Austragen zu umständlich sein würde. Bei Schnittsteinen muß aber jeder Stein vor dem Versetzen nach einer Schablone bearbeitet werden. Fig. 426 zeigt die genaue Kuf-Einwölbung eines 1/2 Ziegel starken Gewölbes. Die Einwölbung der vier Kappen beginnt gleichzeitig von den Ecken aus ganz gleichmäßig.
Fig. 427 giebt den Ziegel-Verband (im Querschnitt und Grundriß) einer Stelle im Grat; hiernach fehlt im Grat immer in den abwech-
[Abbildung]
Fig. 427.
selnden Schichten ein Steinstück, damit die Steine mindestens im Rücken zusammenstoßen. Es folgt hieraus, daß der Grat die schwächste Stelle des Gewölbes ist, da in Bezug auf die Festigkeit ein eingesetztes Stückchen das fehlende Stück nicht ersetzen kann. Da aber das Kreuzgewölbe am wenigsten im Grat, wo alle Kraftwirkungen sich vereinigen, schwächer sein darf als anderswo, so wird der Grat oft noch um 1/2 Ziegel verstärkt.
Bei Bruch- und Werksteinen machen sich diese Uebelstände nicht so geltend und giebt man der Kufwölbung der bequemeren Aus- führung wegen den Vorzug.
Die Gewölbeanfänge, sowohl an Pfeilern als auch in den Ecken des Raumes, werden entweder aus Hausteinen oder durch horizontale Auskragung des Mauerwerks hergestellt.
Für diese Ausführung des Kreuzgewölbes auf den Kuf ist ein vollständiges Lehrgerüst erforderlich. Zunächst werden die Gratbögen, in der Mitte von einem Mönch unterstützt, dann die Schildbögen und die sich an die Gratbögen anschiftenden Kappenlehrbögen aufgestellt und hierauf die Schalung gebracht. Die Einrüstung kann aber auch in der Weise geschehen, daß man erst eine Einrüstung für ein Tonnen- gewölbe herstellt, darauf durch horizontal gespannte Schnüre, die man durch Lothe auf die Schalung projicirt, die Gratlinien bestimmt und dann während des Mauerns nach und nach die Rüstung für die anderen Kappen aufstellt.
Damit nach dem Setzen des Gewölbes die Mitte der sich schneidenden Scheitellinien nicht niedriger zu liegen komme als der Scheitelpunkt der Schildbögen, giebt man des ungleichen Setzens wegen dem Lehrgrat- bogen bei regelmäßigen Grundformen gewöhnlich 1/40, bei unregel-
Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
Austragen zu umſtändlich ſein würde. Bei Schnittſteinen muß aber jeder Stein vor dem Verſetzen nach einer Schablone bearbeitet werden. Fig. 426 zeigt die genaue Kuf-Einwölbung eines ½ Ziegel ſtarken Gewölbes. Die Einwölbung der vier Kappen beginnt gleichzeitig von den Ecken aus ganz gleichmäßig.
Fig. 427 giebt den Ziegel-Verband (im Querſchnitt und Grundriß) einer Stelle im Grat; hiernach fehlt im Grat immer in den abwech-
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Fig. 427.
ſelnden Schichten ein Steinſtück, damit die Steine mindeſtens im Rücken zuſammenſtoßen. Es folgt hieraus, daß der Grat die ſchwächſte Stelle des Gewölbes iſt, da in Bezug auf die Feſtigkeit ein eingeſetztes Stückchen das fehlende Stück nicht erſetzen kann. Da aber das Kreuzgewölbe am wenigſten im Grat, wo alle Kraftwirkungen ſich vereinigen, ſchwächer ſein darf als anderswo, ſo wird der Grat oft noch um ½ Ziegel verſtärkt.
Bei Bruch- und Werkſteinen machen ſich dieſe Uebelſtände nicht ſo geltend und giebt man der Kufwölbung der bequemeren Aus- führung wegen den Vorzug.
Die Gewölbeanfänge, ſowohl an Pfeilern als auch in den Ecken des Raumes, werden entweder aus Hauſteinen oder durch horizontale Auskragung des Mauerwerks hergeſtellt.
Für dieſe Ausführung des Kreuzgewölbes auf den Kuf iſt ein vollſtändiges Lehrgerüſt erforderlich. Zunächſt werden die Gratbögen, in der Mitte von einem Mönch unterſtützt, dann die Schildbögen und die ſich an die Gratbögen anſchiftenden Kappenlehrbögen aufgeſtellt und hierauf die Schalung gebracht. Die Einrüſtung kann aber auch in der Weiſe geſchehen, daß man erſt eine Einrüſtung für ein Tonnen- gewölbe herſtellt, darauf durch horizontal geſpannte Schnüre, die man durch Lothe auf die Schalung projicirt, die Gratlinien beſtimmt und dann während des Mauerns nach und nach die Rüſtung für die anderen Kappen aufſtellt.
Damit nach dem Setzen des Gewölbes die Mitte der ſich ſchneidenden Scheitellinien nicht niedriger zu liegen komme als der Scheitelpunkt der Schildbögen, giebt man des ungleichen Setzens wegen dem Lehrgrat- bogen bei regelmäßigen Grundformen gewöhnlich 1/40, bei unregel-
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Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
Austragen zu umſtändlich ſein würde. Bei Schnittſteinen muß aber
jeder Stein vor dem Verſetzen nach einer Schablone bearbeitet werden.
Fig. 426 zeigt die genaue Kuf-Einwölbung eines ½ Ziegel ſtarken
Gewölbes. Die Einwölbung der vier Kappen beginnt gleichzeitig von
den Ecken aus ganz gleichmäßig.
Fig. 427 giebt den Ziegel-Verband (im Querſchnitt und Grundriß)
einer Stelle im Grat; hiernach fehlt im Grat immer in den abwech-
[Abbildung Fig. 427.]
ſelnden Schichten ein Steinſtück, damit die
Steine mindeſtens im Rücken zuſammenſtoßen.
Es folgt hieraus, daß der Grat die ſchwächſte
Stelle des Gewölbes iſt, da in Bezug auf
die Feſtigkeit ein eingeſetztes Stückchen das
fehlende Stück nicht erſetzen kann. Da aber
das Kreuzgewölbe am wenigſten im Grat,
wo alle Kraftwirkungen ſich vereinigen,
ſchwächer ſein darf als anderswo, ſo wird
der Grat oft noch um ½ Ziegel verſtärkt.
Bei Bruch- und Werkſteinen machen ſich
dieſe Uebelſtände nicht ſo geltend und giebt
man der Kufwölbung der bequemeren Aus-
führung wegen den Vorzug.
Die Gewölbeanfänge, ſowohl an Pfeilern
als auch in den Ecken des Raumes, werden entweder aus Hauſteinen
oder durch horizontale Auskragung des Mauerwerks hergeſtellt.
Für dieſe Ausführung des Kreuzgewölbes auf den Kuf iſt ein
vollſtändiges Lehrgerüſt erforderlich. Zunächſt werden die Gratbögen,
in der Mitte von einem Mönch unterſtützt, dann die Schildbögen und
die ſich an die Gratbögen anſchiftenden Kappenlehrbögen aufgeſtellt
und hierauf die Schalung gebracht. Die Einrüſtung kann aber auch
in der Weiſe geſchehen, daß man erſt eine Einrüſtung für ein Tonnen-
gewölbe herſtellt, darauf durch horizontal geſpannte Schnüre, die man
durch Lothe auf die Schalung projicirt, die Gratlinien beſtimmt und
dann während des Mauerns nach und nach die Rüſtung für die
anderen Kappen aufſtellt.
Damit nach dem Setzen des Gewölbes die Mitte der ſich ſchneidenden
Scheitellinien nicht niedriger zu liegen komme als der Scheitelpunkt der
Schildbögen, giebt man des ungleichen Setzens wegen dem Lehrgrat-
bogen bei regelmäßigen Grundformen gewöhnlich 1/40, bei unregel-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zwei Bänden. Die Ausgabe von 1877/1878 ist die 2., gänzlich umgearbarbeitete und sehr vermehrte Auflage und wurde aufgrund der besseren verfügbarkeit für das DTA digitalisiert.
Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/428>, abgerufen am 26.06.2024.
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