steinrücke“ (eine Felsenpartie auf dem schmiedeberger Kamme in der Gegend der Friesensteine) kommt, so kommen die andern (bis Johanni) auch daher. Auch in Oberösterreich sagt man, wie ich eben bei Baumgarten (59) finde: „Wo das erste Wetter im Frühjahr hingeht, dorthin gehen alle bis Sonnenwende; erst von Sonnenwende an schlagen sie wieder eine andere Richtung ein.“ Das erste Gewitter hat übrigens im Volksglauben noch andere Wichtigkeit. „Wer“, meint man in Oberösterreich, „wenn es das erste mal im Jahre donnert, einen Baum schüttelt, der wird über die massen stark.“ „Beim Herannahen des ersten Gewitters wälzt man sich auf dem Erdboden oder legt sich rücklings auf die blosse Erde; man bleibt dann vor Kreuzweh verschont.“ Baumgarten a. a. O. bemerkt dabei: „Ich denke an Thor's Hammer, dessen Form der eines Kreuzes ziemlich gleicht. Sich auf dem Erdboden wälzen, den des Gottes geheiligter Hammerwurf gleichsam wieder neu geweiht, verjüngt hat, bewahrt vor Kreuzweh.“

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[[838]/0866] emporsprosst, das in allerhand Farben hinüberspielt und bald in rothe, bald in blaue u. s. w. Falten gelegt werden kann.“ (Seb. Seiler, Das Complot vom 13. Juni 1849, Hamburg 1850, S. 35.) *233 Sein Gewissen wohnt auf der breiten Strasse. *234 Sich ein Gewissen aus etwas machen. Frz.: C'est conscience que de faire cela. (Kritzinger, 166b.) *235 Wenn sein Gewissen ein Jahrmarkt wär', er wäre nicht von Dieben leer. – Parömiakon, 1308. *236 Wenn sein Gewissen ein Kasten wär', man würde in jedem Schubladen ein Schelmstück finden. – Parömiakon, 1305. *237 Wider sein Gewissen handeln. Frz.: Blesser sa conscience. (Kritzinger, 73b.) Gewissensforschung. Ich hâl Gawissensforschung, sagte jener Fischer, als ihn sein Nachbar fragte, warum immer so ein Mordsgeschrei in seinem Hause sei, ehe er zur Beichte gehe. Die Gewissenserforschung, sagte ein Fischer, hält mich zu lange auf, deswegen prügele ich vor der Beichte jedesmal meine Frau; da kommt sie in Zorn und wirft mir alles vor, was ich gethan habe. Da merke ich auf und gehe hernach hin und beichte es. So eine Beichte ist immer vollständig. Gewissenssache. 1 Das ist eine Gewissenssache. Holl.: Daar zou ik eene gewetenszaak van maken. (Harrebomée, I, 235.) 2 Es sind gewissenssachen, Gottesgüter schmaler machen. – Petri, II, 293. Gewisses. 1 Das gewiss findt man im vngewissen. – Franck, I, 102a; Gruter, I, 11; Lehmann, 310, 1; Henisch, 1604, 10; Guttenstein, II, 79; Schottel, 1142a; Petri, II, 61. 2 Das Gewisse geht vor dem Ungewissen. – Blum, 471. Lat.: Certa amittimus, dum incerta petimus. (Plautus.) (Binder I, 189; Philippi, I, 80; Seybold, 73.) 3 Das gewisse sol man behalten vnd das Vngewisse fahren lassen. – Petri, II, 61; Henisch, 976, 24. 4 Das Gewissest ist das beste Spiel. – Petri, II, 61; Henisch, 327, 47. 5 Dass gewiss kan man mit vngewissen nit vernichten. – Lehmann, 827, 16. 6 Ein gewisses ist besser dann zehen vngewisse. – Lehmann, II, 122, 35. 7 Es ist nicht rathsam, dass man das gewiss nach dem vngewissen wirfft. – Lehmann, 310, 2. 8 Man soll das gewiss nit vmb Hoffnung geben. – Eyering, III, 214. 9 Man soll kein gewisses an ein vngewisses geben. – Henisch, 1604, 20. Frz.: Il ne faut pas quitter le certain pour l'incertain. (Cahier, 1500.) Lat.: Incerta pro spe non munera certa relinque. (Gaal, 722.) 10 Nix Gewisses weiss man nit. Als die Hanswürste noch einen Platz auf unsern Bühnen hatten, war dies eine ihrer Lieblingsphrasen. Man gebrauchte das Wort, um scherzhaft zu sagen, dass man von oder über irgendetwas keine gewisse Kenntniss habe. *11 Das gewiss nicht vmbs ungewiss geben. – Eyering, I, 308. *12 Er spielet des Gewissen. – Schottel, 1119a. Gewitter. 1 Das gestrige Gewitter thut heute keinen Schaden mehr. – Altmann VI, 390. 2 Das Gewitter wird bald ausbrechen. Von einem Unglück, das hereinzubrechen droht. Frz.: La bombe est près de crever. 3 Das ist ein böses Gewitter, das blos blitzt und nicht regnet. Es ist ein böses Gewitter, das eher einschlägt als blitzt. (Altmann VI, 474.) 4 Ein Gewitter vertreibt das andere. Dän.: Den eene torden fordriver den anden. (Prov. dan., 551.) 5 Gewitter im Mai verkünden ein fruchtbar Jahr. – Orakel, 493. 