Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.[Spaltenumbruch]
Holl.: Denk op het oordeel, daar niemand zal hebben voordeel. (Harrebomee, II, 150b.) Poln.: Sluchawszy za baranem, trzeba tez sluchac za wilkiem. (Masson, 350.) 18 Schnell Urtheil hat Reue feil. It.: Chi giudica in fretta al pentir s' affretta. (Pazzaglia, 151, 1.) Kroat.: Tko berzo sudi berzo se i kaje. 19 So lange die gefristeten Urtheile nicht kommen, hat weder Gast noch Bürger sein Recht versäumt. - Graf, 478, 642. Sobald von einer Partei Berufung eingelegt ist, hört die Thätigkeit des Unterrichters auf; jede Frist steht still, bis die höhere Entscheidung eintrifft, die entweder das Urtheil des ersten Richters bestätigt oder ändert, "Dywilc dy gevreisteten orteil nicht ynkommen, so hat Gast noch Burgir syn recht versumet." (Nering, V, 12.) 20 Sprich Vrtheil mit bedachtem Muht, sey nicht zu schnell, bedunkt mich gut. - Gruter, III, 83. 21 Uebereilt Urtheil hat Reue zum Gefährten. It.: Chi e presto a giudicare, presto si pente. (Gaal, 1490.) Lat.: Ad poenitendum properat, qui cito judicat. (Gaal, 1490.) Ung.: Semmi iteletben nem jo a' hamarsag. (Gaal, 1490.) 22 Unerfolgtes Urtheil ist kein Urtheil. - Graf, 478, 648. Wenn sich dem Ausspruch eines Schöffen nicht alle andern angeschlossen haben oder die Bank nicht vollständig besetzt gewesen ist. (S. Urtheil 27.) 23 Ungerecht Urtheil trifft den Richter. 24 Urtheil bindet und löst. - Graf, 476, 617; Klingen, 41a, 1. Die Entscheidung des Richters ist eine verurtheilende oder freisprechende. 25 Urtheil soll man stehend schelten. - Graf, 477, 637. Im ältesten Recht schalt der unzufriedene Theil das gefundene Urtheil stehenden Fusses ungerecht und fand sofort selbsiebenter seiner Genossen ein anderes. Mhd.: Stehende sol man vrteil shelten. (Gaupp, Magdeburg, 299, 86.) 26 Urtheil sprechen und Eid schwören darf man nicht länger als bis die Sonne untergeht. - Graf, 404, 24. Gerichtssitzungen konnten nur so lange gehalten werden, als die Sonne am Himmel stand, und fanden in der Regel nur während steigender Sonne, also bis Mittag statt. (S. Gericht 9 und Sonne 250.) 27 Urtheil wird ohne Folge nimmer fromm. - Graf, 478, 647. Was ein Schöffe auf die Frage des Richters für Recht erklärt, kann nicht sofort als Urtheil verkündet werden. Erst wenn sämmtliche Beisitzer sich dahin aussprechen, dass sie diesem Spruche folgen, ist das Urtheil fertig (fromm), ausserdem aber nicht rechtskräftig, denn der Richter kann nur mit voller Bank richten. 28 Urtheile sind eiserne Bande. (S. Friedbann.) - Graf, 479, 647. Fries.: De ding horin dat sint de iserne bande. (Richthofen, 565, 9.) 29 Vnrecht vrtheil trifft den richter. - Franck, II, 211b; Lehmann, II, 792, 105; Simrock, 10729; Graf, 409, 60. 30 Wen das Urtheil fällt, der soll den Schaden entgelten. - Graf, 427, 241. Wer verurtheilt wird, hat die Kosten zu tragen. (S. Sache 237 und Unrecht 104.) Mhd.: Wen daz urteil vellet, den schall den schaden gelten. (Senckenberg, II, 117.) 31 Wenn das Urtheil gesprochen, kommt der Rath zu spät. 32 Wenn das Urtheil schon fertig, verhört der Richter nicht lange. 33 Wer das Urtheil behält, behält das Gut. - Graf, 479, 668. D. h. wer im Rechtsstreit obsiegt. "Der die Urtheil behebt hat, erhebt sein Gut." (Lünig, I, 370.) 34 Wer das Urtheil findet, ist des Richters Rathgeber1. - Graf, 414, 107; Klingen, 41a, 1. 1) Schöffe (s. d.). 