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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] *33 Sein Schild unter einen Fuchsbalg hängen. - Parömiakon, 2135.

Seine wahren Absichten verbergen, um sein Ziel desto leichter und sicherer zu erreichen.

*34 Wissen, was einer im Schilde führt.

Frz.: Je ne sais de quel bois est son feu. (Kritzinger, 311b.)

Holl.: Wie weet, wat hij in zijn schild voert. (Harrebomee, II, 248b.)


Schilda.

* Er ist aus Schilda. - Eiselein, 549; Simrock, 9016.

Ein Städtchen, fünf Meilen von Leipzig, zwischen Torgau und Eilenburg, von dessen Einwohnern seltsame Dinge erzählt werden, die in den alten Sagen nachzulesen sind. Wurzbach (Glimpf und Schimpf, 48) macht den Versuch, die Schildaer von den ihnen mit Unrecht zugefügten Spotte zu reinigen. Er sagt: "Die Schildbürger kommen ebenso wenig aus Schilda, als die Spiess- und Pfahlbürger u. a. Der Verfasser einer 1598 erschienenen Sammlung von Lächerlichkeiten und Schwabenstreichen (das Lalenbuch) nannte seine Helden Schildbürger, welchen Namen man später den Schildaern anhängte. Es ist demnach auch nur richtig, wenn man von Schildbürger- und nicht von Schildaerstreichen spricht; und die Schildaer haben recht, wenn sie sagen: Schildaer Streiche sind Albernheiten, die man anderswo begeht und nach unserm Städtchen benennt. Selbst, wenn es mit Schilda so stände, wie der Volksmund behauptet, so müsste es schon durch die am 28. Oct. 1760 dort erfolgte Geburt des Grafen A. Neidhart von Gneisenau zu Ehren gekommen sein." - Die Alten sagten von einem, der im Rufe der Dummheit stand: Er ist so einfältig wie die Bewohner der Stadt Abdera in Thrazien. (Vgl. auch Büchmann, 6. Aufl., 88.)

Lat.: Abderitica mente est. (Faselius, 3; Philippi, I, 2; Wiegand, 88.)


Schildbürger.

* Er ist ein Schildbürger. - Körte, 5316a; Braun, I, 3865.

Man bezeichnet damit einen lächerlichen Gesellen. (Vgl. Wurzbach III, 48.)


Schildbürgerstreich.

* Es ist ein Schildbürgerstreich. - Braun, I, 3865.

Unter Schildbürgerstreichen versteht man dasselbe, was mit dem in der Rede ebenso oft, wenn nicht häufiger vorkommenden Schwabenstreichen, Hirschhauerstückchen u. s. w. gemeint ist. Uebrigens hat jedes Land und jede Provinz einen Ort, der zur Geburtsstätte aller Albernheiten bestimmt ist, und einen dieser Bestimmung angemessenen Ruf geniesst. Ausser Schilda gehört noch zu den deutschen Narrenstädten Schöppenstädt im Braunschweigischen, der Schauplatz der ersten Thaten Till's, Polkwitz in Schlesien, Ganslosen und Bopfingen in Schwaben, Damnau im preussischen Regierungsbezirk Königsberg, Büsum und Hastrup in Holstein, Teterow in Mecklenburg, Köpenick in Brandenburg, Beckum in Westfalen u. a. (Deutsche Romanzeitung, III, 44, 632.) Bei den Juden scheint es Nazareth gewesen zu sein. Sie haben übrigens, wie Wurzbach a. a. O. bemerkt, das Gleichgewicht hergestellt, und ihre Schildbürger wohnen in ganz stattlichen Städten; die Juden von Prag, Frankfurt a. M., Metz, Fürth und Worms sind nämlich die jüdischen Schildaer. Von einem dummen prager Juden heisst es: Der darf Narr zu Prag sein. (Tendlau, 120.) Die wormser Juden werden als aber- oder wundergläubig verspottet, wozu das bekannte wormser Maase-Nissim, Erzählungen von Wundern, welche sich in Worms zugetragen haben sollen, Veranlassung gegeben hat. Daher noch die jüdische Redensart: E wormser Nass (Tendlau, 986), d. i. ein wormser Wunder im spöttischen Sinne, wenn jemand eine gewöhnliche Sache zu etwas Ausserordentlichem macht. Der frankfurter Jude steht als frankfurter Gees ebenfalls im übeln Ruf. Und die metzer Juden lässt der Volkswitz sehr alt werden, weil sie nach der Behauptung eines berühmten Rabbi nicht vom Baum der Erkenntniss gegessen haben sollen.


