Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.[Spaltenumbruch] Chinesen 20000 Sprichwörter besitzen; er würde vielmehr ihren Sprichwörterschatz viel höher angenommen haben und würde auch zu der Ueberzeugung gelangt sein, dass der europäische seine sehr bescheidene Annahme überschreite, da die vier bisjetzt geschlossenen Bände unseres Deutschen Sprichwörter-Lexikon über hunderttausend deutsche Sprichwörter enthalten. Und China ist bekanntlich etwas grösser und bevölkerter als Deutschland, hat auch eine weit ältere Geschichte und Kultur. 3 Langer Zopf, kurzer Verstand. 4 Man muss nicht an jeden Zopf anfassen, es geht mancher von selbst aus. - Auerbach, Neues Leben, III, 218. 5 Wer keinen Zopf trägt, den kann man nicht leicht beim Kopfe nehmen. "Hätte der Deutsche früher nicht Haarzöpfe getragen, man hätte ihn nicht so leicht beim Kopfe genommen." (Witzfunken, VIIIb, 215.) 6 Zopf wieder Zopf. *7 Auf den ersten besten Zopf anbeissen. Sich leicht täuschen, anführen lassen. *8 Dem will ich uff 'n Zupp spucken. - Klix, 124; Frischbier, 4179. *9 Der wagt Zopf und Perrüke. - Klix, 124. *10 Der Zopf hängt ihm nach hinten. - Dove, 173. In der Sitzung des deutschen Reichstags vom 4. December 1874 schleuderte der Reichskanzler in seiner Antwort auf völlig aus der Luft gegriffene Angriffe aus den Reihen des ultramontanen Centrums in seiner Entgegnung die Worte in ihre Reihen: "Sie mögen den Kullmann verdrängen, wie Sie wollen, er hängt sich doch an Ihre Rockschösse." Mit Bezug darauf hat der Kladderadatsch in seiner Nr. 57 die Tragische Geschichte von Chamisso dahin parodirt, dass es heisst: "Der Kullmann hängt ihm hinten." Die Redensart ist nämlich aus einem bekannten Gedicht von Chamisso entlehnt: "'S war Einer dem's zu Herzen ging, dass ihm der Zopf so hinten hing." Lat.: Curva solet claudum scilicet umbra sequi. (Binder II, 680; Tscherning, 66.) *11 Der Zopf war nicht geschickt (war zu plump) gedreht. *12 Eins (etwas) auf den Zopf bekommen. - Frischbier, 4130. *13 Er hatte einen Zopf, dear ist zünftig g'wese. (Ulm.) *14 Er hatte einen Zopf, der hat sich Von geschrieben. (Ulm.) Von einem, der gründlich berauscht worden. *15 Er will sich an seinem Zopfe aus dem Sumpfe ziehen. *16 Er würde den Zopf vergessen, wenn er nicht angewachsen wäre. *17 He hat sick 'n orndlichen Zopp drunken. (Altmark.) - Danneil, 252. *18 Ich werde dir auf den Zopf kommen (oder spucken). In drohendem Sinne, wie: dir aufs Dach steigen, etwas auswischen. *19 Ich will ihm die Zöpfe flechten. Drohend. *20 Jemand einen Zopf machen. *21 Sich einen Zopf trinken. *22 Topp und Tögel deran sett'n. - Eichwald, 1944. Zopf und Zügel, allerwegen. *23 Zopf weg. Auf die an ihn gerichtete Frage nach dem Ursprung und der Bedeutung dieser Redensart antwortet der Soldatenfreund (1875): "Zopf weg!" war das Commando, das im vorigen Jahrhundert jedesmal erfolgte, wenn ein Avancirter Fuchtel (Streiche mit der Degenklinge) oder ein Soldat Stockschläge erhalten sollte, theils, damit der Zopf geschont, theils damit er die Kraft der Hiebe auf dem Rücken nicht abschwächen konnte. Der Zopf wurde dem zu Züchtigenden über die Schulter auf die Brust gelegt. Daher war der Ruf: "Zopf weg!" gleichbedeutend mit körperlicher Züchtigung von Militärpersonen. Besonders im Schwunge war es bei dem Garnison-Regiment v. Komalzig in Frankfurt a. O., an welches die Regimenter der berliner Garnison ihre unverbesserlichen Säufer und schlechten Subjekte abgaben. Kam ein Soldat dort an, und wurde beim Appell dem Oberst v. Komalzig vorgestellt, so