35 Wer das Urtheil fragt, ist Richter. - Graf, 414, 106. Das altdeutsche Gericht bestand aus Richtern und Schöffen. Der Richter forderte die Schöffen auf, die Sache zu prüfen, den Wahlspruch zu schöpfen und er verkündete, sobald dies gethan, das Urtheil. Holl.: Die dat vonnisse vraghet, die is rechter. (Holl. Sachsenspiegel, 87, 69.) [Spaltenumbruch] 36 Wer ein verkehrt Vrtheil hat, vnd durch blaw barill siht, dem muss je all ding blaw erscheinen. - Henisch, 509, 55. 37 Wer Urtheil strafen will, der strafe es vor der Folge. - Graf, 478, 649; Rössler, 109, 27. Wer ein Urtheil anfechten (strafen, schelten) wollte, that es vor geschlossener Abstimmung, weil er in diesem Falle keinen Nachtheil zu befürchten hatte. Wird ein Schöffe bescholten, wenn das Urtheil bereits gefolgt ist, so gewinnen sie alle ihre Busse und der Richter seine. (S. Gewette.) 38 Wer zum Urtheil eilt, der eilt zur Reue. - Sailer, 345; Einfälle, 408. 39 Willt du auf einen ein Urtheil fällen, so gib nur Acht auf sein Gesellen. - Seybold, 383. 40 Wo man die vrteil zalen tut vnd nit wigt, würtens selten gut. - Brant, Layenspiegel (Strasburg 1560), Vorr. *41 Das Urtheil ist gesprochen, der Stab ist gebrochen. *42 Es bleibt bei Matz Becker's Urtheil. - Liefl. Idiot., 150. Diese Redensart soll durch einen Bürger in Reval, Namens Matthias Becker, veranlasst worden sein, und wird hauptsächlich angewandt, wenn man sagen will, dass etwas beim alten Herkommen bleibe. Im allgemeinen versteht man unter Matz Becker's Urtheil ein solches, wie es der schlichte oder gesunde Menschenverstand fällt. *43 Er spricht sich selbst sein Urtheil. Holl.: Hij sprekt zijn eigen vonnis uit. - Hij velt zijn eigen vonnis. (Harrebomee, II, 493b.) *44 Ich bin nicht deines Urtheils Knecht; was dir nicht gefällt, ist drum nicht schlecht. Urtheilen. 1 Audi partem alteram, danach urtheile oder verdamm'. 2 Man soll nie urtheilen, ohne siebenmal geprüft (abgewogen) zu haben. Lat.: Ne de lite pronuncies. (Philippi, II, 12.) 3 Man urtheilt über sich langsamer als über andere. 4 Uebel geurtheilt, wohl appellirt. - Salomon et Marcolphus (Frankfurt MDLXXVI), S. 120. 5 Urtheile nicht nach eines Mannes Geberd', Kunst macht auch einen Lahmen werth. 6 Vrtheil mich nicht vnd die meinen, beschaw vor dich vnd die deinen. - Petri, II, 565. 7 Vrtheil mich nicht wie du mich siehst; wer weis ob du noch selbst fromb bist. - Gruter, III, 93; Lehmann, II, 805, 150. 8 Vrtheil niemand zu Lieb oder Leyd. - Lehmann, II, 805, 151. 9 Was vor dem einen geurtheilt ist, soll vor dem andern stet sein. - Graf, 479, 662. Ein rechtskräftiges Erkenntniss muss vor jedem als solches gelten. Mhd.: Swaz vor einem verurteillt ist daz sol vor dem andern stete sin. 10 Wer gern urtheilt, kennt sich selber nicht. 11 Wer nit urtheilt (richtet), wird nit geurtheilt. - Luc. 6, 37. Lat.: Nolite judicare et non judicabimini. (Chaos, 423.) 12 Wer ungerecht urtheilt, richtet sich selbst. Lat.: Se damnat judex, innocentem qui opprimit. (Philippi, II, 172.) 13 Wohl geurtheilt, übel appellirt. - Salomon et Marcolphus, S. 126. *14 Er urtheilt wie der Blinde von der Farbe. - Simrock, 1153. Urvieh. * Das ist ein Urvieh. In Tirol die Benennung eines erzgroben Menschen. (Westermann, 25, 619.) User. * Das soll mir user sein. (Jüd.-deutsch. Hechingen.) Ein Schwur, etwas nicht zu thun. Uesse (s. Uetze). 1 Me kann de Uesse1 woel so lange trewen, bit se kwiket. (Westf.) 1) Auch Uisse, Uetze = Kröte.
