Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.[Spaltenumbruch] Gewitterjahr. Es G'witterjohr isch es guets Johr. (Solothurn.) - Schild, 110, 92. Die Wirkungen einer gewitterreichen Zeit sind aber sehr verschieden. Unter dem 7. September 1805 schildert Adam Müller in einem Briefe an seinen Freund Fr. Gentz die Stimmungen einer Woche, in der fast jeden Tag ein Gewitter war, und schliesst damit: "Unter allen diesen Schmerzen gedeiht in mir der Glaube an Christum und besonders an die Strafgerichte Gottes." (Vgl. Briefwechsel zwischen Gentz und Ad. Müller, Stuttgart 1856.) Gewitterregen. Ein Gewitterregen wirkt mehr als tausend Giesskannen. - Wurzbach I, 48; Sprichwörtergarten, 252. Gewogen. *1 Du kannst mir gewogen1 bleiben. - Frischbier2, 1265; Sandvoss, 360. 1) Auch: gesund. - Ironisch für: Du hast meinem Vertrauen nicht entsprochen. Hat auch den Sinn von Ellenbogen 6. *2 Einem gewogen bleiben. (Ostpreuss.) Nichts von ihm wissen wollen. *3 G'wogn und gemass'n eit ball gefrass'n. (Franken.) - Frommann, VI, 327, 422. Das Zugewogene und Zugemessene, im Gegensatz zum Selbsterzeugten und darum reichlicher Vorhandenen, ist bald verzehrt. Gewohnen. 1 As ik wennt bün, möt ik don, säd' de Baur, dor kloppt he seinen Jungen. - Hoefer, 141. 2 Gewohn's, Mudel1, gewohn's, hat der Bäck g'sagt, hat mit der Katz den Ofen2 ausgekehrt. - Leoprechting, 293; Hoefer, 33; Schmeller, II, 553; Reinsberg VII, 78; Eiselein, 236; Mayer, I, 193; Körte, 2161; Simrock, 3645; Globus, VIII, 176. 1) Miez = Katze. 2) Nämlich den geheizten. 3 Gewohn's, so kommt dir's nicht hart an. - Simrock, 3644; Braun, I, 817; Körte, 2161. Wer gewohnt ist, hart zu liegen, sagen die Bergamasken, dem scheint ein Strohbett Daun. (Reinsberg VII, 78.) "Durch die Macht der Gewohnheit lernt der Mensch das stärkste Gift und auch bürgerliche und geistige Knechtschaft ertragen, aber doch alles nur in einem gewissen Grade." (Welt und Zeit, III, 64, 90.) 4 Ich hab sein gewont, es gehet mir eben so mehr vbel als wol. - Franck, I, 161a. 5 Jung gewehnet, alt gethan. - Tappius, 99b; Henisch, 1585; Petri, II, 411; Lehmann, II, 275, 25; Parömiakon, 490 u. 2197; Bücking, 35; Siebenkees, 58; Eiselein, 236; Sailer, 68; Mayer, I, 192; Bremser, 8; Simrock, 3634; Pistor., IX, 42; Müller, 24, 1; Teller, 144; Ramann, II. Pred., I, 67; Ramann, Unterr., I, 41; Hermann, 4; für Gladbach: Firmenich, III, 516, 33; für Hannover: Schambach, 19; für Waldeck: Firmenich, III, 325, 21; Curtze, 318, 56. Mhd.: Gewonhoit is da schuldec an: diu geit dem leibe selhen pein; des er von kintheit ist gewon, ez sei im schade, ez sei im frum, da kumt er ane got niht von. (Winsbeke.) - Ihr sult iuwer kint auf guotiu dinc weisen, wann gewonheit ist etewanne reicher danne deiu nataure. (Berthold.) (Zingerle, 55.) Frz.: Ce qu'on apprend dans la jeunesse, on le retient dans la vieillesse. Lat.: A vitiis nescit desistere, quando senescit. (Binder II, 18; Gartner, 15.) - Dura est antiqua cum consuetudine pugna. (Binder II, 890.) - Quidquid primis inolevit ab annis, non facile aufertur, naturam parturit usus. - Salivam imbibere. (Erasm., 472; Tappius, 170b.) 6 Jung gewohnt, alt gethan, hebt das Recht' und Schlechte an. 7 Lang gewohnt ist, als wäre es angeboren. - Schamelius, 87, 3. Lat.: Consuetudo altera lex est: Vetus consuetudo naturae vim obtinet. (Schamelius, 87, 3.) 