Schilderhaus.

* Er hat sich über das Schilderhaus Mass nehmen lassen.

In Breslau von einem Soldaten, der eine zu weite, schlotterige Uniform trägt.


Schildknappe.

1 Aus einem guten Schildknappen wird ein guter Ritter.

Wenigstens hatte Sancho Pansa diese Hoffnung.

2 Schildknappen dienen dem Herrn und gar schlau zuweilen der Frau.

Holl.: Met wel te dienen en zijn getrouwe geraakt de schildknaap aan de vrouwe. (Harrebomee, II, 248b.)


Schildkröte.

1 Die Schildkröte will keinen Streit, darum trägt sie ihr Haus auf dem Rücken.

Wer keinen Streit will, bleibe zu Hause für sich.

2 Eine Schildkröte erschrickt nicht, wenn man ihr auch auf den Rücken tritt.

Von dem, der zu Schutz und Trutz gewappnet ist.

[Spaltenumbruch] 3 Es kann wol eine Schildkröte den Adler besiegen.

Nach einer Fabel, als Ironie, wenn der Unbefähigte, Unwissende das Talent, den Gelehrten meistern will; oder eigentlich, wenn jemand einen Mächtigern durch List überwindet, wenn er, was er durch Kraft nicht vermag, durch Beharrlichkeit und Ausdauer ausrichtet. Die Schildkröte kommt in deutschen Sprichwörtern, wenn das vorstehende als solches gilt, wenig vor, desto häufiger aber in altgriechischen. Von denen, die ein angefangenes Geschäft kalt betreiben und es weder zu Ende bringen, noch liegen lassen, sagten die alten Griechen: Man muss der Schildkröte Fleisch entweder ordentlich essen, oder gar nicht. Man glaubte nämlich, dass es, wenn man nur wenig davon geniesse, Leibbeschwerden mache, während es dieselben hebe, wenn man viel esse. - Von dem, der unbesonnen etwas angefangen und nachher anderer Hülfe begehrte, um sie in ihre (der Anfänger) Sache zu verwickeln, sagte man: Wer die Schildkröte gefangen hat, mag sie essen. Aus einer Fabel entstanden. Einige Fischer, welche die von ihnen gefangenen Schildkröten nicht alle verzehren konnten, luden den Merkur zu Gaste, der aber nicht kam, sondern ihnen befahl, was sie gefangen hätten selbst zu essen. Einige dieser Redensarten sind in die deutsche Literatur übergegangen. - In den Sprichwörtern der englischen Neger in Surinam ist die Schildkröte sehr zu Hause. Von jemand, der Unmögliches verlangt oder Streit um jeden Preis sucht, Händel, wie wir sagen, vom Zaune brechen will, sagt eins ihrer Sprichwörter: Die Schildkröte hat zwar keine Haare, dennoch ruft sie (es ist hier das Männchen gemeint) das Weibchen, ihr das Ungeziefer wegzufangen. - Um zu sagen, dass Geduld auch ans Ziel führt, dass Langsam ebenfalls kommt, heisst es sprichwörtlich: Die Schildkröte kommt auch dahin, wohin der Hirsch läuft. Um den Gedanken auszudrücken: Er hat's wol, aber es hilft ihm nicht; bei all' seinem Reichthum ist er nicht glücklich, sagt man: Die Schildkröte macht ihre Schale zur Schlafdecke und ist doch kalt. Um von jemand zu sagen: Taugt er nicht für hohe Dinge, so füllt er doch seinen Platz aus, hat man das Sprichwort: Die Schildkröte passt in ihre Schale.

