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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

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[Spaltenumbruch] goezen in diu wip. (Parzival.) - Für zucker möhten in diu weip durch seine freiheit niezen turn. (v. Nantes.) Ganz ähnlich sagt Neidhard (33, 6 u. 34, 4): Disen sumer hat er sei gekouwen gar für brot, und wande er kou sei tegelich vür schoenez brot. Jenes für "Zucker essen" soll die leidenschaftliche Verliebtheit, das Essen für Brot den unausgesetzten Verkehr bezeichnen. Der Gebrauch jener Redensarten mag den höfischen Dichtern empfohlen worden sein durch die bei den Provenzalen, Franzosen und Deutschen mehrfach wiederkehrenden Sagen von Liebhabern, deren zerstückter Leib oder ausgeschnittenes Herz von ihren Damen gegessen worden. (Vgl. Diez, Leben und Werke der Troubadours, 77 fg.; Wolff, Ueber die Lais, 236.) In Konrad's Märe von der Minne (450) vergleicht die Dame das von ihr genossene Herz des Geliebten auch wirklich mit dem süssen Zucker: "Ob ich ie speise goeze, diu zo zuckermoeze mich diuhte und also reine." Alle diese Sagen sind indess undeutscher Herkunft; erst im Ablaufe des Mittelalters, mit Uebertragung auf den Brennenberger (vgl. Haupt, III, 39) ist ihr Stoff unter uns einheimischer geworden, zu spät, um für ein so alterthümliches Sprichwort den Anlass zu geben. In jenen Liebessagen verzehren die Weiber überdies Fleisch und Herz des Mannes unwissend, während dagegen das sprichwörtliche "Fressen vor Liebe" ein bewusst gewolltes ist. Das richtige Verständniss des Ausdrucks geht auf die ganz natürliche Empfindung zurück, die wirklich solche Gelüste trägt, zugleich aber auf ebendaher rührende Vorstellungen und Gebräuche des ältern Heidenthums. Da wird von Hexen berichtet, die nächtlich Menschen essen, von zaubernden Weibern also. Es wird dies auch in Deutschland als Liebeszauber genannt und verstanden worden sein, wofür W. Wackernagel a. a. O. Belege beibringt. In demselben ist die, welche das Herz raubt und gar verzehrt, keine gefürchtete arge Zauberin, sondern ein geliebtes Weib, und Anschauung und Ausdruck sind nur noch bildlich gemeint. Daran nun schliesst sich auf der einen Seite unser Sprichwort, auf der andern die ganze Reihe der Beispiele, in denen deutsche und welsche Minnesänger von der Entführung ihres Herzens und selbst des Herzens der Geliebten sprechen, ohne auf ein Essen desselben oder sonst einen Zauber auch nur hinzudeuten. Der Endpunkt dieses minniglichern Wegs ist die Vorstellung von einem Tausch der Herzen, und Frau Venus ist es, die den Tausch vollzieht. Neben dem "Fressen vor Liebe" muss es auch ein anderes gegeben haben, worauf verschiedene Redensarten hindeuten, in denen die Frau als ein wildes Thier bezeichnet wird. Will eine Frau ihrem Geliebten seine Blödigkeit vorrücken, so sagt sie ihm: Ich war ja kein wildes Thier, das du zu meiden brauchtest. Iwein (2269) heisst es: "Ir möhtent sitzen naher baz, min vrouwe beizet iuwer niht." (Vgl. Jak. Grimm: Die Frau kein wildes Thier, in Haupt, Zeitschrift, II, 192, und Weinhold ebendaselbt, VI, 462.)

Engl.: I kill'd for good will, said Scot, when he killed his neighbour's mare. (Bohn II, 62.)

Lat.: Cor meum prae amore incensum nescit suum domicilium. (Chaos, 62.)

*839 Er brennt vor Liebe, wie eine alte Scheune von einem Schwefelfaden.

Holl.: Hij wordt door de liefde ontstoken gelijk en vernageld stuk kanon door eene smeulende lont. - Zijne liefde brandt, als de damp van eenen versch gek ... koestront in eene blikken lamp. (Harrebomee, II, 27 u. 28.)

*840 Er ist voll Liebe wie die Scheune voll Mäuse.

Holl.: De liefde wroet in zijn lijf, als eene muis in eene hollandische kaas. (Harrebomee, II, 27.)

