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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.

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Reiser.

* Schaff dich aus den Reisern.


Reisholz.

Nach Reisholz schickest du ihn aus; er bringt dir Blumen in das Haus. - Schuller, 47.


Reisig.

4 Dürres Reisig gibt dem matten Brande neues Leben.


Reisige.

Wenn zehntausend reisiger seind, so seind zwanzigtausend metzen darbey. - Pauli, Schimpff und Ernst, XCIIIb.

"So weit ging damals die weibliche Reisläuferei." (Rochholz, Deutscher Glaube, II, 295.)


Reissaus.

*3 Er nimmt Reissaus wie der Hausen vorm Stierl.

Sagen die Donaufischer von einem furchtsamen grossen Manne, der sich leicht in die Flucht schlagen lässt. Die Hausen sind trotz ihrer der Länge des Leibes entsprechenden Muskelkraft doch sehr feige; es schlägt der 60-90 cm. lange Sterlet (Stierl) nicht selten den gewaltigen Hausen in die Flucht.


Reissen.

11 Loat 't reiten, söä' Neumann, fünf Schoape un enen Wulf; beiten se 'n dodt, so beiten se 'n dodt. - Schlingmann, 1073.

*12 Man reisst sich darum, wie ums sauere Bier.

Um das sich wol niemand reisst; also spottweise von etwas, um das sich niemand reisst.

*13 Sich um jemand reissen wie um einen dreckigen Stecken. - Larisch, 31.

Die Belegstelle lautet: "Uem dan alden Wittmon is ej Gerejsse wie üm en drackichen Stacken."


Reiten.

77 Hinten nach reitet der Dechant. (Rheinpfalz.)


Reiter.

53 Ein feiger Reiter gebraucht lieber die Sporen als das Schwert.

54 Einem wackern Reiter fehlt die Lanze nicht.

It.: A buon cavalier non manca lancia. (Giani, 331.)

55 Reiter zu Pferd! Der Sattel ist leer. Möcht doch gern wissen, wohin's Reiterl gleich wär! Nach Klein-Schönhof ist's gelaufen, that's Hemdlein versaufen. Hat's Röcklein verbrannt! Ist nackend heimgerannt! - Egerbote, 1877.

Kinderschaukellied aus der Podersam-Saazer Gegend.

56 Reiter zu Pferd, Sattel verkehrt! Ist der Schwed gekommen, hat alles mitgenommen, hat die Fenster eingeschlagen, hat's Blei davongetragen, hat Kugeln draus 'gossen, und die Bauern erschossen. - Egerbote, 1877.

Schwedensprüchlein aus der Zeit des Dreissigjährigen Kriegs in der Umgegend von Hauenstein.

57 Reiter, Säuffer und Jäger sind die angenehmsten Hofleute. - Wirth, I, 214.


Reizen.

2 Drei soll man nicht reizen: einen jungen Heiden, eine junge Schlange und einen jugendlichen Schüler. - Löwenheim, 75, 295.


Rekel.

*2 Er ist ein bartscher Rekel. - Frischbier, I, 248.

Am bartner Amte befindet sich auf einer wallartigen Erhöhung eine dem Bartenstein (s. Bartel 5, Ergänz.) ähnliches, in roher Weise gearbeitetes Steinbild, das Brustbild eines Menschen darstellend. Dies Bild führt allgemein den Namen: "der bartsche Rekel." Man sagt, es soll das Bild des Erbauers der Burg sein. Grober Rekel sagt man von jemand, der einen groben Spass macht.


Religion.

12 Das ist eine schlechte Religion, sagte der Communist, die nicht in der Woche sieben Feiertage hat.

13 Religion ist die Trösterin der Leidenden.

Lat.: Miseris colendos maxime superos reor. (Philippi, I, 252.)


Rempel.

* Es ist ein Rempel. - Jarisch, 35.

In Böhmen zur Bezeichnung eines kleinen dicken Mannes.


Renn-um-den-Altar.

* Renne-um-den-Altar. - Freybe, Redentiner Spiel, 1832.

Altar, nd. olter, renne-umme-id-olter, heisst der Geistliche, weil er in der Messe von einer Seite des Altars zur andern geht. Vgl. alterwieker = Altarzauberer.


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Reptilienfond.

* Aus dem Reptilienfond schöpfen.

