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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] 18 Jeder schiebt die Schuld gern auf andere.

Frz.: Chacun decharge son peche et charge celui d'autrui. (Cahier, 155.)

19 Keine schuld ist so böss, als darauff man trawet. - Lehmann, 709, 7.

20 Man muss die Schuld des Esels nicht auf den Sattel schieben.

Lat.: Tempora ne culpes, cum sit tibi causa doloris. (Cato.) (Binder I, 1729; II, 3302; Philippi, II, 214; Kruse, 1098; Fischer, 225, 19.)

21 Mancher wälzt gern seine Schuld auf eines andern Rücken.

Schwed.: Mangen slage gjärne sin egen skam pa ens annars rygg. (Grubb, 551.)

22 Niemand ist ohne Schuld(en).

Holl.: Die zonder schulden leeft, is een beest. (Harrebomee, II, 263b.)

23 Ohne Schuld ist keiner.

Lat.: Nemo sine crimine vivit. (Egeria, 155; Gaal, 1218.)

24 Schuld ist ein böss Ding. - Petri, II, 533.

Holl.: Schuld is een leelijk beest, niemand wil het hebben. (Harrebomee, II, 264a.)

25 Schuld ist eine Sens' im Magen.

26 Schuld kann man nicht mit Schuld bezahlen (stützen). - Graf, 237, 107.

Manche Gesetzgebung bestimmte, dass keine Schuld durch eine andere getilgt werden kann, so heisst es im rügenschen Lande: Schuldt kann man mit Schuldt nicht stütten. (Normann, 97, 75.)

27 Schuld lässt sich nicht auf Schuld weisen (oder: mit Schuld bezahlen). - Graf, 237, 106; Simrock, 9235; Körte, 5420.

Will sagen, dass Gegenforderungen nicht stets geeignet sind, die ursprüngliche Zahlungsverbindlichkeit aufzuheben.

28 Schuld macht Schurf.

Gemahnt werden ist ein eklich Jucken.

29 Schuld ohne Beweis entgeht man mit seinem Eide. - Graf, 468, 591.

Der Eid ist dann zulässig, wenn es an andern Beweismitteln gebricht. (S. Eid 7.)

30 Schuld tödtet den mann. - Gruter, I, 64; Petri, II, 533; Sutor, 38; Sailer, 183; Simrock, 9229; Braun, I, 3991; Körte, 5406.

Furcht und Muthlosigkeit des Schuldigen.

Lat.: Ilium ulciscentur mores sui. (Chaos, 443.)

31 Schuld will Geduld.

32 Umme ein klein schult bit de wulf dat schap. - Tunn., 855.

Lat.: Crimine vel parvo lupus agnum mordet agrestis.

33 War es deine Schuld, so trag' es mit Geduld.

Lat.: Quod merito pateris, patienter ferre memento. (Cato.) (Philippi, II, 143.)

34 Wenn jeder wög' seine eigene Schuld, er säh' nicht auf des Nachbars Pult.

Holl.: Woog iemand regt zijn eigen schuld, hij zag nooit op zijns makkers bult. (Harrebomee, II, 264a.)

35 Wer durch eigene Schuld fällt, klagt umsonst. - Schlechta, 396.

36 Wer Schuld hett, de schudert. (Holst.) - Schütze, IV, 78.

Der Schuldige soll sich durch Schaudern verrathen, was aber nicht immer der Fall ist.

37 Wer seine Schuld auf andere wälzt, will sich nicht bessern.

Böhm.: Kde vina lehce sejde, tu rada zla vule panuje. (Celakovsky, 357.)

38 Wer sich einer Schuld bewusst, geht dem Richter aus den Augen.

Lat.: Qui timet judicem, cavet culpam. (Chaos, 423.)

39 Wer sich ohne Schuld weiss, der werfe den ersten Stein.

Dän.: Den so veed sig fri, kaste den förste steen. (Prov. dan., 198.)

