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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Allgemeine Regeln für das Ziegel-Tonnengewölbe.
Schablone aus. Die Einwölbung des Gewölbes selbst geschieht erst,
nachdem das ganze Gebäude "unter Dach" ist, die Zwischendecken
bedeckt und mit Schutt belegt sind, damit einerseits die Mauern sich
vollständig gesetzt haben, andererseits herabfallende Geräthe oder Ma-
terialien das Gewölbe nicht beschädigen können. Die Erfahrung hat
lehrt, daß die Gewölbe beim Einstürzen zunächst in einer bestimmten
Fuge brechen; diese nennt man "Brechungsfuge", die bei halbkreis-
förmigen Gewölben von gleichmäßiger Stärke ungefähr unter 50°
vom Scheitel, bei flacheren Gewölben tiefer, bei höheren, höher liegt.
Zur Vermeidung dieses Bruches werden die Gewölbe bis zur
Brechungsfuge "hintermauert" oder "nachgemauert". Die Hinter-
oder Nachmauerung geschieht bis zur Brechungsfuge in horizontalen
Schichten (Schaaren), oder sie wird nach einer Tangente, die etwas
oberhalb der Brechungsfuge beginnt, schräg abgeglichen.

Eine Nachmauerung ist aber nur von Nutzen bei den sich stetig
anschließenden Bogenformen. Bei allen anderen (Segmentbögen)
erscheint sie als überflüssige Last unnöthig.

Ein unbelastetes Tonnengewölbe kann bis 5m Spannweite
1/2 Ziegel stark ausgeführt werden; bei größerer Länge ordnet man
in Entfernungen von 1,5--2m die 1--1 1/2
Stein breiten Verstärkungsgurten an, welche
1/2 Ziegel nach oben oder unten vortreten.

Falls Tonnengewölbe "Kassetten" er-
halten sollen, treten in der Kassettenbreite die
Verstärkungsgurte nach Innen hervor, und
macht man die dazwischen angelegten Tonnen
in den Kassettenhöhen soviel dicker, als die
Kassettenstegdicke beträgt (Fig. 299). Doch
kommen solche Construktionen in Kelleranlagen
niemals vor.

Die gedrückten Korbtonnen erhalten bis
3m Spannweite nur 1/2 Ziegel zur Stärke,
von 3m an werden die unteren Gewölbeschenkel
1 Stein stark gemacht; in beiden Fällen sind

[Abbildung] Fig. 299.
noch die Verstärkungsbögen nöthig; ähnlich verhält es sich mit Seg-
menttonnen unter 1/3 Pfeilhöhe.

Bei belasteten Gewölben läßt man die Stärke vom Scheitel
nach dem Widerlager wachsen, und zwar bei Hau- oder Werk-

Allgemeine Regeln für das Ziegel-Tonnengewölbe.
Schablone aus. Die Einwölbung des Gewölbes ſelbſt geſchieht erſt,
nachdem das ganze Gebäude „unter Dach“ iſt, die Zwiſchendecken
bedeckt und mit Schutt belegt ſind, damit einerſeits die Mauern ſich
vollſtändig geſetzt haben, andererſeits herabfallende Geräthe oder Ma-
terialien das Gewölbe nicht beſchädigen können. Die Erfahrung hat
lehrt, daß die Gewölbe beim Einſtürzen zunächſt in einer beſtimmten
Fuge brechen; dieſe nennt man „Brechungsfuge“, die bei halbkreis-
förmigen Gewölben von gleichmäßiger Stärke ungefähr unter 50°
vom Scheitel, bei flacheren Gewölben tiefer, bei höheren, höher liegt.
Zur Vermeidung dieſes Bruches werden die Gewölbe bis zur
Brechungsfuge „hintermauert“ oder „nachgemauert“. Die Hinter-
oder Nachmauerung geſchieht bis zur Brechungsfuge in horizontalen
Schichten (Schaaren), oder ſie wird nach einer Tangente, die etwas
oberhalb der Brechungsfuge beginnt, ſchräg abgeglichen.

Eine Nachmauerung iſt aber nur von Nutzen bei den ſich ſtetig
anſchließenden Bogenformen. Bei allen anderen (Segmentbögen)
erſcheint ſie als überflüſſige Laſt unnöthig.