[Spaltenumbruch]
Holl.: Denk op het oordeel, daar niemand zal hebben voordeel. (Harrebomée, II, 150b.) Poln.: Słuchawszy za baranem, trzeba téż słuchać za wilkiem. (Masson, 350.) 18 Schnell Urtheil hat Reue feil. It.: Chi giudica in fretta al pentir s' affretta. (Pazzaglia, 151, 1.) Kroat.: Tko bérzo sudi bérzo se i kaje. 19 So lange die gefristeten Urtheile nicht kommen, hat weder Gast noch Bürger sein Recht versäumt. – Graf, 478, 642. Sobald von einer Partei Berufung eingelegt ist, hört die Thätigkeit des Unterrichters auf; jede Frist steht still, bis die höhere Entscheidung eintrifft, die entweder das Urtheil des ersten Richters bestätigt oder ändert, „Dywilc dy gevrîsteten orteil nicht ynkommen, so hat Gast noch Burgir syn recht versumet.“ (Nering, V, 12.) 20 Sprich Vrtheil mit bedachtem Muht, sey nicht zu schnell, bedunkt mich gut. – Gruter, III, 83. 21 Uebereilt Urtheil hat Reue zum Gefährten. It.: Chi è presto a giudicare, presto si pente. (Gaal, 1490.) Lat.: Ad poenitendum properat, qui cito judicat. (Gaal, 1490.) Ung.: Semmi itéletben nem jó a' hamarság. (Gaal, 1490.) 22 Unerfolgtes Urtheil ist kein Urtheil. – Graf, 478, 648. Wenn sich dem Ausspruch eines Schöffen nicht alle andern angeschlossen haben oder die Bank nicht vollständig besetzt gewesen ist. (S. Urtheil 27.) 23 Ungerecht Urtheil trifft den Richter. 24 Urtheil bindet und löst. – Graf, 476, 617; Klingen, 41a, 1. Die Entscheidung des Richters ist eine verurtheilende oder freisprechende. 25 Urtheil soll man stehend schelten. – Graf, 477, 637. Im ältesten Recht schalt der unzufriedene Theil das gefundene Urtheil stehenden Fusses ungerecht und fand sofort selbsiebenter seiner Genossen ein anderes. Mhd.: Stehende sol man vrteil shelten. (Gaupp, Magdeburg, 299, 86.) 26 Urtheil sprechen und Eid schwören darf man nicht länger als bis die Sonne untergeht. – Graf, 404, 24. Gerichtssitzungen konnten nur so lange gehalten werden, als die Sonne am Himmel stand, und fanden in der Regel nur während steigender Sonne, also bis Mittag statt. (S. Gericht 9 und Sonne 250.) 27 Urtheil wird ohne Folge nimmer fromm. – Graf, 478, 647. Was ein Schöffe auf die Frage des Richters für Recht erklärt, kann nicht sofort als Urtheil verkündet werden. Erst wenn sämmtliche Beisitzer sich dahin aussprechen, dass sie diesem Spruche folgen, ist das Urtheil fertig (fromm), ausserdem aber nicht rechtskräftig, denn der Richter kann nur mit voller Bank richten. 28 Urtheile sind eiserne Bande. (S. Friedbann.) – Graf, 479, 647. Fries.: De ding hôrin dat sint de iserne bande. (Richthofen, 565, 9.) 29 Vnrecht vrtheil trifft den richter. – Franck, II, 211b; Lehmann, II, 792, 105; Simrock, 10729; Graf, 409, 60. 30 Wen das Urtheil fällt, der soll den Schaden entgelten. – Graf, 427, 241. Wer verurtheilt wird, hat die Kosten zu tragen. (S. Sache 237 und Unrecht 104.) Mhd.: Wen daz urteil vellet, den schall den schaden gelten. (Senckenberg, II, 117.) 31 Wenn das Urtheil gesprochen, kommt der Rath zu spät. 32 Wenn das Urtheil schon fertig, verhört der Richter nicht lange. 33 Wer das Urtheil behält, behält das Gut. – Graf, 479, 668. D. h. wer im Rechtsstreit obsiegt. „Der die Urtheil behebt hat, erhebt sein Gut.“ (Lünig, I, 370.) 34 Wer das Urtheil findet, ist des Richters Rathgeber1. – Graf, 414, 107; Klingen, 41a, 1. 1) Schöffe (s. d.). 35 Wer das Urtheil fragt, ist Richter. – Graf, 414, 106. Das altdeutsche Gericht bestand aus Richtern und Schöffen. Der Richter forderte die Schöffen auf, die Sache zu prüfen, den Wahlspruch zu schöpfen und er verkündete, sobald dies gethan, das Urtheil. Holl.: Die dat vonnisse vraghet, die is rechter. (Holl. Sachsenspiegel, 87, 69.) [Spaltenumbruch] 36 Wer ein verkehrt Vrtheil hat, vnd durch blaw barill siht, dem muss je all ding blaw erscheinen. – Henisch, 509, 55. 37 Wer Urtheil strafen will, der strafe es vor der Folge. – Graf, 478, 649; Rössler, 109, 27. Wer ein Urtheil anfechten (strafen, schelten) wollte, that es vor geschlossener Abstimmung, weil er in diesem Falle keinen Nachtheil zu befürchten hatte. Wird ein Schöffe bescholten, wenn das Urtheil bereits gefolgt ist, so gewinnen sie alle ihre Busse und der Richter seine. (S. Gewette.) 38 Wer zum Urtheil eilt, der eilt zur Reue. – Sailer, 345; Einfälle, 408. 39 Willt du auf einen ein Urtheil fällen, so gib nur Acht auf sein Gesellen. – Seybold, 383. 40 Wo man die vrteil zalen tut vnd nit wigt, würtens selten gut. – Brant, Layenspiegel (Strasburg 1560), Vorr. *41 Das Urtheil ist gesprochen, der Stab ist gebrochen. *42 Es bleibt bei Matz Becker's Urtheil. – Liefl. Idiot., 150. Diese Redensart soll durch einen Bürger in Reval, Namens Matthias Becker, veranlasst worden sein, und wird hauptsächlich angewandt, wenn man sagen will, dass etwas beim alten Herkommen bleibe. Im allgemeinen versteht man unter Matz Becker's Urtheil ein solches, wie es der schlichte oder gesunde Menschenverstand fällt. *43 Er spricht sich selbst sein Urtheil. Holl.: Hij sprekt zijn eigen vonnis uit. – Hij velt zijn eigen vonnis. (Harrebomée, II, 493b.) *44 Ich bin nicht deines Urtheils Knecht; was dir nicht gefällt, ist drum nicht schlecht. Urtheilen. 1 Audi partem alteram, danach urtheile oder verdamm'. 2 Man soll nie urtheilen, ohne siebenmal geprüft (abgewogen) zu haben. Lat.: Ne de lite pronuncies. (Philippi, II, 12.) 3 Man urtheilt über sich langsamer als über andere. 4 Uebel geurtheilt, wohl appellirt. – Salomon et Marcolphus (Frankfurt MDLXXVI), S. 120. 5 Urtheile nicht nach eines Mannes Geberd', Kunst macht auch einen Lahmen werth. 6 Vrtheil mich nicht vnd die meinen, beschaw vor dich vnd die deinen. – Petri, II, 565. 7 Vrtheil mich nicht wie du mich siehst; wer weis ob du noch selbst fromb bist. – Gruter, III, 93; Lehmann, II, 805, 150. 8 Vrtheil niemand zu Lieb oder Leyd. – Lehmann, II, 805, 151. 9 Was vor dem einen geurtheilt ist, soll vor dem andern stet sein. – Graf, 479, 662. Ein rechtskräftiges Erkenntniss muss vor jedem als solches gelten. Mhd.: Swaz vor einem verurteillt ist daz sol vor dem andern stete sin. 10 Wer gern urtheilt, kennt sich selber nicht. 11 Wer nit urtheilt (richtet), wird nit geurtheilt. – Luc. 6, 37. Lat.: Nolite judicare et non judicabimini. (Chaos, 423.) 12 Wer ungerecht urtheilt, richtet sich selbst. Lat.: Se damnat judex, innocentem qui opprimit. (Philippi, II, 172.) 13 Wohl geurtheilt, übel appellirt. – Salomon et Marcolphus, S. 126. *14 Er urtheilt wie der Blinde von der Farbe. – Simrock, 1153. Urvieh. * Das ist ein Urvieh. In Tirol die Benennung eines erzgroben Menschen. (Westermann, 25, 619.) User. * Das soll mir user sein. (Jüd.-deutsch. Hechingen.) Ein Schwur, etwas nicht zu thun. Uesse (s. Uetze). 1 Me kann de Uesse1 woel so lange trewen, bit se kwiket. (Westf.) 1) Auch Uisse, Uetze = Kröte.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <pb facs="#f0756" n="[750]"/> <cb n="1499"/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Denk op het oordeel, daar niemand zal hebben voordeel. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 150<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Słuchawszy za baranem, trzeba téż słuchać za wilkiem. (<hi rendition="#i">Masson, 350.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">18 Schnell Urtheil hat Reue feil.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Chi giudica in fretta al pentir s' affretta. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 151, 1.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Kroat.</hi>: Tko bérzo sudi bérzo se i kaje.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">19 So lange die gefristeten Urtheile nicht kommen, hat weder Gast noch Bürger sein Recht versäumt.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 478, 642.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Sobald von einer Partei Berufung eingelegt ist, hört die Thätigkeit des Unterrichters auf; jede Frist steht still, bis die höhere Entscheidung eintrifft, die entweder das Urtheil des ersten Richters bestätigt oder ändert, „Dywilc dy gevrîsteten orteil nicht ynkommen, so hat Gast noch Burgir syn recht versumet.“ (<hi rendition="#i">Nering, V, 12.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">20 Sprich Vrtheil mit bedachtem Muht, sey nicht zu schnell, bedunkt mich gut.</hi> – <hi rendition="#i">Gruter, III, 83.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">21 Uebereilt Urtheil hat Reue zum Gefährten.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Chi è presto a giudicare, presto si pente. (<hi rendition="#i">Gaal, 1490.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Ad poenitendum properat, qui cito judicat. (<hi rendition="#i">Gaal, 1490.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Ung.</hi>: Semmi itéletben nem jó a' hamarság. (<hi rendition="#i">Gaal, 1490.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">22 Unerfolgtes Urtheil ist kein Urtheil.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 478, 648.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Wenn sich dem Ausspruch eines Schöffen nicht alle andern angeschlossen haben oder die Bank nicht vollständig besetzt gewesen ist. (S. Urtheil 27.)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">23 Ungerecht Urtheil trifft den Richter.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">24 Urtheil bindet und löst.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 476, 617; Klingen, 41<hi rendition="#sup">a</hi>, 1.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Die Entscheidung des Richters ist eine verurtheilende oder freisprechende.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">25 Urtheil soll man stehend schelten.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 477, 637.