*40 Dä isch nid d' Schuld, dass d' Fröscha keni Steila (Schwänze) hei. (Bern.) - Zyro, 64; für Solothurn: Schild, 77, 235; Sutermeister, 89; hochdeutsch bei Riehl, Novellen, 407.

Denselben Gedanken drücken die englischen Neger in Surinam durch das Sprichwort aus: Ich bin nicht schuld daran, dass der Brüllaffe keinen Bart hat. (Wullschlägel.) Um einen schwachköpfigen, einfältigen Menschen zu bezeichnen, finden sich bei Sutermeister a. a. O. noch folgende Redensarten: Er macht's Wasser[Spaltenumbruch] nid trüeb. Er cha nid all Vögel verspotte. Er weiss vorne nid, dass er hinde läbt. Er kennt kei Vögel wedr d' Chrotte. Er weiss au nid, worum d' Krotte keini Schwänz händ. Er cha schwümme wie en Wetzstei. Er cha schwümme, wie e Chue Heu lappe.

*41 Dä isch nid d' Schuld, dass d's Bulf'r chlepft. (Bern.) - Zyro, 64.

*42 Der is nit Schuld an der Milchome (am Kriege). - Tendlau, 126.

Soviel wie, als er hat das Schiesspulver nicht erfunden.

*43 Der ist nicht Schuld, wenn's Krieg gibt. (Nürtingen.)

*44 Die Schuld auf andere bringen (wälzen).

Um unbegründete Beschuldigungen zurückzuweisen, sagen, die englischen Neger in Surinam sprichwörtlich: Des alten Mütterchens Haar sieht nicht deshalb wie Zunder aus, weil ich darüber gelacht habe. Und: Des alten Mütterchens Zahn hat längst gewackelt, fällt er aus, so muss der reiche Taja die Schuld tragen. (Wullschlägel.) Das letzte Sprichwort auch von unbegründeten Ausreden.

Holl.: Al de schuld zal hij op u leggen. (Harrebomee, II, 263a.)

*45 Die Schuld auf einen andern schieben. - Eiselein, 556.

Lat.: Natura supra aliorum ulnas. (Sutor, 184.)

*46 Doa is Schuld un Ungeduld. (Mecklenburg.) - Frommann, II, 225.

Auch: Ha hät sich gleik to Anfang in Schuld un Ungeduld settet.

*47 Er hat die Schuld der Natur bezahlt.

Er ist gestorben, oder: hat etwas Menschliches begangen, hat sich einer Schwachheit schuldig gemacht. Eine Sammlung von Ausdrücken für gestorben sein, enthält der Bresl. Erzähler, 1806, S. 478, die unter "Sterben" mit andern zusammengestellt sind.

Frz.: Payer le tribut a l'humanite.

*48 Er hat keine Schuld daran, dass die Frösche keine Schwänze haben. - Lohrengel, II, 251.

*49 Er hat (keine) Schuld am polnischen Kriege. - Frischbier2, 3414.

*50 Er isch nitt schuld daran, dass d' Krotte1 kenn Wäddel hann.

1) Kröte; bei Schriftstellern des 15. und 16. Jahrhunderts, sowie noch im Sundgau (Elsass) Krotten. (Vgl. Frommann, IV, 47.)

Frz.: Il n'en peut rien que les grenouilles n'ont pas de queue.

*51 Es ist nicht seine Schuld, dass das Bier sauer geworden ist.

Er lässt kein Bier sauer werden.

Holl.: Het is zijne schuld niet, dat de boter zoo duur is. (Harrebomee, II, 263b.)

*52 Es ist seine Schuld nicht, dass Blut im Kriege vergossen wird.

Er ist ein friedliebender (verhüllend für: feiger) Mensch.

Holl.: Het is zijne schuld niet, dat de oorlog zoo lang duurt. (Harrebomee, II, 263b.)

*53 Hebb' öck Schuld, straf' Gott den andern. - Frischbier2, 3415.


Schuld (Zahlungspflicht).