erfolgte so fort das Commando: "Zopf weg!" und vierundzwanzig aus dem ff. Wenn der Bestrafte dann meinte: "Aber ich habe ja hier noch gar nichts gethan!" so tröstete ihn der Oberst mit den Worten: "Sieht Er wol, mein Sohn, so viel kriegt Er, wenn Er nichts thut; nun [Spaltenumbruch] denke Er sich einmal, wie viel Er erst kriegt, wenn Er etwas thut." (Niederschles. Zeitung, Görlitz 1875, Nr. 79.) Zopfzeit. * Der ist noch aus der Zopfzeit. "Die Perrüken sind verschwunden, nur hier und da wird noch der Zopf bemerkbar." (Brandenburger Schulblatt, 1858, S. 436.) Zorn. 1 Auf den Zorn ist nicht gut trinken. 2 Auf grossen Zorn folgt grosse Reu. Lat.: Potissimus irae fructus, poenitentia. (Chaos, 413.) 3 Aus Zorn sind dem Hasen die Ohren entfallen. - Körte, 7156. Spott wider Feiglinge. 4 Auss zorn vnd begierd gar nichts gutes wird. - Henisch, 246, 69. 5 Beim Zorn erkennt man ein Witzigen vnnd Thorn. - Lehmann, 924, 11; Petri, II, 44; Egenolff, 311, 6; Sutor, 50; Grubb, 562; Körte, 7150. Lat.: Vide ne impulsum ira praeve insistas. (Philippi, II, 249.) 6 Beim zorn kent man den thor'n. - Gruter, I, 7; Egenolff, 311b; Simrock, 12137. Böhm.: Srdce po hneou poznas. (Celakovsky, 113.) 7 Besser der erste Zorn, als Geld und Freund zugleich verlor'n. 8 Besser der erste Zorn, denn der letzte und dazu das Hauptgut (Kapital) verlorn. - Mathesy, 191a; Petri, II, 34. Dän.: Bedre at have den formere Vrede end den seyer mere Skade. Masurisch.: Pierwszy gniew lepszy, niz drugi. (Frischbier, II, 3196.) Schwed.: Bättre första vreden än den sidsta. (Grubb, 479.) 9 Besser ein klein Zorn, denn ein gross schade. - Lehmann, 84, 10; Tappius, 9a; Henisch, 1469, 38; Petri, II, 35; Simrock, 12142; Chaos, 577; Körte, 7154. Bei Tunnicius (187): Beter is klein toren dan grot schade. (Ira brevis melior, damnum quam fere molestum.) Dän.: Bedre en liden Vrede end stor Skade. (Prov. dan., 53.) Holl.: Beter cleinen toorn dan groten schade. (Tunn., 6, 15; Harrebomee, II, 339b.) Lat.: Ira brevis melior magnis damnis ut opinor. (Fallersleben, 130.) 10 Besser ist, der sin Zorn vertreit, danne der eina Burg irfihtit. 11 Besser kurtzer Zorn, als gross Gut verlorn. - Petri, II, 38. 12 Brich den Zorn, vberwind das Gemüth, wenn dir aufstast das Jäggerblüth. "Pflegte Kurfürst Friedrich zu Sachsen oft zu sagen." - Dietrich, Weisheit, I, 604. 13 Dem Zorn gehet die rew auff den socken nach. - Lehmann, 924, 25; Simrock, 12149; Sailer, 173. Lat.: Iracundiae comes tristitia. 14 Den zorn bey dir lass nicht regiern, dan das gemüth thut er verfürn. Lat.: Impedit ira animum, ne possit cernere uerum. (Loci comm., 97.) 15 Den Zorn eines Fürsten überwindet man am besten durch Flucht. - Harssdörffer, 1015. 16 Den Zorn erlegen ist der besste Sieg. - Petri, II, 80. 17 Den Zorn sich lan bald vbergahn, steht vbel an eim weysen Mann. - Petri, II, 80. 18 Den Zorn verschieb, wenn's Herz ist trüb. Lat.: Irae dilatio, mentis pacatio. (Binder II, 1569; Schreger, 11.) 19 Der heimliche Zorn frisst mehr Menschen auf, als der äussere. (Prag.) 20 Der Toll Zorn thut mehr schaden als drey Dreschflegel. - Lehmann, 926, 54; Simrock, 12155; Dove, 760; Sailer, 174. Lat.: Quatuor praeveniunt ex hominis ira mentis turbatio, sui ignoratio, indecens factio, et iniqua sentia. (Sutor, 49.) 21 Der torn hindert eines wisen mot, de torn weth nich, wat he doth. - Ebstorf, 14. "Den torn mit fleit dogentleken midt, er kortet des minschen levenstidt." 22 Der Zorn beherrscht nur schwache Leute. Lat.: Muliebre facere est, ira regem non decit. (Philippi, I, 258.)