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Im ältesten Recht schalt der unzufriedene Theil das gefundene Urtheil stehenden Fusses ungerecht und fand sofort selbsiebenter seiner Genossen ein anderes.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Stehende sol man vrteil shelten. (<hi rendition="#i">Gaupp, Magdeburg, 299, 86.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">26 Urtheil sprechen und Eid schwören darf man nicht länger als bis die Sonne untergeht.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 404, 24.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Gerichtssitzungen konnten nur so lange gehalten werden, als die Sonne am Himmel stand, und fanden in der Regel nur während steigender Sonne, also bis Mittag statt. (S. Gericht 9 und Sonne 250.)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">27 Urtheil wird ohne Folge nimmer fromm.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 478, 647.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Was ein Schöffe auf die Frage des Richters für Recht erklärt, kann nicht sofort als Urtheil verkündet werden. Erst wenn sämmtliche Beisitzer sich dahin aussprechen, dass sie diesem Spruche folgen, ist das Urtheil fertig (fromm), ausserdem aber nicht rechtskräftig, denn der Richter kann nur mit voller Bank richten.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">28 Urtheile sind eiserne Bande.</hi> (S. Friedbann.) – <hi rendition="#i">Graf, 479, 647.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Fries.</hi>: De ding hôrin dat sint de iserne bande. (<hi rendition="#i">Richthofen, 565, 9.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">29 Vnrecht vrtheil trifft den richter.</hi> – <hi rendition="#i">Franck, II, 211<hi rendition="#sup">b;</hi> Lehmann, II, 792, 105; Simrock, 10729; Graf, 409, 60.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">30 Wen das Urtheil fällt, der soll den Schaden entgelten.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 427, 241.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Wer verurtheilt wird, hat die Kosten zu tragen. (S. Sache 237 und Unrecht 104.)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Wen daz urteil vellet, den schall den schaden gelten. (<hi rendition="#i">Senckenberg, II, 117.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">31 Wenn das Urtheil gesprochen, kommt der Rath zu spät.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">32 Wenn das Urtheil schon fertig, verhört der Richter nicht lange.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">33 Wer das Urtheil behält, behält das Gut.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 479, 668.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">D. h. wer im Rechtsstreit obsiegt. „Der die Urtheil behebt hat, erhebt sein Gut.“ (<hi rendition="#i">Lünig, I, 370.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">34 Wer das Urtheil findet, ist des Richters Rathgeber<hi rendition="#sup">1</hi>.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 414, 107; Klingen, 41<hi rendition="#sup">a</hi>, 1.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Schöffe (s. d.).</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">35 Wer das Urtheil fragt, ist Richter.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 414, 106.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Das altdeutsche Gericht bestand aus Richtern und Schöffen. Der Richter forderte die Schöffen auf, die Sache zu prüfen, den Wahlspruch zu schöpfen und er verkündete, sobald dies gethan, das Urtheil.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Die dat vonnisse vraghet, die is rechter. (<hi rendition="#i">Holl. Sachsenspiegel, 87, 69.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><cb n="1500"/> 36 Wer ein verkehrt Vrtheil hat, vnd durch blaw barill siht, dem muss je all ding blaw erscheinen.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 509, 55.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">37 Wer Urtheil strafen will, der strafe es vor der Folge.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 478, 649; Rössler, 109, 27.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Wer ein Urtheil anfechten (strafen, schelten) wollte, that es vor geschlossener Abstimmung, weil er in diesem Falle keinen Nachtheil zu befürchten hatte. Wird ein Schöffe bescholten, wenn das Urtheil bereits gefolgt ist, so gewinnen sie alle ihre Busse und der Richter seine. (S. Gewette.)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">38 Wer zum Urtheil eilt, der eilt zur Reue.</hi> – <hi rendition="#i">Sailer, 345; Einfälle, 408.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">39 Willt du auf einen ein Urtheil fällen, so gib nur Acht auf sein Gesellen.</hi> – <hi rendition="#i">Seybold, 383.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">40 Wo man die vrteil zalen tut vnd nit wigt, würtens selten gut.