4 Man muss die Schildkröte erst fangen, ehe man ihre Schale (das Schildpatt) ausbieten (verkaufen) kann. - Altmann VI, 507.

5 Was hat die Schildkröte mit dem Wipfel des Baumes zu schaffen? (Surinam.)

Wenn sich jemand an Sachen macht, denen er nicht gewachsen ist.

6 Wenn die Schildkröte auf dem Rücken liegt, ist sie gefangen.

Der Mensch auch; beide müssen hübsch auf den Beinen bleiben.

*7 Die Schildkröte wird eher einen Hasen erlaufen.

Von etwas sehr Unwahrscheinlichem.

Holl.: De schildpad zou eerder den haas voorbij loopen. (Harrebomee, II, 248b.)

*8 Eine Schildkröte mit dem Pegasus vergleichen. (Altgriech.)

Das Unähnlichste; hier das Langsamste mit dem Schnellsten.

*9 Einer Schildkröte mit einem Pferde nachsetzen.

Von der Anwendung ungereimter Mittel.

*10 Er ist wie die Schildkröte überall zu Hause.

Holl.: Hij slacht de schildpad, hij is overal t'huis. (Harrebomee, II, 248b.)


Schildlaus.

*1 Schildläuse schlucken müssen. - Murner, Vom gr. luth. Narren.

Kriegsdienste thun.

*2 Schiltlüss in dem busen tragen. - Murner, Vom gr. luth. Narren.

"Ich meint, wan einer lutherisch würd, der müst tragen ein schwere bürd, ... must wie sant peter barfuss gon ..., nichtz dan luter warheit sagen vnd schiltlüss in dem busen tragen." (Kloster, I, 164.)


Schildlehn.

Schildlehn hat ein Ende, wenn der Herr den Schild wieder nimmt. - Graf, 557, 21.

Man unterscheidet Erb- und Schildlehen. Jene, die Erblehn, sollen, falls der Lehnsmann nicht Treue verletzt, nicht eher ein Ende nehmen als beim Tode des Lehnsherrn. Die Schildlehn dagegen erscheinen als eine Art Kriegspfründe, aus dem jeder Theil beliebig austreten konnte. Wenn der Lehnsherr den Schild zurückforderte oder der Lehnsmann ihn zurückgab, so hatte das Schildlehn ein Ende.


Schildwache.

1 Ich stehe Schildwache, sagte Hans, da sass er und ass eine Quarkschnitte.

2 Wer Schildwache steht, wird am meisten bewacht.

[Spaltenumbruch] *33 Sein Schild unter einen Fuchsbalg hängen.Parömiakon, 2135.

Seine wahren Absichten verbergen, um sein Ziel desto leichter und sicherer zu erreichen.

*34 Wissen, was einer im Schilde führt.

Frz.: Je ne sais de quel bois est son feu. (Kritzinger, 311b.)

Holl.: Wie weet, wat hij in zijn schild voert. (Harrebomée, II, 248b.)


Schilda.

* Er ist aus Schilda.Eiselein, 549; Simrock, 9016.

Ein Städtchen, fünf Meilen von Leipzig, zwischen Torgau und Eilenburg, von dessen Einwohnern seltsame Dinge erzählt werden, die in den alten Sagen nachzulesen sind. Wurzbach (Glimpf und Schimpf, 48) macht den Versuch, die Schildaer von den ihnen mit Unrecht zugefügten Spotte zu reinigen. Er sagt: „Die Schildbürger kommen ebenso wenig aus Schilda, als die Spiess- und Pfahlbürger u. a. Der Verfasser einer 1598 erschienenen Sammlung von Lächerlichkeiten und Schwabenstreichen (das Lalenbuch) nannte seine Helden Schildbürger, welchen Namen man später den Schildaern anhängte. Es ist demnach auch nur richtig, wenn man von Schildbürger- und nicht von Schildaerstreichen spricht; und die Schildaer haben recht, wenn sie sagen: Schildaer Streiche sind Albernheiten, die man anderswo begeht und nach unserm Städtchen benennt. Selbst, wenn es mit Schilda so stände, wie der Volksmund behauptet, so müsste es schon durch die am 28. Oct. 1760 dort erfolgte Geburt des Grafen A. Neidhart von Gneisenau zu Ehren gekommen sein.“ – Die Alten sagten von einem, der im Rufe der Dummheit stand: Er ist so einfältig wie die Bewohner der Stadt Abdera in Thrazien. (Vgl. auch Büchmann, 6. Aufl., 88.)