Ein unbelaſtetes Tonnengewölbe kann bis 5m Spannweite
½ Ziegel ſtark ausgeführt werden; bei größerer Länge ordnet man
in Entfernungen von 1,5—2m die 1—1 ½
Stein breiten Verſtärkungsgurten an, welche
½ Ziegel nach oben oder unten vortreten.

Falls Tonnengewölbe „Kaſſetten“ er-
halten ſollen, treten in der Kaſſettenbreite die
Verſtärkungsgurte nach Innen hervor, und
macht man die dazwiſchen angelegten Tonnen
in den Kaſſettenhöhen ſoviel dicker, als die
Kaſſettenſtegdicke beträgt (Fig. 299). Doch
kommen ſolche Conſtruktionen in Kelleranlagen
niemals vor.

Die gedrückten Korbtonnen erhalten bis
3m Spannweite nur ½ Ziegel zur Stärke,
von 3m an werden die unteren Gewölbeſchenkel
1 Stein ſtark gemacht; in beiden Fällen ſind

[Abbildung] Fig. 299.
noch die Verſtärkungsbögen nöthig; ähnlich verhält es ſich mit Seg-
menttonnen unter ⅓ Pfeilhöhe.

Bei belaſteten Gewölben läßt man die Stärke vom Scheitel
nach dem Widerlager wachſen, und zwar bei Hau- oder Werk-

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[285/0301] Allgemeine Regeln für das Ziegel-Tonnengewölbe. Schablone aus. Die Einwölbung des Gewölbes ſelbſt geſchieht erſt, nachdem das ganze Gebäude „unter Dach“ iſt, die Zwiſchendecken bedeckt und mit Schutt belegt ſind, damit einerſeits die Mauern ſich vollſtändig geſetzt haben, andererſeits herabfallende Geräthe oder Ma- terialien das Gewölbe nicht beſchädigen können. Die Erfahrung hat lehrt, daß die Gewölbe beim Einſtürzen zunächſt in einer beſtimmten Fuge brechen; dieſe nennt man „Brechungsfuge“, die bei halbkreis- förmigen Gewölben von gleichmäßiger Stärke ungefähr unter 50° vom Scheitel, bei flacheren Gewölben tiefer, bei höheren, höher liegt. Zur Vermeidung dieſes Bruches werden die Gewölbe bis zur Brechungsfuge „hintermauert“ oder „nachgemauert“. Die Hinter- oder Nachmauerung geſchieht bis zur Brechungsfuge in horizontalen Schichten (Schaaren), oder ſie wird nach einer Tangente, die etwas oberhalb der Brechungsfuge beginnt, ſchräg abgeglichen. Eine Nachmauerung iſt aber nur von Nutzen bei den ſich ſtetig anſchließenden Bogenformen. Bei allen anderen (Segmentbögen) erſcheint ſie als überflüſſige Laſt unnöthig. Ein unbelaſtetes Tonnengewölbe kann bis 5m Spannweite ½ Ziegel ſtark ausgeführt werden; bei größerer Länge ordnet man in Entfernungen von 1,5—2m die 1—1 ½ Stein breiten Verſtärkungsgurten an, welche ½ Ziegel nach oben oder unten vortreten. Falls Tonnengewölbe „Kaſſetten“ er- halten ſollen, treten in der Kaſſettenbreite die Verſtärkungsgurte nach Innen hervor, und macht man die dazwiſchen angelegten Tonnen in den Kaſſettenhöhen ſoviel dicker, als die Kaſſettenſtegdicke beträgt (Fig. 299). Doch kommen ſolche Conſtruktionen in Kelleranlagen niemals vor. Die gedrückten Korbtonnen erhalten bis 3m Spannweite nur ½ Ziegel zur Stärke, von 3m an werden die unteren Gewölbeſchenkel 1 Stein ſtark gemacht; in beiden Fällen ſind [Abbildung Fig. 299.] noch die Verſtärkungsbögen nöthig; ähnlich verhält es ſich mit Seg- menttonnen unter ⅓ Pfeilhöhe. Bei belaſteten Gewölben läßt man die Stärke vom Scheitel nach dem Widerlager wachſen, und zwar bei Hau- oder Werk-

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/301>, abgerufen am 22.11.2024.