1 Alle Schulden muss man bezahlen. - Graf, 236, 90.

Mhd.: Alle scult mut man wol gelden. (Homeyer, Sachsenspiegel, I, 65.)

2 Allererst die Schulden, dann die Almosen. - Graf, 221, 267.

Erst wenn aus dem Nachlass des Verstorbenen die Schulden bezahlt sind, können Legate und Vermächtnisse berichtigt werden, die ebenfalls vom Erbe abgehen, ehe es angetreten oder vertheilt werden kann.

Mhd.: Allererst de schult, danne die almosen. (Hach, Lüb. Recht, 262, 31.)

3 Alte schuld ist besser, denn alte (neue) Fehde oder newer Krieg. - Henisch, 1037, 61; Petri, II, 12; Sailer, 112; Simrock, 9230; Körte, 5417; Braun, I, 3990.

Kein Streit! "Eine alte schuld ist ohne vnderscheid viel besser denn ein alter neid."

Dän.: Gammel gield er bedre end gammel eller nye sag. (Prov. dan., 217.)

Holl.: Beter olde schult dan olde vede. (Prov. ser., 9.) - Beter oude schulden dan geen. - Beter oude schulden dan oude vijandschap. (Harrebomee, II, 263a.)

Lat.: Laudantur vetera plus debita, quam vetus ira. (Loci comm., 146; Fallersleben, 139.)

Schwed.: Bättre gammal gäld än ny saak. (Grubb, 67.)

4 Alte Schuld rostet nicht. - Heuseler, 134; Petri, II, 212; Pistor., X, 81; Körte, 5421; Körte2, 6777; Simrock,

[Spaltenumbruch] 18 Jeder schiebt die Schuld gern auf andere.

Frz.: Chacun décharge son péché et charge celui d'autrui. (Cahier, 155.)

19 Keine schuld ist so böss, als darauff man trawet.Lehmann, 709, 7.

20 Man muss die Schuld des Esels nicht auf den Sattel schieben.

Lat.: Tempora ne culpes, cum sit tibi causa doloris. (Cato.) (Binder I, 1729; II, 3302; Philippi, II, 214; Kruse, 1098; Fischer, 225, 19.)

21 Mancher wälzt gern seine Schuld auf eines andern Rücken.

Schwed.: Mången slåge gjärne sin egen skam på ens annars rygg. (Grubb, 551.)

22 Niemand ist ohne Schuld(en).

Holl.: Die zonder schulden leeft, is een beest. (Harrebomée, II, 263b.)

23 Ohne Schuld ist keiner.

Lat.: Nemo sine crimine vivit. (Egeria, 155; Gaal, 1218.)

24 Schuld ist ein böss Ding.Petri, II, 533.

Holl.: Schuld is een leelijk beest, niemand wil het hebben. (Harrebomée, II, 264a.)

25 Schuld ist eine Sens' im Magen.

26 Schuld kann man nicht mit Schuld bezahlen (stützen).Graf, 237, 107.

Manche Gesetzgebung bestimmte, dass keine Schuld durch eine andere getilgt werden kann, so heisst es im rügenschen Lande: Schuldt kann man mit Schuldt nicht stütten. (Normann, 97, 75.)

27 Schuld lässt sich nicht auf Schuld weisen (oder: mit Schuld bezahlen).Graf, 237, 106; Simrock, 9235; Körte, 5420.

Will sagen, dass Gegenforderungen nicht stets geeignet sind, die ursprüngliche Zahlungsverbindlichkeit aufzuheben.

28 Schuld macht Schurf.

Gemahnt werden ist ein eklich Jucken.

29 Schuld ohne Beweis entgeht man mit seinem Eide.Graf, 468, 591.

Der Eid ist dann zulässig, wenn es an andern Beweismitteln gebricht. (S. Eid 7.)

30 Schuld tödtet den mann.Gruter, I, 64; Petri, II, 533; Sutor, 38; Sailer, 183; Simrock, 9229; Braun, I, 3991; Körte, 5406.

Furcht und Muthlosigkeit des Schuldigen.