Lat.: Abderitica mente est. (Faselius, 3; Philippi, I, 2; Wiegand, 88.)


Schildbürger.

* Er ist ein Schildbürger.Körte, 5316a; Braun, I, 3865.

Man bezeichnet damit einen lächerlichen Gesellen. (Vgl. Wurzbach III, 48.)


Schildbürgerstreich.

* Es ist ein Schildbürgerstreich.Braun, I, 3865.

Unter Schildbürgerstreichen versteht man dasselbe, was mit dem in der Rede ebenso oft, wenn nicht häufiger vorkommenden Schwabenstreichen, Hirschhauerstückchen u. s. w. gemeint ist. Uebrigens hat jedes Land und jede Provinz einen Ort, der zur Geburtsstätte aller Albernheiten bestimmt ist, und einen dieser Bestimmung angemessenen Ruf geniesst. Ausser Schilda gehört noch zu den deutschen Narrenstädten Schöppenstädt im Braunschweigischen, der Schauplatz der ersten Thaten Till's, Polkwitz in Schlesien, Ganslosen und Bopfingen in Schwaben, Damnau im preussischen Regierungsbezirk Königsberg, Büsum und Hastrup in Holstein, Teterow in Mecklenburg, Köpenick in Brandenburg, Beckum in Westfalen u. a. (Deutsche Romanzeitung, III, 44, 632.) Bei den Juden scheint es Nazareth gewesen zu sein. Sie haben übrigens, wie Wurzbach a. a. O. bemerkt, das Gleichgewicht hergestellt, und ihre Schildbürger wohnen in ganz stattlichen Städten; die Juden von Prag, Frankfurt a. M., Metz, Fürth und Worms sind nämlich die jüdischen Schildaer. Von einem dummen prager Juden heisst es: Der darf Narr zu Prag sein. (Tendlau, 120.) Die wormser Juden werden als aber- oder wundergläubig verspottet, wozu das bekannte wormser Máase-Nissim, Erzählungen von Wundern, welche sich in Worms zugetragen haben sollen, Veranlassung gegeben hat. Daher noch die jüdische Redensart: E wormser Nass (Tendlau, 986), d. i. ein wormser Wunder im spöttischen Sinne, wenn jemand eine gewöhnliche Sache zu etwas Ausserordentlichem macht. Der frankfurter Jude steht als frankfurter Gees ebenfalls im übeln Ruf. Und die metzer Juden lässt der Volkswitz sehr alt werden, weil sie nach der Behauptung eines berühmten Rabbi nicht vom Baum der Erkenntniss gegessen haben sollen.


Schilderhaus.

* Er hat sich über das Schilderhaus Mass nehmen lassen.

In Breslau von einem Soldaten, der eine zu weite, schlotterige Uniform trägt.


Schildknappe.

1 Aus einem guten Schildknappen wird ein guter Ritter.

Wenigstens hatte Sancho Pansa diese Hoffnung.

2 Schildknappen dienen dem Herrn und gar schlau zuweilen der Frau.

Holl.: Met wel te dienen en zijn getrouwe geraakt de schildknaap aan de vrouwe. (Harrebomée, II, 248b.)


Schildkröte.

