Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]

*308 Sie werden sehen, in wen sie gestochen haben. - Franck, II, 89a.

*309 Siehste, wie de bist.

Wenn man hämisch einen auslacht und verspottet.

*310 Sihe yhm auff die hende, du darffest yhm auff die fuesse nicht sehen. - Agricola I, 118.

"Wenn ich yemand vor eines andern tucken warne, dass er sich vor yhm fürsehe, es sey auff dem spiel, odder sonst jnn einer fahr, dass er schlagen odder hawen wolle heymlich vnd schelcklich, so sprich ich: Sihe yhm auff die hende."

*311 Sistu, wie onser junem gef. - Frischbier2, 3473.

Die Entstehung dieser Redensart, welche sich auf der Grenze von Ermland und Natangen verbreitet findet, wird so erzählt: Ein katholischer und ein evangelischer Hirtenknabe stritten sich darüber, ob der Gott der Katholiken oder der Gott der Evangelischen mächtiger sei. Während des Streites erhob sich ein Gewitter und der Blitz schlug in eins der an der Landstrasse (in Ermland) stehenden Crucifixe. Da schrie der evangelische Knabe triumphirend: Siehst du, wie unser euerm gab! Die Redensart wird angewandt, wenn irgendwo ein starker Knall hörbar wird, wenn jemand eine Ohrfeige bekommt u. s. w.

*312 Wann ichs sihe, so glaub ichs, ich bin der vngleubig sant Thomas. - Franck, II, 94b.

*313 Wann ick dat noch ens (noch einmal) se, kann ick 't ok. (Strelitz.) - Firmenich, III, 73, 96.

*314 War'sch ne sitt, dar globt's nich. (Schles.)

*315 Was er sieht, will er haben.

Böhm.: Uzrel - zachtel. (Celakovsky, 123.)

Poln.: Ujrzal, zachcial. (Celakovsky, 123.)

*316 Wenn ich dich sehe, fällt mir gleich die Butter vom Brote. - Klix, 16.

*317 Wenn man ihn auch nicht sieht, so hört man ihn doch.

Den Schreier.

*318 Wenn man ihn sieht, möchte man glauben, er könne nicht bis auf drei zählen.

Frz.: A le voir on dirait qu'il ne sait ni A ni B.

*319 Wenn man ihn sihet, so kennt man ihn ausswendig; wenn man ihn höret, so kennt man ihn ganz.

Lat.: Non ille sapit, qui multa scit, sed qui sapit quod est utile, et ad rem facit. (Chaos, 822.)

*320 Wenn öck dat noch enmol seh, denn kann öck 't ok. - Frischbier2, 3475.

Scherz- oder spottweise zu jemand, der aus Versehen oder Ungeschicklichkeit einen Schaden gemacht hat, z. B. eine Tasse umgestossen, ein Geschirr zerbrochen u. s. w.

*321 Wenn öck den seh' on drink e mal, den si öck e ganz Vertendag (auch: e ganz Achtdag) satt.

Um eine starke Abneigung auszudrücken.

*322 Wenn wi us nich ehr wedder sehen, denn upen gützkowschen Piermarkt.

In der pommerschen Stadt Gützkow wird ein grosser Pferdemarkt abgehalten, der gleichzeitig eine Art Vereinspunkt für die Landleute ist, weshalb sie bei der Trennung einander zurufen: Wenn wir uns nicht eher wiedersehen, dann auf dem gützkowschen Pferdemarkt. (Schmidt, Jubelschrift, 16.)

*323 Wer das nicht sieht, hat keine Augen.

*324 Wer dich gesehen hat, kann wahrsagen. (Altröm.)

Von sehr hässlichen Leuten. Einer schönen Person zu begegnen, galt als eine glückliche, einer hässlichen und schwarzen, als eine unglückliche Vorbedeutung.

*325 Werden wir halt sehn, wem der Vater 'n Schimmel schenkt? - Wurth, 220.

In Oesterreich, um zu sagen, ob die Sache gut endet und wer den Nutzen davon, wer's Glück hat.

*326 Wi eich'n soak, schoss mer'sch Blott. - Frommann, III, 410, 391.

*327 Wir werden es sehen, wenn der Grund gegraben (der Boden gelegt) wird.

*328 Wir wollen sehen, hat der Blinde gesagt.

Frz.: Nous verrons, dit l'aveugle. (Bohn I, 40.)

*329 Wir wollen sehen, wie der Mutter die Haube wird stehen. (Schles.)

Wird gebraucht, wenn man etwas versucht, zunächst beim Anprobiren von Kleidungsstücken, dann aber auch in weiterer Beziehung.

*330 Wü män säh't ihm nit, dort wachst er. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

Er ist überall, wo man ihn am wenigsten braucht und gern sieht.