Lat.: Ilium ulciscentur mores sui. (Chaos, 443.)

31 Schuld will Geduld.

32 Umme ein klein schult bit de wulf dat schap.Tunn., 855.

Lat.: Crimine vel parvo lupus agnum mordet agrestis.

33 War es deine Schuld, so trag' es mit Geduld.

Lat.: Quod merito pateris, patienter ferre memento. (Cato.) (Philippi, II, 143.)

34 Wenn jeder wög' seine eigene Schuld, er säh' nicht auf des Nachbars Pult.

Holl.: Woog iemand regt zijn eigen schuld, hij zag nooit op zijns makkers bult. (Harrebomée, II, 264a.)

35 Wer durch eigene Schuld fällt, klagt umsonst.Schlechta, 396.

36 Wer Schuld hett, de schudert. (Holst.) – Schütze, IV, 78.

Der Schuldige soll sich durch Schaudern verrathen, was aber nicht immer der Fall ist.

37 Wer seine Schuld auf andere wälzt, will sich nicht bessern.

Böhm.: Kde vina lehce sejde, tu ráda zlá vůle panuje. (Čelakovsky, 357.)

38 Wer sich einer Schuld bewusst, geht dem Richter aus den Augen.

Lat.: Qui timet judicem, cavet culpam. (Chaos, 423.)

39 Wer sich ohne Schuld weiss, der werfe den ersten Stein.

Dän.: Den so veed sig fri, kaste den første steen. (Prov. dan., 198.)

*40 Dä isch nid d' Schuld, dass d' Fröscha keni Stîla (Schwänze) hei. (Bern.) – Zyro, 64; für Solothurn: Schild, 77, 235; Sutermeister, 89; hochdeutsch bei Riehl, Novellen, 407.

Denselben Gedanken drücken die englischen Neger in Surinam durch das Sprichwort aus: Ich bin nicht schuld daran, dass der Brüllaffe keinen Bart hat. (Wullschlägel.) Um einen schwachköpfigen, einfältigen Menschen zu bezeichnen, finden sich bei Sutermeister a. a. O. noch folgende Redensarten: Er macht's Wasser[Spaltenumbruch] nid trüeb. Er cha nid all Vögel verspotte. Er weiss vorne nid, dass er hinde läbt. Er kennt kei Vögel wedr d' Chrotte. Er weiss au nid, worum d' Krotte keini Schwänz händ. Er cha schwümme wie en Wetzstei. Er cha schwümme, wie e Chue Heu lappe.

*41 Dä isch nid d' Schuld, dass d's Bulf'r chlepft. (Bern.) – Zyro, 64.

*42 Der is nit Schuld an der Milchome (am Kriege).Tendlau, 126.

Soviel wie, als er hat das Schiesspulver nicht erfunden.

*43 Der ist nicht Schuld, wenn's Krieg gibt. (Nürtingen.)

*44 Die Schuld auf andere bringen (wälzen).

Um unbegründete Beschuldigungen zurückzuweisen, sagen, die englischen Neger in Surinam sprichwörtlich: Des alten Mütterchens Haar sieht nicht deshalb wie Zunder aus, weil ich darüber gelacht habe. Und: Des alten Mütterchens Zahn hat längst gewackelt, fällt er aus, so muss der reiche Taja die Schuld tragen. (Wullschlägel.) Das letzte Sprichwort auch von unbegründeten Ausreden.

Holl.: Al de schuld zal hij op u leggen. (Harrebomée, II, 263a.)

*45 Die Schuld auf einen andern schieben.Eiselein, 556.

Lat.: Natura supra aliorum ulnas. (Sutor, 184.)

*46 Doa is Schuld un Ungeduld. (Mecklenburg.) – Frommann, II, 225.

Auch: Ha hät sich glîk to Anfang in Schuld un Ungeduld settet.

*47 Er hat die Schuld der Natur bezahlt.

Er ist gestorben, oder: hat etwas Menschliches begangen, hat sich einer Schwachheit schuldig gemacht. Eine Sammlung von Ausdrücken für gestorben sein, enthält der Bresl. Erzähler, 1806, S. 478, die unter „Sterben“ mit andern zusammengestellt sind.

Frz.: Payer le tribut à l'humanité.

*48 Er hat keine Schuld daran, dass die Frösche keine Schwänze haben.Lohrengel, II, 251.

*49 Er hat (keine) Schuld am polnischen Kriege.Frischbier2, 3414.

*50 Er isch nitt schuld daran, dass d' Krotte1 kenn Wäddel hann.

1) Kröte; bei Schriftstellern des 15. und 16. Jahrhunderts, sowie noch im Sundgau (Elsass) Krotten. (Vgl. Frommann, IV, 47.)

Frz.: Il n'en peut rien que les grenouilles n'ont pas de queue.

*51 Es ist nicht seine Schuld, dass das Bier sauer geworden ist.

Er lässt kein Bier sauer werden.

Holl.: Het is zijne schuld niet, dat de boter zoo duur is. (Harrebomée, II, 263b.)

*52 Es ist seine Schuld nicht, dass Blut im Kriege vergossen wird.

Er ist ein friedliebender (verhüllend für: feiger) Mensch.

Holl.: Het is zijne schuld niet, dat de oorlog zoo lang duurt. (Harrebomée, II, 263b.)

*53 Hebb' öck Schuld, straf' Gott den andern.Frischbier2, 3415.


Schuld (Zahlungspflicht).

1 Alle Schulden muss man bezahlen.Graf, 236, 90.

Mhd.: Alle scult mut man wol gelden. (Homeyer, Sachsenspiegel, I, 65.)

2 Allererst die Schulden, dann die Almosen.Graf, 221, 267.

Erst wenn aus dem Nachlass des Verstorbenen die Schulden bezahlt sind, können Legate und Vermächtnisse berichtigt werden, die ebenfalls vom Erbe abgehen, ehe es angetreten oder vertheilt werden kann.

Mhd.: Allererst de schult, danne die almosen. (Hach, Lüb. Recht, 262, 31.)

3 Alte schuld ist besser, denn alte (neue) Fehde oder newer Krieg.Henisch, 1037, 61; Petri, II, 12; Sailer, 112; Simrock, 9230; Körte, 5417; Braun, I, 3990.

Kein Streit! „Eine alte schuld ist ohne vnderscheid viel besser denn ein alter neid.“

Dän.: Gammel gield er bedre end gammel eller nye sag. (Prov. dan., 217.)

Holl.: Beter olde schult dan olde vede. (Prov. ser., 9.) – Beter oude schulden dan geen. – Beter oude schulden dan oude vijandschap. (Harrebomée, II, 263a.)

Lat.: Laudantur vetera plus debita, quam vetus ira. (Loci comm., 146; Fallersleben, 139.)

Schwed.: Bättre gammal gäld än ny saak. (Grubb, 67.)