In Bezug auf Zeitschriften, die von der Staatsregierung unterstützt werden, um für ihre Zwecke auf die öffentliche Meinung einzuwirken. Der Ausdruck wird auf eine Aeusserung des Fürsten Bismarck zurückgeführt, die er in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 30. Januar 1869 bei der Debatte über die Verordnung, betreffend die Beschlagnahme des Vermögens des Königs von Hannover, gethan hat. Nach dem stenographischen Bericht lauten seine Worte: "Dieser Thatsache gegenüber sprechen Sie doch nicht von Spionirwesen. Ich bin meiner Natur nach nicht zum Spion geboren; aber ich glaube, wir verdienen Ihren Dank, wenn wir uns dazu hergeben, bösartige Reptilien zu verfolgen bis in ihre Höhlen hinein, um zu beobachten, was sie treiben."


Republik.

2 Die Republik ist ein undankbares Thier. - Kornmann, V, 10.

Lat.: Respublica ingrata bestia.


Republikaner.

Ich bin Republikaner, ich bin Royalist, ich fahre für beide Parteien, wie's passt mir, den Mist.

Lat.: Pompejanus ero, si vicerit omnia Magnus, omnia si Caesar, Caesarianus ero. (Martial.)


Res.

Id est alia res, so sagt schon Aristoteles. - Allotria, 64.


Respe.

Respe, Trespe, Vogelwicken kannst du zu den Pfaffen schicken. - Junker und Pfaffen, II, 185.


Respondiren.

* Er respondirt aus dem Tacito. - Monatsblätter, VI, 190, 28.

Er weiss nichts zu sagen, er schweigt.


Rest.

9 Der Rest ist Schweigen.

Wenn man weiter nichts sagen kann oder - will. Die letzten Worte des Hamlet in Shakespeare's gleichnamiger Tragödie (V, 2).


Retardat.

*2 Er ist ins retardat gerathen. - Dietrich, 170.

In Rückgang gekommen.


Rettich (Name).

* Die Rettich tauft.

Eine wiener Redensart, deren Entstehung folgende ist. Friedrich Halm war der ungeschickteste Titelerfinder, den man sich denken kann; der feinfühlende Poet war nicht im Stande, für seine Stücke einen aus der Handlung des Gedichts entspringenden geeigneten Titel zu finden; ebenso konnte er stundenlang über die Taufnamen der Heldinnen seiner Stücke brüten. Stundenlang sass er im Hause der Familie Rettich, mit Julie, seiner langjährigen Freundin, über Namen und Titel disputirend. Sobald Halm die Idee eines Stücks hatte und ans Schreiben ging, stand der arme Rettich Qualen aus. Halm pflegte nämlich stets vormittags seine Besuche im Rettich'schen Hause abzustatten, um über Stoff, Titel und Taufnamen seiner Helden und Heldinnen zu plaudern. Frau Rettich, welche nicht nur eine grosse Künstlerin und gute Mutter, sondern auch eine vortreffliche Hausfrau war, versäumte ob dieses Besuchs das Hauswesen, welches sie selbst gern besorgte. Eines Tags - Halm war im Begriffe eine neue Tragödie zu schreiben - erschien Rettich plötzlich, um zu speisen, im Hotel Matschaker-Hof. "Alle Wetter, Freund!" frug ihn der Schauspieler Ludwig Löwe, "wie kommt Saul unter die Propheten? Wie Rettich an die Table d'hote?" Geheimnissvoll neigte sich Rettich an Löwe's Ohr und flüsterte: "Ich kann nicht daheim speisen, meine Frau tauft!" Ganz verwundert blickte Löwe seinen Collegen an. "Tauft? davon erfährt man ja gar nichts - und Du bist nicht dabei?" "Ich?" fragte Rettich, sich die Serviette bindend, "wozu? Halm und meine Frau besorgen das Geschäft schon allein!" Lange Zeit blieb dieser Satz: "Die Rettich tauft!" in Wien ein boshaftes Sprichwort. (Nach einem Feuilleton der Frankfurter Zeitung im Karlsbader Wochenblatt, 1878, Nr. 37.)


Reue.

56 Reue bringt Scheue und zuletzt Untreue. - Scharfenberg, Historie, 151.

57 Reu vnd tränen Gott versönen. - Oesterr. Blätter, II, 643.

58 Was mit Reue zu bezahlen ist, soll man meiden, und thun, was man nie zu bereuen braucht.

Lat.: Cujus poenitebit taedeat; cujus pudebit pigeat. (Sailer, Sprüche, 116, 77.)


Reuse.

*5 Er ist in der Reissen. (S. Garn 56, Reuse 2, Zwickmühle 4.) - Lehmann, 244, 1.