</hi> – <hi rendition="#i">Brant, Layenspiegel (Strasburg 1560), Vorr.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*41 Das Urtheil ist gesprochen, der Stab ist gebrochen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*42 Es bleibt bei Matz Becker's Urtheil.</hi> – <hi rendition="#i">Liefl. Idiot., 150.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Diese Redensart soll durch einen Bürger in Reval, Namens Matthias Becker, veranlasst worden sein, und wird hauptsächlich angewandt, wenn man sagen will, dass etwas beim alten Herkommen bleibe. Im allgemeinen versteht man unter Matz Becker's Urtheil ein solches, wie es der schlichte oder gesunde Menschenverstand fällt.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*43 Er spricht sich selbst sein Urtheil.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Hij sprekt zijn eigen vonnis uit. – Hij velt zijn eigen vonnis. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 493<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*44 Ich bin nicht deines Urtheils Knecht; was dir nicht gefällt, ist drum nicht schlecht.</hi> </p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Urtheilen.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Audi partem alteram, danach urtheile oder verdamm'.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Man soll nie urtheilen, ohne siebenmal geprüft (abgewogen) zu haben.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Ne de lite pronuncies. (<hi rendition="#i">Philippi, II, 12.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Man urtheilt über sich langsamer als über andere.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Uebel geurtheilt, wohl appellirt.</hi> – <hi rendition="#i">Salomon et Marcolphus (Frankfurt MDLXXVI), S. 120.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Urtheile nicht nach eines Mannes Geberd', Kunst macht auch einen Lahmen werth.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Vrtheil mich nicht vnd die meinen, beschaw vor dich vnd die deinen.</hi> – <hi rendition="#i">Petri, II, 565.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Vrtheil mich nicht wie du mich siehst; wer weis ob du noch selbst fromb bist.</hi> – <hi rendition="#i">Gruter, III, 93; Lehmann, II, 805, 150.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Vrtheil niemand zu Lieb oder Leyd.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, II, 805, 151.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Was vor dem einen geurtheilt ist, soll vor dem andern stet sein.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 479, 662.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Ein rechtskräftiges Erkenntniss muss vor jedem als solches gelten.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Swaz vor einem verurteillt ist daz sol vor dem andern stete sin.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">10 Wer gern urtheilt, kennt sich selber nicht.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">11 Wer nit urtheilt (richtet), wird nit geurtheilt.</hi> – <hi rendition="#i">Luc. 6, 37.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Nolite judicare et non judicabimini. (<hi rendition="#i">Chaos, 423.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">12 Wer ungerecht urtheilt, richtet sich selbst.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Se damnat judex, innocentem qui opprimit. (<hi rendition="#i">Philippi, II, 172.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">13 Wohl geurtheilt, übel appellirt.</hi> – <hi rendition="#i">Salomon et Marcolphus, S. 126.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*14 Er urtheilt wie der Blinde von der Farbe.</hi> – <hi rendition="#i">Simrock, 1153.</hi></p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Urvieh.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Das ist ein Urvieh.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">In Tirol die Benennung eines erzgroben Menschen. (<hi rendition="#i">Westermann, 25, 619.</hi>)</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">User.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Das soll mir user sein.</hi> (<hi rendition="#i">Jüd.-deutsch. Hechingen.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et">Ein Schwur, etwas nicht zu thun.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head><hi rendition="#b">Uesse</hi> (s. Uetze).</head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Me kann de Uesse<hi rendition="#sup">1</hi> woel so lange trewen, bit se kwiket.</hi> (<hi rendition="#i">Westf.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Auch Uisse, Uetze = Kröte.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"> </hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[750]/0756]
Holl.: Denk op het oordeel, daar niemand zal hebben voordeel. (Harrebomée, II, 150b.)