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[[182]/0188] 18 Jeder schiebt die Schuld gern auf andere. Frz.: Chacun décharge son péché et charge celui d'autrui. (Cahier, 155.) 19 Keine schuld ist so böss, als darauff man trawet. – Lehmann, 709, 7. 20 Man muss die Schuld des Esels nicht auf den Sattel schieben. Lat.: Tempora ne culpes, cum sit tibi causa doloris. (Cato.) (Binder I, 1729; II, 3302; Philippi, II, 214; Kruse, 1098; Fischer, 225, 19.) 21 Mancher wälzt gern seine Schuld auf eines andern Rücken. Schwed.: Mången slåge gjärne sin egen skam på ens annars rygg. (Grubb, 551.) 22 Niemand ist ohne Schuld(en). Holl.: Die zonder schulden leeft, is een beest. (Harrebomée, II, 263b.) 23 Ohne Schuld ist keiner. Lat.: Nemo sine crimine vivit. (Egeria, 155; Gaal, 1218.) 24 Schuld ist ein böss Ding. – Petri, II, 533. Holl.: Schuld is een leelijk beest, niemand wil het hebben. (Harrebomée, II, 264a.) 25 Schuld ist eine Sens' im Magen. 26 Schuld kann man nicht mit Schuld bezahlen (stützen). – Graf, 237, 107. Manche Gesetzgebung bestimmte, dass keine Schuld durch eine andere getilgt werden kann, so heisst es im rügenschen Lande: Schuldt kann man mit Schuldt nicht stütten. (Normann, 97, 75.) 27 Schuld lässt sich nicht auf Schuld weisen (oder: mit Schuld bezahlen). – Graf, 237, 106; Simrock, 9235; Körte, 5420. Will sagen, dass Gegenforderungen nicht stets geeignet sind, die ursprüngliche Zahlungsverbindlichkeit aufzuheben. 28 Schuld macht Schurf. Gemahnt werden ist ein eklich Jucken. 29 Schuld ohne Beweis entgeht man mit seinem Eide. – Graf, 468, 591. Der Eid ist dann zulässig, wenn es an andern Beweismitteln gebricht. (S. Eid 7.) 30 Schuld tödtet den mann. – Gruter, I, 64; Petri, II, 533; Sutor, 38; Sailer, 183; Simrock, 9229; Braun, I, 3991; Körte, 5406. Furcht und Muthlosigkeit des Schuldigen. Lat.: Ilium ulciscentur mores sui. (Chaos, 443.) 31 Schuld will Geduld. 32 Umme ein klein schult bit de wulf dat schap. – Tunn., 855. Lat.: Crimine vel parvo lupus agnum mordet agrestis. 33 War es deine Schuld, so trag' es mit Geduld. Lat.: Quod merito pateris, patienter ferre memento. (Cato.) (Philippi, II, 143.) 34 Wenn jeder wög' seine eigene Schuld, er säh' nicht auf des Nachbars Pult. Holl.: Woog iemand regt zijn eigen schuld, hij zag nooit op zijns makkers bult. (Harrebomée, II, 264a.) 35 Wer durch eigene Schuld fällt, klagt umsonst. – Schlechta, 396. 36 Wer Schuld hett, de schudert. (Holst.) – Schütze, IV, 78. Der Schuldige soll sich durch Schaudern verrathen, was aber nicht immer der Fall ist. 37 Wer seine Schuld auf andere wälzt, will sich nicht bessern. Böhm.: Kde vina lehce sejde, tu ráda zlá vůle panuje. (Čelakovsky, 357.) 38 Wer sich einer Schuld bewusst, geht dem Richter aus den Augen. Lat.: Qui timet judicem, cavet culpam. (Chaos, 423.) 39 Wer sich ohne Schuld weiss, der werfe den ersten Stein. Dän.: Den so veed sig fri, kaste den første steen. (Prov. dan., 198.) *40 Dä isch nid d' Schuld, dass d' Fröscha keni Stîla (Schwänze) hei. (Bern.) – Zyro, 64; für Solothurn: Schild, 77, 235; Sutermeister, 89; hochdeutsch bei Riehl, Novellen, 407. Denselben Gedanken drücken die englischen Neger in Surinam durch das Sprichwort aus: Ich bin nicht schuld daran, dass der Brüllaffe keinen Bart hat. (Wullschlägel.) Um einen schwachköpfigen, einfältigen Menschen zu bezeichnen, finden sich bei Sutermeister a. a. O. noch folgende Redensarten: Er macht's Wasser nid trüeb. Er cha nid all Vögel verspotte. Er weiss vorne nid, dass er hinde läbt. Er