1 Die Schildkröte will keinen Streit, darum trägt sie ihr Haus auf dem Rücken.

Wer keinen Streit will, bleibe zu Hause für sich.

2 Eine Schildkröte erschrickt nicht, wenn man ihr auch auf den Rücken tritt.

Von dem, der zu Schutz und Trutz gewappnet ist.

[Spaltenumbruch] 3 Es kann wol eine Schildkröte den Adler besiegen.

Nach einer Fabel, als Ironie, wenn der Unbefähigte, Unwissende das Talent, den Gelehrten meistern will; oder eigentlich, wenn jemand einen Mächtigern durch List überwindet, wenn er, was er durch Kraft nicht vermag, durch Beharrlichkeit und Ausdauer ausrichtet. Die Schildkröte kommt in deutschen Sprichwörtern, wenn das vorstehende als solches gilt, wenig vor, desto häufiger aber in altgriechischen. Von denen, die ein angefangenes Geschäft kalt betreiben und es weder zu Ende bringen, noch liegen lassen, sagten die alten Griechen: Man muss der Schildkröte Fleisch entweder ordentlich essen, oder gar nicht. Man glaubte nämlich, dass es, wenn man nur wenig davon geniesse, Leibbeschwerden mache, während es dieselben hebe, wenn man viel esse. – Von dem, der unbesonnen etwas angefangen und nachher anderer Hülfe begehrte, um sie in ihre (der Anfänger) Sache zu verwickeln, sagte man: Wer die Schildkröte gefangen hat, mag sie essen. Aus einer Fabel entstanden. Einige Fischer, welche die von ihnen gefangenen Schildkröten nicht alle verzehren konnten, luden den Merkur zu Gaste, der aber nicht kam, sondern ihnen befahl, was sie gefangen hätten selbst zu essen. Einige dieser Redensarten sind in die deutsche Literatur übergegangen. – In den Sprichwörtern der englischen Neger in Surinam ist die Schildkröte sehr zu Hause. Von jemand, der Unmögliches verlangt oder Streit um jeden Preis sucht, Händel, wie wir sagen, vom Zaune brechen will, sagt eins ihrer Sprichwörter: Die Schildkröte hat zwar keine Haare, dennoch ruft sie (es ist hier das Männchen gemeint) das Weibchen, ihr das Ungeziefer wegzufangen. – Um zu sagen, dass Geduld auch ans Ziel führt, dass Langsam ebenfalls kommt, heisst es sprichwörtlich: Die Schildkröte kommt auch dahin, wohin der Hirsch läuft. Um den Gedanken auszudrücken: Er hat's wol, aber es hilft ihm nicht; bei all' seinem Reichthum ist er nicht glücklich, sagt man: Die Schildkröte macht ihre Schale zur Schlafdecke und ist doch kalt. Um von jemand zu sagen: Taugt er nicht für hohe Dinge, so füllt er doch seinen Platz aus, hat man das Sprichwort: Die Schildkröte passt in ihre Schale.

4 Man muss die Schildkröte erst fangen, ehe man ihre Schale (das Schildpatt) ausbieten (verkaufen) kann.Altmann VI, 507.

5 Was hat die Schildkröte mit dem Wipfel des Baumes zu schaffen? (Surinam.)

Wenn sich jemand an Sachen macht, denen er nicht gewachsen ist.

6 Wenn die Schildkröte auf dem Rücken liegt, ist sie gefangen.

Der Mensch auch; beide müssen hübsch auf den Beinen bleiben.

*7 Die Schildkröte wird eher einen Hasen erlaufen.

Von etwas sehr Unwahrscheinlichem.

Holl.: De schildpad zou eerder den haas voorbij loopen. (Harrebomée, II, 248b.)

*8 Eine Schildkröte mit dem Pegasus vergleichen. (Altgriech.)

Das Unähnlichste; hier das Langsamste mit dem Schnellsten.

*9 Einer Schildkröte mit einem Pferde nachsetzen.

Von der Anwendung ungereimter Mittel.

*10 Er ist wie die Schildkröte überall zu Hause.