8 Man gewohnt endlich eine Sache, sie sei gut oder böse. "Wer sich zehn Jahre quälen lässt, ist im elften der Qualen gewohnt." (Welt und Zeit, I, 140, 66.) Lat.: Ab assuetis non fit passio. 9 'S ist alles nur, bis man's gewohnt ist. (Nürtingen.) 10 Was einer gewohnt ist, das kommt ihm nicht sauer an. - Kirchhofer, 155. Daher lernen die Menschen allmählich, wie jener Kreter, einen Ochsen von Blödsinn ertragen, wenn man sie gewöhnt hat, das Kälbchen zu tragen. Böhm.: Cemu kdo zvykl, neni obtizno. (Celakovsky, 359.) [Spaltenumbruch] 11 Was man einmal gewohnt, kann man böse wieder entwohnen. Mhd.: Den site ein man ungerne lat, den er von jugent gewonet hat. (Freidank.) - Swes der man gewont hat, daz ist wunder, ob er daz sanfte lat. (Cato.) (Zingerle, 54.) Lat.: Assueta relinquere durum est. (Philippi, I, 45.) 12 Was man gewohnt ist, beschwert nicht. Lat.: Marti arma non sunt oneri. (Binder I, 957; II, 1802; Seybold, 299) - Multa vestutas lenit. - Quod male fers, assuere: feres bene. (Philippi, II, 143.) 13 Was man gewohnt ist, beschwert nicht, sagte die Köchin, als sie die Krebse ins siedende Wasser warf. Sie wollte sagen: Die Krebse sind ja von jeher lebendig gesotten worden, sind also daran gewöhnt. H. Heine in seinen Vermischten Schriften wendet das Sprichwort auf Judenverfolgungen an. 14 Was wir gewohnt sind, klebt uns an. 15 Wenn man gewennt öss, denn öss ok ön e Hell got. - Frischbier2, 1268. 16 Wenn 't man eirst gewennt büst, sär de Bäcker, da wisch hei mit sin Katt de Backaben ut. - Mecklenb. Kal. (Rostock 1864); Schiller, III, 6b; Raabe, 8; Hoefer, 33b; für Jever: Frommann, III, 38, 16; hochdeutsch bei Frischbier2, 1267. 17 Wer gewohnt ist, im Finstern zu leben, der fragt nicht viel nach der Sonne. 18 Wie gewohnt, so gethan. *19 Er ist's gewohnt, wie David das Panzerhemd. - Parömiakon, 1879. Von denen, die sich in etwas nicht finden und fügen können. *20 Er ist's gewohnt, wie der Hund zu Fuss zu gehen. *21 Er ist's gewohnt, wie der Krammetsvogel das Kopfeindrücken. (Westf.) *22 Gewohn' es, Hündchen, Pommerchen! Ermuthigender Zuruf an sich selbst oder andere. *23 Gewohn's, Bumal! (Oberösterreich) - Baumgarten. *24 Hei is 't gewunnt, es der Schmid de Funken. (Soest.) *25 Hei is 't gewaunt, äs de Isel 't Sack dregen. (Soest.) Gewöhnen. 1 Man gewöhnt sich an Alles. Böhm.: Zlemu jako dobremu clovek privyka. (Celakovsky, 221.) 2 Sich an etwas gewöhnen ist Arbeit für ein Pferd, sich etwas abgewöhnen ist Arbeit für zehn Pferde. Böhm.: Jedna muka nauka (zvykani) a dve muky oduka (odvykani). (Celakovsky, 221.) *3 Er ist daran gewöhnt, wie die Katze ans Barfusslaufen. Gewohnheit. 1 Alle gute Gewohnheit soll man behalten. - Graf, 12, 145; Lünig, I, 360. Frz.: Les bonnes coustumes sont a garder et les mauvaises a laisser. (Leroux, II, 250.) 2 Alte Gewohnheit ist stärker als Brief und Siegel. - Pistor., IX, 38; Graf, 12, 141; Steiger, 364; Simrock, 3641; Hillebrand, 8, 223; Estor, I, 20, 49; Sailer, 251. Unter Brief und Siegel sind die Stadt- und Landesgesetze, landesherrlichen Verordnungen u. s. w. zu verstehen, die oft wegen der daranhängenden Wappen und Siegel selbst so genannt wurden. Die alten Deutschen hielten viel auf alte Gewohnheiten; daher das Sprichwort sagen will, dass der Richter vor Abfassung seines Erkenntnisses oder vor Fällung seines Urtheils zuvörderst auf die Gewohnheit eines jeden Orts sehen soll, da viele Gesetze nur aus Gewohnheiten entstanden sind. Es versteht sich übrigens wol, dass nur der Gesetzgeber einer Gewohnheit Gültigkeit geben kann und dass das Sprichwort nicht so zu verstehen ist, als habe das Gewohnheitsrecht überhaupt grössere Kraft als die Gesetze. Böhm.: Davnost svedek nemaly. (Celakovsky, 339.) Frz.: Nule chose est plus grand d'acoustumance. (Leroux, II, 270.) It.: Dal mal uso e vinta la ragione. (Pazzaglia, 302, 3.) - L'usanza del paese non e mai vergogna. (Pazzaglia, 360, 3.) Span.: Costumbre buena, costumbre mala, el villano quiere que vala. (Bohn I, 209.) Ung.: Nehez a regi megrögzött szokast elhagyni. (Gaal, 725.)
[Spaltenumbruch] Gewitterjahr. Es G'witterjohr isch es guets Johr. (Solothurn.) – Schild, 110, 92. Die Wirkungen einer gewitterreichen Zeit sind aber sehr verschieden. Unter dem 7. September 1805 schildert Adam Müller in einem Briefe an seinen Freund Fr. Gentz die Stimmungen einer Woche, in der fast jeden Tag ein Gewitter war, und schliesst damit: „Unter allen diesen Schmerzen gedeiht in mir der Glaube an Christum und besonders an die Strafgerichte Gottes.“ (Vgl. Briefwechsel zwischen Gentz und Ad. Müller, Stuttgart 1856.) Gewitterregen. Ein Gewitterregen wirkt mehr als tausend Giesskannen. – Wurzbach I, 48; Sprichwörtergarten, 252. Gewogen. *1 Du kannst mir gewogen1 bleiben. – Frischbier2, 1265; Sandvoss, 360. 1) Auch: gesund. – Ironisch für: Du hast meinem Vertrauen nicht entsprochen. Hat auch den Sinn von Ellenbogen 6. *2 Einem gewogen bleiben. (Ostpreuss.) Nichts von ihm wissen wollen. *3 G'wogn und gemass'n ît ball gefrass'n. (Franken.) – Frommann, VI, 327, 422. Das Zugewogene und Zugemessene, im Gegensatz zum Selbsterzeugten und darum reichlicher Vorhandenen, ist bald verzehrt. Gewohnen. 1 As ik wennt bün, möt ik dôn, säd' de Bûr, dôr kloppt he sînen Jungen. – Hoefer, 141. 2 Gewohn's, Mudel1, gewohn's, hat der Bäck g'sagt, hat mit der Katz den Ofen2 ausgekehrt. – Leoprechting, 293; Hoefer, 33; Schmeller, II, 553; Reinsberg VII, 78; Eiselein, 236; Mayer, I, 193; Körte, 2161; Simrock, 3645; Globus, VIII, 176. 1) Miez = Katze. 2) Nämlich den geheizten. 3 Gewohn's, so kommt dir's nicht hart an. – Simrock, 3644; Braun, I, 817; Körte, 2161. Wer gewohnt ist, hart zu liegen, sagen die Bergamasken, dem scheint ein Strohbett Daun. (Reinsberg VII, 78.) „Durch die Macht der Gewohnheit lernt der Mensch das stärkste Gift und auch bürgerliche und geistige Knechtschaft ertragen, aber doch alles nur in einem gewissen Grade.“ (Welt und Zeit, III, 64, 90.) 