kennt kei Vögel wedr d' Chrotte. Er weiss au nid, worum d' Krotte keini Schwänz händ. Er cha schwümme wie en Wetzstei. Er cha schwümme, wie e Chue Heu lappe. *41 Dä isch nid d' Schuld, dass d's Bulf'r chlepft. (Bern.) – Zyro, 64. *42 Der is nit Schuld an der Milchome (am Kriege). – Tendlau, 126. Soviel wie, als er hat das Schiesspulver nicht erfunden. *43 Der ist nicht Schuld, wenn's Krieg gibt. (Nürtingen.) *44 Die Schuld auf andere bringen (wälzen). Um unbegründete Beschuldigungen zurückzuweisen, sagen, die englischen Neger in Surinam sprichwörtlich: Des alten Mütterchens Haar sieht nicht deshalb wie Zunder aus, weil ich darüber gelacht habe. Und: Des alten Mütterchens Zahn hat längst gewackelt, fällt er aus, so muss der reiche Taja die Schuld tragen. (Wullschlägel.) Das letzte Sprichwort auch von unbegründeten Ausreden. Holl.: Al de schuld zal hij op u leggen. (Harrebomée, II, 263a.) *45 Die Schuld auf einen andern schieben. – Eiselein, 556. Lat.: Natura supra aliorum ulnas. (Sutor, 184.) *46 Doa is Schuld un Ungeduld. (Mecklenburg.) – Frommann, II, 225. Auch: Ha hät sich glîk to Anfang in Schuld un Ungeduld settet. *47 Er hat die Schuld der Natur bezahlt. Er ist gestorben, oder: hat etwas Menschliches begangen, hat sich einer Schwachheit schuldig gemacht. Eine Sammlung von Ausdrücken für gestorben sein, enthält der Bresl. Erzähler, 1806, S. 478, die unter „Sterben“ mit andern zusammengestellt sind. Frz.: Payer le tribut à l'humanité. *48 Er hat keine Schuld daran, dass die Frösche keine Schwänze haben. – Lohrengel, II, 251. *49 Er hat (keine) Schuld am polnischen Kriege. – Frischbier2, 3414. *50 Er isch nitt schuld daran, dass d' Krotte1 kenn Wäddel hann. 1) Kröte; bei Schriftstellern des 15. und 16. Jahrhunderts, sowie noch im Sundgau (Elsass) Krotten. (Vgl. Frommann, IV, 47.) Frz.: Il n'en peut rien que les grenouilles n'ont pas de queue. *51 Es ist nicht seine Schuld, dass das Bier sauer geworden ist. Er lässt kein Bier sauer werden. Holl.: Het is zijne schuld niet, dat de boter zoo duur is. (Harrebomée, II, 263b.) *52 Es ist seine Schuld nicht, dass Blut im Kriege vergossen wird. Er ist ein friedliebender (verhüllend für: feiger) Mensch. Holl.: Het is zijne schuld niet, dat de oorlog zoo lang duurt. (Harrebomée, II, 263b.) *53 Hebb' öck Schuld, straf' Gott den andern. – Frischbier2, 3415. Schuld (Zahlungspflicht). 1 Alle Schulden muss man bezahlen. – Graf, 236, 90. Mhd.: Alle scult mut man wol gelden. (Homeyer, Sachsenspiegel, I, 65.) 2 Allererst die Schulden, dann die Almosen. – Graf, 221, 267. Erst wenn aus dem Nachlass des Verstorbenen die Schulden bezahlt sind, können Legate und Vermächtnisse berichtigt werden, die ebenfalls vom Erbe abgehen, ehe es angetreten oder vertheilt werden kann. Mhd.: Allererst de schult, danne die almosen. (Hach, Lüb. Recht, 262, 31.) 3 Alte schuld ist besser, denn alte (neue) Fehde oder newer Krieg. – Henisch, 1037, 61; Petri, II, 12; Sailer, 112; Simrock, 9230; Körte, 5417; Braun, I, 3990. Kein Streit! „Eine alte schuld ist ohne vnderscheid viel besser denn ein alter neid.“ Dän.: Gammel gield er bedre end gammel eller nye sag. (Prov. dan., 217.) Holl.: Beter olde schult dan olde vede. (Prov. ser., 9.) – Beter oude schulden dan geen. – Beter oude schulden dan oude vijandschap. (Harrebomée, II, 263a.) 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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [182]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/188>, abgerufen am 24.11.2024.