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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

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[Spaltenumbruch] *91 Er küsst die Ruthe, aber nicht gern.

*92 Er tregt ein Ruten vber sein eigen ars. - Eyering, II, 448.

Frz.: Battu a ete des verges qu'il a porte. (Leroux, II, 178.)

*93 Er wird mit seiner eigenen Ruthe gestrichen.

Holl.: Met zijne eigene roede wordt hij gegeeseld. (Harrebomee, II, 223b.)

*94 Es ist eine neue Ruthe auf einen alten Hintern.

*95 Es ist ihm eine Ruthe aufgebunden.

Lat.: Mustelam habet. (Philippi, I, 266.)

*96 He hett sik en Rod to sin egen Ers bunnen. (Ostfries.) - Bueren, 591; Frommann, V, 430, 528; für Holstein: Schütze, III, 304; für Altmark: Danneil, 278.

Er hat sich das Leid, den Verdruss selbst zugezogen.

*97 Hi bant an Ris tusam anj Ers. (Nordfries.) - Johansen, 73.

*98 Man wird dir eine Ruthe an den Schornstein stecken.

Eine Strafandrohung, die sich auf Sanct Nikolaus (s. d.) bezieht, der in manchen Gegenden am 6. December den gehorsamen und guten Kindern Aepfel, Nüsse und ähnliche Geschenke, den trägen und ungehorsamen dagegen eine Ruthe bringt. Nach dem Volksglauben nimmt er den Weg durch den Schornstein, seine Gaben finden sich daher unter demselben.

Holl.: De roede is reeds op geheven. - De roede ligt in de pis. - De roede steekt voor den schoorsteen. - Hij krijgt eene roede op zijnen schoorsteen. (Harrebomee, II, 223b.)

Lat.: Oenoe charadram. - Saepe sibi proprium fecit puer ipse flagellum. (Philippi, II, 63 u. 162.)

*99 Met 'ner Raue int Water slaen. (Westf.)

Bei der Wahl eines unzureichenden Mittels zu einem Zweck.

*100 Mit der langen Ruthen schlagen. - Schottel, 1118a.

*101 Mit Ruthen den Kehraus tanzen. - Parömiakon, 498.

Wegen Diebstahls aus der Stadt gepeitscht werden.

*102 Nicht mehr unter der Ruthe stehen.

Sein eigener Herr sein.

Frz.: Etre hors de page. (Eiselein, 535.)

*103 Sich mit der eigenen Ruthe schlagen.

*104 Sich selbst eine Ruthe auf den Rücken binden. - Schottel, 1115a; Eiselein, 535; Simrock, 8604; Lohrengel, II, 450; Tendlau, 841.

In Bedburg: Dä mat sich en Roth für senge egn Arsch. Von dem, der sich Unannehmlichkeiten zugezogen hat, die er hätte vermeiden können. "Wie han zu vnsern rück ein rhuten gbunden." (Waldis, III, 22, 20.) Die Russen: Wenn der närrische Knecht die Birkenruthe findet, legt er sie in des Herren Hand. - Eine Nessel im Blumentopf pflanzen (ziehen). (Altmann VI, 437 u. 515.)

Frz.: Il a fait la verge dont il est battu. (Kritzinger, 708b.) - Il donne des verges pour le (se) fouetter. (Kritzinger, 328b.) - Il s'est fait donner sur la crete. (Kritzinger, 189b.)

Lat.: Capra gladium. - Capra contra se cornua. (Philippi, I, 72; Seybold, 66.) - Flagellum ipse paravit, qui vapularet. - In cornua irasci. (Virgil.) - In nobis est causa mali. (Binder II, 1414; Sutor, 184.) - Novacula factus es contra te ipsum. (Binder II, 2264; Novarin, 115.)

Poln.: Wzial sobie peto na kark. (Lompa, 34.)

*105 Unter jemandes Ruthe stehen.