*841 Er ist voll Liebe, wie ein Schafkopf voll Gedanken.

Dän.: Som er saa fuld af kierlighed som fanden af salighed. (Prov. dan., 339.)

*842 Es ist die Lieb' einer Stiefmutter.

Lat.: Amor novercae. (Bovill, I, 10.)

*843 Hai redt von der Liebe des Nächsten, wo de Bene am dicksten sönd. - Frischbier, 465; Frischbier2, 2424.

*844 Ihre Liebe dauert so lange als die Tasche voll ist.

Frz.: Ge aimerai le beau Robin tant comme son argent lui durera. (Leroux, II, 51.)

*845 Ihre Liebe ist so heiss, man könnte Stroh darin aufheben. - Parömiakon, 1794.

Ironisch von Eheleuten, die sich gegenseitig abstossen.

*846 In Lieb und Leid.

Holl.: In lief en leed. - Om lief noch leed. (Harrebomee, II, 26.)

*847 Mit Lieb' dir dein Gast. - Bernstein.

Jüdisch-deutsche Begrüssungsformel an einen Wirth, der einen Gast bei sich beherbergt.

*848 Mit Lieb dir dein Klimik1. (Podolien.)

1) Verdorben vom polnischen tlomok = Ranzen, Reisesack. Spöttische Begrüssungsformel an einen, der einen lästigen Gast erhält.

[Spaltenumbruch] *849 Möng (meine) Liewe höllt so fest, bi (wie) der Baum die Est.

Von der Schwalm in Kurhessen. Die Redensart wird in Liebesbriefen und Gesprächen gebraucht.

*850 Nit zu Lieb un nit zu leid. - Tendlau, 178.

Im jüdisch-deutschen Sinne von jemand, den man weder bei freudigen noch traurigen Anlässen zugezogen haben, mit dem man in gar keine Berührung treten will. Verwandt ist damit die Redensart: Der is nit zu Kiddetsch un nit zu Havdole zu brauchen. (Tendlau, 377.) "Kiddesch" (Kiddasch = Heiligung) heisst der Segensspruch, mit welchem die Feiertage, "Havdole" (habdalah = Unterscheidung) hingegen der, mit dem die Arbeitstage eingeleitet werden. Zu beiden wird Wein genommen, in Ermangelung dessen ein anderes geistiges Getränk. Die Redensart heisst also: Der ist zu nichts zu gebrauchen, nicht zum Beginn der Feiertage, nicht zum Beginn der Werktage, er ist zu nichts tauglich, er ist, wie wir sagen, Gott und der Welt nichts nütze.

*851 Nümms to Lev edder to Led. - Dähnert, 271b.

Ganz unparteiisch.

*852 Seine Liebe steckt im Bauch.

Interesse, Egoismus.

*853 Sich böser Liebe fürchten. - Holtei, Eselsfresser, I, 65.

Wegen der unangenehmen Folgen irgendeines Vergehens in Furcht sein.

*854 Wat det de Lewe nig? - Dähnert, 271b.

Oder: Wat det me nig ut Lewe. (Dähnert, 296a.) Was thut man nicht, wenn man jemand lieb hat.


Liebeli.

'S sind zwei Liebeli zäma ku, aber nit zwei hübschi; 's eint ist wie n'en Schmiedestock, 's ander wie 'ne Brütschi.


Liebeln.

1 Die viel liebeln, machen kein Paar.

Poln.: Co sie radzi zalecaja nie radzi sie ozeniaja. (Wurzbach I, 259, 204.)

2 Wer liebelt mit alten Frauen, muss sich bald nach einem Spital umschauen.


Lieben.

1 Der eine liebet de Strähl1, der ander, was druff lauft. - Sutermeister, 137.

1) Im allgemeinen: Kamm, davon strählen = kämmen, bei den Haaren raufen, scheren, aber auch mit mehrern Nebenbedeutungen. Strähli = der Boden über dem Melkstalle, worauf sich kleine Stuben oder Betten befinden u. s. w. (Vgl. Stalder, II, 405.)

2 Der eine liebt die Mutter, der andere die Tochter.

Holl.: De een heft zin in de moeder, de ander in de dochter, een zoo geraken zij beide aan den man. (Harrebomee, II, 54a.)

3 Der liebt sich selber schlecht, der gegen andere nicht gerecht.

Poln.: Kto siebie nie miluje, ten i blizniego nie miluje. (Wurzbach I, 322, 430.)

