Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 1. Die Constructionen in Holz. Halle (Saale), 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünftes Kapitel.
zwischen den einzelnen Bögen würde es sich jedoch empfehlen, die
Bogenhölzer etwas stärker und namentlich breiter zu machen, um sie
an den Auflagern nicht zu sehr in Anspruch zu nehmen. Indeß
könnte dies schon durch eine größere Länge der Sattelhölzer zum
Theil vermieden werden. Uebrigens wurde die vorstehende Con-
struktion durch den besonderen Umstand hervorgerufen, daß man sich
entschlossen hatte, die Sandtöpfe (hiervon weiter unten) zum Aus-
rüsten zu benutzen, und es dabei von Bedeutung schien, die Haupt-
last auf die Mitte zu bringen, wohin die Cylinder gebracht wurden.

Das Ausrüsten der Gewölbe.

Die Gerüste dürfen erst fortgenommen werden, wenn der Mörtel
eine gewisse Härte erlangt hat, doch muß letzterer noch so weich
sein, daß er einem starken Drucke etwas nachgiebt und sich wenig
zusammendrückt. Das Ausrüsten geschieht nicht plötzlich, sondern
allmählig, damit das Gewölbe sich langsam setze.

Um dies bewerkstelligen zu können, geschieht das Lösen nach vier
verschiedenen Methoden:

1) mit Keilen, 2) mit Schrauben, 3) mit Sandbüchsen
und 4) mit Exzentriks.

Erstens: Das gewöhnliche und bis etwa zum Jahre 1854 fast aus-
schließlich beim Ausrüsten von Gewölben jeder Art angewandte Ver-
fahren besteht darin, daß die Leerbögen von zwei eichenen Keilen
getragen werden, welche man nach Vollendung des Gewölbes so durch
gegen dieselben geführte Schläge verschiebt, daß die Leerbögen nieder-
sinken und sich vom Gewölbe ablösen. Diese Methode war früher
selbst bei großen Brücken allgemein gebräuchlich, wird aber jetzt nur
noch
bei Gewölben im Hochbau angewendet, wo die Gewölbe
meistens nur geringe Spannweiten haben und das stoßartige Hinab-
sinken der Leergerüste ohne Nachtheil ist. Die Anbringung der Keile
kann man in den Figuren 448--450 deutlich erkennen.

Alle Gewölbe in Gebäuden werden auf diese Weise aus-
gerüstet.

Bei größeren Gewölben hingegen, wie solche bei Brücken vorkom-
men, ruht auf den Keilen ein sehr bedeutendes Gewicht, und ver-
hindert dann die starke Reibung das Gleiten der Keilflächen, so daß
ein Senken der Leerbögen nur mittelst gewaltsamer Beseitigung durch
heftige Stöße oder durch Zerstückelung unter Anwendung scharfer

Fünftes Kapitel.
zwiſchen den einzelnen Bögen würde es ſich jedoch empfehlen, die
Bogenhölzer etwas ſtärker und namentlich breiter zu machen, um ſie
an den Auflagern nicht zu ſehr in Anſpruch zu nehmen. Indeß
könnte dies ſchon durch eine größere Länge der Sattelhölzer zum
Theil vermieden werden. Uebrigens wurde die vorſtehende Con-
ſtruktion durch den beſonderen Umſtand hervorgerufen, daß man ſich
entſchloſſen hatte, die Sandtöpfe (hiervon weiter unten) zum Aus-
rüſten zu benutzen, und es dabei von Bedeutung ſchien, die Haupt-
laſt auf die Mitte zu bringen, wohin die Cylinder gebracht wurden.

Das Ausrüſten der Gewölbe.

Die Gerüſte dürfen erſt fortgenommen werden, wenn der Mörtel
eine gewiſſe Härte erlangt hat, doch muß letzterer noch ſo weich
ſein, daß er einem ſtarken Drucke etwas nachgiebt und ſich wenig
zuſammendrückt. Das Ausrüſten geſchieht nicht plötzlich, ſondern
allmählig, damit das Gewölbe ſich langſam ſetze.

Um dies bewerkſtelligen zu können, geſchieht das Löſen nach vier
verſchiedenen Methoden:

1) mit Keilen, 2) mit Schrauben, 3) mit Sandbüchſen
und 4) mit Exzentriks.

Erſtens: Das gewöhnliche und bis etwa zum Jahre 1854 faſt aus-
ſchließlich beim Ausrüſten von Gewölben jeder Art angewandte Ver-
fahren beſteht darin, daß die Leerbögen von zwei eichenen Keilen
getragen werden, welche man nach Vollendung des Gewölbes ſo durch
gegen dieſelben geführte Schläge verſchiebt, daß die Leerbögen nieder-
ſinken und ſich vom Gewölbe ablöſen. Dieſe Methode war früher
ſelbſt bei großen Brücken allgemein gebräuchlich, wird aber jetzt nur
noch
bei Gewölben im Hochbau angewendet, wo die Gewölbe
meiſtens nur geringe Spannweiten haben und das ſtoßartige Hinab-
ſinken der Leergerüſte ohne Nachtheil iſt. Die Anbringung der Keile
kann man in den Figuren 448—450 deutlich erkennen.

Alle Gewölbe in Gebäuden werden auf dieſe Weiſe aus-
gerüſtet.

Bei größeren Gewölben hingegen, wie ſolche bei Brücken vorkom-
men, ruht auf den Keilen ein ſehr bedeutendes Gewicht, und ver-
hindert dann die ſtarke Reibung das Gleiten der Keilflächen, ſo daß
ein Senken der Leerbögen nur mittelſt gewaltſamer Beſeitigung durch
heftige Stöße oder durch Zerſtückelung unter Anwendung ſcharfer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0320" n="308"/><fw place="top" type="header">Fünftes Kapitel.</fw><lb/>
zwi&#x017F;chen den einzelnen Bögen würde es &#x017F;ich jedoch empfehlen, die<lb/>
Bogenhölzer etwas &#x017F;tärker und namentlich breiter zu machen, um &#x017F;ie<lb/>
an den Auflagern nicht zu &#x017F;ehr in An&#x017F;pruch zu nehmen. Indeß<lb/>
könnte dies &#x017F;chon durch eine größere Länge der Sattelhölzer zum<lb/>
Theil vermieden werden. Uebrigens wurde die vor&#x017F;tehende Con-<lb/>
&#x017F;truktion durch den be&#x017F;onderen Um&#x017F;tand hervorgerufen, daß man &#x017F;ich<lb/>
ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hatte, die <hi rendition="#g">Sandtöpfe</hi> (hiervon weiter unten) zum Aus-<lb/>&#x017F;ten zu benutzen, und es dabei von Bedeutung &#x017F;chien, die Haupt-<lb/>
la&#x017F;t auf die Mitte zu bringen, wohin die Cylinder gebracht wurden.</p><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Das Ausrü&#x017F;ten der Gewölbe</hi>.</head><lb/>
            <p>Die Gerü&#x017F;te dürfen er&#x017F;t fortgenommen werden, wenn der Mörtel<lb/>
eine gewi&#x017F;&#x017F;e Härte erlangt hat, doch muß letzterer noch &#x017F;o weich<lb/>
&#x017F;ein, daß er einem &#x017F;tarken Drucke etwas nachgiebt und &#x017F;ich wenig<lb/>
zu&#x017F;ammendrückt. Das Ausrü&#x017F;ten ge&#x017F;chieht nicht plötzlich, &#x017F;ondern<lb/>
allmählig, damit das Gewölbe &#x017F;ich lang&#x017F;am &#x017F;etze.</p><lb/>
            <p>Um dies bewerk&#x017F;telligen zu können, ge&#x017F;chieht das Lö&#x017F;en nach vier<lb/>
ver&#x017F;chiedenen Methoden:</p><lb/>
            <p>1) mit <hi rendition="#g">Keilen</hi>, 2) mit <hi rendition="#g">Schrauben</hi>, 3) mit <hi rendition="#g">Sandbüch&#x017F;en</hi><lb/>
und 4) mit <hi rendition="#g">Exzentriks</hi>.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Er&#x017F;tens</hi>: Das gewöhnliche und bis etwa zum Jahre 1854 fa&#x017F;t aus-<lb/>
&#x017F;chließlich beim Ausrü&#x017F;ten von Gewölben jeder Art angewandte Ver-<lb/>
fahren be&#x017F;teht darin, daß die Leerbögen von zwei <hi rendition="#g">eichenen Keilen</hi><lb/>
getragen werden, welche man nach Vollendung des Gewölbes &#x017F;o durch<lb/>
gegen die&#x017F;elben geführte Schläge ver&#x017F;chiebt, daß die Leerbögen nieder-<lb/>
&#x017F;inken und &#x017F;ich vom Gewölbe ablö&#x017F;en. Die&#x017F;e Methode war früher<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t bei großen Brücken allgemein gebräuchlich, wird aber jetzt <hi rendition="#g">nur<lb/>
noch</hi> bei <hi rendition="#g">Gewölben im Hochbau</hi> angewendet, wo die Gewölbe<lb/>
mei&#x017F;tens nur geringe Spannweiten haben und das &#x017F;toßartige Hinab-<lb/>
&#x017F;inken der Leergerü&#x017F;te ohne Nachtheil i&#x017F;t. Die Anbringung der Keile<lb/>
kann man in den Figuren 448&#x2014;450 deutlich erkennen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Alle Gewölbe</hi> in <hi rendition="#g">Gebäuden</hi> werden auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e aus-<lb/>
gerü&#x017F;tet.</p><lb/>
            <p>Bei größeren Gewölben hingegen, wie &#x017F;olche bei Brücken vorkom-<lb/>
men, ruht auf den Keilen ein &#x017F;ehr bedeutendes Gewicht, und ver-<lb/>
hindert dann die &#x017F;tarke Reibung das Gleiten der Keilflächen, &#x017F;o daß<lb/>
ein Senken der Leerbögen nur mittel&#x017F;t gewalt&#x017F;amer Be&#x017F;eitigung durch<lb/>
heftige Stöße oder durch Zer&#x017F;tückelung unter Anwendung &#x017F;charfer<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[308/0320] Fünftes Kapitel. zwiſchen den einzelnen Bögen würde es ſich jedoch empfehlen, die Bogenhölzer etwas ſtärker und namentlich breiter zu machen, um ſie an den Auflagern nicht zu ſehr in Anſpruch zu nehmen. Indeß könnte dies ſchon durch eine größere Länge der Sattelhölzer zum Theil vermieden werden. Uebrigens wurde die vorſtehende Con- ſtruktion durch den beſonderen Umſtand hervorgerufen, daß man ſich entſchloſſen hatte, die Sandtöpfe (hiervon weiter unten) zum Aus- rüſten zu benutzen, und es dabei von Bedeutung ſchien, die Haupt- laſt auf die Mitte zu bringen, wohin die Cylinder gebracht wurden. Das Ausrüſten der Gewölbe. Die Gerüſte dürfen erſt fortgenommen werden, wenn der Mörtel eine gewiſſe Härte erlangt hat, doch muß letzterer noch ſo weich ſein, daß er einem ſtarken Drucke etwas nachgiebt und ſich wenig zuſammendrückt. Das Ausrüſten geſchieht nicht plötzlich, ſondern allmählig, damit das Gewölbe ſich langſam ſetze. Um dies bewerkſtelligen zu können, geſchieht das Löſen nach vier verſchiedenen Methoden: 1) mit Keilen, 2) mit Schrauben, 3) mit Sandbüchſen und 4) mit Exzentriks. Erſtens: Das gewöhnliche und bis etwa zum Jahre 1854 faſt aus- ſchließlich beim Ausrüſten von Gewölben jeder Art angewandte Ver- fahren beſteht darin, daß die Leerbögen von zwei eichenen Keilen getragen werden, welche man nach Vollendung des Gewölbes ſo durch gegen dieſelben geführte Schläge verſchiebt, daß die Leerbögen nieder- ſinken und ſich vom Gewölbe ablöſen. Dieſe Methode war früher ſelbſt bei großen Brücken allgemein gebräuchlich, wird aber jetzt nur noch bei Gewölben im Hochbau angewendet, wo die Gewölbe meiſtens nur geringe Spannweiten haben und das ſtoßartige Hinab- ſinken der Leergerüſte ohne Nachtheil iſt. Die Anbringung der Keile kann man in den Figuren 448—450 deutlich erkennen. Alle Gewölbe in Gebäuden werden auf dieſe Weiſe aus- gerüſtet. Bei größeren Gewölben hingegen, wie ſolche bei Brücken vorkom- men, ruht auf den Keilen ein ſehr bedeutendes Gewicht, und ver- hindert dann die ſtarke Reibung das Gleiten der Keilflächen, ſo daß ein Senken der Leerbögen nur mittelſt gewaltſamer Beſeitigung durch heftige Stöße oder durch Zerſtückelung unter Anwendung ſcharfer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre01_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre01_1877/320
Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 1. Die Constructionen in Holz. Halle (Saale), 1877, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre01_1877/320>, abgerufen am 21.11.2024.