[Spaltenumbruch] Chinesen 20000 Sprichwörter besitzen; er würde vielmehr ihren Sprichwörterschatz viel höher angenommen haben und würde auch zu der Ueberzeugung gelangt sein, dass der europäische seine sehr bescheidene Annahme überschreite, da die vier bisjetzt geschlossenen Bände unseres Deutschen Sprichwörter-Lexikon über hunderttausend deutsche Sprichwörter enthalten. Und China ist bekanntlich etwas grösser und bevölkerter als Deutschland, hat auch eine weit ältere Geschichte und Kultur. 3 Langer Zopf, kurzer Verstand. 4 Man muss nicht an jeden Zopf anfassen, es geht mancher von selbst aus. – Auerbach, Neues Leben, III, 218. 5 Wer keinen Zopf trägt, den kann man nicht leicht beim Kopfe nehmen. „Hätte der Deutsche früher nicht Haarzöpfe getragen, man hätte ihn nicht so leicht beim Kopfe genommen.“ (Witzfunken, VIIIb, 215.) 6 Zopf wieder Zopf. *7 Auf den ersten besten Zopf anbeissen. Sich leicht täuschen, anführen lassen. *8 Dem will ich uff 'n Zupp spucken. – Klix, 124; Frischbier, 4179. *9 Der wagt Zopf und Perrüke. – Klix, 124. *10 Der Zopf hängt ihm nach hinten. – Dove, 173. In der Sitzung des deutschen Reichstags vom 4. December 1874 schleuderte der Reichskanzler in seiner Antwort auf völlig aus der Luft gegriffene Angriffe aus den Reihen des ultramontanen Centrums in seiner Entgegnung die Worte in ihre Reihen: „Sie mögen den Kullmann verdrängen, wie Sie wollen, er hängt sich doch an Ihre Rockschösse.“ Mit Bezug darauf hat der Kladderadatsch in seiner Nr. 57 die Tragische Geschichte von Chamisso dahin parodirt, dass es heisst: „Der Kullmann hängt ihm hinten.“ Die Redensart ist nämlich aus einem bekannten Gedicht von Chamisso entlehnt: „'S war Einer dem's zu Herzen ging, dass ihm der Zopf so hinten hing.“ Lat.: Curva solet claudum scilicet umbra sequi. (Binder II, 680; Tscherning, 66.) *11 Der Zopf war nicht geschickt (war zu plump) gedreht. *12 Eins (etwas) auf den Zopf bekommen. – Frischbier, 4130. *13 Er hatte einen Zopf, dear ist zünftig g'wese. (Ulm.) *14 Er hatte einen Zopf, der hat sich Von geschrieben. (Ulm.) Von einem, der gründlich berauscht worden. *15 Er will sich an seinem Zopfe aus dem Sumpfe ziehen. *16 Er würde den Zopf vergessen, wenn er nicht angewachsen wäre. *17 Hê hat sick 'n orndlichen Zopp drunken. (Altmark.) – Danneil, 252. *18 Ich werde dir auf den Zopf kommen (oder spucken). In drohendem Sinne, wie: dir aufs Dach steigen, etwas auswischen. *19 Ich will ihm die Zöpfe flechten. Drohend. *20 Jemand einen Zopf machen. *21 Sich einen Zopf trinken. *22 Topp und Tögel deran sett'n. – Eichwald, 1944. Zopf und Zügel, allerwegen. *23 Zopf weg. Auf die an ihn gerichtete Frage nach dem Ursprung und der Bedeutung dieser Redensart antwortet der Soldatenfreund (1875): „Zopf weg!“ war das Commando, das im vorigen Jahrhundert jedesmal erfolgte, wenn ein Avancirter Fuchtel (Streiche mit der Degenklinge) oder ein Soldat Stockschläge erhalten sollte, theils, damit der Zopf geschont, theils damit er die Kraft der Hiebe auf dem Rücken nicht abschwächen konnte. Der Zopf wurde dem zu Züchtigenden über die Schulter auf die Brust gelegt. Daher war der Ruf: „Zopf weg!“ gleichbedeutend mit körperlicher Züchtigung von Militärpersonen. Besonders im Schwunge war es bei dem Garnison-Regiment v. Komalzig in Frankfurt a. O., an welches die Regimenter der berliner Garnison ihre unverbesserlichen Säufer und schlechten Subjekte abgaben. Kam ein Soldat dort an, und wurde beim Appell dem Oberst v. Komalzig vorgestellt, so erfolgte so fort das Commando: „Zopf weg!