Holl.: Hij slacht de schildpad, hij is overal t'huis. (Harrebomée, II, 248b.)


Schildlaus.

*1 Schildläuse schlucken müssen.Murner, Vom gr. luth. Narren.

Kriegsdienste thun.

*2 Schiltlüss in dem busen tragen.Murner, Vom gr. luth. Narren.

„Ich meint, wan einer lutherisch würd, der müst tragen ein schwere bürd, ... must wie sant peter barfuss gon ..., nichtz dan luter warheit sagen vnd schiltlüss in dem busen tragen.“ (Kloster, I, 164.)


Schildlehn.

Schildlehn hat ein Ende, wenn der Herr den Schild wieder nimmt.Graf, 557, 21.

Man unterscheidet Erb- und Schildlehen. Jene, die Erblehn, sollen, falls der Lehnsmann nicht Treue verletzt, nicht eher ein Ende nehmen als beim Tode des Lehnsherrn. Die Schildlehn dagegen erscheinen als eine Art Kriegspfründe, aus dem jeder Theil beliebig austreten konnte. Wenn der Lehnsherr den Schild zurückforderte oder der Lehnsmann ihn zurückgab, so hatte das Schildlehn ein Ende.


Schildwache.

1 Ich stehe Schildwache, sagte Hans, da sass er und ass eine Quarkschnitte.

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[[90]/0096] *33 Sein Schild unter einen Fuchsbalg hängen. – Parömiakon, 2135. Seine wahren Absichten verbergen, um sein Ziel desto leichter und sicherer zu erreichen. *34 Wissen, was einer im Schilde führt. Frz.: Je ne sais de quel bois est son feu. (Kritzinger, 311b.) Holl.: Wie weet, wat hij in zijn schild voert. (Harrebomée, II, 248b.) Schilda. * Er ist aus Schilda. – Eiselein, 549; Simrock, 9016. Ein Städtchen, fünf Meilen von Leipzig, zwischen Torgau und Eilenburg, von dessen Einwohnern seltsame Dinge erzählt werden, die in den alten Sagen nachzulesen sind. Wurzbach (Glimpf und Schimpf, 48) macht den Versuch, die Schildaer von den ihnen mit Unrecht zugefügten Spotte zu reinigen. Er sagt: „Die Schildbürger kommen ebenso wenig aus Schilda, als die Spiess- und Pfahlbürger u. a. Der Verfasser einer 1598 erschienenen Sammlung von Lächerlichkeiten und Schwabenstreichen (das Lalenbuch) nannte seine Helden Schildbürger, welchen Namen man später den Schildaern anhängte. Es ist demnach auch nur richtig, wenn man von Schildbürger- und nicht von Schildaerstreichen spricht; und die Schildaer haben recht, wenn sie sagen: Schildaer Streiche sind Albernheiten, die man anderswo begeht und nach unserm Städtchen benennt. Selbst, wenn es mit Schilda so stände, wie der Volksmund behauptet, so müsste es schon durch die am 28. Oct. 1760 dort erfolgte Geburt des Grafen A. Neidhart von Gneisenau zu Ehren gekommen sein.“ – Die Alten sagten von einem, der im Rufe der Dummheit stand: Er ist so einfältig wie die Bewohner der Stadt Abdera in Thrazien. (Vgl. auch Büchmann, 6. Aufl., 88.) Lat.: Abderitica mente est. (Faselius, 3; Philippi, I, 2; Wiegand, 88.) Schildbürger. * Er ist ein Schildbürger. – Körte, 5316a; Braun, I, 3865. Man bezeichnet damit einen lächerlichen Gesellen. (Vgl. Wurzbach III, 48.) Schildbürgerstreich. * Es ist ein Schildbürgerstreich. – Braun, I, 3865. Unter Schildbürgerstreichen versteht man dasselbe, was mit dem in der Rede ebenso oft, wenn nicht häufiger vorkommenden Schwabenstreichen, Hirschhauerstückchen u. s. w. gemeint ist. Uebrigens hat jedes Land und jede Provinz einen Ort, der zur Geburtsstätte aller Albernheiten bestimmt ist, und einen dieser Bestimmung angemessenen Ruf geniesst. Ausser Schilda gehört noch zu den deutschen Narrenstädten Schöppenstädt im Braunschweigischen, der Schauplatz der ersten Thaten Till's, Polkwitz in Schlesien, Ganslosen und Bopfingen in Schwaben, Damnau im preussischen Regierungsbezirk Königsberg, Büsum und Hastrup in Holstein, Teterow in Mecklenburg, Köpenick in Brandenburg, Beckum in Westfalen u. a. (Deutsche Romanzeitung, III, 44, 632.) Bei den Juden scheint es Nazareth gewesen zu sein. Sie haben übrigens, wie Wurzbach a. a. O. bemerkt, das Gleichgewicht hergestellt, und ihre Schildbürger wohnen in ganz stattlichen Städten; die Juden von Prag, Frankfurt a. M., Metz, Fürth und Worms sind nämlich die jüdischen Schildaer. Von einem dummen prager Juden heisst es: Der darf Narr zu Prag sein. (Tendlau, 120.) Die wormser Juden werden als aber- oder wundergläubig verspottet, wozu das bekannte wormser Máase-Nissim, Erzählungen von Wundern, welche sich in Worms zugetragen haben sollen, Veranlassung gegeben hat. Daher noch die jüdische Redensart: E wormser Nass (Tendlau, 986), d. i. ein wormser Wunder im spöttischen Sinne, wenn jemand eine gewöhnliche Sache zu etwas Ausserordentlichem macht. Der frankfurter Jude steht als frankfurter Gees ebenfalls im übeln Ruf. Und die metzer Juden lässt der Volkswitz sehr alt werden, weil sie nach der Behauptung eines berühmten Rabbi nicht vom Baum der Erkenntniss gegessen haben sollen. Schilderhaus. * Er hat sich über das Schilderhaus Mass nehmen lassen. In Breslau von einem Soldaten, der eine zu weite, schlotterige Uniform trägt. Schildknappe. 1 Aus einem guten Schildknappen wird ein guter Ritter. Wenigstens hatte Sancho Pansa diese Hoffnung. 2 Schildknappen dienen dem Herrn und gar schlau zuweilen der Frau. Holl.: Met wel te dienen en zijn getrouwe geraakt de schildknaap aan de vrouwe. (Harrebomée, II, 248b.) Schildkröte. 1 Die Schildkröte will keinen Streit, darum trägt sie ihr Haus auf dem Rücken. Wer keinen Streit will, bleibe zu Hause für sich. 2 Eine Schildkröte erschrickt nicht, wenn man ihr auch auf den Rücken tritt. Von dem, der zu Schutz und Trutz gewappnet ist. 3 Es kann wol eine Schildkröte den Adler besiegen. Nach einer Fabel, als Ironie, wenn der Unbefähigte, Unwissende das Talent, den Gelehrten meistern will; oder eigentlich, wenn jemand einen Mächtigern durch List überwindet, wenn er, was er durch Kraft nicht vermag, durch Beharrlichkeit und Ausdauer ausrichtet. Die Schildkröte kommt in deutschen Sprichwörtern, wenn das vorstehende als solches gilt, wenig vor, desto häufiger aber in altgriechischen. Von denen, die ein angefangenes Geschäft kalt betreiben und es weder zu Ende bringen, noch liegen lassen, sagten die alten Griechen: Man muss der Schildkröte Fleisch entweder ordentlich essen, oder gar nicht. Man glaubte nämlich, dass es, wenn man nur wenig davon geniesse, Leibbeschwerden mache, während es dieselben hebe, wenn man viel esse. – Von dem, der unbesonnen etwas angefangen und nachher anderer Hülfe begehrte, um sie in ihre (der Anfänger) Sache zu verwickeln, sagte man: Wer die Schildkröte gefangen hat, mag sie essen. Aus einer Fabel entstanden. Einige Fischer, welche die von ihnen gefangenen Schildkröten nicht alle verzehren konnten, luden den Merkur zu Gaste, der aber nicht kam, sondern ihnen befahl, was sie gefangen hätten selbst zu essen. Einige dieser Redensarten sind in die deutsche Literatur übergegangen. – In den Sprichwörtern der englischen Neger in Surinam ist die Schildkröte sehr zu Hause. Von jemand, der Unmögliches verlangt oder Streit um jeden Preis sucht, Händel, wie wir sagen, vom Zaune brechen will, sagt eins ihrer Sprichwörter: Die Schildkröte hat zwar keine Haare, dennoch ruft sie (es ist hier das Männchen gemeint) das Weibchen, ihr das Ungeziefer wegzufangen. – Um zu sagen, dass Geduld auch ans Ziel führt, dass Langsam ebenfalls kommt, heisst es sprichwörtlich: Die Schildkröte kommt auch dahin, wohin der Hirsch läuft. Um den Gedanken auszudrücken: Er hat's wol, aber es hilft ihm nicht; bei all' seinem Reichthum ist er nicht glücklich, sagt man: Die Schildkröte macht ihre Schale zur Schlafdecke und ist doch kalt. Um von jemand zu sagen: Taugt er nicht für hohe Dinge, so füllt er doch seinen Platz aus, hat man das Sprichwort: Die Schildkröte passt in ihre Schale. 4 Man muss die Schildkröte erst fangen, ehe man ihre Schale (das Schildpatt) ausbieten (verkaufen) kann. – Altmann VI, 507. 5 Was hat die Schildkröte mit dem Wipfel des Baumes zu schaffen? (Surinam.) Wenn sich jemand an Sachen macht, denen er nicht gewachsen ist. 6 Wenn die Schildkröte auf dem Rücken liegt, ist sie gefangen. Der Mensch auch; beide müssen hübsch auf den Beinen bleiben. *7 Die Schildkröte wird eher einen Hasen erlaufen. Von etwas sehr Unwahrscheinlichem. Holl.: De schildpad zou eerder den haas voorbij loopen. (Harrebomée, II, 248b.) *8 Eine Schildkröte mit dem Pegasus vergleichen. (Altgriech.) Das Unähnlichste; hier das Langsamste mit dem Schnellsten. *9 Einer Schildkröte mit einem Pferde nachsetzen. Von der Anwendung ungereimter Mittel. *10 Er ist wie die Schildkröte überall zu Hause. Holl.: Hij slacht de schildpad, hij is overal t'huis. (Harrebomée, II, 248b.) Schildlaus. *1 Schildläuse schlucken müssen. – Murner, Vom gr. luth. Narren. Kriegsdienste thun. *2 Schiltlüss in dem busen tragen. – Murner, Vom gr. luth. Narren. „Ich meint, wan einer lutherisch würd, der müst tragen ein schwere bürd, ... must wie sant peter barfuss gon ..., nichtz dan luter warheit sagen vnd schiltlüss in dem busen tragen.“ (Kloster, I, 164.) Schildlehn. Schildlehn hat ein Ende, wenn der Herr den Schild wieder nimmt. – Graf, 557, 21. Man unterscheidet Erb- und Schildlehen. Jene, die Erblehn, sollen, falls der Lehnsmann nicht Treue verletzt, nicht eher ein Ende nehmen als beim Tode des Lehnsherrn. Die Schildlehn dagegen erscheinen als eine Art Kriegspfründe, aus dem jeder Theil beliebig austreten konnte. Wenn der Lehnsherr den Schild zurückforderte oder der Lehnsmann ihn zurückgab, so hatte das Schildlehn ein Ende. Schildwache. 1 Ich stehe Schildwache, sagte Hans, da sass er und ass eine Quarkschnitte. 2 Wer Schildwache steht, wird am meisten bewacht.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [90]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/96>, abgerufen am 24.11.2024.