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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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[Spaltenumbruch] 30 Es kann nicht jeder Kaiser sein.

Wie in den Sprichwörtern der Deutschen, so spielt auch in denen der Russen ihr Kaiser (Zar) eine hervorragende Rolle, und er tritt in den verschiedensten Beziehungen darin auf: Es ist nicht jeder Kaiser, der die Generalsuniform trägt. Der Kaiser ist nicht einmal streng, aber der Gutsherr ist ein Tyrann. Für den Kaiser ist auch der Sterlet-Kaviar nicht zu theuer. (Der Sterlet ist eine besondere, den kostbarsten Kaviar liefernde Störart.) Auch der Kaiser herrscht nur im Saal, denn seine Kammerdiener herrschen im Vorsaal. Auch des Kaisers Barke kann nicht höher gehoben werden, als bis zum höchsten Bassin. (Dies Sprichwort bezieht sich auf die Schleusenwerke bei Wyschnij Wolocok, welche auf der durch Peter I., mittels Verbindung der Flüsse Zna und Twerca begründeten Wasserstrasse zwischen dem Kaspischen Meere und der Ostsee die Barken von Becken zu Becken stationsweise emporheben. Die Stadt zieht ihre Hauptnahrung aus der Durchschleusung dieser Barken, die alljährlich diese Wasserstrasse passiren, und aus dem Zwischenhandel, der mit diesen schwimmenden Waarenlagern unterhalten wird.) Was von einem Kaiser kommt, ist ein Grossfürst. Wenn der Kaiser eine Uniform trägt, so trägt er die eines Generals. Des Kaisers Schwert hat nur eine Schneide, des Edelmanns Schwert ist aber zweischneidig. Vor des Kaisers Katze, auch wenn sie todt ist, nimm den Hut ab. Des Kaisers Ofen wärmt auch nur, wenn er geheizt ist. Melke des Kaisers Kuh wie du willst, du wirst doch keinen Wein herausmelken. Wenn des Kaisers Hengst des Bauern Stute sieht, belegt er sie. Auch der Kaiser schüttelt sich, wenn er das Fieber hat. Auch der Kaiser hat sein Bein, woran er nagen muss. (Altmann V, 77, 78, 79, 81, 92, 97, 99, 101, 110, 128; VI, 415 u. 501.); (S. Zar.)

Holl.: Wij kunnen allen geene keizers wezen. (Harrebomee, I, 391b.)

31 Es war kein Kaiser je so reich, an Gedanken war ich ihm gleich.

32 Kabbele dich nicht um Kaisers Bart. - Reinsberg IV, 75.

33 Kaiser, König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann. (Köthen.)

34 Kaiser und Könige haben das gemeine Recht gemacht. - Graf, 17, 203.

Mhd.: Dy keyser vnd dy konynge haben dz gemeyne recht gemacht. (Nering, V, 53; Zöpfl, II, 414, 6, 1.)

35 Keyser zu werden ist ein schwere Sach, nichts zu seyn, kanst werden alle Tag. - Zinkgref, III, 76.

Lat.: Non facile Caesar, sed nihil esse potest. (Zinkgref, III, 76.)

36 Lasst den Kaiser seines Bildes gewaltig und Gottes Bild gebt Gott. - Graf, 43, 137.

Mhd.: Latet den keiser sines beldes geweldich, vndc godes belde gevet gode. (Homeyer, III, 42, 5.)

37 Man soll dem Kaiser geben (lassen), was des Kaisers ist. - Agricola II, 205; Matth. 22, 11; Zehner, 483; Schulze, 225; Simrock, 5562; Braun, I, 1721.

Böhm.: Co cisarovo cisari, co boziho bohu, a cert at utre bubu. (Celalcovsky, 18.)

Dän.: Giver kejseren det kejseren hörer til, og Gud det Gud hörer til. (Prov. dan., 335.)

Frz.: Il faut rendre a Cesar ce qui est a Cesar, et a Diou ce qui est a Dieu. (Leroux, II, 30; Kritzinger, 115b.)

Holl.: Geef den keizer, wat des kaizers is, en Gode, wat Gods is. (Harrebomee, I, 391b; Bohn I, 333.)

Lat.: Caesaribus censum, solvite vota Deo. (Binder I, 150; II, 393; Philippi, I, 67; Schreger, 46; Seybold, 61 u. 72; Sutor, 332.)

38 Mit dem Kaiser kommen nicht alle weit mit.

39 Must doch des Kaysers Koch sterben, der kont gutte fette Suppen machen. - Petri, III, 9.

40 Nur einer kann je Kaiser sein. - Eiselein, 356; Simrock, 5361.

41 Vor dem Kaiser darf man keine Zweifel rächen. - Graf, 479, 669.

Jedes Erkenntniss, das nicht von vornherein nichtig ist, wird in dem Augenblick, da es mit keinem ordentlichen Rechtsmittel mehr angefochten werden kann, rechtskräftig, und eine in dieser Weise in letzter Instanz entschiedene Sache ist für immer beendet.

Mhd.: Vor dem kayser sal man keynen tzwifel rechin. (Senckenberg, I, 4.)

42 Was der Kaiser1 erlaubt hat, darf man thun. - Graf, 17, 200.

1) D. h. das Gesetz (s. d. 16).

Mhd.: Was der Keiser irleubet hat, daz mag man thun. (Endemann, IV, 11, 234.)

43 Was der Kaiser heisst, hat Vorgang. - Graf, 432, 257.

Bei den altdeutschen Gerichtstagen wurden einige Sachen in der Art bevorzugt, dass sie immer vorweg [Spaltenumbruch] verhandelt werden mussten; nämlich Streitigkeiten, die das Wohl des Staats und andere gemeine Genossenschaften angehen, weil "der König überall obenan sitze". Das gleiche Recht genossen hülflose Personen, Witwen, Waisen, Kirchengüter, Priester, Wallfahrer, Wehrlose u. s. w., denn "sie sind des Königs Mündel". (Richthofen, 7, 12.)

Mhd.: Waz der keiser heizzet, daz hat fargang. (Endemann, IV, 11, 235.)

44 Was der Kaiser nicht hat, soll niemand haben. - Graf, 43, 156.

Mhd.: Was der keyser nicht haben sal, das enmag nymant habin. (Senckenberg, IV, 8.)

45 Was der Kaiser Unrechtes weiss, soll er richten ohne Klage. - Graf, 425, 212.

Der oberste Wächter des Rechts soll das Unrecht beseitigen, wo er es findet. Während das Sprichwort: Wo kein Kläger, da kein Richter, sich auf das Civilrecht bezieht, hat das obige wol das Strafrecht im Sinne, wo der Kaiser durch den Staatsanwalt das Rechtsinteresse der Gesellschaft vertritt. Der Umstand indess, dass den Richter aus Ermangelung eines Klageantrags seine Gebühren (Bussantheil) fehlgingen, bewirkte schon zeitig die Bestellung eines öffentlichen Klägers in Fällen von Vorsatz und Gewalt oder, wie bei Fremden, Einschreitung von Amts wegen. Der Kaiser richtet ohne Klage, wenn er die Wahrheit weiss.

Mhd.: Waz der keiser unrechtes weiz, daz sal er richten ane clage. (Endemann, III, 21.)

46 Was man ohne den Kaiser thut, bleibt unstet. - Graf, 94, 172.

Eine Uebertragung des Besitzes von liegendem Gut, die nicht vom Gericht erfolgt, war ungültig.

Mhd.: Waz man machet ane den keiser daz is unstete. (Kl. Kaiserrecht, II, 11.)

47 Was man vor des Kaisers Antlitz thut, bleibt unbefleckt. - Graf, 94, 171.

Der Besitz von liegendem Gute konnte nur im Wege des Erbganges oder durch öffentlichen Verkauf an andere übergehen. Es musste vor des Kaisers Antlitz, d. h. im gerichtlichen Wege geschehen. War eine Uebertragung von Grundeigenthum in dieser Weise erfolgt, dann war sie, was das obige Sprichwort sagt, unbefleckt oder unanfechtbar.

Mhd.: Waz man vor des keisers antlitze tut daz belibet vnbeflecket. (Kl. Kaiserrecht, II, 52.)

48 Wen der Kaiser adelt, der geniesst auch des Kaisers Adel. - Petri, II, 623; Henisch, 790, 7; Pistor., II, 10; Eisenhart, 45; Estor, I, 986; Sailer, 254; Hillebrand, 31, 39; Simrock, 5360; Graf, 34, 91.

Bei Henisch mit dem Zusatz: "wenn er gleich nicht edel ist von geburt." Besonders gegen die Vorzüge, welche die Adelichen von Geburt, besonders wenn sie eine Reihe von Ahnen aufzuweisen haben, gegen die erst in den Adelstand Erhobenen geltend zu machen suchen oder zu haben vermeinen. Wer vom Kaiser in den Adelstand erhoben worden ist, will das Sprichwort sagen, soll auch alle Vorzüge und Rechte, welche mit dem Adel verbunden sind, ebenso geniessen, wie diejenigen, welche aus altadelichen Häusern entsprossen sind, weil ihnen sonst ihre Standeserhebung nichts helfen würde.

49 Wen der Kaiser1 an seine Stelle setzt, der hat des Kaisers Gewalt. - Graf, 404, 15.

1) D. i. das Oberhaupt des Landes. (S. Richter.)

Mhd.: Wen der keiser setzet an sin stat, der hat des keisers gewalt. (Endemann, III, 14, 206.)

50 Wen der Kaiser ruft und er antwortet nicht, der hat sich todt gemacht. - Graf, 450; Endemann, I, 30.

Wer der gerichtlichen Ladung ohne genügende Entschuldigung nicht Folge leistet, wird als Kläger abgewiesen, als Beklagter wegen Ungehorsam (in contumaciam) verurtheilt.

51 Wenn der Kaiser erscheint, beginnt die Messe.

In Finnland: Wenn der Kaiser vorübergeht, bücken sich die Fichten und die Gewässer rauschen. (Bertram, 74.)

Holl.: Als keizer Karl erin is, dan is het mis. (Harrebomee, I, 391a.)

52 Wenn der Kaiser stirbt, setzt sich der König in den Sattel. - Pistor., V, 48; Hillebrand, 240; Eisenhart, 624; Sailer, 253; Eisdein, 357 u. 540; Simrock, 5359; Körte, 3256; Graf, 486, 8.

Unter König ist hier die fürstliche Person verstanden, welche noch bei Lebzeiten des Kaisers von den Kurfürsten zu dessen Nachfolger in der Regierung erwählt wird. Daraus ergibt sich die Bedeutung des Sprichworts von selbst, die dahin geht, dass die Wahl und Krönung zum römischen Könige auch die kaiserliche Würde schon nach sich ziehe und jener nach dem Tode des Kaisers die Regierung sofort antreten könne, falls der neue Kaiser nicht etwa noch minderjährig ist.

Frz.: Le pape ne peut mourir. - Le roi est mort, vive le roi. (Leroux, I, 25.)

[Spaltenumbruch] 30 Es kann nicht jeder Kaiser sein.

Wie in den Sprichwörtern der Deutschen, so spielt auch in denen der Russen ihr Kaiser (Zar) eine hervorragende Rolle, und er tritt in den verschiedensten Beziehungen darin auf: Es ist nicht jeder Kaiser, der die Generalsuniform trägt. Der Kaiser ist nicht einmal streng, aber der Gutsherr ist ein Tyrann. Für den Kaiser ist auch der Sterlet-Kaviar nicht zu theuer. (Der Sterlet ist eine besondere, den kostbarsten Kaviar liefernde Störart.) Auch der Kaiser herrscht nur im Saal, denn seine Kammerdiener herrschen im Vorsaal. Auch des Kaisers Barke kann nicht höher gehoben werden, als bis zum höchsten Bassin. (Dies Sprichwort bezieht sich auf die Schleusenwerke bei Wyschnij Wolocok, welche auf der durch Peter I., mittels Verbindung der Flüsse Zna und Twerca begründeten Wasserstrasse zwischen dem Kaspischen Meere und der Ostsee die Barken von Becken zu Becken stationsweise emporheben. Die Stadt zieht ihre Hauptnahrung aus der Durchschleusung dieser Barken, die alljährlich diese Wasserstrasse passiren, und aus dem Zwischenhandel, der mit diesen schwimmenden Waarenlagern unterhalten wird.) Was von einem Kaiser kommt, ist ein Grossfürst. Wenn der Kaiser eine Uniform trägt, so trägt er die eines Generals. Des Kaisers Schwert hat nur eine Schneide, des Edelmanns Schwert ist aber zweischneidig. Vor des Kaisers Katze, auch wenn sie todt ist, nimm den Hut ab. Des Kaisers Ofen wärmt auch nur, wenn er geheizt ist. Melke des Kaisers Kuh wie du willst, du wirst doch keinen Wein herausmelken. Wenn des Kaisers Hengst des Bauern Stute sieht, belegt er sie. Auch der Kaiser schüttelt sich, wenn er das Fieber hat. Auch der Kaiser hat sein Bein, woran er nagen muss. (Altmann V, 77, 78, 79, 81, 92, 97, 99, 101, 110, 128; VI, 415 u. 501.); (S. Zar.)

Holl.: Wij kunnen allen geene keizers wezen. (Harrebomée, I, 391b.)

31 Es war kein Kaiser je so reich, an Gedanken war ich ihm gleich.

32 Kabbele dich nicht um Kaisers Bart.Reinsberg IV, 75.

33 Kaiser, König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann. (Köthen.)

34 Kaiser und Könige haben das gemeine Recht gemacht.Graf, 17, 203.

Mhd.: Dy keyser vnd dy konynge haben dz gemeyne recht gemacht. (Nering, V, 53; Zöpfl, II, 414, 6, 1.)

35 Keyser zu werden ist ein schwere Sach, nichts zu seyn, kanst werden alle Tag.Zinkgref, III, 76.

Lat.: Non facile Caesar, sed nihil esse potest. (Zinkgref, III, 76.)

36 Lasst den Kaiser seines Bildes gewaltig und Gottes Bild gebt Gott.Graf, 43, 137.

Mhd.: Latet den keiser sines beldes geweldich, vndc godes belde gevet gode. (Homeyer, III, 42, 5.)

37 Man soll dem Kaiser geben (lassen), was des Kaisers ist.Agricola II, 205; Matth. 22, 11; Zehner, 483; Schulze, 225; Simrock, 5562; Braun, I, 1721.

Böhm.: Co císařovo císaři, co božího bohu, a čert at utře bubu. (Čelalcovsky, 18.)

Dän.: Giver kejseren det kejseren hører til, og Gud det Gud hører til. (Prov. dan., 335.)

Frz.: Il faut rendre à César ce qui est à César, et à Diou ce qui est à Dieu. (Leroux, II, 30; Kritzinger, 115b.)

Holl.: Geef den keizer, wat des kaizers is, en Gode, wat Gods is. (Harrebomée, I, 391b; Bohn I, 333.)

Lat.: Caesaribus censum, solvite vota Deo. (Binder I, 150; II, 393; Philippi, I, 67; Schreger, 46; Seybold, 61 u. 72; Sutor, 332.)

38 Mit dem Kaiser kommen nicht alle weit mit.

39 Must doch des Kaysers Koch sterben, der kont gutte fette Suppen machen.Petri, III, 9.

40 Nur einer kann je Kaiser sein.Eiselein, 356; Simrock, 5361.

41 Vor dem Kaiser darf man keine Zweifel rächen.Graf, 479, 669.

Jedes Erkenntniss, das nicht von vornherein nichtig ist, wird in dem Augenblick, da es mit keinem ordentlichen Rechtsmittel mehr angefochten werden kann, rechtskräftig, und eine in dieser Weise in letzter Instanz entschiedene Sache ist für immer beendet.

Mhd.: Vor dem kayser sal man keynen tzwifel rechin. (Senckenberg, I, 4.)

42 Was der Kaiser1 erlaubt hat, darf man thun.Graf, 17, 200.

1) D. h. das Gesetz (s. d. 16).

Mhd.: Was der Keiser irleubet hat, daz mag man thun. (Endemann, IV, 11, 234.)

43 Was der Kaiser heisst, hat Vorgang.Graf, 432, 257.

Bei den altdeutschen Gerichtstagen wurden einige Sachen in der Art bevorzugt, dass sie immer vorweg [Spaltenumbruch] verhandelt werden mussten; nämlich Streitigkeiten, die das Wohl des Staats und andere gemeine Genossenschaften angehen, weil „der König überall obenan sitze“. Das gleiche Recht genossen hülflose Personen, Witwen, Waisen, Kirchengüter, Priester, Wallfahrer, Wehrlose u. s. w., denn „sie sind des Königs Mündel“. (Richthofen, 7, 12.)

Mhd.: Waz der keiser heizzet, daz hat fargang. (Endemann, IV, 11, 235.)

44 Was der Kaiser nicht hat, soll niemand haben.Graf, 43, 156.

Mhd.: Was der keyser nicht haben sal, das enmag nymant habin. (Senckenberg, IV, 8.)

45 Was der Kaiser Unrechtes weiss, soll er richten ohne Klage.Graf, 425, 212.

Der oberste Wächter des Rechts soll das Unrecht beseitigen, wo er es findet. Während das Sprichwort: Wo kein Kläger, da kein Richter, sich auf das Civilrecht bezieht, hat das obige wol das Strafrecht im Sinne, wo der Kaiser durch den Staatsanwalt das Rechtsinteresse der Gesellschaft vertritt. Der Umstand indess, dass den Richter aus Ermangelung eines Klageantrags seine Gebühren (Bussantheil) fehlgingen, bewirkte schon zeitig die Bestellung eines öffentlichen Klägers in Fällen von Vorsatz und Gewalt oder, wie bei Fremden, Einschreitung von Amts wegen. Der Kaiser richtet ohne Klage, wenn er die Wahrheit weiss.

Mhd.: Waz der keiser unrechtes weiz, daz sal er richten ane clage. (Endemann, III, 21.)

46 Was man ohne den Kaiser thut, bleibt unstet.Graf, 94, 172.

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Mhd.: Waz man machet ane den keiser daz is unstete. (Kl. Kaiserrecht, II, 11.)

47 Was man vor des Kaisers Antlitz thut, bleibt unbefleckt.Graf, 94, 171.

Der Besitz von liegendem Gute konnte nur im Wege des Erbganges oder durch öffentlichen Verkauf an andere übergehen. Es musste vor des Kaisers Antlitz, d. h. im gerichtlichen Wege geschehen. War eine Uebertragung von Grundeigenthum in dieser Weise erfolgt, dann war sie, was das obige Sprichwort sagt, unbefleckt oder unanfechtbar.

Mhd.: Waz man vor des keisers antlitze tut daz belibet vnbeflecket. (Kl. Kaiserrecht, II, 52.)

48 Wen der Kaiser adelt, der geniesst auch des Kaisers Adel.Petri, II, 623; Henisch, 790, 7; Pistor., II, 10; Eisenhart, 45; Estor, I, 986; Sailer, 254; Hillebrand, 31, 39; Simrock, 5360; Graf, 34, 91.

Bei Henisch mit dem Zusatz: „wenn er gleich nicht edel ist von geburt.“ Besonders gegen die Vorzüge, welche die Adelichen von Geburt, besonders wenn sie eine Reihe von Ahnen aufzuweisen haben, gegen die erst in den Adelstand Erhobenen geltend zu machen suchen oder zu haben vermeinen. Wer vom Kaiser in den Adelstand erhoben worden ist, will das Sprichwort sagen, soll auch alle Vorzüge und Rechte, welche mit dem Adel verbunden sind, ebenso geniessen, wie diejenigen, welche aus altadelichen Häusern entsprossen sind, weil ihnen sonst ihre Standeserhebung nichts helfen würde.

49 Wen der Kaiser1 an seine Stelle setzt, der hat des Kaisers Gewalt.Graf, 404, 15.

1) D. i. das Oberhaupt des Landes. (S. Richter.)

Mhd.: Wen der keiser setzet an sin stat, der hat des keisers gewalt. (Endemann, III, 14, 206.)

50 Wen der Kaiser ruft und er antwortet nicht, der hat sich todt gemacht.Graf, 450; Endemann, I, 30.

Wer der gerichtlichen Ladung ohne genügende Entschuldigung nicht Folge leistet, wird als Kläger abgewiesen, als Beklagter wegen Ungehorsam (in contumaciam) verurtheilt.

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In Finnland: Wenn der Kaiser vorübergeht, bücken sich die Fichten und die Gewässer rauschen. (Bertram, 74.)

Holl.: Als keizer Karl erin is, dan is het mis. (Harrebomée, I, 391a.)

52 Wenn der Kaiser stirbt, setzt sich der König in den Sattel.Pistor., V, 48; Hillebrand, 240; Eisenhart, 624; Sailer, 253; Eisdein, 357 u. 540; Simrock, 5359; Körte, 3256; Graf, 486, 8.

Unter König ist hier die fürstliche Person verstanden, welche noch bei Lebzeiten des Kaisers von den Kurfürsten zu dessen Nachfolger in der Regierung erwählt wird. Daraus ergibt sich die Bedeutung des Sprichworts von selbst, die dahin geht, dass die Wahl und Krönung zum römischen Könige auch die kaiserliche Würde schon nach sich ziehe und jener nach dem Tode des Kaisers die Regierung sofort antreten könne, falls der neue Kaiser nicht etwa noch minderjährig ist.

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[[548]/0554] 30 Es kann nicht jeder Kaiser sein. Wie in den Sprichwörtern der Deutschen, so spielt auch in denen der Russen ihr Kaiser (Zar) eine hervorragende Rolle, und er tritt in den verschiedensten Beziehungen darin auf: Es ist nicht jeder Kaiser, der die Generalsuniform trägt. Der Kaiser ist nicht einmal streng, aber der Gutsherr ist ein Tyrann. Für den Kaiser ist auch der Sterlet-Kaviar nicht zu theuer. (Der Sterlet ist eine besondere, den kostbarsten Kaviar liefernde Störart.) Auch der Kaiser herrscht nur im Saal, denn seine Kammerdiener herrschen im Vorsaal. Auch des Kaisers Barke kann nicht höher gehoben werden, als bis zum höchsten Bassin. (Dies Sprichwort bezieht sich auf die Schleusenwerke bei Wyschnij Wolocok, welche auf der durch Peter I., mittels Verbindung der Flüsse Zna und Twerca begründeten Wasserstrasse zwischen dem Kaspischen Meere und der Ostsee die Barken von Becken zu Becken stationsweise emporheben. Die Stadt zieht ihre Hauptnahrung aus der Durchschleusung dieser Barken, die alljährlich diese Wasserstrasse passiren, und aus dem Zwischenhandel, der mit diesen schwimmenden Waarenlagern unterhalten wird.) Was von einem Kaiser kommt, ist ein Grossfürst. Wenn der Kaiser eine Uniform trägt, so trägt er die eines Generals. Des Kaisers Schwert hat nur eine Schneide, des Edelmanns Schwert ist aber zweischneidig. Vor des Kaisers Katze, auch wenn sie todt ist, nimm den Hut ab. Des Kaisers Ofen wärmt auch nur, wenn er geheizt ist. Melke des Kaisers Kuh wie du willst, du wirst doch keinen Wein herausmelken. Wenn des Kaisers Hengst des Bauern Stute sieht, belegt er sie. Auch der Kaiser schüttelt sich, wenn er das Fieber hat. Auch der Kaiser hat sein Bein, woran er nagen muss. (Altmann V, 77, 78, 79, 81, 92, 97, 99, 101, 110, 128; VI, 415 u. 501.); (S. Zar.) Holl.: Wij kunnen allen geene keizers wezen. (Harrebomée, I, 391b.) 31 Es war kein Kaiser je so reich, an Gedanken war ich ihm gleich. 32 Kabbele dich nicht um Kaisers Bart. – Reinsberg IV, 75. 33 Kaiser, König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann. (Köthen.) 34 Kaiser und Könige haben das gemeine Recht gemacht. – Graf, 17, 203. Mhd.: Dy keyser vnd dy konynge haben dz gemeyne recht gemacht. (Nering, V, 53; Zöpfl, II, 414, 6, 1.) 35 Keyser zu werden ist ein schwere Sach, nichts zu seyn, kanst werden alle Tag. – Zinkgref, III, 76. Lat.: Non facile Caesar, sed nihil esse potest. (Zinkgref, III, 76.) 36 Lasst den Kaiser seines Bildes gewaltig und Gottes Bild gebt Gott. – Graf, 43, 137. Mhd.: Latet den keiser sines beldes geweldich, vndc godes belde gevet gode. (Homeyer, III, 42, 5.) 37 Man soll dem Kaiser geben (lassen), was des Kaisers ist. – Agricola II, 205; Matth. 22, 11; Zehner, 483; Schulze, 225; Simrock, 5562; Braun, I, 1721. Böhm.: Co císařovo císaři, co božího bohu, a čert at utře bubu. (Čelalcovsky, 18.) Dän.: Giver kejseren det kejseren hører til, og Gud det Gud hører til. (Prov. dan., 335.) Frz.: Il faut rendre à César ce qui est à César, et à Diou ce qui est à Dieu. (Leroux, II, 30; Kritzinger, 115b.) Holl.: Geef den keizer, wat des kaizers is, en Gode, wat Gods is. (Harrebomée, I, 391b; Bohn I, 333.) Lat.: Caesaribus censum, solvite vota Deo. (Binder I, 150; II, 393; Philippi, I, 67; Schreger, 46; Seybold, 61 u. 72; Sutor, 332.) 38 Mit dem Kaiser kommen nicht alle weit mit. 39 Must doch des Kaysers Koch sterben, der kont gutte fette Suppen machen. – Petri, III, 9. 40 Nur einer kann je Kaiser sein. – Eiselein, 356; Simrock, 5361. 41 Vor dem Kaiser darf man keine Zweifel rächen. – Graf, 479, 669. Jedes Erkenntniss, das nicht von vornherein nichtig ist, wird in dem Augenblick, da es mit keinem ordentlichen Rechtsmittel mehr angefochten werden kann, rechtskräftig, und eine in dieser Weise in letzter Instanz entschiedene Sache ist für immer beendet. Mhd.: Vor dem kayser sal man keynen tzwifel rechin. (Senckenberg, I, 4.) 42 Was der Kaiser1 erlaubt hat, darf man thun. – Graf, 17, 200. 1) D. h. das Gesetz (s. d. 16). Mhd.: Was der Keiser irleubet hat, daz mag man thun. (Endemann, IV, 11, 234.) 43 Was der Kaiser heisst, hat Vorgang. – Graf, 432, 257. Bei den altdeutschen Gerichtstagen wurden einige Sachen in der Art bevorzugt, dass sie immer vorweg verhandelt werden mussten; nämlich Streitigkeiten, die das Wohl des Staats und andere gemeine Genossenschaften angehen, weil „der König überall obenan sitze“. Das gleiche Recht genossen hülflose Personen, Witwen, Waisen, Kirchengüter, Priester, Wallfahrer, Wehrlose u. s. w., denn „sie sind des Königs Mündel“. (Richthofen, 7, 12.) Mhd.: Waz der keiser heizzet, daz hat fargang. (Endemann, IV, 11, 235.) 44 Was der Kaiser nicht hat, soll niemand haben. – Graf, 43, 156. Mhd.: Was der keyser nicht haben sal, das enmag nymant habin. (Senckenberg, IV, 8.) 45 Was der Kaiser Unrechtes weiss, soll er richten ohne Klage. – Graf, 425, 212. Der oberste Wächter des Rechts soll das Unrecht beseitigen, wo er es findet. Während das Sprichwort: Wo kein Kläger, da kein Richter, sich auf das Civilrecht bezieht, hat das obige wol das Strafrecht im Sinne, wo der Kaiser durch den Staatsanwalt das Rechtsinteresse der Gesellschaft vertritt. Der Umstand indess, dass den Richter aus Ermangelung eines Klageantrags seine Gebühren (Bussantheil) fehlgingen, bewirkte schon zeitig die Bestellung eines öffentlichen Klägers in Fällen von Vorsatz und Gewalt oder, wie bei Fremden, Einschreitung von Amts wegen. Der Kaiser richtet ohne Klage, wenn er die Wahrheit weiss. Mhd.: Waz der keiser unrechtes weiz, daz sal er richten ane clage. (Endemann, III, 21.) 46 Was man ohne den Kaiser thut, bleibt unstet. – Graf, 94, 172. Eine Uebertragung des Besitzes von liegendem Gut, die nicht vom Gericht erfolgt, war ungültig. Mhd.: Waz man machet ane den keiser daz is unstete. (Kl. Kaiserrecht, II, 11.) 47 Was man vor des Kaisers Antlitz thut, bleibt unbefleckt. – Graf, 94, 171. Der Besitz von liegendem Gute konnte nur im Wege des Erbganges oder durch öffentlichen Verkauf an andere übergehen. Es musste vor des Kaisers Antlitz, d. h. im gerichtlichen Wege geschehen. War eine Uebertragung von Grundeigenthum in dieser Weise erfolgt, dann war sie, was das obige Sprichwort sagt, unbefleckt oder unanfechtbar. Mhd.: Waz man vor des keisers antlitze tut daz belibet vnbeflecket. (Kl. Kaiserrecht, II, 52.) 48 Wen der Kaiser adelt, der geniesst auch des Kaisers Adel. – Petri, II, 623; Henisch, 790, 7; Pistor., II, 10; Eisenhart, 45; Estor, I, 986; Sailer, 254; Hillebrand, 31, 39; Simrock, 5360; Graf, 34, 91. Bei Henisch mit dem Zusatz: „wenn er gleich nicht edel ist von geburt.“ Besonders gegen die Vorzüge, welche die Adelichen von Geburt, besonders wenn sie eine Reihe von Ahnen aufzuweisen haben, gegen die erst in den Adelstand Erhobenen geltend zu machen suchen oder zu haben vermeinen. Wer vom Kaiser in den Adelstand erhoben worden ist, will das Sprichwort sagen, soll auch alle Vorzüge und Rechte, welche mit dem Adel verbunden sind, ebenso geniessen, wie diejenigen, welche aus altadelichen Häusern entsprossen sind, weil ihnen sonst ihre Standeserhebung nichts helfen würde. 49 Wen der Kaiser1 an seine Stelle setzt, der hat des Kaisers Gewalt. – Graf, 404, 15. 1) D. i. das Oberhaupt des Landes. (S. Richter.) Mhd.: Wen der keiser setzet an sin stat, der hat des keisers gewalt. (Endemann, III, 14, 206.) 50 Wen der Kaiser ruft und er antwortet nicht, der hat sich todt gemacht. – Graf, 450; Endemann, I, 30. Wer der gerichtlichen Ladung ohne genügende Entschuldigung nicht Folge leistet, wird als Kläger abgewiesen, als Beklagter wegen Ungehorsam (in contumaciam) verurtheilt. 51 Wenn der Kaiser erscheint, beginnt die Messe. In Finnland: Wenn der Kaiser vorübergeht, bücken sich die Fichten und die Gewässer rauschen. (Bertram, 74.) Holl.: Als keizer Karl erin is, dan is het mis. (Harrebomée, I, 391a.) 52 Wenn der Kaiser stirbt, setzt sich der König in den Sattel. – Pistor., V, 48; Hillebrand, 240; Eisenhart, 624; Sailer, 253; Eisdein, 357 u. 540; Simrock, 5359; Körte, 3256; Graf, 486, 8. Unter König ist hier die fürstliche Person verstanden, welche noch bei Lebzeiten des Kaisers von den Kurfürsten zu dessen Nachfolger in der Regierung erwählt wird. Daraus ergibt sich die Bedeutung des Sprichworts von selbst, die dahin geht, dass die Wahl und Krönung zum römischen Könige auch die kaiserliche Würde schon nach sich ziehe und jener nach dem Tode des Kaisers die Regierung sofort antreten könne, falls der neue Kaiser nicht etwa noch minderjährig ist. Frz.: Le pape ne peut mourir. – Le roi est mort, vive le roi. (Leroux, I, 25.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [548]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/554>, abgerufen am 24.11.2024.