4 Der liebt sonder Lust, trinkt sonder Durst, isset sonder Hunger, stirbet desto junger. - Schottel, 1130a.

5 Der liebt wohl, der nicht vergisst.

Frz.: Bien aime, qui n'oublie. (Kritzinger, 16b.)

6 Der mich liebt, der sieht mich nicht, nach den andern frag' ich nicht. (S. Freier 8.)

7 Der wird nie geliebt werden, der stets an sich allein denkt.

8 Die lieben zu sehr, die aus Liebe sterben. - Reinsberg II, 27.

9 Ein jeder liebt, was jhm behagt, vnnd wer es gleich die hesslichste Magd. - Gruter, III, 27; Petri, II, 201; Lehmann, II, 148, 40.

10 Ein jedes liebt, was sein ist; und ob es schon nit fein ist, und ihm auch nicht werden kan, so hat er doch Gefallen dran.

11 Einen lieb vnd niemand mehr, das ist allen Jungfrawen eine Ehr. - Petri, II, 179.

12 Einer liebt vnd sagts, ein ander sagts vnd thuts nit. - Gruter, III, 30; Lehmann, II, 151, 82.

13 Einer liebt's, den andern betrübt's.

14 Es ist besser, man wird wegen seiner Güte geliebt, als wegen seiner Strenge gehasst.

Dän.: Bedre at elskes for sin formhed, end at frygtes for sin strenghed. (Prov. dan., 534.)


[Spaltenumbruch] goezen in diu wip. (Parzival.) – Für zucker möhten in diu wîp durch sîne frîheit niezen turn. (v. Nantes.) Ganz ähnlich sagt Neidhard (33, 6 u. 34, 4): Disen sumer hât er sî gekouwen gar für brot, und wande er kou sî tegelich vür schoenez brot. Jenes für „Zucker essen“ soll die leidenschaftliche Verliebtheit, das Essen für Brot den unausgesetzten Verkehr bezeichnen. Der Gebrauch jener Redensarten mag den höfischen Dichtern empfohlen worden sein durch die bei den Provenzalen, Franzosen und Deutschen mehrfach wiederkehrenden Sagen von Liebhabern, deren zerstückter Leib oder ausgeschnittenes Herz von ihren Damen gegessen worden. (Vgl. Diez, Leben und Werke der Troubadours, 77 fg.; Wolff, Ueber die Lais, 236.) In Konrad's Märe von der Minne (450) vergleicht die Dame das von ihr genossene Herz des Geliebten auch wirklich mit dem süssen Zucker: „Ob ich ie spîse goeze, diu zô zuckermoeze mich diuhte und also reine.“ Alle diese Sagen sind indess undeutscher Herkunft; erst im Ablaufe des Mittelalters, mit Uebertragung auf den Brennenberger (vgl. Haupt, III, 39) ist ihr Stoff unter uns einheimischer geworden, zu spät, um für ein so alterthümliches Sprichwort den Anlass zu geben. In jenen Liebessagen verzehren die Weiber überdies Fleisch und Herz des Mannes unwissend, während dagegen das sprichwörtliche „Fressen vor Liebe“ ein bewusst gewolltes ist. Das richtige Verständniss des Ausdrucks geht auf die ganz natürliche Empfindung zurück, die wirklich solche Gelüste trägt, zugleich aber auf ebendaher rührende Vorstellungen und Gebräuche des ältern Heidenthums. Da wird von Hexen berichtet, die nächtlich Menschen essen, von zaubernden Weibern also. Es wird dies auch in Deutschland als Liebeszauber genannt und verstanden worden sein, wofür W. Wackernagel a. a. O. Belege beibringt. In demselben ist die, welche das Herz raubt und gar verzehrt, keine gefürchtete arge Zauberin, sondern ein geliebtes Weib, und Anschauung und Ausdruck sind nur noch bildlich gemeint. Daran nun schliesst sich auf der einen Seite unser Sprichwort, auf der andern die ganze Reihe der Beispiele, in denen deutsche und welsche Minnesänger von der Entführung ihres Herzens und selbst des Herzens der Geliebten sprechen, ohne auf ein Essen desselben oder sonst einen Zauber auch nur hinzudeuten. Der Endpunkt dieses minniglichern Wegs ist die Vorstellung von einem Tausch der Herzen, und Frau Venus ist es, die den Tausch vollzieht. Neben dem „Fressen vor Liebe“ muss es auch ein anderes gegeben haben, worauf verschiedene Redensarten hindeuten, in denen die Frau als ein wildes Thier bezeichnet wird. Will eine Frau ihrem Geliebten seine Blödigkeit vorrücken, so sagt sie ihm: Ich war ja kein wildes Thier, das du zu meiden brauchtest. Iwein (2269) heisst es: „Ir möhtent sitzen nâher baz, min vrouwe bîzet iuwer niht.“ (Vgl. Jak. Grimm: Die Frau kein wildes Thier, in Haupt, Zeitschrift, II, 192, und Weinhold ebendaselbt, VI, 462.)

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Lat.: Cor meum prae amore incensum nescit suum domicilium. (Chaos, 62.)

*839 Er brennt vor Liebe, wie eine alte Scheune von einem Schwefelfaden.

Holl.: Hij wordt door de liefde ontstoken gelijk en vernageld stuk kanon door eene smeulende lont. – Zijne liefde brandt, als de damp van eenen versch gek ... koestront in eene blikken lamp. (Harrebomée, II, 27 u. 28.)

*840 Er ist voll Liebe wie die Scheune voll Mäuse.

Holl.: De liefde wroet in zijn lijf, als eene muis in eene hollandische kaas. (Harrebomée, II, 27.)

*841 Er ist voll Liebe, wie ein Schafkopf voll Gedanken.

Dän.: Som er saa fuld af kierlighed som fanden af salighed. (Prov. dan., 339.)

*842 Es ist die Lieb' einer Stiefmutter.

Lat.: Amor novercae. (Bovill, I, 10.)

*843 Hai redt von der Liebe des Nächsten, wo de Bêne am dicksten sönd.Frischbier, 465; Frischbier2, 2424.

*844 Ihre Liebe dauert so lange als die Tasche voll ist.

Frz.: Ge aimerai le beau Robin tant comme son argent lui durera. (Leroux, II, 51.)

*845 Ihre Liebe ist so heiss, man könnte Stroh darin aufheben.Parömiakon, 1794.

Ironisch von Eheleuten, die sich gegenseitig abstossen.

*846 In Lieb und Leid.

Holl.: In lief en leed. – Om lief noch leed. (Harrebomée, II, 26.)

*847 Mit Lieb' dir dein Gast.Bernstein.

Jüdisch-deutsche Begrüssungsformel an einen Wirth, der einen Gast bei sich beherbergt.

*848 Mit Lieb dir dein Klimik1. (Podolien.)

1) Verdorben vom polnischen tłomok = Ranzen, Reisesack. Spöttische Begrüssungsformel an einen, der einen lästigen Gast erhält.

[Spaltenumbruch] *849 Möng (meine) Liewe höllt so fest, bi (wie) der Bûm die Est.

Von der Schwalm in Kurhessen. Die Redensart wird in Liebesbriefen und Gesprächen gebraucht.

*850 Nit zu Lieb un nit zu leid.Tendlau, 178.

Im jüdisch-deutschen Sinne von jemand, den man weder bei freudigen noch traurigen Anlässen zugezogen haben, mit dem man in gar keine Berührung treten will. Verwandt ist damit die Redensart: Der is nit zu Kiddetsch un nit zu Havdōle zu brauchen. (Tendlau, 377.) „Kiddesch“ (Kiddasch = Heiligung) heisst der Segensspruch, mit welchem die Feiertage, „Havdōle“ (habdalah = Unterscheidung) hingegen der, mit dem die Arbeitstage eingeleitet werden. Zu beiden wird Wein genommen, in Ermangelung dessen ein anderes geistiges Getränk. Die Redensart heisst also: Der ist zu nichts zu gebrauchen, nicht zum Beginn der Feiertage, nicht zum Beginn der Werktage, er ist zu nichts tauglich, er ist, wie wir sagen, Gott und der Welt nichts nütze.

*851 Nümms to Lêv edder to Lêd.Dähnert, 271b.

Ganz unparteiisch.

*852 Seine Liebe steckt im Bauch.

Interesse, Egoismus.

*853 Sich böser Liebe fürchten.Holtei, Eselsfresser, I, 65.

Wegen der unangenehmen Folgen irgendeines Vergehens in Furcht sein.

*854 Wat dêt de Lêwe nig?Dähnert, 271b.

Oder: Wat dêt me nig ut Lêwe. (Dähnert, 296a.) Was thut man nicht, wenn man jemand lieb hat.


Liebeli.

'S sind zwei Liebeli zäma ku, aber nit zwei hübschi; 's eint ist wie n'en Schmiedestock, 's ander wie 'ne Brütschi.


Liebeln.

1 Die viel liebeln, machen kein Paar.

Poln.: Co się radzi žalecają nie radzi się ożeniają. (Wurzbach I, 259, 204.)

2 Wer liebelt mit alten Frauen, muss sich bald nach einem Spital umschauen.


Lieben.

1 Der eine liebet de Strähl1, der ander, was druff lauft.Sutermeister, 137.

1) Im allgemeinen: Kamm, davon strählen = kämmen, bei den Haaren raufen, scheren, aber auch mit mehrern Nebenbedeutungen. Strähli = der Boden über dem Melkstalle, worauf sich kleine Stuben oder Betten befinden u. s. w. (Vgl. Stalder, II, 405.)

2 Der eine liebt die Mutter, der andere die Tochter.

Holl.: De een heft zin in de moeder, de ander in de dochter, een zoo geraken zij beide aan den man. (Harrebomée, II, 54a.)

3 Der liebt sich selber schlecht, der gegen andere nicht gerecht.

Poln.: Kto siebie nie miłuje, ten i bliźniego nie miłuje. (Wurzbach I, 322, 430.)

4 Der liebt sonder Lust, trinkt sonder Durst, isset sonder Hunger, stirbet desto junger.Schottel, 1130a.

5 Der liebt wohl, der nicht vergisst.

Frz.: Bien aime, qui n'oublie. (Kritzinger, 16b.)

6 Der mich liebt, der sieht mich nicht, nach den andern frag' ich nicht. (S. Freier 8.)

7 Der wird nie geliebt werden, der stets an sich allein denkt.

8 Die lieben zu sehr, die aus Liebe sterben.Reinsberg II, 27.

9 Ein jeder liebt, was jhm behagt, vnnd wer es gleich die hesslichste Magd.Gruter, III, 27; Petri, II, 201; Lehmann, II, 148, 40.

10 Ein jedes liebt, was sein ist; und ob es schon nit fein ist, und ihm auch nicht werden kan, so hat er doch Gefallen dran.

11 Einen lieb vnd niemand mehr, das ist allen Jungfrawen eine Ehr.Petri, II, 179.

12 Einer liebt vnd sagts, ein ander sagts vnd thuts nit.Gruter, III, 30; Lehmann, II, 151, 82.

13 Einer liebt's, den andern betrübt's.

14 Es ist besser, man wird wegen seiner Güte geliebt, als wegen seiner Strenge gehasst.

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[[83]/0097] goezen in diu wip. (Parzival.) – Für zucker möhten in diu wîp durch sîne frîheit niezen turn. (v. Nantes.) Ganz ähnlich sagt Neidhard (33, 6 u. 34, 4): Disen sumer hât er sî gekouwen gar für brot, und wande er kou sî tegelich vür schoenez brot. Jenes für „Zucker essen“ soll die leidenschaftliche Verliebtheit, das Essen für Brot den unausgesetzten Verkehr bezeichnen. Der Gebrauch jener Redensarten mag den höfischen Dichtern empfohlen worden sein durch die bei den Provenzalen, Franzosen und Deutschen mehrfach wiederkehrenden Sagen von Liebhabern, deren zerstückter Leib oder ausgeschnittenes Herz von ihren Damen gegessen worden. (Vgl. Diez, Leben und Werke der Troubadours, 77 fg.; Wolff, Ueber die Lais, 236.) In Konrad's Märe von der Minne (450) vergleicht die Dame das von ihr genossene Herz des Geliebten auch wirklich mit dem süssen Zucker: „Ob ich ie spîse goeze, diu zô zuckermoeze mich diuhte und also reine.“ Alle diese Sagen sind indess undeutscher Herkunft; erst im Ablaufe des Mittelalters, mit Uebertragung auf den Brennenberger (vgl. Haupt, III, 39) ist ihr Stoff unter uns einheimischer geworden, zu spät, um für ein so alterthümliches Sprichwort den Anlass zu geben. In jenen Liebessagen verzehren die Weiber überdies Fleisch und Herz des Mannes unwissend, während dagegen das sprichwörtliche „Fressen vor Liebe“ ein bewusst gewolltes ist. Das richtige Verständniss des Ausdrucks geht auf die ganz natürliche Empfindung zurück, die wirklich solche Gelüste trägt, zugleich aber auf ebendaher rührende Vorstellungen und Gebräuche des ältern Heidenthums. Da wird von Hexen berichtet, die nächtlich Menschen essen, von zaubernden Weibern also. Es wird dies auch in Deutschland als Liebeszauber genannt und verstanden worden sein, wofür W. Wackernagel a. a. O. Belege beibringt. In demselben ist die, welche das Herz raubt und gar verzehrt, keine gefürchtete arge Zauberin, sondern ein geliebtes Weib, und Anschauung und Ausdruck sind nur noch bildlich gemeint. Daran nun schliesst sich auf der einen Seite unser Sprichwort, auf der andern die ganze Reihe der Beispiele, in denen deutsche und welsche Minnesänger von der Entführung ihres Herzens und selbst des Herzens der Geliebten sprechen, ohne auf ein Essen desselben oder sonst einen Zauber auch nur hinzudeuten. Der Endpunkt dieses minniglichern Wegs ist die Vorstellung von einem Tausch der Herzen, und Frau Venus ist es, die den Tausch vollzieht. Neben dem „Fressen vor Liebe“ muss es auch ein anderes gegeben haben, worauf verschiedene Redensarten hindeuten, in denen die Frau als ein wildes Thier bezeichnet wird. Will eine Frau ihrem Geliebten seine Blödigkeit vorrücken, so sagt sie ihm: Ich war ja kein wildes Thier, das du zu meiden brauchtest. Iwein (2269) heisst es: „Ir möhtent sitzen nâher baz, min vrouwe bîzet iuwer niht.“ (Vgl. Jak. Grimm: Die Frau kein wildes Thier, in Haupt, Zeitschrift, II, 192, und Weinhold ebendaselbt, VI, 462.) Engl.: I kill'd for good will, said Scot, when he killed his neighbour's mare. (Bohn II, 62.) Lat.: Cor meum prae amore incensum nescit suum domicilium. (Chaos, 62.) *839 Er brennt vor Liebe, wie eine alte Scheune von einem Schwefelfaden. Holl.: Hij wordt door de liefde ontstoken gelijk en vernageld stuk kanon door eene smeulende lont. – Zijne liefde brandt, als de damp van eenen versch gek ... koestront in eene blikken lamp. (Harrebomée, II, 27 u. 28.) *840 Er ist voll Liebe wie die Scheune voll Mäuse. Holl.: De liefde wroet in zijn lijf, als eene muis in eene hollandische kaas. (Harrebomée, II, 27.) *841 Er ist voll Liebe, wie ein Schafkopf voll Gedanken. Dän.: Som er saa fuld af kierlighed som fanden af salighed. (Prov. dan., 339.) *842 Es ist die Lieb' einer Stiefmutter. Lat.: Amor novercae. (Bovill, I, 10.) *843 Hai redt von der Liebe des Nächsten, wo de Bêne am dicksten sönd. – Frischbier, 465; Frischbier2, 2424. *844 Ihre Liebe dauert so lange als die Tasche voll ist. Frz.: Ge aimerai le beau Robin tant comme son argent lui durera. (Leroux, II, 51.) *845 Ihre Liebe ist so heiss, man könnte Stroh darin aufheben. – Parömiakon, 1794. Ironisch von Eheleuten, die sich gegenseitig abstossen. *846 In Lieb und Leid. Holl.: In lief en leed. – Om lief noch leed. (Harrebomée, II, 26.) *847 Mit Lieb' dir dein Gast. – Bernstein. Jüdisch-deutsche Begrüssungsformel an einen Wirth, der einen Gast bei sich beherbergt. *848 Mit Lieb dir dein Klimik1. (Podolien.) 