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Reiser.

* Schaff dich aus den Reisern.


Reisholz.

Nach Reisholz schickest du ihn aus; er bringt dir Blumen in das Haus.Schuller, 47.


Reisig.

4 Dürres Reisig gibt dem matten Brande neues Leben.


Reisige.

Wenn zehntausend reisiger seind, so seind zwanzigtausend metzen darbey.Pauli, Schimpff und Ernst, XCIIIb.

„So weit ging damals die weibliche Reisläuferei.“ (Rochholz, Deutscher Glaube, II, 295.)


Reissaus.

*3 Er nimmt Reissaus wie der Hausen vorm Stierl.

Sagen die Donaufischer von einem furchtsamen grossen Manne, der sich leicht in die Flucht schlagen lässt. Die Hausen sind trotz ihrer der Länge des Leibes entsprechenden Muskelkraft doch sehr feige; es schlägt der 60-90 cm. lange Sterlet (Stierl) nicht selten den gewaltigen Hausen in die Flucht.


Reissen.

11 Loat 't rîten, söä' Neumann, fünf Schoape un ênen Wulf; bîten se 'n dodt, so bîten se 'n dodt.Schlingmann, 1073.

*12 Man reisst sich darum, wie ums sauere Bier.

Um das sich wol niemand reisst; also spottweise von etwas, um das sich niemand reisst.

*13 Sich um jemand reissen wie um einen dreckigen Stecken.Larisch, 31.

Die Belegstelle lautet: „Uem dan alden Wittmon is ej Gerejsse wie üm en drackichen Stacken.“


Reiten.

77 Hinten nach reitet der Dechant. (Rheinpfalz.)


Reiter.

53 Ein feiger Reiter gebraucht lieber die Sporen als das Schwert.

54 Einem wackern Reiter fehlt die Lanze nicht.

It.: A buon cavalier non manca lancia. (Giani, 331.)

55 Reiter zu Pferd! Der Sattel ist leer. Möcht doch gern wissen, wohin's Reiterl gleich wär! Nach Klein-Schönhof ist's gelaufen, that's Hemdlein versaufen. Hat's Röcklein verbrannt! Ist nackend heimgerannt!Egerbote, 1877.

Kinderschaukellied aus der Podersam-Saazer Gegend.

56 Reiter zu Pferd, Sattel verkehrt! Ist der Schwed gekommen, hat alles mitgenommen, hat die Fenster eingeschlagen, hat's Blei davongetragen, hat Kugeln draus 'gossen, und die Bauern erschossen.Egerbote, 1877.

Schwedensprüchlein aus der Zeit des Dreissigjährigen Kriegs in der Umgegend von Hauenstein.

57 Reiter, Säuffer und Jäger sind die angenehmsten Hofleute.Wirth, I, 214.


Reizen.

2 Drei soll man nicht reizen: einen jungen Heiden, eine junge Schlange und einen jugendlichen Schüler.Löwenheim, 75, 295.


Rekel.

*2 Er ist ein bartscher Rekel.Frischbier, I, 248.

Am bartner Amte befindet sich auf einer wallartigen Erhöhung eine dem Bartenstein (s. Bartel 5, Ergänz.) ähnliches, in roher Weise gearbeitetes Steinbild, das Brustbild eines Menschen darstellend. Dies Bild führt allgemein den Namen: „der bartsche Rekel.“ Man sagt, es soll das Bild des Erbauers der Burg sein. Grober Rekel sagt man von jemand, der einen groben Spass macht.


Religion.

12 Das ist eine schlechte Religion, sagte der Communist, die nicht in der Woche sieben Feiertage hat.

13 Religion ist die Trösterin der Leidenden.

Lat.: Miseris colendos maxime superos reor. (Philippi, I, 252.)


Rempel.

* Es ist ein Rempel.Jarisch, 35.

In Böhmen zur Bezeichnung eines kleinen dicken Mannes.


Renn-um-den-Altar.

* Renne-um-den-Altar.Freybe, Redentiner Spiel, 1832.

Altar, nd. olter, renne-umme-id-olter, heisst der Geistliche, weil er in der Messe von einer Seite des Altars zur andern geht. Vgl. alterwieker = Altarzauberer.


[Spaltenumbruch]
Reptilienfond.

* Aus dem Reptilienfond schöpfen.

In Bezug auf Zeitschriften, die von der Staatsregierung unterstützt werden, um für ihre Zwecke auf die öffentliche Meinung einzuwirken. Der Ausdruck wird auf eine Aeusserung des Fürsten Bismarck zurückgeführt, die er in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 30. Januar 1869 bei der Debatte über die Verordnung, betreffend die Beschlagnahme des Vermögens des Königs von Hannover, gethan hat. Nach dem stenographischen Bericht lauten seine Worte: „Dieser Thatsache gegenüber sprechen Sie doch nicht von Spionirwesen. Ich bin meiner Natur nach nicht zum Spion geboren; aber ich glaube, wir verdienen Ihren Dank, wenn wir uns dazu hergeben, bösartige Reptilien zu verfolgen bis in ihre Höhlen hinein, um zu beobachten, was sie treiben.“


Republik.

2 Die Republik ist ein undankbares Thier.Kornmann, V, 10.

Lat.: Respublica ingrata bestia.


Republikaner.

Ich bin Republikaner, ich bin Royalist, ich fahre für beide Parteien, wie's passt mir, den Mist.

Lat.: Pompejanus ero, si vicerit omnia Magnus, omnia si Caesar, Caesarianus ero. (Martial.)


Res.

Id est alia res, so sagt schon Aristoteles.Allotria, 64.


Respe.

Respe, Trespe, Vogelwicken kannst du zu den Pfaffen schicken.Junker und Pfaffen, II, 185.


Respondiren.

* Er respondirt aus dem Tacito.Monatsblätter, VI, 190, 28.

Er weiss nichts zu sagen, er schweigt.


Rest.

9 Der Rest ist Schweigen.

Wenn man weiter nichts sagen kann oder – will. Die letzten Worte des Hamlet in Shakespeare's gleichnamiger Tragödie (V, 2).


Retardat.

*2 Er ist ins retardat gerathen.Dietrich, 170.

In Rückgang gekommen.


Rettich (Name).

* Die Rettich tauft.

Eine wiener Redensart, deren Entstehung folgende ist. Friedrich Halm war der ungeschickteste Titelerfinder, den man sich denken kann; der feinfühlende Poet war nicht im Stande, für seine Stücke einen aus der Handlung des Gedichts entspringenden geeigneten Titel zu finden; ebenso konnte er stundenlang über die Taufnamen der Heldinnen seiner Stücke brüten. Stundenlang sass er im Hause der Familie Rettich, mit Julie, seiner langjährigen Freundin, über Namen und Titel disputirend. Sobald Halm die Idee eines Stücks hatte und ans Schreiben ging, stand der arme Rettich Qualen aus. Halm pflegte nämlich stets vormittags seine Besuche im Rettich'schen Hause abzustatten, um über Stoff, Titel und Taufnamen seiner Helden und Heldinnen zu plaudern. Frau Rettich, welche nicht nur eine grosse Künstlerin und gute Mutter, sondern auch eine vortreffliche Hausfrau war, versäumte ob dieses Besuchs das Hauswesen, welches sie selbst gern besorgte. Eines Tags – Halm war im Begriffe eine neue Tragödie zu schreiben – erschien Rettich plötzlich, um zu speisen, im Hotel Matschaker-Hof. „Alle Wetter, Freund!“ frug ihn der Schauspieler Ludwig Löwe, „wie kommt Saul unter die Propheten? Wie Rettich an die Table d'hôte?“ Geheimnissvoll neigte sich Rettich an Löwe's Ohr und flüsterte: „Ich kann nicht daheim speisen, meine Frau tauft!“ Ganz verwundert blickte Löwe seinen Collegen an. „Tauft? davon erfährt man ja gar nichts – und Du bist nicht dabei?“ „Ich?“ fragte Rettich, sich die Serviette bindend, „wozu? Halm und meine Frau besorgen das Geschäft schon allein!“ Lange Zeit blieb dieser Satz: „Die Rettich tauft!“ in Wien ein boshaftes Sprichwort. (Nach einem Feuilleton der Frankfurter Zeitung im Karlsbader Wochenblatt, 1878, Nr. 37.)


Reue.

56 Reue bringt Scheue und zuletzt Untreue.Scharfenberg, Historie, 151.

57 Reu vnd tränen Gott versönen.Oesterr. Blätter, II, 643.

58 Was mit Reue zu bezahlen ist, soll man meiden, und thun, was man nie zu bereuen braucht.

Lat.: Cujus poenitebit taedeat; cujus pudebit pigeat. (Sailer, Sprüche, 116, 77.)


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[[841]/0853] Reiser. * Schaff dich aus den Reisern. Reisholz. Nach Reisholz schickest du ihn aus; er bringt dir Blumen in das Haus. – Schuller, 47. Reisig. 4 Dürres Reisig gibt dem matten Brande neues Leben. Reisige. Wenn zehntausend reisiger seind, so seind zwanzigtausend metzen darbey. – Pauli, Schimpff und Ernst, XCIIIb. „So weit ging damals die weibliche Reisläuferei.“ (Rochholz, Deutscher Glaube, II, 295.) Reissaus. *3 Er nimmt Reissaus wie der Hausen vorm Stierl. Sagen die Donaufischer von einem furchtsamen grossen Manne, der sich leicht in die Flucht schlagen lässt. Die Hausen sind trotz ihrer der Länge des Leibes entsprechenden Muskelkraft doch sehr feige; es schlägt der 60-90 cm. lange Sterlet (Stierl) nicht selten den gewaltigen Hausen in die Flucht. Reissen. 11 Loat 't rîten, söä' Neumann, fünf Schoape un ênen Wulf; bîten se 'n dodt, so bîten se 'n dodt. – Schlingmann, 1073. *12 Man reisst sich darum, wie ums sauere Bier. Um das sich wol niemand reisst; also spottweise von etwas, um das sich niemand reisst. *13 Sich um jemand reissen wie um einen dreckigen Stecken. – Larisch, 31. Die Belegstelle lautet: „Uem dan alden Wittmon is ej Gerejsse wie üm en drackichen Stacken.“ Reiten. 77 Hinten nach reitet der Dechant. (Rheinpfalz.) Reiter. 53 Ein feiger Reiter gebraucht lieber die Sporen als das Schwert. 54 Einem wackern Reiter fehlt die Lanze nicht. It.: A buon cavalier non manca lancia. (Giani, 331.) 55 Reiter zu Pferd! Der Sattel ist leer. Möcht doch gern wissen, wohin's Reiterl gleich wär! Nach Klein-Schönhof ist's gelaufen, that's Hemdlein versaufen. Hat's Röcklein verbrannt! Ist nackend heimgerannt! – Egerbote, 1877. Kinderschaukellied aus der Podersam-Saazer Gegend. 56 Reiter zu Pferd, Sattel verkehrt! Ist der Schwed gekommen, hat alles mitgenommen, hat die Fenster eingeschlagen, hat's Blei davongetragen, hat Kugeln draus 'gossen, und die Bauern erschossen. – Egerbote, 1877. Schwedensprüchlein aus der Zeit des Dreissigjährigen Kriegs in der Umgegend von Hauenstein. 57 Reiter, Säuffer und Jäger sind die angenehmsten Hofleute. – Wirth, I, 214. Reizen. 2 Drei soll man nicht reizen: einen jungen Heiden, eine junge Schlange und einen jugendlichen Schüler. – Löwenheim, 75, 295. Rekel. *2 Er ist ein bartscher Rekel. – Frischbier, I, 248. Am bartner Amte befindet sich auf einer wallartigen Erhöhung eine dem Bartenstein (s. Bartel 5, Ergänz.) ähnliches, in roher Weise gearbeitetes Steinbild, das Brustbild eines Menschen darstellend. Dies Bild führt allgemein den Namen: „der bartsche Rekel.“ Man sagt, es soll das Bild des Erbauers der Burg sein. Grober Rekel sagt man von jemand, der einen groben Spass macht. Religion. 12 Das ist eine schlechte Religion, sagte der Communist, die nicht in der Woche sieben Feiertage hat. 13 Religion ist die Trösterin der Leidenden. Lat.: Miseris colendos maxime superos reor. (Philippi, I, 252.) Rempel. * Es ist ein Rempel. – Jarisch, 35. In Böhmen zur Bezeichnung eines kleinen dicken Mannes. Renn-um-den-Altar. * Renne-um-den-Altar. – Freybe, Redentiner Spiel, 1832. Altar, nd. olter, renne-umme-id-olter, heisst der Geistliche, weil er in der Messe von einer Seite des Altars zur andern geht. Vgl. alterwieker = Altarzauberer. Reptilienfond. * Aus dem Reptilienfond schöpfen. In Bezug auf Zeitschriften, die von der Staatsregierung unterstützt werden, um für ihre Zwecke auf die öffentliche Meinung einzuwirken. Der Ausdruck wird auf eine Aeusserung des Fürsten Bismarck zurückgeführt, die er in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 30. Januar 1869 bei der Debatte über die Verordnung, betreffend die Beschlagnahme des Vermögens des Königs von Hannover, gethan hat. Nach dem stenographischen Bericht lauten seine Worte: „Dieser Thatsache gegenüber sprechen Sie doch nicht von Spionirwesen. Ich bin meiner Natur nach nicht zum Spion geboren; aber ich glaube, wir verdienen Ihren Dank, wenn wir uns dazu hergeben, bösartige Reptilien zu verfolgen bis in ihre Höhlen hinein, um zu beobachten, was sie treiben.“ Republik. 2 Die Republik ist ein undankbares Thier. – Kornmann, V, 10. Lat.: Respublica ingrata bestia. Republikaner. Ich bin Republikaner, ich bin Royalist, ich fahre für beide Parteien, wie's passt mir, den Mist. Lat.: Pompejanus ero, si vicerit omnia Magnus, omnia si Caesar, Caesarianus ero. (Martial.) Res. Id est alia res, so sagt schon Aristoteles. – Allotria, 64. Respe. Respe, Trespe, Vogelwicken kannst du zu den Pfaffen schicken. – Junker und Pfaffen, II, 185. Respondiren. * Er respondirt aus dem Tacito. – Monatsblätter, VI, 190, 28. Er weiss nichts zu sagen, er schweigt. Rest. 9 Der Rest ist Schweigen. Wenn man weiter nichts sagen kann oder – will. Die letzten Worte des Hamlet in Shakespeare's gleichnamiger Tragödie (V, 2). Retardat. *2 Er ist ins retardat gerathen. – Dietrich, 170. In Rückgang gekommen. Rettich (Name). * Die Rettich tauft. Eine wiener Redensart, deren Entstehung folgende ist. Friedrich Halm war der ungeschickteste Titelerfinder, den man sich denken kann; der feinfühlende Poet war nicht im Stande, für seine Stücke einen aus der Handlung des Gedichts entspringenden geeigneten Titel zu finden; ebenso konnte er stundenlang über die Taufnamen der Heldinnen seiner Stücke brüten. Stundenlang sass er im Hause der Familie Rettich, mit Julie, seiner langjährigen Freundin, über Namen und Titel disputirend. Sobald Halm die Idee eines Stücks hatte und ans Schreiben ging, stand der arme Rettich Qualen aus. Halm pflegte nämlich stets vormittags seine Besuche im Rettich'schen Hause abzustatten, um über Stoff, Titel und Taufnamen seiner Helden und Heldinnen zu plaudern. Frau Rettich, welche nicht nur eine grosse Künstlerin und gute Mutter, sondern auch eine vortreffliche Hausfrau war, versäumte ob dieses Besuchs das Hauswesen, welches sie selbst gern besorgte. Eines Tags – Halm war im Begriffe eine neue Tragödie zu schreiben – erschien Rettich plötzlich, um zu speisen, im Hotel Matschaker-Hof. „Alle Wetter, Freund!“ frug ihn der Schauspieler Ludwig Löwe, „wie kommt Saul unter die Propheten? Wie Rettich an die Table d'hôte?“ Geheimnissvoll neigte sich Rettich an Löwe's Ohr und flüsterte: „Ich kann nicht daheim speisen, meine Frau tauft!“ Ganz verwundert blickte Löwe seinen Collegen an. „Tauft? davon erfährt man ja gar nichts – und Du bist nicht dabei?“ „Ich?“ fragte Rettich, sich die Serviette bindend, „wozu? Halm und meine Frau besorgen das Geschäft schon allein!“ Lange Zeit blieb dieser Satz: „Die Rettich tauft!“ in Wien ein boshaftes Sprichwort. (Nach einem Feuilleton der Frankfurter Zeitung im Karlsbader Wochenblatt, 1878, Nr. 37.) Reue. 56 Reue bringt Scheue und zuletzt Untreue. – Scharfenberg, Historie, 151. 57 Reu vnd tränen Gott versönen. – Oesterr. Blätter, II, 643. 58 Was mit Reue zu bezahlen ist, soll man meiden, und thun, was man nie zu bereuen braucht. Lat.: Cujus poenitebit taedeat; cujus pudebit pigeat. (Sailer, Sprüche, 116, 77.) Reuse. *5 Er ist in der Reissen. (S. Garn 56, Reuse 2, Zwickmühle 4.) – Lehmann, 244, 1.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880, S. [841]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon05_1880/853>, abgerufen am 22.11.2024.