“ und vierundzwanzig aus dem ff. Wenn der Bestrafte dann meinte: „Aber ich habe ja hier noch gar nichts gethan!“ so tröstete ihn der Oberst mit den Worten: „Sieht Er wol, mein Sohn, so viel kriegt Er, wenn Er nichts thut; nun [Spaltenumbruch] denke Er sich einmal, wie viel Er erst kriegt, wenn Er etwas thut.“ (Niederschles. Zeitung, Görlitz 1875, Nr. 79.) Zopfzeit. * Der ist noch aus der Zopfzeit. „Die Perrüken sind verschwunden, nur hier und da wird noch der Zopf bemerkbar.“ (Brandenburger Schulblatt, 1858, S. 436.) Zorn. 1 Auf den Zorn ist nicht gut trinken. 2 Auf grossen Zorn folgt grosse Reu. Lat.: Potissimus irae fructus, poenitentia. (Chaos, 413.) 3 Aus Zorn sind dem Hasen die Ohren entfallen. – Körte, 7156. Spott wider Feiglinge. 4 Auss zorn vnd begierd gar nichts gutes wird. – Henisch, 246, 69. 5 Beim Zorn erkennt man ein Witzigen vnnd Thorn. – Lehmann, 924, 11; Petri, II, 44; Egenolff, 311, 6; Sutor, 50; Grubb, 562; Körte, 7150. Lat.: Vide ne impulsum ira praeve insistas. (Philippi, II, 249.) 6 Beim zorn kent man den thor'n. – Gruter, I, 7; Egenolff, 311b; Simrock, 12137. Böhm.: Srdce po hnĕou poznáš. (Čelakovsky, 113.) 7 Besser der erste Zorn, als Geld und Freund zugleich verlor'n. 8 Besser der erste Zorn, denn der letzte und dazu das Hauptgut (Kapital) verlorn. – Mathesy, 191a; Petri, II, 34. Dän.: Bedre at have den formere Vrede end den seyer mere Skade. Masurisch.: Pierwszy gniew lepszy, niz drugi. (Frischbier, II, 3196.) Schwed.: Bättre första vreden än den sidsta. (Grubb, 479.) 9 Besser ein klein Zorn, denn ein gross schade. – Lehmann, 84, 10; Tappius, 9a; Henisch, 1469, 38; Petri, II, 35; Simrock, 12142; Chaos, 577; Körte, 7154. Bei Tunnicius (187): Beter is klein toren dan grôt schade. (Ira brevis melior, damnum quam fere molestum.) Dän.: Bedre en liden Vrede end stor Skade. (Prov. dan., 53.) Holl.: Beter cleinen toorn dan groten schade. (Tunn., 6, 15; Harrebomée, II, 339b.) Lat.: Ira brevis melior magnis damnis ut opinor. (Fallersleben, 130.) 10 Besser ist, der sin Zorn vertreit, danne der eina Burg irfihtit. 11 Besser kurtzer Zorn, als gross Gut verlorn. – Petri, II, 38. 12 Brich den Zorn, vberwind das Gemüth, wenn dir aufstast das Jäggerblüth. „Pflegte Kurfürst Friedrich zu Sachsen oft zu sagen.“ – Dietrich, Weisheit, I, 604. 13 Dem Zorn gehet die rew auff den socken nach. – Lehmann, 924, 25; Simrock, 12149; Sailer, 173. Lat.: Iracundiae comes tristitia. 14 Den zorn bey dir lass nicht regiern, dan das gemüth thut er verfürn. Lat.: Impedit ira animum, ne possit cernere uerum. (Loci comm., 97.) 15 Den Zorn eines Fürsten überwindet man am besten durch Flucht. – Harssdörffer, 1015. 16 Den Zorn erlegen ist der besste Sieg. – Petri, II, 80. 17 Den Zorn sich lân bald vbergahn, steht vbel an eim weysen Mann. – Petri, II, 80. 18 Den Zorn verschieb, wenn's Herz ist trüb. Lat.: Irae dilatio, mentis pacatio. (Binder II, 1569; Schreger, 11.) 19 Der heimliche Zorn frisst mehr Menschen auf, als der äussere. (Prag.) 20 Der Toll Zorn thut mehr schaden als drey Dreschflegel. – Lehmann, 926, 54; Simrock, 12155; Dove, 760; Sailer, 174. Lat.: Quatuor praeveniunt ex hominis ira mentis turbatio, sui ignoratio, indecens factio, et iniqua sentia. (Sutor, 49.) 21 Der torn hindert eines wisen mot, de torn weth nich, wat he doth. – Ebstorf, 14. „Den torn mit flît dogentlêken midt, er kortet des minschen levenstidt.“ 22 Der Zorn beherrscht nur schwache Leute. Lat.: Muliebre facere est, ira regem non decit. (Philippi, I, 258.)
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p rendition="#et"><pb facs="#f0312" n="[300]"/><cb n="599"/> Chinesen 20000 Sprichwörter besitzen; er würde vielmehr ihren Sprichwörterschatz viel höher angenommen haben und würde auch zu der Ueberzeugung gelangt sein, dass der europäische seine sehr bescheidene Annahme überschreite, da die vier bisjetzt geschlossenen Bände unseres <hi rendition="#i">Deutschen Sprichwörter-Lexikon</hi> über hunderttausend deutsche Sprichwörter enthalten. Und China ist bekanntlich etwas grösser und bevölkerter als Deutschland, hat auch eine weit ältere Geschichte und Kultur.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Langer Zopf, kurzer Verstand.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Man muss nicht an jeden Zopf anfassen, es geht mancher von selbst aus.</hi> – <hi rendition="#i">Auerbach, Neues Leben, III, 218.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Wer keinen Zopf trägt, den kann man nicht leicht beim Kopfe nehmen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">„Hätte der Deutsche früher nicht Haarzöpfe getragen, man hätte ihn nicht so leicht beim Kopfe genommen.“ (<hi rendition="#i">Witzfunken, VIII<hi rendition="#sup">b</hi>, 215.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Zopf wieder Zopf.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*7 Auf den ersten besten Zopf anbeissen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Sich leicht täuschen, anführen lassen.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*8 Dem will ich uff 'n Zupp spucken.</hi> – <hi rendition="#i">Klix, 124; Frischbier, 4179.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*9 Der wagt Zopf und Perrüke.</hi> – <hi rendition="#i">Klix, 124.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*10 Der Zopf hängt ihm nach hinten.</hi> – <hi rendition="#i">Dove, 173.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">In der Sitzung des deutschen Reichstags vom 4. December 1874 schleuderte der Reichskanzler in seiner Antwort auf völlig aus der Luft gegriffene Angriffe aus den Reihen des ultramontanen Centrums in seiner Entgegnung die Worte in ihre Reihen: „Sie mögen den Kullmann verdrängen, wie Sie wollen, er hängt sich doch an Ihre Rockschösse.“ Mit Bezug darauf hat der <hi rendition="#i">Kladderadatsch</hi> in seiner Nr. 57 die <hi rendition="#i">Tragische Geschichte</hi> von <hi rendition="#i">Chamisso</hi> dahin parodirt, dass es heisst: „Der Kullmann hängt ihm hinten.“ Die Redensart ist nämlich aus einem bekannten Gedicht von <hi rendition="#i">Chamisso</hi> entlehnt: „'S war Einer dem's zu Herzen ging, dass ihm der Zopf so hinten hing.“</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Curva solet claudum scilicet umbra sequi. (<hi rendition="#i">Binder II, 680; Tscherning, 66.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*11 Der Zopf war nicht geschickt (war zu plump) gedreht.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*12 Eins (etwas) auf den Zopf bekommen.</hi> – <hi rendition="#i">Frischbier, 4130.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*13 Er hatte einen Zopf, dear ist zünftig g'wese.</hi> (<hi rendition="#i">Ulm.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*14 Er hatte einen Zopf, der hat sich Von geschrieben.</hi> (<hi rendition="#i">Ulm.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et">Von einem, der gründlich berauscht worden.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*15 Er will sich an seinem Zopfe aus dem Sumpfe ziehen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*16 Er würde den Zopf vergessen, wenn er nicht angewachsen wäre.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*17 Hê hat sick 'n orndlichen Zopp drunken.</hi> (<hi rendition="#i">Altmark.</hi>) – <hi rendition="#i">Danneil, 252.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*18 Ich werde dir auf den Zopf kommen (oder spucken).</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">In drohendem Sinne, wie: dir aufs Dach steigen, etwas auswischen.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*19 Ich will ihm die Zöpfe flechten.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Drohend.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*20 Jemand einen Zopf machen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*21 Sich einen Zopf trinken.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*22 Topp und Tögel deran sett'n.</hi> – <hi rendition="#i">Eichwald, 1944.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Zopf und Zügel, allerwegen.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*23 Zopf weg.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Auf die an ihn gerichtete Frage nach dem Ursprung und der Bedeutung dieser Redensart antwortet der <hi rendition="#i">Soldatenfreund (1875)</hi>: „Zopf weg!“ war das Commando, das im vorigen Jahrhundert jedesmal erfolgte, wenn ein Avancirter Fuchtel (Streiche mit der Degenklinge) oder ein Soldat Stockschläge erhalten sollte, theils, damit der Zopf geschont, theils damit er die Kraft der Hiebe auf dem Rücken nicht abschwächen konnte. Der Zopf wurde dem zu Züchtigenden über die Schulter auf die Brust gelegt. Daher war der Ruf: „Zopf weg!“ gleichbedeutend mit körperlicher Züchtigung von Militärpersonen. Besonders im Schwunge war es bei dem Garnison-Regiment v. Komalzig in Frankfurt a. O., an welches die Regimenter der berliner Garnison ihre unverbesserlichen Säufer und schlechten Subjekte abgaben. Kam ein Soldat dort an, und wurde beim Appell dem Oberst v. Komalzig vorgestellt, so erfolgte so fort das Commando: „Zopf weg!“ und vierundzwanzig aus dem ff. Wenn der Bestrafte dann meinte: „Aber ich habe ja hier noch gar nichts gethan!“ so tröstete ihn der Oberst mit den Worten: „Sieht Er wol, mein Sohn, so viel kriegt Er, wenn Er nichts thut; nun <cb n="600"/> denke Er sich einmal, wie viel Er erst kriegt, wenn Er etwas thut.“ (<hi rendition="#i">Niederschles. Zeitung, Görlitz 1875, Nr. 79.</hi>)</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zopfzeit.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Der ist noch aus der Zopfzeit.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">„Die Perrüken sind verschwunden, nur hier und da wird noch der Zopf bemerkbar.“ (<hi rendition="#i">Brandenburger Schulblatt, 1858, S. 436.</hi>)</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zorn.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Auf den Zorn ist nicht gut trinken.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Auf grossen Zorn folgt grosse Reu.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Potissimus irae fructus, poenitentia. (<hi rendition="#i">Chaos, 413.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Aus Zorn sind dem Hasen die Ohren entfallen.</hi> – <hi rendition="#i">Körte, 7156.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Spott wider Feiglinge.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Auss zorn vnd begierd gar nichts gutes wird.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 246, 69.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Beim Zorn erkennt man ein Witzigen vnnd Thorn.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 924, 11; Petri, II, 44; Egenolff, 311, 6; Sutor, 50; Grubb, 562; Körte, 7150.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Vide ne impulsum ira praeve insistas. (<hi rendition="#i">Philippi, II, 249.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Beim zorn kent man den thor'n.</hi> – <hi rendition="#i">Gruter, I, 7; Egenolff, 311<hi rendition="#sup">b</hi>; Simrock, 12137.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Srdce po hnĕou poznáš. (<hi rendition="#i">Čelakovsky, 113.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">7 Besser der erste Zorn, als Geld und Freund zugleich verlor'n.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Besser der erste Zorn, denn der letzte und dazu das Hauptgut (Kapital) verlorn.</hi> – <hi rendition="#i">Mathesy, 191<hi rendition="#sup">a</hi>; Petri, II, 34.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Bedre at have den formere Vrede end den seyer mere Skade.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Masurisch.</hi>: Pierwszy gniew lepszy, niz drugi. (<hi rendition="#i">Frischbier, II, 3196.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Schwed.</hi>: Bättre första vreden än den sidsta. (<hi rendition="#i">Grubb, 479.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Besser ein klein Zorn, denn ein gross schade.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 84, 10; Tappius, 9<hi rendition="#sup">a</hi>; Henisch, 1469, 38; Petri, II, 35; Simrock, 12142; Chaos, 577; Körte, 7154.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Bei <hi rendition="#i">Tunnicius (187)</hi>: Beter is klein toren dan grôt schade. (Ira brevis melior, damnum quam fere molestum.)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Bedre en liden Vrede end stor Skade. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 53.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Beter cleinen toorn dan groten schade. (<hi rendition="#i">Tunn., 6, 15; Harrebomée, II, 339<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Ira brevis melior magnis damnis ut opinor. (<hi rendition="#i">Fallersleben, 130.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">10 Besser ist, der sin Zorn vertreit, danne der eina Burg irfihtit.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">11 Besser kurtzer Zorn, als gross Gut verlorn.</hi> – <hi rendition="#i">Petri, II, 38.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">12 Brich den Zorn, vberwind das Gemüth, wenn dir aufstast das Jäggerblüth.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">„Pflegte Kurfürst Friedrich zu Sachsen oft zu sagen.“ – <hi rendition="#i">Dietrich, Weisheit, I, 604.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">13 Dem Zorn gehet die rew auff den socken nach.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 924, 25; Simrock, 12149; Sailer, 173.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Iracundiae comes tristitia.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">14 Den zorn bey dir lass nicht regiern, dan das gemüth thut er verfürn.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Impedit ira animum, ne possit cernere uerum. (<hi rendition="#i">Loci comm., 97.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">15 Den Zorn eines Fürsten überwindet man am besten durch Flucht.</hi> – <hi rendition="#i">Harssdörffer, 1015.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">16 Den Zorn erlegen ist der besste Sieg.</hi> – <hi rendition="#i">Petri, II, 80.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">17 Den Zorn sich lân bald vbergahn, steht vbel an eim weysen Mann.</hi> – <hi rendition="#i">Petri, II, 80.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">18 Den Zorn verschieb, wenn's Herz ist trüb.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Irae dilatio, mentis pacatio. (<hi rendition="#i">Binder II, 1569; Schreger, 11.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">19 Der heimliche Zorn frisst mehr Menschen auf, als der äussere.</hi> (<hi rendition="#i">Prag.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">20 Der Toll Zorn thut mehr schaden als drey Dreschflegel.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 926, 54; Simrock, 12155; Dove, 760; Sailer, 174.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Quatuor praeveniunt ex hominis ira mentis turbatio, sui ignoratio, indecens factio, et iniqua sentia. (<hi rendition="#i">Sutor, 49.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">21 Der torn hindert eines wisen mot, de torn weth nich, wat he doth.</hi> – <hi rendition="#i">Ebstorf, 14.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">„Den torn mit flît dogentlêken midt, er kortet des minschen levenstidt.“</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">22 Der Zorn beherrscht nur schwache Leute.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Muliebre facere est, ira regem non decit. (<hi rendition="#i">Philippi, I, 258.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"> </hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[300]/0312]
Chinesen 20000 Sprichwörter besitzen; er würde vielmehr ihren Sprichwörterschatz viel höher angenommen haben und würde auch zu der Ueberzeugung gelangt sein, dass der europäische seine sehr bescheidene Annahme überschreite, da die vier bisjetzt geschlossenen Bände unseres Deutschen Sprichwörter-Lexikon über hunderttausend deutsche Sprichwörter enthalten. Und China ist bekanntlich etwas grösser und bevölkerter als Deutschland, hat auch eine weit ältere Geschichte und Kultur.
3 Langer Zopf, kurzer Verstand.
4 Man muss nicht an jeden Zopf anfassen, es geht mancher von selbst aus. – Auerbach, Neues Leben, III, 218.
5 Wer keinen Zopf trägt, den kann man nicht leicht beim Kopfe nehmen.
„Hätte der Deutsche früher nicht Haarzöpfe getragen, man hätte ihn nicht so leicht beim Kopfe genommen.“ (Witzfunken, VIIIb, 215.)
6 Zopf wieder Zopf.
*7 Auf den ersten besten Zopf anbeissen.
Sich leicht täuschen, anführen lassen.
*8 Dem will ich uff 'n Zupp spucken. – Klix, 124; Frischbier, 4179.
*9 Der wagt Zopf und Perrüke. – Klix, 124.
*10 Der Zopf hängt ihm nach hinten. – Dove, 173.
In der Sitzung des deutschen Reichstags vom 4. December 1874 schleuderte der Reichskanzler in seiner Antwort auf völlig aus der Luft gegriffene Angriffe aus den Reihen des ultramontanen Centrums in seiner Entgegnung die Worte in ihre Reihen: „Sie mögen den Kullmann verdrängen, wie Sie wollen, er hängt sich doch an Ihre Rockschösse.“ Mit Bezug darauf hat der Kladderadatsch in seiner Nr. 57 die Tragische Geschichte von Chamisso dahin parodirt, dass es heisst: „Der Kullmann hängt ihm hinten.“ Die Redensart ist nämlich aus einem bekannten Gedicht von Chamisso entlehnt: „'S war Einer dem's zu Herzen ging, dass ihm der Zopf so hinten hing.“
Lat.: Curva solet claudum scilicet umbra sequi. (Binder II, 680; Tscherning, 66.)
*11 Der Zopf war nicht geschickt (war zu plump) gedreht.
*12 Eins (etwas) auf den Zopf bekommen. – Frischbier, 4130.
*13 Er hatte einen Zopf, dear ist zünftig g'wese. (Ulm.)
*14 Er hatte einen Zopf, der hat sich Von geschrieben. (Ulm.)
Von einem, der gründlich berauscht worden.
*15 Er will sich an seinem Zopfe aus dem Sumpfe ziehen.
*16 Er würde den Zopf vergessen, wenn er nicht angewachsen wäre.
*17 Hê hat sick 'n orndlichen Zopp drunken. (Altmark.) – Danneil, 252.
*18 Ich werde dir auf den Zopf kommen (oder spucken).
In drohendem Sinne, wie: dir aufs Dach steigen, etwas auswischen.
*19 Ich will ihm die Zöpfe flechten.
Drohend.
*20 Jemand einen Zopf machen.
*21 Sich einen Zopf trinken.
*22 Topp und Tögel deran sett'n. – Eichwald, 1944.
Zopf und Zügel, allerwegen.
*23 Zopf weg.
Auf die an ihn gerichtete Frage nach dem Ursprung und der Bedeutung dieser Redensart antwortet der Soldatenfreund (1875): „Zopf weg!“ war das Commando, das im vorigen Jahrhundert jedesmal erfolgte, wenn ein Avancirter Fuchtel (Streiche mit der Degenklinge) oder ein Soldat Stockschläge erhalten sollte, theils, damit der Zopf geschont, theils damit er die Kraft der Hiebe auf dem Rücken nicht abschwächen konnte. Der Zopf wurde dem zu Züchtigenden über die Schulter auf die Brust gelegt. Daher war der Ruf: „Zopf weg!“ gleichbedeutend mit körperlicher Züchtigung von Militärpersonen. Besonders im Schwunge war es bei dem Garnison-Regiment v. Komalzig in Frankfurt a. O., an welches die Regimenter der berliner Garnison ihre unverbesserlichen Säufer und schlechten Subjekte abgaben. Kam ein Soldat dort an, und wurde beim Appell dem Oberst v. Komalzig vorgestellt, so erfolgte so fort das Commando: „Zopf weg!“ und vierundzwanzig aus dem ff. Wenn der Bestrafte dann meinte: „Aber ich habe ja hier noch gar nichts gethan!“ so tröstete ihn der Oberst mit den Worten: „Sieht Er wol, mein Sohn, so viel kriegt Er, wenn Er nichts thut; nun
denke Er sich einmal, wie viel Er erst kriegt, wenn Er etwas thut.“ (Niederschles. Zeitung, Görlitz 1875, Nr. 79.)
Zopfzeit.
* Der ist noch aus der Zopfzeit.
„Die Perrüken sind verschwunden, nur hier und da wird noch der Zopf bemerkbar.“ (Brandenburger Schulblatt, 1858, S. 436.)
Zorn.
1 Auf den Zorn ist nicht gut trinken.
2 Auf grossen Zorn folgt grosse Reu.
Lat.: Potissimus irae fructus, poenitentia. (Chaos, 413.)
3 Aus Zorn sind dem Hasen die Ohren entfallen. – Körte, 7156.
Spott wider Feiglinge.
4 Auss zorn vnd begierd gar nichts gutes wird. – Henisch, 246, 69.
5 Beim Zorn erkennt man ein Witzigen vnnd Thorn. – Lehmann, 924, 11; Petri, II, 44; Egenolff, 311, 6; Sutor, 50; Grubb, 562; Körte, 7150.
Lat.: Vide ne impulsum ira praeve insistas. (Philippi, II, 249.)
6 Beim zorn kent man den thor'n. – Gruter, I, 7; Egenolff, 311b; Simrock, 12137.
Böhm.: Srdce po hnĕou poznáš. (Čelakovsky, 113.)
7 Besser der erste Zorn, als Geld und Freund zugleich verlor'n.
8 Besser der erste Zorn, denn der letzte und dazu das Hauptgut (Kapital) verlorn. – Mathesy, 191a; Petri, II, 34.
Dän.: Bedre at have den formere Vrede end den seyer mere Skade.
Masurisch.: Pierwszy gniew lepszy, niz drugi. (Frischbier, II, 3196.)
Schwed.: Bättre första vreden än den sidsta. (Grubb, 479.)
9 Besser ein klein Zorn, denn ein gross schade. – Lehmann, 84, 10; Tappius, 9a; Henisch, 1469, 38; Petri, II, 35; Simrock, 12142; Chaos, 577; Körte, 7154.
Bei Tunnicius (187): Beter is klein toren dan grôt schade. (Ira brevis melior, damnum quam fere molestum.)
Dän.: Bedre en liden Vrede end stor Skade. (Prov. dan., 53.)
Holl.: Beter cleinen toorn dan groten schade. (Tunn., 6, 15; Harrebomée, II, 339b.)
Lat.: Ira brevis melior magnis damnis ut opinor. (Fallersleben, 130.)
10 Besser ist, der sin Zorn vertreit, danne der eina Burg irfihtit.
11 Besser kurtzer Zorn, als gross Gut verlorn. – Petri, II, 38.
12 Brich den Zorn, vberwind das Gemüth, wenn dir aufstast das Jäggerblüth.
„Pflegte Kurfürst Friedrich zu Sachsen oft zu sagen.“ – Dietrich, Weisheit, I, 604.
13 Dem Zorn gehet die rew auff den socken nach. – Lehmann, 924, 25; Simrock, 12149; Sailer, 173.
Lat.: Iracundiae comes tristitia.
14 Den zorn bey dir lass nicht regiern, dan das gemüth thut er verfürn.
Lat.: Impedit ira animum, ne possit cernere uerum. (Loci comm., 97.)
15 Den Zorn eines Fürsten überwindet man am besten durch Flucht. – Harssdörffer, 1015.
16 Den Zorn erlegen ist der besste Sieg. – Petri, II, 80.
17 Den Zorn sich lân bald vbergahn, steht vbel an eim weysen Mann. – Petri, II, 80.
18 Den Zorn verschieb, wenn's Herz ist trüb.
Lat.: Irae dilatio, mentis pacatio. (Binder II, 1569; Schreger, 11.)
19 Der heimliche Zorn frisst mehr Menschen auf, als der äussere. (Prag.)
20 Der Toll Zorn thut mehr schaden als drey Dreschflegel. – Lehmann, 926, 54; Simrock, 12155; Dove, 760; Sailer, 174.
Lat.: Quatuor praeveniunt ex hominis ira mentis turbatio, sui ignoratio, indecens factio, et iniqua sentia. (Sutor, 49.)
21 Der torn hindert eines wisen mot, de torn weth nich, wat he doth. – Ebstorf, 14.
„Den torn mit flît dogentlêken midt, er kortet des minschen levenstidt.“
22 Der Zorn beherrscht nur schwache Leute.
Lat.: Muliebre facere est, ira regem non decit. (Philippi, I, 258.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-09-18T09:51:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-09-18T09:51:52Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |