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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 1. Die Constructionen in Holz. Halle (Saale), 1877.

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Die Dachgerüste.
vom Architecten Hauers entworfene und im Jahre 1864 ausgeführte
Turnhalle in Hannover. Der Turnsaal hat eine Länge von 30m
und eine Breite von 19,7m; er ist bis zum Kämpfer des mittleren
spitzbogigen Brettergewölbes 5,9m hoch. In der Verbindung mit
der Vorhalle, dem Fechtsaale und dem Berathungszimmer ist an der
Schmalseite der Halle (siehe Fig. 395) in Fußbodenhöhe des zweiten
Geschosses des Vorderbaues eine Empore für Zuschauer in 3m Breite
angeordnet. Das ganze Gebäude ist in gothischem Style in engem
Anschlusse an die Construktionen des im Mittelalter so eigenartig
entwickelten norddeutschen Backsteinbaues ausgeführt. Die Con-
struktion selbst besteht hauptsächlich aus kräftigen Sprengstreben,
welche sich gegen breite Ziegelstein-Widerlager stützen. Mittelst
Zangen und Stielen werden die Dachfetten unterstützt, und die
bogenförmig ausgeschnittenen Hölzer sprengen die Construktion bogen-
artig ab.

Sämmtliches Holzwerk der sichtbaren Dachconstruktionen wurde
sauber abgehobelt und durch einen durchsichtigen Firniß-, Lack- resp.
Wachsanstrich geschützt. Auf diesen Grundton ist dann die decora-
tive reich auftretende Malerei mit reinen Farben und Gold aus-
geführt. Das Dach ist mit Dachpfannen eingedeckt.

Da Behufs möglichst freier Benutzung der der Heizbarkeit und
Kosten wegen nicht allzu hoch auszuführenden Turnhalle durchgehende
Balken oder Zugstangen in derselben vermieden werden sollten, war
eine starke Widerlagsconstruktion gegen den Schub des ganz in
Holz ausgeführten Dachstuhles erforderlich, und erschien es zweck-
mäßig, das Widerlager theilweise in die Halle hineinzuziehen und
in derselben als Stützen in 0,9 Meter Entfernung von der Wand
zwei Stein starke Backsteinsäulen anzuordnen. Diese sind in Längen-
richtung der Halle mittelst Gurtbogen mit einander verbunden und
tragen zunächst die eigentliche Stützmauer der Dachconstruktion. Die
zwischen dieser und der Außenmauer sich bildenden Joche wurden
mit 1/2 Stein starken spitzbogigen Tonnengewölben, deren Gewicht
das Widerlager vermehrt, überdeckt. Behufs thunli[ - 2 Zeichen fehlen]ter Vermin-
derung der Höhe der Außenmauer wurde dieselbe in den einzelnen
Jochen entsprechende Giebel aufgelöst, deren hinterliegende Dächer
in das Hauptdach der Halle einschneiden. Die Abwässerung erfolgt
zwischen diesen kleinen Dächern durch offene in Wasserspeier endende
Rinnen, welche auf der schrägen Abdeckung der Strebepfeiler ruhen

Die Dachgerüſte.
vom Architecten Hauers entworfene und im Jahre 1864 ausgeführte
Turnhalle in Hannover. Der Turnſaal hat eine Länge von 30m
und eine Breite von 19,7m; er iſt bis zum Kämpfer des mittleren
ſpitzbogigen Brettergewölbes 5,9m hoch. In der Verbindung mit
der Vorhalle, dem Fechtſaale und dem Berathungszimmer iſt an der
Schmalſeite der Halle (ſiehe Fig. 395) in Fußbodenhöhe des zweiten
Geſchoſſes des Vorderbaues eine Empore für Zuſchauer in 3m Breite
angeordnet. Das ganze Gebäude iſt in gothiſchem Style in engem
Anſchluſſe an die Conſtruktionen des im Mittelalter ſo eigenartig
entwickelten norddeutſchen Backſteinbaues ausgeführt. Die Con-
ſtruktion ſelbſt beſteht hauptſächlich aus kräftigen Sprengſtreben,
welche ſich gegen breite Ziegelſtein-Widerlager ſtützen. Mittelſt
Zangen und Stielen werden die Dachfetten unterſtützt, und die
bogenförmig ausgeſchnittenen Hölzer ſprengen die Conſtruktion bogen-
artig ab.

Sämmtliches Holzwerk der ſichtbaren Dachconſtruktionen wurde
ſauber abgehobelt und durch einen durchſichtigen Firniß-, Lack- reſp.
Wachsanſtrich geſchützt. Auf dieſen Grundton iſt dann die decora-
tive reich auftretende Malerei mit reinen Farben und Gold aus-
geführt. Das Dach iſt mit Dachpfannen eingedeckt.

Da Behufs möglichſt freier Benutzung der der Heizbarkeit und
Koſten wegen nicht allzu hoch auszuführenden Turnhalle durchgehende
Balken oder Zugſtangen in derſelben vermieden werden ſollten, war
eine ſtarke Widerlagsconſtruktion gegen den Schub des ganz in
Holz ausgeführten Dachſtuhles erforderlich, und erſchien es zweck-
mäßig, das Widerlager theilweiſe in die Halle hineinzuziehen und
in derſelben als Stützen in 0,9 Meter Entfernung von der Wand
zwei Stein ſtarke Backſteinſäulen anzuordnen. Dieſe ſind in Längen-
richtung der Halle mittelſt Gurtbogen mit einander verbunden und
tragen zunächſt die eigentliche Stützmauer der Dachconſtruktion. Die
zwiſchen dieſer und der Außenmauer ſich bildenden Joche wurden
mit ½ Stein ſtarken ſpitzbogigen Tonnengewölben, deren Gewicht
das Widerlager vermehrt, überdeckt. Behufs thunli[ – 2 Zeichen fehlen]ter Vermin-
derung der Höhe der Außenmauer wurde dieſelbe in den einzelnen
Jochen entſprechende Giebel aufgelöſt, deren hinterliegende Dächer
in das Hauptdach der Halle einſchneiden. Die Abwäſſerung erfolgt
zwiſchen dieſen kleinen Dächern durch offene in Waſſerſpeier endende
Rinnen, welche auf der ſchrägen Abdeckung der Strebepfeiler ruhen

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[263/0275] Die Dachgerüſte. vom Architecten Hauers entworfene und im Jahre 1864 ausgeführte Turnhalle in Hannover. Der Turnſaal hat eine Länge von 30m und eine Breite von 19,7m; er iſt bis zum Kämpfer des mittleren ſpitzbogigen Brettergewölbes 5,9m hoch. In der Verbindung mit der Vorhalle, dem Fechtſaale und dem Berathungszimmer iſt an der Schmalſeite der Halle (ſiehe Fig. 395) in Fußbodenhöhe des zweiten Geſchoſſes des Vorderbaues eine Empore für Zuſchauer in 3m Breite angeordnet. Das ganze Gebäude iſt in gothiſchem Style in engem Anſchluſſe an die Conſtruktionen des im Mittelalter ſo eigenartig entwickelten norddeutſchen Backſteinbaues ausgeführt. Die Con- ſtruktion ſelbſt beſteht hauptſächlich aus kräftigen Sprengſtreben, welche ſich gegen breite Ziegelſtein-Widerlager ſtützen. Mittelſt Zangen und Stielen werden die Dachfetten unterſtützt, und die bogenförmig ausgeſchnittenen Hölzer ſprengen die Conſtruktion bogen- artig ab. Sämmtliches Holzwerk der ſichtbaren Dachconſtruktionen wurde ſauber abgehobelt und durch einen durchſichtigen Firniß-, Lack- reſp. Wachsanſtrich geſchützt. Auf dieſen Grundton iſt dann die decora- tive reich auftretende Malerei mit reinen Farben und Gold aus- geführt. Das Dach iſt mit Dachpfannen eingedeckt. Da Behufs möglichſt freier Benutzung der der Heizbarkeit und Koſten wegen nicht allzu hoch auszuführenden Turnhalle durchgehende Balken oder Zugſtangen in derſelben vermieden werden ſollten, war eine ſtarke Widerlagsconſtruktion gegen den Schub des ganz in Holz ausgeführten Dachſtuhles erforderlich, und erſchien es zweck- mäßig, das Widerlager theilweiſe in die Halle hineinzuziehen und in derſelben als Stützen in 0,9 Meter Entfernung von der Wand zwei Stein ſtarke Backſteinſäulen anzuordnen. Dieſe ſind in Längen- richtung der Halle mittelſt Gurtbogen mit einander verbunden und tragen zunächſt die eigentliche Stützmauer der Dachconſtruktion. Die zwiſchen dieſer und der Außenmauer ſich bildenden Joche wurden mit ½ Stein ſtarken ſpitzbogigen Tonnengewölben, deren Gewicht das Widerlager vermehrt, überdeckt. Behufs thunli__ter Vermin- derung der Höhe der Außenmauer wurde dieſelbe in den einzelnen Jochen entſprechende Giebel aufgelöſt, deren hinterliegende Dächer in das Hauptdach der Halle einſchneiden. Die Abwäſſerung erfolgt zwiſchen dieſen kleinen Dächern durch offene in Waſſerſpeier endende Rinnen, welche auf der ſchrägen Abdeckung der Strebepfeiler ruhen

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 1. Die Constructionen in Holz. Halle (Saale), 1877, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre01_1877/275>, abgerufen am 24.11.2024.