1) Verdorben vom polnischen tłomok = Ranzen, Reisesack. Spöttische Begrüssungsformel an einen, der einen lästigen Gast erhält. *849 Möng (meine) Liewe höllt so fest, bi (wie) der Bûm die Est. Von der Schwalm in Kurhessen. Die Redensart wird in Liebesbriefen und Gesprächen gebraucht. *850 Nit zu Lieb un nit zu leid. – Tendlau, 178. Im jüdisch-deutschen Sinne von jemand, den man weder bei freudigen noch traurigen Anlässen zugezogen haben, mit dem man in gar keine Berührung treten will. Verwandt ist damit die Redensart: Der is nit zu Kiddetsch un nit zu Havdōle zu brauchen. (Tendlau, 377.) „Kiddesch“ (Kiddasch = Heiligung) heisst der Segensspruch, mit welchem die Feiertage, „Havdōle“ (habdalah = Unterscheidung) hingegen der, mit dem die Arbeitstage eingeleitet werden. Zu beiden wird Wein genommen, in Ermangelung dessen ein anderes geistiges Getränk. Die Redensart heisst also: Der ist zu nichts zu gebrauchen, nicht zum Beginn der Feiertage, nicht zum Beginn der Werktage, er ist zu nichts tauglich, er ist, wie wir sagen, Gott und der Welt nichts nütze. *851 Nümms to Lêv edder to Lêd. – Dähnert, 271b. Ganz unparteiisch. *852 Seine Liebe steckt im Bauch. Interesse, Egoismus. *853 Sich böser Liebe fürchten. – Holtei, Eselsfresser, I, 65. Wegen der unangenehmen Folgen irgendeines Vergehens in Furcht sein. *854 Wat dêt de Lêwe nig? – Dähnert, 271b. Oder: Wat dêt me nig ut Lêwe. (Dähnert, 296a.) Was thut man nicht, wenn man jemand lieb hat. Liebeli. 'S sind zwei Liebeli zäma ku, aber nit zwei hübschi; 's eint ist wie n'en Schmiedestock, 's ander wie 'ne Brütschi. Liebeln. 1 Die viel liebeln, machen kein Paar. Poln.: Co się radzi žalecają nie radzi się ożeniają. (Wurzbach I, 259, 204.) 2 Wer liebelt mit alten Frauen, muss sich bald nach einem Spital umschauen. Lieben. 1 Der eine liebet de Strähl1, der ander, was druff lauft. – Sutermeister, 137. 1) Im allgemeinen: Kamm, davon strählen = kämmen, bei den Haaren raufen, scheren, aber auch mit mehrern Nebenbedeutungen. Strähli = der Boden über dem Melkstalle, worauf sich kleine Stuben oder Betten befinden u. s. w. (Vgl. Stalder, II, 405.) 2 Der eine liebt die Mutter, der andere die Tochter. Holl.: De een heft zin in de moeder, de ander in de dochter, een zoo geraken zij beide aan den man. (Harrebomée, II, 54a.) 3 Der liebt sich selber schlecht, der gegen andere nicht gerecht. Poln.: Kto siebie nie miłuje, ten i bliźniego nie miłuje. (Wurzbach I, 322, 430.) 4 Der liebt sonder Lust, trinkt sonder Durst, isset sonder Hunger, stirbet desto junger. – Schottel, 1130a. 5 Der liebt wohl, der nicht vergisst. Frz.: Bien aime, qui n'oublie. (Kritzinger, 16b.) 6 Der mich liebt, der sieht mich nicht, nach den andern frag' ich nicht. (S. Freier 8.) 7 Der wird nie geliebt werden, der stets an sich allein denkt. 8 Die lieben zu sehr, die aus Liebe sterben. – Reinsberg II, 27. 9 Ein jeder liebt, was jhm behagt, vnnd wer es gleich die hesslichste Magd. – Gruter, III, 27; Petri, II, 201; Lehmann, II, 148, 40. 10 Ein jedes liebt, was sein ist; und ob es schon nit fein ist, und ihm auch nicht werden kan, so hat er doch Gefallen dran. 11 Einen lieb vnd niemand mehr, das ist allen Jungfrawen eine Ehr. – Petri, II, 179. 12 Einer liebt vnd sagts, ein ander sagts vnd thuts nit. – Gruter, III, 30; Lehmann, II, 151, 82. 13 Einer liebt's, den andern betrübt's. 14 Es ist besser, man wird wegen seiner Güte geliebt, als wegen seiner Strenge gehasst. Dän.: Bedre at elskes for sin formhed, end at frygtes for sin strenghed. (Prov. dan., 534.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [83]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/97>, abgerufen am 22.11.2024.