Frz.: Etre sous la ferule de quelqu'un.

*106 'T geit in de Ruten.

Es geht verloren, wird ruinirt. Rute steht hier in der Bedeutung von Raute = Viereck und sollte dort stehen. (Stürenburg, 207.)

*107 Warte nur, die Ruthe ist schon eingeweicht. - Eiselein, 535.

Als Strafandrohung, auch oft blos scherzhafte.

*108 Wenn er die Ruthe sieht.

Zu ergänzen: gehorcht er, thut er, was er soll.

Holl.: Zoo lang de roede wenkt. (Harrebomee, II, 224a.)


Ruthenaushauen.

Das Ruthenaushauen ist die erste Weihe zum Strick. - Pistor., X, 32.


Ruthengänger.

* Ein alter Ruthengänger.

"Da fängt der alte Ruthengänger die Liebesschliche wieder an."


[Spaltenumbruch]
Ruthenstreich.

1 Ein Ruthenstreich macht steife Nacken weich.

2 Ein Ruthenstreich wirkt mehr als eine lange Predigt.

Böhm.: Boji se ucedlnik haluzek vic nez pohruzek. (Celakovsky, 409.)


Rüthlein.

1 Ein Rüthlein kann man mit dem Messer zerschneiden, zu einer harten Eiche muss man eine scharfe Axt haben. - Luther's Tischr., 252b.

2 Man muss kein Rüthlein zu hart biegen.

3 Viel Rüthlein machen einen Besen.

*4 Nicht ein Rütle mehr.

" ... Wirdt nicht ein Rütle mehr davon öffentlich gemeldt." (Aventin, CCXVIb.)


Rütli.

* Das meininger Rütli.

So nennt man im Meiningenschen, namentlich auf dem Friedhofe des Dorfes Solz, die Stätte, wo die Gattin des dortigen Pastors Magister Heim beerdigt ist, der bei einem Einkommen von 300 Thalern sechs Söhne hat studiren lassen, worunter der berühmte berliner Arzt. An jener Stätte, über dem Grabe ihrer Mutter, schwuren nämlich am 5. Sept. 1775 die sechs Söhne feierlich, einander bis zum Tode zu lieben und dadurch ihre Aeltern zu ehren. (Vgl. Gartenlaube, 1871, Nr. 13, S. 223.)


Rutsch.

*1 Glöckliche Rutsch ön den erschte Grawe, möt den Kopp unde, möt de Fet bawe. - Frischbier2, 3179.

*2 Glöckliche Rutsch ön e Paar Paresken (Bastschuhe) op e Weg. (Natangen.) - Frischbier2, 3178.

Scherzhafter Wunsch zur Reise.

*3 Glücklichen Rutsch und einen Schiefer in den Arsch. (Schles.)

Nachruf an einen, den man gern gehen sieht.

*4 Ich wünsche glückliche Rutsche, nur keinen Splitter in'n Arsch. (Jerrentowitz.)


Rutschen.

1 Viel rutsche git bös Hose. (Schaffhausen.) - Schweiz, II, 168, 47; Eiselein, 535; Klosterspiegel, 68, 5; Simrock, 8608; Körte, 5124; Lohrengel, I, 681; Masson, 352.

In Schwaben: Viel rutschen macht bais Hosa. (Birlinger, 267 u. 441; Michel, 274; Nefflen, 464.) Im Norddeutschen: Veel rutschen möckt dünne Hoasen. (Schlingmann, 1205.) - In Bezug auf öftern Berufs- oder Wohnungswechsel.

2 Wer immerfort rutscht, wird nirgends recht warm.

Engl.: As good sit still, as rise up and fall.

It.: Chi sta bene, non si muova.

Lat.: Qua positus fueris in statione, mane.

3 Wun em vil rutscht, wärden de Heis dän. (Siebenbürg.-sächs.) - Schuster, 834.

Lat.: Nusquam habitat, qui ubique habitat. (Binder I, 1250; II, 2324; Buchler, 99.)


Ruw.

1 A Ruw uhn a Rebbizin is a halbe Maasse. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

Ein Rabbiner ohne Rabbinerin (Rabbinersfrau) ist ein halbes Märchen (Geschichte). Die meisten jüdischen Volksmärchen beginnen mit den Worten: "Es war einmal ein Ruw und eine Rebbizin u. s. w." Ist dennoch nur ein Ruw und keine Rebbizin da, so ist das Märchen halb. Uneigentlich wird damit das Lob der Frauen ausgedruckt: Wo keine Frau im Hause ist, die den Mann unterstützt und ihm das Leben angenehm macht, da ist auch kein volles Glück zu finden.

2 Wenn dü west sein Ruw', werd ich dir die S'phurim (Mantel) nuchtrugen.

Der Lehrer zu seinem trägen oder geistig unbegabten Schüler: Wenn du es einst so weit bringst, Rabbiner zu werden, so werde ich dich bedienen, dir Mantel, Bücher u. s. w. nachtragen.


Rysum.

Rysum1, dat Hexenlog. - Kern, 81.

1) Ein Pfarrdorf in der preuss. Provinz Hannover, Amt Emden. Die Redensart erinnert, wie einige andere an die Hexenzeit. So heissen die Thunumer im Amte Esens Bockhexen.


[Spaltenumbruch] *91 Er küsst die Ruthe, aber nicht gern.

*92 Er tregt ein Ruten vber sein eigen ars.Eyering, II, 448.

Frz.: Battu a été des verges qu'il a porté. (Leroux, II, 178.)

*93 Er wird mit seiner eigenen Ruthe gestrichen.

Holl.: Met zijne eigene roede wordt hij gegeeseld. (Harrebomée, II, 223b.)

*94 Es ist eine neue Ruthe auf einen alten Hintern.

*95 Es ist ihm eine Ruthe aufgebunden.

Lat.: Mustelam habet. (Philippi, I, 266.)

*96 He hett sik en Rôd to sin êgen Êrs bunnen. (Ostfries.) – Bueren, 591; Frommann, V, 430, 528; für Holstein: Schütze, III, 304; für Altmark: Danneil, 278.

Er hat sich das Leid, den Verdruss selbst zugezogen.

*97 Hi bant an Ris tusam ânj Êrs. (Nordfries.) – Johansen, 73.

*98 Man wird dir eine Ruthe an den Schornstein stecken.

Eine Strafandrohung, die sich auf Sanct Nikolaus (s. d.) bezieht, der in manchen Gegenden am 6. December den gehorsamen und guten Kindern Aepfel, Nüsse und ähnliche Geschenke, den trägen und ungehorsamen dagegen eine Ruthe bringt. Nach dem Volksglauben nimmt er den Weg durch den Schornstein, seine Gaben finden sich daher unter demselben.

Holl.: De roede is reeds op geheven. – De roede ligt in de pis. – De roede steekt voor den schoorsteen. – Hij krijgt eene roede op zijnen schoorsteen. (Harrebomée, II, 223b.)

Lat.: Oenoe charadram. – Saepe sibi proprium fecit puer ipse flagellum. (Philippi, II, 63 u. 162.)

*99 Met 'ner Raue int Water slaen. (Westf.)

Bei der Wahl eines unzureichenden Mittels zu einem Zweck.

*100 Mit der langen Ruthen schlagen.Schottel, 1118a.

*101 Mit Ruthen den Kehraus tanzen.Parömiakon, 498.

Wegen Diebstahls aus der Stadt gepeitscht werden.

*102 Nicht mehr unter der Ruthe stehen.

Sein eigener Herr sein.

Frz.: Être hors de page. (Eiselein, 535.)

*103 Sich mit der eigenen Ruthe schlagen.

*104 Sich selbst eine Ruthe auf den Rücken binden.Schottel, 1115a; Eiselein, 535; Simrock, 8604; Lohrengel, II, 450; Tendlau, 841.

In Bedburg: Dä mât sich en Roth für senge egn Arsch. Von dem, der sich Unannehmlichkeiten zugezogen hat, die er hätte vermeiden können. „Wie han zu vnsern rück ein rhuten gbunden.“ (Waldis, III, 22, 20.) Die Russen: Wenn der närrische Knecht die Birkenruthe findet, legt er sie in des Herren Hand. – Eine Nessel im Blumentopf pflanzen (ziehen). (Altmann VI, 437 u. 515.)

Frz.: Il a fait la verge dont il est battu. (Kritzinger, 708b.) – Il donne des verges pour le (se) fouetter. (Kritzinger, 328b.) – Il s'est fait donner sur la crête. (Kritzinger, 189b.)

Lat.: Capra gladium. – Capra contra se cornua. (Philippi, I, 72; Seybold, 66.) – Flagellum ipse paravit, qui vapularet. – In cornua irasci. (Virgil.) – In nobis est causa mali. (Binder II, 1414; Sutor, 184.) – Novacula factus es contra te ipsum. (Binder II, 2264; Novarin, 115.)

Poln.: Wziął sobie pęto na kark. (Lompa, 34.)

*105 Unter jemandes Ruthe stehen.

Frz.: Être sous la férule de quelqu'un.

*106 'T geit in de Ruten.

Es geht verloren, wird ruinirt. Rute steht hier in der Bedeutung von Raute = Viereck und sollte dort stehen. (Stürenburg, 207.)

*107 Warte nur, die Ruthe ist schon eingeweicht.Eiselein, 535.

Als Strafandrohung, auch oft blos scherzhafte.

*108 Wenn er die Ruthe sieht.

Zu ergänzen: gehorcht er, thut er, was er soll.

Holl.: Zoo lang de roede wenkt. (Harrebomée, II, 224a.)


Ruthenaushauen.

Das Ruthenaushauen ist die erste Weihe zum Strick.Pistor., X, 32.


Ruthengänger.

* Ein alter Ruthengänger.

„Da fängt der alte Ruthengänger die Liebesschliche wieder an.“


[Spaltenumbruch]
Ruthenstreich.

1 Ein Ruthenstreich macht steife Nacken weich.

2 Ein Ruthenstreich wirkt mehr als eine lange Predigt.

Böhm.: Bojí se učedlník halúzek víc než pohrůžek. (Čelakovsky, 409.)


Rüthlein.

1 Ein Rüthlein kann man mit dem Messer zerschneiden, zu einer harten Eiche muss man eine scharfe Axt haben.Luther's Tischr., 252b.

2 Man muss kein Rüthlein zu hart biegen.

3 Viel Rüthlein machen einen Besen.

*4 Nicht ein Rütle mehr.

„ ... Wirdt nicht ein Rütle mehr davon öffentlich gemeldt.“ (Aventin, CCXVIb.)


Rütli.

* Das meininger Rütli.

So nennt man im Meiningenschen, namentlich auf dem Friedhofe des Dorfes Solz, die Stätte, wo die Gattin des dortigen Pastors Magister Heim beerdigt ist, der bei einem Einkommen von 300 Thalern sechs Söhne hat studiren lassen, worunter der berühmte berliner Arzt. An jener Stätte, über dem Grabe ihrer Mutter, schwuren nämlich am 5. Sept. 1775 die sechs Söhne feierlich, einander bis zum Tode zu lieben und dadurch ihre Aeltern zu ehren. (Vgl. Gartenlaube, 1871, Nr. 13, S. 223.)


Rutsch.

*1 Glöckliche Rutsch ön den erschte Grawe, möt den Kopp unde, möt de Fêt bawe.Frischbier2, 3179.

*2 Glöckliche Rutsch ön e Paar Parêsken (Bastschuhe) op e Weg. (Natangen.) – Frischbier2, 3178.

Scherzhafter Wunsch zur Reise.

*3 Glücklichen Rutsch und einen Schiefer in den Arsch. (Schles.)

Nachruf an einen, den man gern gehen sieht.

*4 Ich wünsche glückliche Rutsche, nur keinen Splitter in'n Arsch. (Jerrentowitz.)


Rutschen.

1 Viel rutsche git bös Hose. (Schaffhausen.) – Schweiz, II, 168, 47; Eiselein, 535; Klosterspiegel, 68, 5; Simrock, 8608; Körte, 5124; Lohrengel, I, 681; Masson, 352.

In Schwaben: Viel rutschen macht bais Hosa. (Birlinger, 267 u. 441; Michel, 274; Nefflen, 464.) Im Norddeutschen: Veel rutschen möckt dünne Hoasen. (Schlingmann, 1205.) – In Bezug auf öftern Berufs- oder Wohnungswechsel.

2 Wer immerfort rutscht, wird nirgends recht warm.

Engl.: As good sit still, as rise up and fall.

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Lat.: Qua positus fueris in statione, mane.

3 Wun em vil rutscht, wärden de Hîs dän. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 834.

Lat.: Nusquam habitat, qui ubique habitat. (Binder I, 1250; II, 2324; Buchler, 99.)


Ruw.

1 A Ruw uhn a Rebbizin is a halbe Maasse. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

Ein Rabbiner ohne Rabbinerin (Rabbinersfrau) ist ein halbes Märchen (Geschichte). Die meisten jüdischen Volksmärchen beginnen mit den Worten: „Es war einmal ein Ruw und eine Rebbizin u. s. w.“ Ist dennoch nur ein Ruw und keine Rebbizin da, so ist das Märchen halb. Uneigentlich wird damit das Lob der Frauen ausgedruckt: Wo keine Frau im Hause ist, die den Mann unterstützt und ihm das Leben angenehm macht, da ist auch kein volles Glück zu finden.

2 Wenn dü west sein Ruw', werd ich dir die S'phurim (Mantel) nuchtrugen.

Der Lehrer zu seinem trägen oder geistig unbegabten Schüler: Wenn du es einst so weit bringst, Rabbiner zu werden, so werde ich dich bedienen, dir Mantel, Bücher u. s. w. nachtragen.


Rysum.

Rysum1, dat Hexenlôg.Kern, 81.

1) Ein Pfarrdorf in der preuss. Provinz Hannover, Amt Emden. Die Redensart erinnert, wie einige andere an die Hexenzeit. So heissen die Thunumer im Amte Esens Bockhexen.


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[[892]/0906] *91 Er küsst die Ruthe, aber nicht gern. *92 Er tregt ein Ruten vber sein eigen ars. – Eyering, II, 448. Frz.: Battu a été des verges qu'il a porté. (Leroux, II, 178.) *93 Er wird mit seiner eigenen Ruthe gestrichen. Holl.: Met zijne eigene roede wordt hij gegeeseld. (Harrebomée, II, 223b.) *94 Es ist eine neue Ruthe auf einen alten Hintern. *95 Es ist ihm eine Ruthe aufgebunden. Lat.: Mustelam habet. (Philippi, I, 266.) *96 He hett sik en Rôd to sin êgen Êrs bunnen. (Ostfries.) – Bueren, 591; Frommann, V, 430, 528; für Holstein: Schütze, III, 304; für Altmark: Danneil, 278. Er hat sich das Leid, den Verdruss selbst zugezogen. *97 Hi bant an Ris tusam ânj Êrs. (Nordfries.) – Johansen, 73. *98 Man wird dir eine Ruthe an den Schornstein stecken. Eine Strafandrohung, die sich auf Sanct Nikolaus (s. d.) bezieht, der in manchen Gegenden am 6. December den gehorsamen und guten Kindern Aepfel, Nüsse und ähnliche Geschenke, den trägen und ungehorsamen dagegen eine Ruthe bringt. Nach dem Volksglauben nimmt er den Weg durch den Schornstein, seine Gaben finden sich daher unter demselben. Holl.: De roede is reeds op geheven. – De roede ligt in de pis. – De roede steekt voor den schoorsteen. – Hij krijgt eene roede op zijnen schoorsteen. (Harrebomée, II, 223b.) Lat.: Oenoe charadram. – Saepe sibi proprium fecit puer ipse flagellum. (Philippi, II, 63 u. 162.) *99 Met 'ner Raue int Water slaen. (Westf.) Bei der Wahl eines unzureichenden Mittels zu einem Zweck. *100 Mit der langen Ruthen schlagen. – Schottel, 1118a. *101 Mit Ruthen den Kehraus tanzen. – Parömiakon, 498. Wegen Diebstahls aus der Stadt gepeitscht werden. *102 Nicht mehr unter der Ruthe stehen. Sein eigener Herr sein. Frz.: Être hors de page. (Eiselein, 535.) *103 Sich mit der eigenen Ruthe schlagen. *104 Sich selbst eine Ruthe auf den Rücken binden. – Schottel, 1115a; Eiselein, 535; Simrock, 8604; Lohrengel, II, 450; Tendlau, 841. In Bedburg: Dä mât sich en Roth für senge egn Arsch. Von dem, der sich Unannehmlichkeiten zugezogen hat, die er hätte vermeiden können. „Wie han zu vnsern rück ein rhuten gbunden.“ (Waldis, III, 22, 20.) Die Russen: Wenn der närrische Knecht die Birkenruthe findet, legt er sie in des Herren Hand. – Eine Nessel im Blumentopf pflanzen (ziehen). (Altmann VI, 437 u. 515.) Frz.: Il a fait la verge dont il est battu. (Kritzinger, 708b.) – Il donne des verges pour le (se) fouetter. (Kritzinger, 328b.) – Il s'est fait donner sur la crête. (Kritzinger, 189b.) Lat.: Capra gladium. – Capra contra se cornua. (Philippi, I, 72; Seybold, 66.) – Flagellum ipse paravit, qui vapularet. – In cornua irasci. (Virgil.) – In nobis est causa mali. (Binder II, 1414; Sutor, 184.) – Novacula factus es contra te ipsum. (Binder II, 2264; Novarin, 115.) Poln.: Wziął sobie pęto na kark. (Lompa, 34.) *105 Unter jemandes Ruthe stehen. Frz.: Être sous la férule de quelqu'un. *106 'T geit in de Ruten. Es geht verloren, wird ruinirt. Rute steht hier in der Bedeutung von Raute = Viereck und sollte dort stehen. (Stürenburg, 207.) *107 Warte nur, die Ruthe ist schon eingeweicht. – Eiselein, 535. Als Strafandrohung, auch oft blos scherzhafte. *108 Wenn er die Ruthe sieht. Zu ergänzen: gehorcht er, thut er, was er soll. Holl.: Zoo lang de roede wenkt. (Harrebomée, II, 224a.) Ruthenaushauen. Das Ruthenaushauen ist die erste Weihe zum Strick. – Pistor., X, 32. Ruthengänger. * Ein alter Ruthengänger. „Da fängt der alte Ruthengänger die Liebesschliche wieder an.“ Ruthenstreich. 1 Ein Ruthenstreich macht steife Nacken weich. 2 Ein Ruthenstreich wirkt mehr als eine lange Predigt. Böhm.: Bojí se učedlník halúzek víc než pohrůžek. (Čelakovsky, 409.) Rüthlein. 1 Ein Rüthlein kann man mit dem Messer zerschneiden, zu einer harten Eiche muss man eine scharfe Axt haben. – Luther's Tischr., 252b. 2 Man muss kein Rüthlein zu hart biegen. 3 Viel Rüthlein machen einen Besen. *4 Nicht ein Rütle mehr. „ ... Wirdt nicht ein Rütle mehr davon öffentlich gemeldt.“ (Aventin, CCXVIb.) Rütli. * Das meininger Rütli. So nennt man im Meiningenschen, namentlich auf dem Friedhofe des Dorfes Solz, die Stätte, wo die Gattin des dortigen Pastors Magister Heim beerdigt ist, der bei einem Einkommen von 300 Thalern sechs Söhne hat studiren lassen, worunter der berühmte berliner Arzt. An jener Stätte, über dem Grabe ihrer Mutter, schwuren nämlich am 5. Sept. 1775 die sechs Söhne feierlich, einander bis zum Tode zu lieben und dadurch ihre Aeltern zu ehren. (Vgl. Gartenlaube, 1871, Nr. 13, S. 223.) Rutsch. *1 Glöckliche Rutsch ön den erschte Grawe, möt den Kopp unde, möt de Fêt bawe. – Frischbier2, 3179. *2 Glöckliche Rutsch ön e Paar Parêsken (Bastschuhe) op e Weg. (Natangen.) – Frischbier2, 3178. Scherzhafter Wunsch zur Reise. *3 Glücklichen Rutsch und einen Schiefer in den Arsch. (Schles.) Nachruf an einen, den man gern gehen sieht. *4 Ich wünsche glückliche Rutsche, nur keinen Splitter in'n Arsch. (Jerrentowitz.) Rutschen. 1 Viel rutsche git bös Hose. (Schaffhausen.) – Schweiz, II, 168, 47; Eiselein, 535; Klosterspiegel, 68, 5; Simrock, 8608; Körte, 5124; Lohrengel, I, 681; Masson, 352. In Schwaben: Viel rutschen macht bais Hosa. (Birlinger, 267 u. 441; Michel, 274; Nefflen, 464.) Im Norddeutschen: Veel rutschen möckt dünne Hoasen. (Schlingmann, 1205.) – In Bezug auf öftern Berufs- oder Wohnungswechsel. 2 Wer immerfort rutscht, wird nirgends recht warm. Engl.: As good sit still, as rise up and fall. It.: Chi sta bene, non si muova. Lat.: Qua positus fueris in statione, mane. 3 Wun em vil rutscht, wärden de Hîs dän. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 834. Lat.: Nusquam habitat, qui ubique habitat. (Binder I, 1250; II, 2324; Buchler, 99.) Ruw. 1 A Ruw uhn a Rebbizin is a halbe Maasse. (Jüd.-deutsch. Warschau.) Ein Rabbiner ohne Rabbinerin (Rabbinersfrau) ist ein halbes Märchen (Geschichte). Die meisten jüdischen Volksmärchen beginnen mit den Worten: „Es war einmal ein Ruw und eine Rebbizin u. s. w.“ Ist dennoch nur ein Ruw und keine Rebbizin da, so ist das Märchen halb. Uneigentlich wird damit das Lob der Frauen ausgedruckt: Wo keine Frau im Hause ist, die den Mann unterstützt und ihm das Leben angenehm macht, da ist auch kein volles Glück zu finden. 2 Wenn dü west sein Ruw', werd ich dir die S'phurim (Mantel) nuchtrugen. Der Lehrer zu seinem trägen oder geistig unbegabten Schüler: Wenn du es einst so weit bringst, Rabbiner zu werden, so werde ich dich bedienen, dir Mantel, Bücher u. s. w. nachtragen. Rysum. Rysum1, dat Hexenlôg. – Kern, 81. 1) Ein Pfarrdorf in der preuss. Provinz Hannover, Amt Emden. Die Redensart erinnert, wie einige andere an die Hexenzeit. So heissen die Thunumer im Amte Esens Bockhexen.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [892]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/906>, abgerufen am 23.11.2024.