Poln.: Słuchawszy za baranem, trzeba téż słuchać za wilkiem. (Masson, 350.)
18 Schnell Urtheil hat Reue feil.
It.: Chi giudica in fretta al pentir s' affretta. (Pazzaglia, 151, 1.)
Kroat.: Tko bérzo sudi bérzo se i kaje.
19 So lange die gefristeten Urtheile nicht kommen, hat weder Gast noch Bürger sein Recht versäumt. – Graf, 478, 642.
Sobald von einer Partei Berufung eingelegt ist, hört die Thätigkeit des Unterrichters auf; jede Frist steht still, bis die höhere Entscheidung eintrifft, die entweder das Urtheil des ersten Richters bestätigt oder ändert, „Dywilc dy gevrîsteten orteil nicht ynkommen, so hat Gast noch Burgir syn recht versumet.“ (Nering, V, 12.)
20 Sprich Vrtheil mit bedachtem Muht, sey nicht zu schnell, bedunkt mich gut. – Gruter, III, 83.
21 Uebereilt Urtheil hat Reue zum Gefährten.
It.: Chi è presto a giudicare, presto si pente. (Gaal, 1490.)
Lat.: Ad poenitendum properat, qui cito judicat. (Gaal, 1490.)
Ung.: Semmi itéletben nem jó a' hamarság. (Gaal, 1490.)
22 Unerfolgtes Urtheil ist kein Urtheil. – Graf, 478, 648.
Wenn sich dem Ausspruch eines Schöffen nicht alle andern angeschlossen haben oder die Bank nicht vollständig besetzt gewesen ist. (S. Urtheil 27.)
23 Ungerecht Urtheil trifft den Richter.
24 Urtheil bindet und löst. – Graf, 476, 617; Klingen, 41a, 1.
Die Entscheidung des Richters ist eine verurtheilende oder freisprechende.
25 Urtheil soll man stehend schelten. – Graf, 477, 637.
Im ältesten Recht schalt der unzufriedene Theil das gefundene Urtheil stehenden Fusses ungerecht und fand sofort selbsiebenter seiner Genossen ein anderes.
Mhd.: Stehende sol man vrteil shelten. (Gaupp, Magdeburg, 299, 86.)
26 Urtheil sprechen und Eid schwören darf man nicht länger als bis die Sonne untergeht. – Graf, 404, 24.
Gerichtssitzungen konnten nur so lange gehalten werden, als die Sonne am Himmel stand, und fanden in der Regel nur während steigender Sonne, also bis Mittag statt. (S. Gericht 9 und Sonne 250.)
27 Urtheil wird ohne Folge nimmer fromm. – Graf, 478, 647.
Was ein Schöffe auf die Frage des Richters für Recht erklärt, kann nicht sofort als Urtheil verkündet werden. Erst wenn sämmtliche Beisitzer sich dahin aussprechen, dass sie diesem Spruche folgen, ist das Urtheil fertig (fromm), ausserdem aber nicht rechtskräftig, denn der Richter kann nur mit voller Bank richten.
28 Urtheile sind eiserne Bande. (S. Friedbann.) – Graf, 479, 647.
Fries.: De ding hôrin dat sint de iserne bande. (Richthofen, 565, 9.)
29 Vnrecht vrtheil trifft den richter. – Franck, II, 211b; Lehmann, II, 792, 105; Simrock, 10729; Graf, 409, 60.
30 Wen das Urtheil fällt, der soll den Schaden entgelten. – Graf, 427, 241.
Wer verurtheilt wird, hat die Kosten zu tragen. (S. Sache 237 und Unrecht 104.)
Mhd.: Wen daz urteil vellet, den schall den schaden gelten. (Senckenberg, II, 117.)
31 Wenn das Urtheil gesprochen, kommt der Rath zu spät.
32 Wenn das Urtheil schon fertig, verhört der Richter nicht lange.
33 Wer das Urtheil behält, behält das Gut. – Graf, 479, 668.
D. h. wer im Rechtsstreit obsiegt. „Der die Urtheil behebt hat, erhebt sein Gut.“ (Lünig, I, 370.)
34 Wer das Urtheil findet, ist des Richters Rathgeber1. – Graf, 414, 107; Klingen, 41a, 1.
1) Schöffe (s. d.).
35 Wer das Urtheil fragt, ist Richter. – Graf, 414, 106.
Das altdeutsche Gericht bestand aus Richtern und Schöffen. Der Richter forderte die Schöffen auf, die Sache zu prüfen, den Wahlspruch zu schöpfen und er verkündete, sobald dies gethan, das Urtheil.
Holl.: Die dat vonnisse vraghet, die is rechter. (Holl. Sachsenspiegel, 87, 69.)
36 Wer ein verkehrt Vrtheil hat, vnd durch blaw barill siht, dem muss je all ding blaw erscheinen. – Henisch, 509, 55.
37 Wer Urtheil strafen will, der strafe es vor der Folge. – Graf, 478, 649; Rössler, 109, 27.
Wer ein Urtheil anfechten (strafen, schelten) wollte, that es vor geschlossener Abstimmung, weil er in diesem Falle keinen Nachtheil zu befürchten hatte. Wird ein Schöffe bescholten, wenn das Urtheil bereits gefolgt ist, so gewinnen sie alle ihre Busse und der Richter seine. (S. Gewette.)
38 Wer zum Urtheil eilt, der eilt zur Reue. – Sailer, 345; Einfälle, 408.
39 Willt du auf einen ein Urtheil fällen, so gib nur Acht auf sein Gesellen. – Seybold, 383.
40 Wo man die vrteil zalen tut vnd nit wigt, würtens selten gut. – Brant, Layenspiegel (Strasburg 1560), Vorr.
*41 Das Urtheil ist gesprochen, der Stab ist gebrochen.
*42 Es bleibt bei Matz Becker's Urtheil. – Liefl. Idiot., 150.
Diese Redensart soll durch einen Bürger in Reval, Namens Matthias Becker, veranlasst worden sein, und wird hauptsächlich angewandt, wenn man sagen will, dass etwas beim alten Herkommen bleibe. Im allgemeinen versteht man unter Matz Becker's Urtheil ein solches, wie es der schlichte oder gesunde Menschenverstand fällt.
*43 Er spricht sich selbst sein Urtheil.
Holl.: Hij sprekt zijn eigen vonnis uit. – Hij velt zijn eigen vonnis. (Harrebomée, II, 493b.)
*44 Ich bin nicht deines Urtheils Knecht; was dir nicht gefällt, ist drum nicht schlecht.
Urtheilen.
1 Audi partem alteram, danach urtheile oder verdamm'.
2 Man soll nie urtheilen, ohne siebenmal geprüft (abgewogen) zu haben.
Lat.: Ne de lite pronuncies. (Philippi, II, 12.)
3 Man urtheilt über sich langsamer als über andere.
4 Uebel geurtheilt, wohl appellirt. – Salomon et Marcolphus (Frankfurt MDLXXVI), S. 120.
5 Urtheile nicht nach eines Mannes Geberd', Kunst macht auch einen Lahmen werth.
6 Vrtheil mich nicht vnd die meinen, beschaw vor dich vnd die deinen. – Petri, II, 565.
7 Vrtheil mich nicht wie du mich siehst; wer weis ob du noch selbst fromb bist. – Gruter, III, 93; Lehmann, II, 805, 150.
8 Vrtheil niemand zu Lieb oder Leyd. – Lehmann, II, 805, 151.
9 Was vor dem einen geurtheilt ist, soll vor dem andern stet sein. – Graf, 479, 662.
Ein rechtskräftiges Erkenntniss muss vor jedem als solches gelten.
Mhd.: Swaz vor einem verurteillt ist daz sol vor dem andern stete sin.
10 Wer gern urtheilt, kennt sich selber nicht.
11 Wer nit urtheilt (richtet), wird nit geurtheilt. – Luc. 6, 37.
Lat.: Nolite judicare et non judicabimini. (Chaos, 423.)
12 Wer ungerecht urtheilt, richtet sich selbst.
Lat.: Se damnat judex, innocentem qui opprimit. (Philippi, II, 172.)
13 Wohl geurtheilt, übel appellirt. – Salomon et Marcolphus, S. 126.
*14 Er urtheilt wie der Blinde von der Farbe. – Simrock, 1153.
Urvieh.
* Das ist ein Urvieh.
In Tirol die Benennung eines erzgroben Menschen. (Westermann, 25, 619.)
User.
* Das soll mir user sein. (Jüd.-deutsch. Hechingen.)
Ein Schwur, etwas nicht zu thun.
Uesse (s. Uetze).
1 Me kann de Uesse1 woel so lange trewen, bit se kwiket. (Westf.)
1) Auch Uisse, Uetze = Kröte.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-09-18T08:39:19Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-09-18T08:39:19Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |