Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.Wohl vorbereitet fuhr Wander am 17. April 1822 von Ludwigsdorf zur Aufnahmsprüfung nach Bunzlau, von dem Wunsche begleitet, er möge nach Beendigung seines Seminar-Cursus an den Ort seiner bisherigen, so erspriesslichen Wirksamkeit zurückkehren. Wie ganz anders würde sich in diesem Falle seine Laufbahn gestaltet haben! Diesmal bestand Wander die Prüfung mit Leichtigkeit. Darauf wurde ihm nebst einigen Collegen ein schönes Zimmer des sogenannten "Neuen Hauses" und zwar Nr. 37 im 2. Stock als Wohnung angewiesen. Das Haus befriedigte Wander in hohem Grade; er sagt hierüber: "Vielleicht gibt es kein Seminar für Volksschullehrer mit gleich angenehmer und zweckmässiger Einrichtung." Alles in allem zahlte der Seminarist jährlich 36 Thaler. Doch nur wenige zahlten so viel; den meisten wurde die Hälfte oder ein Theil dieses Betrags erlassen. Nicht so günstig urtheilt Wander über das, was er sonst noch hier angetroffen und erfahren hat. So kehrte ihm die Wassersuppe mit Hafergrütze zu häufig wieder; es gefiel ihm nicht, dass keine der lebenden Sprachen im Seminar gelehrt und von den deutschen Classikern auch nicht einer gelesen wurde. Eine einzige Stube beschäftigte sich privatim mit deutscher Literatur; es war die, die er selbst bewohnte und die man deshalb die deutsche Stube nannte. Am meisten widerte Wander die Einführung von Stubenandachten an, die in ihm so reagirten, dass er gesteht: "Das pietistische Bunzlau machte mich zum Rationalisten." An Kurzweil und Scherzen fehlte es, besonders in der Dämmerungsstunde, hier nicht. Das machte den Aufenthalt im Seminar einigermassen angenehm. Weniger Anklang fand bei den jungen Leuten dieses Instituts das gleichmässige Frühaufstehen zur Sommers-und Winterszeit. Auch Wander hätte manchmal gern noch weitergeschlafen, wenn das Zeichen schon gegeben war, und wenn er je den Wunsch nach einem Aufseheramte gehabt hätte, wäre er am liebsten Schlafsaalaufseher geworden, um - selbst recht lange schlafen zu können. Hier im Seminar steigerte sich in Wander auch die Liebe zum Sprichwort, als er Sailer's "Weisheit auf der Gasse" las. Er nahm Klopstock zur Hand, versuchte sich selbst im Versemachen und in neuen Versformen. Als am 3. Februar 1824 der Director des Lehrerseminars sein Geburtsfest beging, wurde ihm ein Festgedicht überreicht, das Wander zum Verfasser hatte. Dafür rief ihn Director Hoffmann auf sein Zimmer und drückte ihm seine grosse Freude darüber aus. Es war indess nicht das erste mal, dass der Director und sein Zögling einander hier begegneten. Wander hatte einmal etwas zu laut gegen "Seine Majestät den Teufel" und gegen die Wunder gesprochen, was Hoffmann auf Umwegen vernommen; er beschied den Sprecher zu sich und gab ihm ein Buch in die Hand, das zwar nicht viel half, aber ihn doch bewog, aus Liebe zum Director künftighin ruhiger zu sein. Nach eigener Aussage hat sich Wander im Seminar nie so recht wohl befunden; er stand zwar mit allen Seminaristen auf gutem Fusse, aber Freunde im engeren Sinn besass er nur wenige, da er kein Allerweltsfreund sein konnte und ebenso wenig Allerweltsfreunde haben wollte. Der Geist pädagogischer Bildung wehte ihm hier zu schwach; er fand, dass manches Seminar, anstatt Lehrer zu bilden, Schulmeister fabricire. Man lege sie wie Essiggurken ein und in zwei Jahren seien sie fertig; an andern Orten dauere es deren drei, ohne dass jene dann wesentlich besser seien. Nichts machte ihm also den Abschied schwer, als er das Seminar verliess, bis auf seinen Lehrer der deutschen Sprache, Dreist, dem Wander manche Anregung verdankte. Director Hoffmann theilte nach Beendigung der Studien Wander mit, er sei als Hülfslehrer nach Giesmannsdorf, Kreis Bunzlau, vorgeschlagen. "Wollen Sie hingehen?" fuhr er fort; "Sie werden allerdings eine schwierige Stellung dort haben. Die Gemeinde ist gegen den neuen Cantor höchst aufgeregt und überdies ist der Pastor Puschmann ein entschiedener Gegner unserer Anstalt. Aber wir haben aus guten Gründen gerade Sie dahin bestimmt und können füglich nicht einen andern Seminaristen an diesen Ort schicken." In dieser Eröffnung lag so viel ehrenvolles Vertrauen, dass Wander ganz überrascht war, eine solche Würdigung zu erfahren. Wie hatte sich der Cantor von Giesmannsdorf das Mistrauen der Gemeinde zugezogen? Wider Willen. Er war einfach seinem Mitbewerber um die Cantorstelle, dem Sohne des letzten Wohl vorbereitet fuhr Wander am 17. April 1822 von Ludwigsdorf zur Aufnahmsprüfung nach Bunzlau, von dem Wunsche begleitet, er möge nach Beendigung seines Seminar-Cursus an den Ort seiner bisherigen, so erspriesslichen Wirksamkeit zurückkehren. Wie ganz anders würde sich in diesem Falle seine Laufbahn gestaltet haben! Diesmal bestand Wander die Prüfung mit Leichtigkeit. Darauf wurde ihm nebst einigen Collegen ein schönes Zimmer des sogenannten „Neuen Hauses“ und zwar Nr. 37 im 2. Stock als Wohnung angewiesen. Das Haus befriedigte Wander in hohem Grade; er sagt hierüber: „Vielleicht gibt es kein Seminar für Volksschullehrer mit gleich angenehmer und zweckmässiger Einrichtung.“ Alles in allem zahlte der Seminarist jährlich 36 Thaler. Doch nur wenige zahlten so viel; den meisten wurde die Hälfte oder ein Theil dieses Betrags erlassen. Nicht so günstig urtheilt Wander über das, was er sonst noch hier angetroffen und erfahren hat. So kehrte ihm die Wassersuppe mit Hafergrütze zu häufig wieder; es gefiel ihm nicht, dass keine der lebenden Sprachen im Seminar gelehrt und von den deutschen Classikern auch nicht einer gelesen wurde. Eine einzige Stube beschäftigte sich privatim mit deutscher Literatur; es war die, die er selbst bewohnte und die man deshalb die deutsche Stube nannte. Am meisten widerte Wander die Einführung von Stubenandachten an, die in ihm so reagirten, dass er gesteht: „Das pietistische Bunzlau machte mich zum Rationalisten.“ An Kurzweil und Scherzen fehlte es, besonders in der Dämmerungsstunde, hier nicht. Das machte den Aufenthalt im Seminar einigermassen angenehm. Weniger Anklang fand bei den jungen Leuten dieses Instituts das gleichmässige Frühaufstehen zur Sommers-und Winterszeit. Auch Wander hätte manchmal gern noch weitergeschlafen, wenn das Zeichen schon gegeben war, und wenn er je den Wunsch nach einem Aufseheramte gehabt hätte, wäre er am liebsten Schlafsaalaufseher geworden, um – selbst recht lange schlafen zu können. Hier im Seminar steigerte sich in Wander auch die Liebe zum Sprichwort, als er Sailer's „Weisheit auf der Gasse“ las. Er nahm Klopstock zur Hand, versuchte sich selbst im Versemachen und in neuen Versformen. Als am 3. Februar 1824 der Director des Lehrerseminars sein Geburtsfest beging, wurde ihm ein Festgedicht überreicht, das Wander zum Verfasser hatte. Dafür rief ihn Director Hoffmann auf sein Zimmer und drückte ihm seine grosse Freude darüber aus. Es war indess nicht das erste mal, dass der Director und sein Zögling einander hier begegneten. Wander hatte einmal etwas zu laut gegen „Seine Majestät den Teufel“ und gegen die Wunder gesprochen, was Hoffmann auf Umwegen vernommen; er beschied den Sprecher zu sich und gab ihm ein Buch in die Hand, das zwar nicht viel half, aber ihn doch bewog, aus Liebe zum Director künftighin ruhiger zu sein. Nach eigener Aussage hat sich Wander im Seminar nie so recht wohl befunden; er stand zwar mit allen Seminaristen auf gutem Fusse, aber Freunde im engeren Sinn besass er nur wenige, da er kein Allerweltsfreund sein konnte und ebenso wenig Allerweltsfreunde haben wollte. Der Geist pädagogischer Bildung wehte ihm hier zu schwach; er fand, dass manches Seminar, anstatt Lehrer zu bilden, Schulmeister fabricire. Man lege sie wie Essiggurken ein und in zwei Jahren seien sie fertig; an andern Orten dauere es deren drei, ohne dass jene dann wesentlich besser seien. Nichts machte ihm also den Abschied schwer, als er das Seminar verliess, bis auf seinen Lehrer der deutschen Sprache, Dreist, dem Wander manche Anregung verdankte. Director Hoffmann theilte nach Beendigung der Studien Wander mit, er sei als Hülfslehrer nach Giesmannsdorf, Kreis Bunzlau, vorgeschlagen. „Wollen Sie hingehen?“ fuhr er fort; „Sie werden allerdings eine schwierige Stellung dort haben. Die Gemeinde ist gegen den neuen Cantor höchst aufgeregt und überdies ist der Pastor Puschmann ein entschiedener Gegner unserer Anstalt. Aber wir haben aus guten Gründen gerade Sie dahin bestimmt und können füglich nicht einen andern Seminaristen an diesen Ort schicken.“ In dieser Eröffnung lag so viel ehrenvolles Vertrauen, dass Wander ganz überrascht war, eine solche Würdigung zu erfahren. Wie hatte sich der Cantor von Giesmannsdorf das Mistrauen der Gemeinde zugezogen? Wider Willen. Er war einfach seinem Mitbewerber um die Cantorstelle, dem Sohne des letzten <TEI> <text> <front> <div type="preface" n="1"> <p><pb facs="#f0006" n="VIII"/> Wohl vorbereitet fuhr Wander am 17. April 1822 von Ludwigsdorf zur Aufnahmsprüfung nach Bunzlau, von dem Wunsche begleitet, er möge nach Beendigung seines Seminar-Cursus an den Ort seiner bisherigen, so erspriesslichen Wirksamkeit zurückkehren. Wie ganz anders würde sich in diesem Falle seine Laufbahn gestaltet haben!</p><lb/> <p>Diesmal bestand Wander die Prüfung mit Leichtigkeit. Darauf wurde ihm nebst einigen Collegen ein schönes Zimmer des sogenannten „Neuen Hauses“ und zwar Nr. 37 im 2. Stock als Wohnung angewiesen. Das Haus befriedigte Wander in hohem Grade; er sagt hierüber: „Vielleicht gibt es kein Seminar für Volksschullehrer mit gleich angenehmer und zweckmässiger Einrichtung.“ Alles in allem zahlte der Seminarist jährlich 36 Thaler. Doch nur wenige zahlten so viel; den meisten wurde die Hälfte oder ein Theil dieses Betrags erlassen.</p><lb/> <p>Nicht so günstig urtheilt Wander über das, was er sonst noch hier angetroffen und erfahren hat. So kehrte ihm die Wassersuppe mit Hafergrütze zu häufig wieder; es gefiel ihm nicht, dass keine der lebenden Sprachen im Seminar gelehrt und von den deutschen Classikern auch nicht einer gelesen wurde. Eine einzige Stube beschäftigte sich privatim mit deutscher Literatur; es war die, die er selbst bewohnte und die man deshalb die deutsche Stube nannte. Am meisten widerte Wander die Einführung von Stubenandachten an, die in ihm so reagirten, dass er gesteht: „Das pietistische Bunzlau machte mich zum Rationalisten.“</p><lb/> <p>An Kurzweil und Scherzen fehlte es, besonders in der Dämmerungsstunde, hier nicht. Das machte den Aufenthalt im Seminar einigermassen angenehm. Weniger Anklang fand bei den jungen Leuten dieses Instituts das gleichmässige Frühaufstehen zur Sommers-und Winterszeit. Auch Wander hätte manchmal gern noch weitergeschlafen, wenn das Zeichen schon gegeben war, und wenn er je den Wunsch nach einem Aufseheramte gehabt hätte, wäre er am liebsten Schlafsaalaufseher geworden, um – selbst recht lange schlafen zu können.</p><lb/> <p>Hier im Seminar steigerte sich in Wander auch die Liebe zum Sprichwort, als er Sailer's „Weisheit auf der Gasse“ las. Er nahm Klopstock zur Hand, versuchte sich selbst im Versemachen und in neuen Versformen. Als am 3. Februar 1824 der Director des Lehrerseminars sein Geburtsfest beging, wurde ihm ein Festgedicht überreicht, das Wander zum Verfasser hatte. Dafür rief ihn Director Hoffmann auf sein Zimmer und drückte ihm seine grosse Freude darüber aus.</p><lb/> <p>Es war indess nicht das erste mal, dass der Director und sein Zögling einander hier begegneten. Wander hatte einmal etwas zu laut gegen „Seine Majestät den Teufel“ und gegen die Wunder gesprochen, was Hoffmann auf Umwegen vernommen; er beschied den Sprecher zu sich und gab ihm ein Buch in die Hand, das zwar nicht viel half, aber ihn doch bewog, aus Liebe zum Director künftighin ruhiger zu sein.</p><lb/> <p>Nach eigener Aussage hat sich Wander im Seminar nie so recht wohl befunden; er stand zwar mit allen Seminaristen auf gutem Fusse, aber Freunde im engeren Sinn besass er nur wenige, da er kein Allerweltsfreund sein konnte und ebenso wenig Allerweltsfreunde haben wollte. Der Geist pädagogischer Bildung wehte ihm hier zu schwach; er fand, dass <hi rendition="#i">manches</hi> Seminar, anstatt Lehrer zu bilden, Schulmeister fabricire. Man lege sie wie Essiggurken ein und in zwei Jahren seien sie fertig; an andern Orten dauere es deren drei, ohne dass jene dann wesentlich besser seien.</p><lb/> <p>Nichts machte ihm also den Abschied schwer, als er das Seminar verliess, bis auf seinen Lehrer der deutschen Sprache, Dreist, dem Wander manche Anregung verdankte. Director Hoffmann theilte nach Beendigung der Studien Wander mit, er sei als Hülfslehrer nach Giesmannsdorf, Kreis Bunzlau, vorgeschlagen. „Wollen Sie hingehen?“ fuhr er fort; „Sie werden allerdings eine schwierige Stellung dort haben. Die Gemeinde ist gegen den neuen Cantor höchst aufgeregt und überdies ist der Pastor Puschmann ein entschiedener Gegner unserer Anstalt. Aber wir haben aus guten Gründen gerade Sie dahin bestimmt und können füglich nicht einen andern Seminaristen an diesen Ort schicken.“</p><lb/> <p>In dieser Eröffnung lag so viel ehrenvolles Vertrauen, dass Wander ganz überrascht war, eine solche Würdigung zu erfahren.</p><lb/> <p>Wie hatte sich der Cantor von Giesmannsdorf das Mistrauen der Gemeinde zugezogen? Wider Willen. Er war einfach seinem Mitbewerber um die Cantorstelle, dem Sohne des letzten </p> </div> </front> </text> </TEI> [VIII/0006]
Wohl vorbereitet fuhr Wander am 17. April 1822 von Ludwigsdorf zur Aufnahmsprüfung nach Bunzlau, von dem Wunsche begleitet, er möge nach Beendigung seines Seminar-Cursus an den Ort seiner bisherigen, so erspriesslichen Wirksamkeit zurückkehren. Wie ganz anders würde sich in diesem Falle seine Laufbahn gestaltet haben!
Diesmal bestand Wander die Prüfung mit Leichtigkeit. Darauf wurde ihm nebst einigen Collegen ein schönes Zimmer des sogenannten „Neuen Hauses“ und zwar Nr. 37 im 2. Stock als Wohnung angewiesen. Das Haus befriedigte Wander in hohem Grade; er sagt hierüber: „Vielleicht gibt es kein Seminar für Volksschullehrer mit gleich angenehmer und zweckmässiger Einrichtung.“ Alles in allem zahlte der Seminarist jährlich 36 Thaler. Doch nur wenige zahlten so viel; den meisten wurde die Hälfte oder ein Theil dieses Betrags erlassen.
Nicht so günstig urtheilt Wander über das, was er sonst noch hier angetroffen und erfahren hat. So kehrte ihm die Wassersuppe mit Hafergrütze zu häufig wieder; es gefiel ihm nicht, dass keine der lebenden Sprachen im Seminar gelehrt und von den deutschen Classikern auch nicht einer gelesen wurde. Eine einzige Stube beschäftigte sich privatim mit deutscher Literatur; es war die, die er selbst bewohnte und die man deshalb die deutsche Stube nannte. Am meisten widerte Wander die Einführung von Stubenandachten an, die in ihm so reagirten, dass er gesteht: „Das pietistische Bunzlau machte mich zum Rationalisten.“
An Kurzweil und Scherzen fehlte es, besonders in der Dämmerungsstunde, hier nicht. Das machte den Aufenthalt im Seminar einigermassen angenehm. Weniger Anklang fand bei den jungen Leuten dieses Instituts das gleichmässige Frühaufstehen zur Sommers-und Winterszeit. Auch Wander hätte manchmal gern noch weitergeschlafen, wenn das Zeichen schon gegeben war, und wenn er je den Wunsch nach einem Aufseheramte gehabt hätte, wäre er am liebsten Schlafsaalaufseher geworden, um – selbst recht lange schlafen zu können.
Hier im Seminar steigerte sich in Wander auch die Liebe zum Sprichwort, als er Sailer's „Weisheit auf der Gasse“ las. Er nahm Klopstock zur Hand, versuchte sich selbst im Versemachen und in neuen Versformen. Als am 3. Februar 1824 der Director des Lehrerseminars sein Geburtsfest beging, wurde ihm ein Festgedicht überreicht, das Wander zum Verfasser hatte. Dafür rief ihn Director Hoffmann auf sein Zimmer und drückte ihm seine grosse Freude darüber aus.
Es war indess nicht das erste mal, dass der Director und sein Zögling einander hier begegneten. Wander hatte einmal etwas zu laut gegen „Seine Majestät den Teufel“ und gegen die Wunder gesprochen, was Hoffmann auf Umwegen vernommen; er beschied den Sprecher zu sich und gab ihm ein Buch in die Hand, das zwar nicht viel half, aber ihn doch bewog, aus Liebe zum Director künftighin ruhiger zu sein.
Nach eigener Aussage hat sich Wander im Seminar nie so recht wohl befunden; er stand zwar mit allen Seminaristen auf gutem Fusse, aber Freunde im engeren Sinn besass er nur wenige, da er kein Allerweltsfreund sein konnte und ebenso wenig Allerweltsfreunde haben wollte. Der Geist pädagogischer Bildung wehte ihm hier zu schwach; er fand, dass manches Seminar, anstatt Lehrer zu bilden, Schulmeister fabricire. Man lege sie wie Essiggurken ein und in zwei Jahren seien sie fertig; an andern Orten dauere es deren drei, ohne dass jene dann wesentlich besser seien.
Nichts machte ihm also den Abschied schwer, als er das Seminar verliess, bis auf seinen Lehrer der deutschen Sprache, Dreist, dem Wander manche Anregung verdankte. Director Hoffmann theilte nach Beendigung der Studien Wander mit, er sei als Hülfslehrer nach Giesmannsdorf, Kreis Bunzlau, vorgeschlagen. „Wollen Sie hingehen?“ fuhr er fort; „Sie werden allerdings eine schwierige Stellung dort haben. Die Gemeinde ist gegen den neuen Cantor höchst aufgeregt und überdies ist der Pastor Puschmann ein entschiedener Gegner unserer Anstalt. Aber wir haben aus guten Gründen gerade Sie dahin bestimmt und können füglich nicht einen andern Seminaristen an diesen Ort schicken.“
In dieser Eröffnung lag so viel ehrenvolles Vertrauen, dass Wander ganz überrascht war, eine solche Würdigung zu erfahren.
Wie hatte sich der Cantor von Giesmannsdorf das Mistrauen der Gemeinde zugezogen? Wider Willen. Er war einfach seinem Mitbewerber um die Cantorstelle, dem Sohne des letzten
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