[Spaltenumbruch]
Sehnäderchen.

* Dass dir ne's Sahnäderla zerspringt. (Hirschberg.)

Wenn die Kinder etwas Gutes essen sehen, so gibt man ihnen wol etwas zu kosten mit der Bemerkung: Hier hast du etwas zu kosten, dass dir nicht die Sehnader, das Sehnäderchen zerspringt.

Frz.: Le desir de l'homme n'est jamais assouuy.

Lat.: Hominis desiderium flagrat vaque in summum. (Bovill, II, 206.)


Sehne.

1 Es ist gut, zwei Sehnen zu einem Bogen zu haben. - Winckler, XI, 68.

Frz.: Avoir plusieurs cordes a son arc. (Lendroy, 56.)

2 Es wird auch wol einmal mit schlaffer Sehne geschossen. - Körte, 5520.

3 Man muss die Sehne nicht zu straff spannen.

Holl.: Beter met eene slappe pees geschoten, dan alte stijf gespannen. (Harrebomee, II, 176a.)

4 Man muss mehr als eine Sehne auf dem Bogen haben und einen Stein in zwei Stücke hauen.

It.: E sempre buono aver due corde al suo arco. (Bohn I, 97.)

5 Von schlaffer Sehne fliegt kein Pfeil.

6 Was nützt es, die Sehne zu spannen, wenn der Pfeil nichts taugt.

Die Russen: Ziehe die Sehne noch so scharf, wenn der Pfeil stumpf ist, wird dein Schuss doch mislingen. (Altmann V, 89.)

7 Wenn man die sennen am armbrust zu hart spannet, so reysset sie gern. - Agricola I, 236.

Dän.: Naar strengen er stindest, da brister hand snarest. (Prov. dan., 534.)

*8 Er hat mehr als Eine Sehne an der Geige. - Simrock, 9462.

Er weiss sich in Verlegenheiten zu helfen.

*9 Er hat zwei Sehnen für seinen Bogen.

Engl.: To have two strings to one's bow. (Bohn I, 181.)

Frz.: Il fait bien avoir deux cordes en son arc.

Holl.: Hij heeft twee pezen op zijn' boog. (Harrebomee, II, 176a.)

Lat.: Duae in arcu cordae. (Bovill, I, 71.) - Duabus ancoris factus.

*10 Es ist keine gute Sehne (Faser) an ihm.

Dän.: Der er ei en good seene, en good blods-draabe i ham. (Prov. dan., 249.)


Sehnen.

Wenn man sich lange genug gesehnt hat, bekommt man endlich einen Zipfel von der Wurst.

Geduldiges Warten bringt endlich ans Ziel.

Engl.: Long looked for comes at last. (Mair, 54.)


Sehr.

1 Nie zu sehr! - Körte, 4554; Körte2, 5719.

Nicht übertreiben, nie zu viel!

2 Sehr1 und Scher2 dem, der das Land hat. - Graf, 75, 70.

1) Versehrung, Aufreissung des Bodens durch Karst und Pflug.

2) Abschneiden des Getreides und Grases, Fällen des Holzes u. s. w. In streitigen Fällen kommt der Grundsatz zur Anwendung, dass denen, den das Land gehört, auch das gebührt, was es trägt, oder wie es im römischen Recht heisst: Dess der Acker ist, dess ist die Saat. (S. Henne 124, Land 222, Kraut 43 und Saat 4.)

Dän.: Saerr oc scerr theim er iaurd a. (Galath, 329.)


Seich.

* Einem den Seich beschawen.

Das Wasser, den Urin besehen. "Sprach: Wil dir wol den Seich beschawen, ob dir sey wie den kranken Frawen." (Waldis, IV, 19.)


Seichel.

1 Der Seichel kommt noch die Juhren. (Jüd.-deutsch. Brody.)

Der Verstand kommt nach den Jahren, d. h. zu spät.

2 Seichel (Benehmen) soll lernen bis siebzig Juhr. (Jüd.-deutsch. Brody.)

*3 Er hot Seichel wie der Ober Eichel. (Jüd.-deutsch. Brody.)

Beim Kartenspiel.


Seichen.

* Er seicht vor Angst in die Hosen. (Rottenburg.)


Seide.

1 Die schönste (zarteste) Seide ist am ersten befleckt.

2 Es ist böss seidin vmb jungfrawen zu kauffen. - Franck, II, 177b; Lehmann, II, 129, 168.

3 Es können nicht alle in Seide gehen.

Lat.: Non omnes possunt olere unguenta exotica. (Plautus.) (Philippi, II, 40.)

[Spaltenumbruch]

*308 Sie werden sehen, in wen sie gestochen haben.Franck, II, 89a.

*309 Siehste, wie de bist.

Wenn man hämisch einen auslacht und verspottet.

*310 Sihe yhm auff die hende, du darffest yhm auff die fuesse nicht sehen.Agricola I, 118.

„Wenn ich yemand vor eines andern tucken warne, dass er sich vor yhm fürsehe, es sey auff dem spiel, odder sonst jnn einer fahr, dass er schlagen odder hawen wolle heymlich vnd schelcklich, so sprich ich: Sihe yhm auff die hende.“

*311 Sistu, wie onser junem gef.Frischbier2, 3473.

Die Entstehung dieser Redensart, welche sich auf der Grenze von Ermland und Natangen verbreitet findet, wird so erzählt: Ein katholischer und ein evangelischer Hirtenknabe stritten sich darüber, ob der Gott der Katholiken oder der Gott der Evangelischen mächtiger sei. Während des Streites erhob sich ein Gewitter und der Blitz schlug in eins der an der Landstrasse (in Ermland) stehenden Crucifixe. Da schrie der evangelische Knabe triumphirend: Siehst du, wie unser euerm gab! Die Redensart wird angewandt, wenn irgendwo ein starker Knall hörbar wird, wenn jemand eine Ohrfeige bekommt u. s. w.

*312 Wann ichs sihe, so glaub ichs, ich bin der vngleubig sant Thomas.Franck, II, 94b.

*313 Wann ick dat noch êns (noch einmal) sê, kann ick 't ok. (Strelitz.) – Firmenich, III, 73, 96.

*314 War'sch ne sitt, dar glôbt's nich. (Schles.)

*315 Was er sieht, will er haben.

Böhm.: Uzřel – zachtĕl. (Čelakovsky, 123.)

Poln.: Ujrzał, zachciał. (Čelakovsky, 123.)

*316 Wenn ich dich sehe, fällt mir gleich die Butter vom Brote.Klix, 16.

*317 Wenn man ihn auch nicht sieht, so hört man ihn doch.

Den Schreier.

*318 Wenn man ihn sieht, möchte man glauben, er könne nicht bis auf drei zählen.

Frz.: A le voir on dirait qu'il ne sait ni A ni B.

*319 Wenn man ihn sihet, so kennt man ihn ausswendig; wenn man ihn höret, so kennt man ihn ganz.

Lat.: Non ille sapit, qui multa scit, sed qui sapit quod est utile, et ad rem facit. (Chaos, 822.)

*320 Wenn öck dat noch ênmol seh, denn kann öck 't ok.Frischbier2, 3475.

Scherz- oder spottweise zu jemand, der aus Versehen oder Ungeschicklichkeit einen Schaden gemacht hat, z. B. eine Tasse umgestossen, ein Geschirr zerbrochen u. s. w.

*321 Wenn öck den seh' on drink e mal, den si öck e ganz Vêrtendag (auch: e ganz Achtdag) satt.

Um eine starke Abneigung auszudrücken.

*322 Wenn wi us nich ehr wedder sehen, denn upen gützkowschen Piermarkt.

In der pommerschen Stadt Gützkow wird ein grosser Pferdemarkt abgehalten, der gleichzeitig eine Art Vereinspunkt für die Landleute ist, weshalb sie bei der Trennung einander zurufen: Wenn wir uns nicht eher wiedersehen, dann auf dem gützkowschen Pferdemarkt. (Schmidt, Jubelschrift, 16.)

*323 Wer das nicht sieht, hat keine Augen.

*324 Wer dich gesehen hat, kann wahrsagen. (Altröm.)

Von sehr hässlichen Leuten. Einer schönen Person zu begegnen, galt als eine glückliche, einer hässlichen und schwarzen, als eine unglückliche Vorbedeutung.

*325 Werden wir halt sehn, wem der Vater 'n Schimmel schenkt?Wurth, 220.

In Oesterreich, um zu sagen, ob die Sache gut endet und wer den Nutzen davon, wer's Glück hat.

*326 Wi îch'n soak, schoss mer'sch Blott.Frommann, III, 410, 391.

*327 Wir werden es sehen, wenn der Grund gegraben (der Boden gelegt) wird.

*328 Wir wollen sehen, hat der Blinde gesagt.

Frz.: Nous verrons, dit l'aveugle. (Bohn I, 40.)

*329 Wir wollen sehen, wie der Mutter die Haube wird stehen. (Schles.)

Wird gebraucht, wenn man etwas versucht, zunächst beim Anprobiren von Kleidungsstücken, dann aber auch in weiterer Beziehung.

*330 Wü män säh't ihm nit, dort wachst er. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

Er ist überall, wo man ihn am wenigsten braucht und gern sieht.


[Spaltenumbruch]
Sehnäderchen.

* Dass dir ne's Sahnäderla zerspringt. (Hirschberg.)

Wenn die Kinder etwas Gutes essen sehen, so gibt man ihnen wol etwas zu kosten mit der Bemerkung: Hier hast du etwas zu kosten, dass dir nicht die Sehnader, das Sehnäderchen zerspringt.

Frz.: Le désir de l'homme n'est jamais assouuy.

Lat.: Hominis desiderium flagrat vaque in summum. (Bovill, II, 206.)


Sehne.

1 Es ist gut, zwei Sehnen zu einem Bogen zu haben.Winckler, XI, 68.

Frz.: Avoir plusieurs cordes a son arc. (Lendroy, 56.)

2 Es wird auch wol einmal mit schlaffer Sehne geschossen.Körte, 5520.

3 Man muss die Sehne nicht zu straff spannen.

Holl.: Beter met eene slappe pees geschoten, dan alte stijf gespannen. (Harrebomée, II, 176a.)

4 Man muss mehr als eine Sehne auf dem Bogen haben und einen Stein in zwei Stücke hauen.

It.: E sempre buono aver due corde al suo arco. (Bohn I, 97.)

5 Von schlaffer Sehne fliegt kein Pfeil.

6 Was nützt es, die Sehne zu spannen, wenn der Pfeil nichts taugt.

Die Russen: Ziehe die Sehne noch so scharf, wenn der Pfeil stumpf ist, wird dein Schuss doch mislingen. (Altmann V, 89.)

7 Wenn man die sennen am armbrust zu hart spannet, so reysset sie gern.Agricola I, 236.

Dän.: Naar strengen er stindest, da brister hand snarest. (Prov. dan., 534.)

*8 Er hat mehr als Eine Sehne an der Geige.Simrock, 9462.

Er weiss sich in Verlegenheiten zu helfen.

*9 Er hat zwei Sehnen für seinen Bogen.

Engl.: To have two strings to one's bow. (Bohn I, 181.)

Frz.: Il fait bien avoir deux cordes en son arc.

Holl.: Hij heeft twee pezen op zijn' boog. (Harrebomée, II, 176a.)

Lat.: Duae in arcu cordae. (Bovill, I, 71.) – Duabus ancoris factus.

*10 Es ist keine gute Sehne (Faser) an ihm.

Dän.: Der er ei en good seene, en good blods-draabe i ham. (Prov. dan., 249.)


Sehnen.

Wenn man sich lange genug gesehnt hat, bekommt man endlich einen Zipfel von der Wurst.

Geduldiges Warten bringt endlich ans Ziel.

Engl.: Long looked for comes at last. (Mair, 54.)


Sehr.

1 Nie zu sehr!Körte, 4554; Körte2, 5719.

Nicht übertreiben, nie zu viel!

2 Sehr1 und Scher2 dem, der das Land hat.Graf, 75, 70.

1) Versehrung, Aufreissung des Bodens durch Karst und Pflug.

2) Abschneiden des Getreides und Grases, Fällen des Holzes u. s. w. In streitigen Fällen kommt der Grundsatz zur Anwendung, dass denen, den das Land gehört, auch das gebührt, was es trägt, oder wie es im römischen Recht heisst: Dess der Acker ist, dess ist die Saat. (S. Henne 124, Land 222, Kraut 43 und Saat 4.)

Dän.: Særr oc scerr theim er iaurd a. (Galath, 329.)


Seich.

* Einem den Seich beschawen.

Das Wasser, den Urin besehen. „Sprach: Wil dir wol den Seich beschawen, ob dir sey wie den kranken Frawen.“ (Waldis, IV, 19.)


Seichel.

1 Der Seichel kommt noch die Juhren. (Jüd.-deutsch. Brody.)

Der Verstand kommt nach den Jahren, d. h. zu spät.

2 Seichel (Benehmen) soll lernen bis siebzig Juhr. (Jüd.-deutsch. Brody.)

*3 Er hot Seichel wie der Ober Eichel. (Jüd.-deutsch. Brody.)

Beim Kartenspiel.


Seichen.

* Er seicht vor Angst in die Hosen. (Rottenburg.)


Seide.

1 Die schönste (zarteste) Seide ist am ersten befleckt.

2 Es ist böss seidin vmb jungfrawen zu kauffen.Franck, II, 177b; Lehmann, II, 129, 168.

3 Es können nicht alle in Seide gehen.

Lat.: Non omnes possunt olere unguenta exotica. (Plautus.) (Philippi, II, 40.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <pb facs="#f0263" n="[257]"/>
          <cb n="513"/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*308 Sie werden sehen, in wen sie gestochen haben.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Franck, II, 89<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*309 Siehste, wie de bist.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn man hämisch einen auslacht und verspottet.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*310 Sihe yhm auff die hende, du darffest yhm auff die fuesse nicht sehen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Agricola I, 118.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Wenn ich yemand vor eines andern tucken warne, dass er sich vor yhm fürsehe, es sey auff dem spiel, odder sonst jnn einer fahr, dass er schlagen odder hawen wolle heymlich vnd schelcklich, so sprich ich: Sihe yhm auff die hende.&#x201C;</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*311 Sistu, wie onser junem gef.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 3473.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Entstehung dieser Redensart, welche sich auf der Grenze von Ermland und Natangen verbreitet findet, wird so erzählt: Ein katholischer und ein evangelischer Hirtenknabe stritten sich darüber, ob der Gott der Katholiken oder der Gott der Evangelischen mächtiger sei. Während des Streites erhob sich ein Gewitter und der Blitz schlug in eins der an der Landstrasse (in Ermland) stehenden Crucifixe. Da schrie der evangelische Knabe triumphirend: Siehst du, wie unser euerm gab! Die Redensart wird angewandt, wenn irgendwo ein starker Knall hörbar wird, wenn jemand eine Ohrfeige bekommt u. s. w.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*312 Wann ichs sihe, so glaub ichs, ich bin der vngleubig sant Thomas.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Franck, II, 94<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*313 Wann ick dat noch êns (noch einmal) sê, kann ick 't ok.</hi> (<hi rendition="#i">Strelitz.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Firmenich, III, 73, 96.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*314 War'sch ne sitt, dar glôbt's nich.</hi> (<hi rendition="#i">Schles.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*315 Was er sieht, will er haben.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Uz&#x0159;el &#x2013; zacht&#x0115;l. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 123.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Ujrza&#x0142;, zachcia&#x0142;. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 123.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*316 Wenn ich dich sehe, fällt mir gleich die Butter vom Brote.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Klix, 16.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*317 Wenn man ihn auch nicht sieht, so hört man ihn doch.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Den Schreier.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*318 Wenn man ihn sieht, möchte man glauben, er könne nicht bis auf drei zählen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: A le voir on dirait qu'il ne sait ni A ni B.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*319 Wenn man ihn sihet, so kennt man ihn ausswendig; wenn man ihn höret, so kennt man ihn ganz.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Non ille sapit, qui multa scit, sed qui sapit quod est utile, et ad rem facit. (<hi rendition="#i">Chaos, 822.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*320 Wenn öck dat noch ênmol seh, denn kann öck 't ok.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 3475.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Scherz- oder spottweise zu jemand, der aus Versehen oder Ungeschicklichkeit einen Schaden gemacht hat, z. B. eine Tasse umgestossen, ein Geschirr zerbrochen u. s. w.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*321 Wenn öck den seh' on drink e mal, den si öck e ganz Vêrtendag (auch: e ganz Achtdag) satt.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Um eine starke Abneigung auszudrücken.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*322 Wenn wi us nich ehr wedder sehen, denn upen gützkowschen Piermarkt.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">In der pommerschen Stadt Gützkow wird ein grosser Pferdemarkt abgehalten, der gleichzeitig eine Art Vereinspunkt für die Landleute ist, weshalb sie bei der Trennung einander zurufen: Wenn wir uns nicht eher wiedersehen, dann auf dem gützkowschen Pferdemarkt. (<hi rendition="#i">Schmidt, Jubelschrift, 16.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*323 Wer das nicht sieht, hat keine Augen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*324 Wer dich gesehen hat, kann wahrsagen.</hi> (<hi rendition="#i">Altröm.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Von sehr hässlichen Leuten. Einer schönen Person zu begegnen, galt als eine glückliche, einer hässlichen und schwarzen, als eine unglückliche Vorbedeutung.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*325 Werden wir halt sehn, wem der Vater 'n Schimmel schenkt?</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Wurth, 220.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">In Oesterreich, um zu sagen, ob die Sache gut endet und wer den Nutzen davon, wer's Glück hat.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*326 Wi îch'n soak, schoss mer'sch Blott.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frommann, III, 410, 391.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*327 Wir werden es sehen, wenn der Grund gegraben (der Boden gelegt) wird.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*328 Wir wollen sehen, hat der Blinde gesagt.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Nous verrons, dit l'aveugle. (<hi rendition="#i">Bohn I, 40.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*329 Wir wollen sehen, wie der Mutter die Haube wird stehen.</hi> (<hi rendition="#i">Schles.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Wird gebraucht, wenn man etwas versucht, zunächst beim Anprobiren von Kleidungsstücken, dann aber auch in weiterer Beziehung.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*330 Wü män säh't ihm nit, dort wachst er.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch. Warschau.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Er ist überall, wo man ihn am wenigsten braucht und gern sieht.</p><lb/>
          <cb n="514"/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Sehnäderchen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Dass dir ne's Sahnäderla zerspringt.</hi> (<hi rendition="#i">Hirschberg.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn die Kinder etwas Gutes essen sehen, so gibt man ihnen wol etwas zu kosten mit der Bemerkung: Hier hast du etwas zu kosten, dass dir nicht die Sehnader, das Sehnäderchen zerspringt.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Le désir de l'homme n'est jamais assouuy.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Hominis desiderium flagrat vaque in summum. (<hi rendition="#i">Bovill, II, 206.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Sehne.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Es ist gut, zwei Sehnen zu einem Bogen zu haben.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Winckler, XI, 68.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Avoir plusieurs cordes a son arc. (<hi rendition="#i">Lendroy, 56.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Es wird auch wol einmal mit schlaffer Sehne geschossen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Körte, 5520.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Man muss die Sehne nicht zu straff spannen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Beter met eene slappe pees geschoten, dan alte stijf gespannen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 176<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">4 Man muss mehr als eine Sehne auf dem Bogen haben und einen Stein in zwei Stücke hauen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: E sempre buono aver due corde al suo arco. (<hi rendition="#i">Bohn I, 97.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Von schlaffer Sehne fliegt kein Pfeil.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Was nützt es, die Sehne zu spannen, wenn der Pfeil nichts taugt.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Russen: Ziehe die Sehne noch so scharf, wenn der Pfeil stumpf ist, wird dein Schuss doch mislingen. (<hi rendition="#i">Altmann V, 89.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Wenn man die sennen am armbrust zu hart spannet, so reysset sie gern.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Agricola I, 236.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Naar strengen er stindest, da brister hand snarest. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 534.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*8 Er hat mehr als Eine Sehne an der Geige.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 9462.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Er weiss sich in Verlegenheiten zu helfen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*9 Er hat zwei Sehnen für seinen Bogen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Engl.</hi>: To have two strings to one's bow. (<hi rendition="#i">Bohn I, 181.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Il fait bien avoir deux cordes en son arc.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Hij heeft twee pezen op zijn' boog. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 176<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Duae in arcu cordae. (<hi rendition="#i">Bovill, I, 71.</hi>) &#x2013; Duabus ancoris factus.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*10 Es ist keine gute Sehne (Faser) an ihm.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Der er ei en good seene, en good blods-draabe i ham. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 249.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Sehnen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Wenn man sich lange genug gesehnt hat, bekommt man endlich einen Zipfel von der Wurst.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Geduldiges Warten bringt endlich ans Ziel.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Engl.</hi>: Long looked for comes at last. (<hi rendition="#i">Mair, 54.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Sehr.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Nie zu sehr!</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Körte, 4554; Körte<hi rendition="#sup">2</hi>, 5719.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Nicht übertreiben, nie zu viel!</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Sehr<hi rendition="#sup">1</hi> und Scher<hi rendition="#sup">2</hi> dem, der das Land hat.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 75, 70.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Versehrung, Aufreissung des Bodens durch Karst und Pflug.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">2</hi>) Abschneiden des Getreides und Grases, Fällen des Holzes u. s. w. In streitigen Fällen kommt der Grundsatz zur Anwendung, dass denen, den das Land gehört, auch das gebührt, was es trägt, oder wie es im römischen Recht heisst: Dess der Acker ist, dess ist die Saat. (S.  Henne 124,  Land 222,  Kraut 43 und  Saat 4.)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Særr oc scerr theim er iaurd a. (<hi rendition="#i">Galath, 329.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Seich.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Einem den Seich beschawen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Das Wasser, den Urin besehen. &#x201E;Sprach: Wil dir wol den Seich beschawen, ob dir sey wie den kranken Frawen.&#x201C; (<hi rendition="#i">Waldis, IV, 19.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Seichel.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Der Seichel kommt noch die Juhren.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch. Brody.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Der Verstand kommt nach den Jahren, d. h. zu spät.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Seichel (Benehmen) soll lernen bis siebzig Juhr.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch. Brody.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*3 Er hot Seichel wie der Ober Eichel.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch. Brody.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Beim Kartenspiel.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Seichen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Er seicht vor Angst in die Hosen.</hi> (<hi rendition="#i">Rottenburg.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Seide.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Die schönste (zarteste) Seide ist am ersten befleckt.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Es ist böss seidin vmb jungfrawen zu kauffen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Franck, II, 177<hi rendition="#sup">b</hi>; Lehmann, II, 129, 168.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Es können nicht alle in Seide gehen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Non omnes possunt olere unguenta exotica. (<hi rendition="#i">Plautus.</hi>) (<hi rendition="#i">Philippi, II, 40.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[257]/0263] *308 Sie werden sehen, in wen sie gestochen haben. – Franck, II, 89a. *309 Siehste, wie de bist. Wenn man hämisch einen auslacht und verspottet. *310 Sihe yhm auff die hende, du darffest yhm auff die fuesse nicht sehen. – Agricola I, 118. „Wenn ich yemand vor eines andern tucken warne, dass er sich vor yhm fürsehe, es sey auff dem spiel, odder sonst jnn einer fahr, dass er schlagen odder hawen wolle heymlich vnd schelcklich, so sprich ich: Sihe yhm auff die hende.“ *311 Sistu, wie onser junem gef. – Frischbier2, 3473. Die Entstehung dieser Redensart, welche sich auf der Grenze von Ermland und Natangen verbreitet findet, wird so erzählt: Ein katholischer und ein evangelischer Hirtenknabe stritten sich darüber, ob der Gott der Katholiken oder der Gott der Evangelischen mächtiger sei. Während des Streites erhob sich ein Gewitter und der Blitz schlug in eins der an der Landstrasse (in Ermland) stehenden Crucifixe. Da schrie der evangelische Knabe triumphirend: Siehst du, wie unser euerm gab! Die Redensart wird angewandt, wenn irgendwo ein starker Knall hörbar wird, wenn jemand eine Ohrfeige bekommt u. s. w. *312 Wann ichs sihe, so glaub ichs, ich bin der vngleubig sant Thomas. – Franck, II, 94b. *313 Wann ick dat noch êns (noch einmal) sê, kann ick 't ok. (Strelitz.) – Firmenich, III, 73, 96. *314 War'sch ne sitt, dar glôbt's nich. (Schles.) *315 Was er sieht, will er haben. Böhm.: Uzřel – zachtĕl. (Čelakovsky, 123.) Poln.: Ujrzał, zachciał. (Čelakovsky, 123.) *316 Wenn ich dich sehe, fällt mir gleich die Butter vom Brote. – Klix, 16. *317 Wenn man ihn auch nicht sieht, so hört man ihn doch. Den Schreier. *318 Wenn man ihn sieht, möchte man glauben, er könne nicht bis auf drei zählen. Frz.: A le voir on dirait qu'il ne sait ni A ni B. *319 Wenn man ihn sihet, so kennt man ihn ausswendig; wenn man ihn höret, so kennt man ihn ganz. Lat.: Non ille sapit, qui multa scit, sed qui sapit quod est utile, et ad rem facit. (Chaos, 822.) *320 Wenn öck dat noch ênmol seh, denn kann öck 't ok. – Frischbier2, 3475. Scherz- oder spottweise zu jemand, der aus Versehen oder Ungeschicklichkeit einen Schaden gemacht hat, z. B. eine Tasse umgestossen, ein Geschirr zerbrochen u. s. w. *321 Wenn öck den seh' on drink e mal, den si öck e ganz Vêrtendag (auch: e ganz Achtdag) satt. Um eine starke Abneigung auszudrücken. *322 Wenn wi us nich ehr wedder sehen, denn upen gützkowschen Piermarkt. In der pommerschen Stadt Gützkow wird ein grosser Pferdemarkt abgehalten, der gleichzeitig eine Art Vereinspunkt für die Landleute ist, weshalb sie bei der Trennung einander zurufen: Wenn wir uns nicht eher wiedersehen, dann auf dem gützkowschen Pferdemarkt. (Schmidt, Jubelschrift, 16.) *323 Wer das nicht sieht, hat keine Augen. *324 Wer dich gesehen hat, kann wahrsagen. (Altröm.) Von sehr hässlichen Leuten. Einer schönen Person zu begegnen, galt als eine glückliche, einer hässlichen und schwarzen, als eine unglückliche Vorbedeutung. *325 Werden wir halt sehn, wem der Vater 'n Schimmel schenkt? – Wurth, 220. In Oesterreich, um zu sagen, ob die Sache gut endet und wer den Nutzen davon, wer's Glück hat. *326 Wi îch'n soak, schoss mer'sch Blott. – Frommann, III, 410, 391. *327 Wir werden es sehen, wenn der Grund gegraben (der Boden gelegt) wird. *328 Wir wollen sehen, hat der Blinde gesagt. Frz.: Nous verrons, dit l'aveugle. (Bohn I, 40.) *329 Wir wollen sehen, wie der Mutter die Haube wird stehen. (Schles.) Wird gebraucht, wenn man etwas versucht, zunächst beim Anprobiren von Kleidungsstücken, dann aber auch in weiterer Beziehung. *330 Wü män säh't ihm nit, dort wachst er. (Jüd.-deutsch. Warschau.) Er ist überall, wo man ihn am wenigsten braucht und gern sieht. Sehnäderchen. * Dass dir ne's Sahnäderla zerspringt. (Hirschberg.) Wenn die Kinder etwas Gutes essen sehen, so gibt man ihnen wol etwas zu kosten mit der Bemerkung: Hier hast du etwas zu kosten, dass dir nicht die Sehnader, das Sehnäderchen zerspringt. Frz.: Le désir de l'homme n'est jamais assouuy. Lat.: Hominis desiderium flagrat vaque in summum. (Bovill, II, 206.) Sehne. 1 Es ist gut, zwei Sehnen zu einem Bogen zu haben. – Winckler, XI, 68. Frz.: Avoir plusieurs cordes a son arc. (Lendroy, 56.) 2 Es wird auch wol einmal mit schlaffer Sehne geschossen. – Körte, 5520. 3 Man muss die Sehne nicht zu straff spannen. Holl.: Beter met eene slappe pees geschoten, dan alte stijf gespannen. (Harrebomée, II, 176a.) 4 Man muss mehr als eine Sehne auf dem Bogen haben und einen Stein in zwei Stücke hauen. It.: E sempre buono aver due corde al suo arco. (Bohn I, 97.) 5 Von schlaffer Sehne fliegt kein Pfeil. 6 Was nützt es, die Sehne zu spannen, wenn der Pfeil nichts taugt. Die Russen: Ziehe die Sehne noch so scharf, wenn der Pfeil stumpf ist, wird dein Schuss doch mislingen. (Altmann V, 89.) 7 Wenn man die sennen am armbrust zu hart spannet, so reysset sie gern. – Agricola I, 236. Dän.: Naar strengen er stindest, da brister hand snarest. (Prov. dan., 534.) *8 Er hat mehr als Eine Sehne an der Geige. – Simrock, 9462. Er weiss sich in Verlegenheiten zu helfen. *9 Er hat zwei Sehnen für seinen Bogen. Engl.: To have two strings to one's bow. (Bohn I, 181.) Frz.: Il fait bien avoir deux cordes en son arc. Holl.: Hij heeft twee pezen op zijn' boog. (Harrebomée, II, 176a.) Lat.: Duae in arcu cordae. (Bovill, I, 71.) – Duabus ancoris factus. *10 Es ist keine gute Sehne (Faser) an ihm. Dän.: Der er ei en good seene, en good blods-draabe i ham. (Prov. dan., 249.) Sehnen. Wenn man sich lange genug gesehnt hat, bekommt man endlich einen Zipfel von der Wurst. Geduldiges Warten bringt endlich ans Ziel. Engl.: Long looked for comes at last. (Mair, 54.) Sehr. 1 Nie zu sehr! – Körte, 4554; Körte2, 5719. Nicht übertreiben, nie zu viel! 2 Sehr1 und Scher2 dem, der das Land hat. – Graf, 75, 70. 1) Versehrung, Aufreissung des Bodens durch Karst und Pflug. 2) Abschneiden des Getreides und Grases, Fällen des Holzes u. s. w. In streitigen Fällen kommt der Grundsatz zur Anwendung, dass denen, den das Land gehört, auch das gebührt, was es trägt, oder wie es im römischen Recht heisst: Dess der Acker ist, dess ist die Saat. (S. Henne 124, Land 222, Kraut 43 und Saat 4.) Dän.: Særr oc scerr theim er iaurd a. (Galath, 329.) Seich. * Einem den Seich beschawen. Das Wasser, den Urin besehen. „Sprach: Wil dir wol den Seich beschawen, ob dir sey wie den kranken Frawen.“ (Waldis, IV, 19.) Seichel. 1 Der Seichel kommt noch die Juhren. (Jüd.-deutsch. Brody.) Der Verstand kommt nach den Jahren, d. h. zu spät. 2 Seichel (Benehmen) soll lernen bis siebzig Juhr. (Jüd.-deutsch. Brody.) *3 Er hot Seichel wie der Ober Eichel. (Jüd.-deutsch. Brody.) Beim Kartenspiel. Seichen. * Er seicht vor Angst in die Hosen. (Rottenburg.) Seide. 1 Die schönste (zarteste) Seide ist am ersten befleckt. 2 Es ist böss seidin vmb jungfrawen zu kauffen. – Franck, II, 177b; Lehmann, II, 129, 168. 3 Es können nicht alle in Seide gehen. Lat.: Non omnes possunt olere unguenta exotica. (Plautus.) (Philippi, II, 40.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:19Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/263
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [257]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/263>, abgerufen am 22.11.2024.