4 Ich hab sein gewont, es gehet mir eben so mehr vbel als wol. – Franck, I, 161a. 5 Jung gewehnet, alt gethan. – Tappius, 99b; Henisch, 1585; Petri, II, 411; Lehmann, II, 275, 25; Parömiakon, 490 u. 2197; Bücking, 35; Siebenkees, 58; Eiselein, 236; Sailer, 68; Mayer, I, 192; Bremser, 8; Simrock, 3634; Pistor., IX, 42; Müller, 24, 1; Teller, 144; Ramann, II. Pred., I, 67; Ramann, Unterr., I, 41; Hermann, 4; für Gladbach: Firmenich, III, 516, 33; für Hannover: Schambach, 19; für Waldeck: Firmenich, III, 325, 21; Curtze, 318, 56. Mhd.: Gewonhoit is dâ schuldec an: diu gît dem lîbe selhen pîn; des er von kintheit ist gewon, ez sî im schade, ez sî im frum, dâ kumt er âne got niht von. (Winsbeke.) – Ihr sult iuwer kint ûf guotiu dinc wîsen, wann gewonheit ist etewanne rîcher danne dîu natûre. (Berthold.) (Zingerle, 55.) Frz.: Ce qu'on apprend dans la jeunesse, on le retient dans la vieillesse. Lat.: A vitiis nescit desistere, quando senescit. (Binder II, 18; Gartner, 15.) – Dura est antiqua cum consuetudine pugna. (Binder II, 890.) – Quidquid primis inolevit ab annis, non facile aufertur, naturam parturit usus. – Salivam imbibere. (Erasm., 472; Tappius, 170b.) 6 Jung gewohnt, alt gethan, hebt das Recht' und Schlechte an. 7 Lang gewohnt ist, als wäre es angeboren. – Schamelius, 87, 3. Lat.: Consuetudo altera lex est: Vetus consuetudo naturae vim obtinet. (Schamelius, 87, 3.) 8 Man gewohnt endlich eine Sache, sie sei gut oder böse. „Wer sich zehn Jahre quälen lässt, ist im elften der Qualen gewohnt.“ (Welt und Zeit, I, 140, 66.) Lat.: Ab assuetis non fit passio. 9 'S ist alles nur, bis man's gewohnt ist. (Nürtingen.) 10 Was einer gewohnt ist, das kommt ihm nicht sauer an. – Kirchhofer, 155. Daher lernen die Menschen allmählich, wie jener Kreter, einen Ochsen von Blödsinn ertragen, wenn man sie gewöhnt hat, das Kälbchen zu tragen. Böhm.: Cemu kdo zvykl, není obtížno. (Čelakovský, 359.) [Spaltenumbruch] 11 Was man einmal gewohnt, kann man böse wieder entwohnen. Mhd.: Den site ein man ungerne lât, den er von jugent gewonet hât. (Freidank.) – Swes der man gewont hât, daz ist wunder, ob er daz sanfte lât. (Cato.) (Zingerle, 54.) Lat.: Assueta relinquere durum est. (Philippi, I, 45.) 12 Was man gewohnt ist, beschwert nicht. Lat.: Marti arma non sunt oneri. (Binder I, 957; II, 1802; Seybold, 299) – Multa vestutas lenit. – Quod male fers, assuere: feres bene. (Philippi, II, 143.) 13 Was man gewohnt ist, beschwert nicht, sagte die Köchin, als sie die Krebse ins siedende Wasser warf. Sie wollte sagen: Die Krebse sind ja von jeher lebendig gesotten worden, sind also daran gewöhnt. H. Heine in seinen Vermischten Schriften wendet das Sprichwort auf Judenverfolgungen an. 14 Was wir gewohnt sind, klebt uns an. 15 Wenn man gewennt öss, denn öss ok ön e Hell got. – Frischbier2, 1268. 16 Wenn 't man îrst gewennt büst, sär de Bäcker, da wisch hei mit sin Katt de Backâben ut. – Mecklenb. Kal. (Rostock 1864); Schiller, III, 6b; Raabe, 8; Hoefer, 33b; für Jever: Frommann, III, 38, 16; hochdeutsch bei Frischbier2, 1267. 17 Wer gewohnt ist, im Finstern zu leben, der fragt nicht viel nach der Sonne. 18 Wie gewohnt, so gethan. *19 Er ist's gewohnt, wie David das Panzerhemd. – Parömiakon, 1879. Von denen, die sich in etwas nicht finden und fügen können. *20 Er ist's gewohnt, wie der Hund zu Fuss zu gehen. *21 Er ist's gewohnt, wie der Krammetsvogel das Kopfeindrücken. (Westf.) *22 Gewohn' es, Hündchen, Pommerchen! Ermuthigender Zuruf an sich selbst oder andere. *23 Gewohn's, Bumal! (Oberösterreich) – Baumgarten. *24 Hei is 't gewunnt, es der Schmid de Funken. (Soest.) *25 Hei is 't gewûnt, äs de Isel 't Sack dregen. (Soest.) Gewöhnen. 1 Man gewöhnt sich an Alles. Böhm.: Zlému jako dobrému človĕk přivyká. (Čelakovský, 221.) 2 Sich an etwas gewöhnen ist Arbeit für ein Pferd, sich etwas abgewöhnen ist Arbeit für zehn Pferde. Böhm.: Jedna muka náuka (zvykáni) a dvĕ muky oduka (odvykáni). (Čelakovský, 221.) *3 Er ist daran gewöhnt, wie die Katze ans Barfusslaufen. Gewohnheit. 1 Alle gute Gewohnheit soll man behalten. – Graf, 12, 145; Lünig, I, 360. Frz.: Les bonnes coustumes sont à garder et les mauvaises à laisser. (Leroux, II, 250.) 2 Alte Gewohnheit ist stärker als Brief und Siegel. – Pistor., IX, 38; Graf, 12, 141; Steiger, 364; Simrock, 3641; Hillebrand, 8, 223; Estor, I, 20, 49; Sailer, 251. Unter Brief und Siegel sind die Stadt- und Landesgesetze, landesherrlichen Verordnungen u. s. w. zu verstehen, die oft wegen der daranhängenden Wappen und Siegel selbst so genannt wurden. Die alten Deutschen hielten viel auf alte Gewohnheiten; daher das Sprichwort sagen will, dass der Richter vor Abfassung seines Erkenntnisses oder vor Fällung seines Urtheils zuvörderst auf die Gewohnheit eines jeden Orts sehen soll, da viele Gesetze nur aus Gewohnheiten entstanden sind. Es versteht sich übrigens wol, dass nur der Gesetzgeber einer Gewohnheit Gültigkeit geben kann und dass das Sprichwort nicht so zu verstehen ist, als habe das Gewohnheitsrecht überhaupt grössere Kraft als die Gesetze. Böhm.: Dávnost svĕdek nemalý. (Čelakovský, 339.) Frz.: Nule chose est plus grand d'acoustumance. (Leroux, II, 270.) It.: Dal mal uso è vinta la ragione. (Pazzaglia, 302, 3.) – L'usanza del paese non è mai vergogna. (Pazzaglia, 360, 3.) Span.: Costumbre buena, costumbre mala, el villano quiere que vala. (Bohn I, 209.) Ung.: Nehéz a régi megrögzött szokást elhagyni. (Gaal, 725.)
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Gewitterjahr.
Es G'witterjohr isch es guets Johr. (Solothurn.) – Schild, 110, 92.
Die Wirkungen einer gewitterreichen Zeit sind aber sehr verschieden. Unter dem 7. September 1805 schildert Adam Müller in einem Briefe an seinen Freund Fr. Gentz die Stimmungen einer Woche, in der fast jeden Tag ein Gewitter war, und schliesst damit: „Unter allen diesen Schmerzen gedeiht in mir der Glaube an Christum und besonders an die Strafgerichte Gottes.“ (Vgl. Briefwechsel zwischen Gentz und Ad. Müller, Stuttgart 1856.)
Gewitterregen.
Ein Gewitterregen wirkt mehr als tausend Giesskannen. – Wurzbach I, 48; Sprichwörtergarten, 252.
Gewogen.
*1 Du kannst mir gewogen1 bleiben. – Frischbier2, 1265; Sandvoss, 360.
1) Auch: gesund. – Ironisch für: Du hast meinem Vertrauen nicht entsprochen. Hat auch den Sinn von Ellenbogen 6.
*2 Einem gewogen bleiben. (Ostpreuss.)
Nichts von ihm wissen wollen.
*3 G'wogn und gemass'n ît ball gefrass'n. (Franken.) – Frommann, VI, 327, 422.
Das Zugewogene und Zugemessene, im Gegensatz zum Selbsterzeugten und darum reichlicher Vorhandenen, ist bald verzehrt.
Gewohnen.
1 As ik wennt bün, möt ik dôn, säd' de Bûr, dôr kloppt he sînen Jungen. – Hoefer, 141.
2 Gewohn's, Mudel1, gewohn's, hat der Bäck g'sagt, hat mit der Katz den Ofen2 ausgekehrt. – Leoprechting, 293; Hoefer, 33; Schmeller, II, 553; Reinsberg VII, 78; Eiselein, 236; Mayer, I, 193; Körte, 2161; Simrock, 3645; Globus, VIII, 176.
1) Miez = Katze.
2) Nämlich den geheizten.
3 Gewohn's, so kommt dir's nicht hart an. – Simrock, 3644; Braun, I, 817; Körte, 2161.
Wer gewohnt ist, hart zu liegen, sagen die Bergamasken, dem scheint ein Strohbett Daun. (Reinsberg VII, 78.) „Durch die Macht der Gewohnheit lernt der Mensch das stärkste Gift und auch bürgerliche und geistige Knechtschaft ertragen, aber doch alles nur in einem gewissen Grade.“ (Welt und Zeit, III, 64, 90.)
4 Ich hab sein gewont, es gehet mir eben so mehr vbel als wol. – Franck, I, 161a.
5 Jung gewehnet, alt gethan. – Tappius, 99b; Henisch, 1585; Petri, II, 411; Lehmann, II, 275, 25; Parömiakon, 490 u. 2197; Bücking, 35; Siebenkees, 58; Eiselein, 236; Sailer, 68; Mayer, I, 192; Bremser, 8; Simrock, 3634; Pistor., IX, 42; Müller, 24, 1; Teller, 144; Ramann, II. Pred., I, 67; Ramann, Unterr., I, 41; Hermann, 4; für Gladbach: Firmenich, III, 516, 33; für Hannover: Schambach, 19; für Waldeck: Firmenich, III, 325, 21; Curtze, 318, 56.
Mhd.: Gewonhoit is dâ schuldec an: diu gît dem lîbe selhen pîn; des er von kintheit ist gewon, ez sî im schade, ez sî im frum, dâ kumt er âne got niht von. (Winsbeke.) – Ihr sult iuwer kint ûf guotiu dinc wîsen, wann gewonheit ist etewanne rîcher danne dîu natûre. (Berthold.) (Zingerle, 55.)
Frz.: Ce qu'on apprend dans la jeunesse, on le retient dans la vieillesse.
Lat.: A vitiis nescit desistere, quando senescit. (Binder II, 18; Gartner, 15.) – Dura est antiqua cum consuetudine pugna. (Binder II, 890.) – Quidquid primis inolevit ab annis, non facile aufertur, naturam parturit usus. – Salivam imbibere. (Erasm., 472; Tappius, 170b.)
6 Jung gewohnt, alt gethan, hebt das Recht' und Schlechte an.
7 Lang gewohnt ist, als wäre es angeboren. – Schamelius, 87, 3.
Lat.: Consuetudo altera lex est: Vetus consuetudo naturae vim obtinet. (Schamelius, 87, 3.)
8 Man gewohnt endlich eine Sache, sie sei gut oder böse.
„Wer sich zehn Jahre quälen lässt, ist im elften der Qualen gewohnt.“ (Welt und Zeit, I, 140, 66.)
Lat.: Ab assuetis non fit passio.
9 'S ist alles nur, bis man's gewohnt ist. (Nürtingen.)
10 Was einer gewohnt ist, das kommt ihm nicht sauer an. – Kirchhofer, 155.
Daher lernen die Menschen allmählich, wie jener Kreter, einen Ochsen von Blödsinn ertragen, wenn man sie gewöhnt hat, das Kälbchen zu tragen.
Böhm.: Cemu kdo zvykl, není obtížno. (Čelakovský, 359.)
11 Was man einmal gewohnt, kann man böse wieder entwohnen.
Mhd.: Den site ein man ungerne lât, den er von jugent gewonet hât. (Freidank.) – Swes der man gewont hât, daz ist wunder, ob er daz sanfte lât. (Cato.) (Zingerle, 54.)
Lat.: Assueta relinquere durum est. (Philippi, I, 45.)
12 Was man gewohnt ist, beschwert nicht.
Lat.: Marti arma non sunt oneri. (Binder I, 957; II, 1802; Seybold, 299) – Multa vestutas lenit. – Quod male fers, assuere: feres bene. (Philippi, II, 143.)
13 Was man gewohnt ist, beschwert nicht, sagte die Köchin, als sie die Krebse ins siedende Wasser warf.
Sie wollte sagen: Die Krebse sind ja von jeher lebendig gesotten worden, sind also daran gewöhnt. H. Heine in seinen Vermischten Schriften wendet das Sprichwort auf Judenverfolgungen an.
14 Was wir gewohnt sind, klebt uns an.
15 Wenn man gewennt öss, denn öss ok ön e Hell got. – Frischbier2, 1268.
16 Wenn 't man îrst gewennt büst, sär de Bäcker, da wisch hei mit sin Katt de Backâben ut. – Mecklenb. Kal. (Rostock 1864); Schiller, III, 6b; Raabe, 8; Hoefer, 33b; für Jever: Frommann, III, 38, 16; hochdeutsch bei Frischbier2, 1267.
17 Wer gewohnt ist, im Finstern zu leben, der fragt nicht viel nach der Sonne.
18 Wie gewohnt, so gethan.
*19 Er ist's gewohnt, wie David das Panzerhemd. – Parömiakon, 1879.
Von denen, die sich in etwas nicht finden und fügen können.
*20 Er ist's gewohnt, wie der Hund zu Fuss zu gehen.
*21 Er ist's gewohnt, wie der Krammetsvogel das Kopfeindrücken. (Westf.)
*22 Gewohn' es, Hündchen, Pommerchen!
Ermuthigender Zuruf an sich selbst oder andere.
*23 Gewohn's, Bumal! (Oberösterreich) – Baumgarten.
*24 Hei is 't gewunnt, es der Schmid de Funken. (Soest.)
*25 Hei is 't gewûnt, äs de Isel 't Sack dregen. (Soest.)
Gewöhnen.
1 Man gewöhnt sich an Alles.
Böhm.: Zlému jako dobrému človĕk přivyká. (Čelakovský, 221.)
2 Sich an etwas gewöhnen ist Arbeit für ein Pferd, sich etwas abgewöhnen ist Arbeit für zehn Pferde.
Böhm.: Jedna muka náuka (zvykáni) a dvĕ muky oduka (odvykáni). (Čelakovský, 221.)
*3 Er ist daran gewöhnt, wie die Katze ans Barfusslaufen.
Gewohnheit.
1 Alle gute Gewohnheit soll man behalten. – Graf, 12, 145; Lünig, I, 360.
Frz.: Les bonnes coustumes sont à garder et les mauvaises à laisser. (Leroux, II, 250.)
2 Alte Gewohnheit ist stärker als Brief und Siegel. – Pistor., IX, 38; Graf, 12, 141; Steiger, 364; Simrock, 3641; Hillebrand, 8, 223; Estor, I, 20, 49; Sailer, 251.
Unter Brief und Siegel sind die Stadt- und Landesgesetze, landesherrlichen Verordnungen u. s. w. zu verstehen, die oft wegen der daranhängenden Wappen und Siegel selbst so genannt wurden. Die alten Deutschen hielten viel auf alte Gewohnheiten; daher das Sprichwort sagen will, dass der Richter vor Abfassung seines Erkenntnisses oder vor Fällung seines Urtheils zuvörderst auf die Gewohnheit eines jeden Orts sehen soll, da viele Gesetze nur aus Gewohnheiten entstanden sind. Es versteht sich übrigens wol, dass nur der Gesetzgeber einer Gewohnheit Gültigkeit geben kann und dass das Sprichwort nicht so zu verstehen ist, als habe das Gewohnheitsrecht überhaupt grössere Kraft als die Gesetze.
Böhm.: Dávnost svĕdek nemalý. (Čelakovský, 339.)
Frz.: Nule chose est plus grand d'acoustumance. (Leroux, II, 270.)
It.: Dal mal uso è vinta la ragione. (Pazzaglia, 302, 3.) – L'usanza del paese non è mai vergogna. (Pazzaglia, 360, 3.)
Span.: Costumbre buena, costumbre mala, el villano quiere que vala. (Bohn I, 209.)
Ung.: Nehéz a régi megrögzött szokást elhagyni. (Gaal, 725.)
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