6 Gewitter im October sagen beständig, der künft'ge Winter sei sehr wetterwendig. – Bair. Hauskalender. 7 Gewitter nach Sanct-Bartholomä' (s. d.) bringen wenig Nutzen, schaden meh'. – Bair. Hauskalender. 8 Gewitter ohne Regen ist ohne Segen. 9 Gewitter vor Georg, Kälte nach Georg. (Oels.) – Boebel, 21. 10 Grosse (schwere, heftige) Gewitter dauern nicht lange. 11 Merkt, dass heran Gewitter zieh', schnappt auf der Weid' nach Luft das Vieh. – Bair. Hauskalender. 12 Ohne Gewitter keine Aenderung der Jahreszeiten, und keine Aenderung des Regiments ohne Zerrüttung und Confusion. – Opel, 381. 13 Viel Gewitter im Herbst bringen viel Schnee im März und ein gutes Kornjahr. (Luzern.) 14 Viel Gewitter im Mai, singt der Bauer Juchhei. – Bair. Hauskalender. Bei Reinsberg (VIII, 130) findet sich dagegen der Spruch: Donnert es im Mai, so wird ein unfruchtbar Jahr. Ich habe nur dem Aprildonner diese ungünstige Wirkung zuschreiben hören. Auch die Polen sagen: Häufige Gewitter im Mai zerstreuen dem Bauer die Sorgen, während man sie wieder in Italien nach Reinsberg a. a. O. für unheilvoll betrachtet. 15 Wen ein Gewitter überfallen will, der macht schnellere Schritte. Bei uns treten die Gewitter nicht so regelmässig auf, wie, nach Dove, in Villarica (Brasilien), wo sich die Damen nicht zu Kaffee oder Thee, sondern auf „vor dem Gewitter“ und „nach dem Gewitter“ einladen. (Vgl. Dove, Witterungsverhältnisse in Berlin, Berlin 1842, S. 23.) 16 Wenn das Gewitter vorüber ist, kommen die Gebetbücher in den Winkel. Die Russen: Wenn das Gewitter nicht tobt, schlägt der Bauer kein Kreuz. 17 Wenn Gewitter am Himmel stehn, will niemand mit aufs Gebirge (auf Reisen) gehn. In Gefahren ist man allein. 18 Wer das Gewitter aufziehen sieht, kann zeitig unter Dach gehen. Die Chinesen: Wer das Gewitter an den Wolken erkennt, wird nicht durchnässt werden. 19 Wer das Gewitter zerläuten will, den trifft es. Erfahrungswahrheit. Von der verkehrten, abergläubischen Gewohnheit entlehnt, bei Gewittern zu läuten, in der Meinung, sie dadurch zu zertheilen und unschädlich zu machen. In der Nacht vom 14./15. April 1718 schlug der Blitz von Landernau bis St.-Paul de Leon in Bretagne in 24 Kirchen ein, in denen man läutete, und tödtete mehrere Läuter. In den Kirchen dagegen, wo man nicht läutete, schlug es nicht ein. (Vgl. Der Gesellschafter, Magdeburg 1785, III, Anh. S. 36.) 20 Wie das erste Gewitter zieht, so man die andern folgen sieht. (Arnsberg.) – Boebel, 104. 21 Woher das erste Gewitter kommt, da kommen die andern nach. Bei Reinsberg (VIII, 57) als czechisch bezeichnet, ist aber auch in Schlesien, wenigstens an der ganzen böhmischen Grenze weit verbreitet; jedoch glaube ich, dass man zwischen den Gewittern vor und nach Johanni unterscheidet, indem man die Gewitter nur bis Johanni aus derselben Richtung kommen lässt. Schon als Knabe habe ich gehört: Wenn das erste Gewitter über die „weisse Steinrücke“ (eine Felsenpartie auf dem schmiedeberger Kamme in der Gegend der Friesensteine) kommt, so kommen die andern (bis Johanni) auch daher. Auch in Oberösterreich sagt man, wie ich eben bei Baumgarten (59) finde: „Wo das erste Wetter im Frühjahr hingeht, dorthin gehen alle bis Sonnenwende; erst von Sonnenwende an schlagen sie wieder eine andere Richtung ein.“ Das erste Gewitter hat übrigens im Volksglauben noch andere Wichtigkeit. „Wer“, meint man in Oberösterreich, „wenn es das erste mal im Jahre donnert, einen Baum schüttelt, der wird über die massen stark.“ „Beim Herannahen des ersten Gewitters wälzt man sich auf dem Erdboden oder legt sich rücklings auf die blosse Erde; man bleibt dann vor Kreuzweh verschont.“ Baumgarten a. a. O. bemerkt dabei: „Ich denke an Thor's Hammer, dessen Form der eines Kreuzes ziemlich gleicht. Sich auf dem Erdboden wälzen, den des Gottes geheiligter Hammerwurf gleichsam wieder neu geweiht, verjüngt hat, bewahrt vor Kreuzweh.“ 22 Woher dat Gewitter kummt? sed de Jung'; ût mîn Grôtmôder ehr Knâken, da sitt et all jümmers veer Dag vörher in. *23 Es hängt ihm ein Gewitter überm Kopf.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [838]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/866>, abgerufen am 22.11.2024.