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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
Vestibüls, Corridoren, Hallen und Sälen. Am häufigsten trifft man
sie in Kirchen an, denn da die Kreuzgewölbe die Eigenschaft haben,
ihre Last nur auf einzelne Stützpunkte, die sich kräftig ausbilden lassen,
zu übertragen, dagegen das übrige Schildmauerwerk durchaus nicht
in Anspruch nehmen, ist man im Stande, das letztere nicht nur relativ
dünn zu machen, sondern auch mit großen Fensteröffnungen zu durch-
brechen.

Sollen größere Räume mit Kreuzgewölben überdeckt werden, so
muß man sie, ebenso wie bei böhmischen Gewölben, mittelst Gurten
in kleinere Felder mit höchstens 5m besser 3 -- 4m Seite zerlegen
(Fig. 449).

Die Pfeiler s bleiben entweder ganz viereckig oder erhalten 1/2 --
1 Stein starke Vorsprünge, wie in der Figur angegeben ist, damit

[Abbildung] Fig. 449.
die Gurten zweckmäßige Auflager erhalten. Die Bögen t trennen die
einzelnen Kappen auseinander und springen etwa 1/2 Stein an dem
Intrados vor; diese Bögen nennt man "Schildbögen."

In den Kellern der Wohngebäude ist für die Pfeileranordnung
die Stellung der Wände maßgebend, welche, sofern sie nur 11/2 Ziegel
stark sind, an den Endpunkten der Kreuzgewölbe mit Pfeilervorlagen
verstärkt werden müssen. Im Allgemeinen pflegt man in Wohnhaus-
kellern selten die Kreuzgewölbe anzulegen, und nur über Kellerräumen
unter großen Sälen sind sie zweckmäßig, weil man hier gleichmäßig
gestaltete und gleich große Felder schaffen kann. So z. B. sehen wir
in Fig. 450 den Keller eines großen freistehenden Gebäudes; über den

Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
Veſtibüls, Corridoren, Hallen und Sälen. Am häufigſten trifft man
ſie in Kirchen an, denn da die Kreuzgewölbe die Eigenſchaft haben,
ihre Laſt nur auf einzelne Stützpunkte, die ſich kräftig ausbilden laſſen,
zu übertragen, dagegen das übrige Schildmauerwerk durchaus nicht
in Anſpruch nehmen, iſt man im Stande, das letztere nicht nur relativ
dünn zu machen, ſondern auch mit großen Fenſteröffnungen zu durch-
brechen.

Sollen größere Räume mit Kreuzgewölben überdeckt werden, ſo
muß man ſie, ebenſo wie bei böhmiſchen Gewölben, mittelſt Gurten
in kleinere Felder mit höchſtens 5m beſſer 3 — 4m Seite zerlegen
(Fig. 449).

Die Pfeiler s bleiben entweder ganz viereckig oder erhalten ½ —
1 Stein ſtarke Vorſprünge, wie in der Figur angegeben iſt, damit

[Abbildung] Fig. 449.
die Gurten zweckmäßige Auflager erhalten. Die Bögen t trennen die
einzelnen Kappen auseinander und ſpringen etwa ½ Stein an dem
Intrados vor; dieſe Bögen nennt man „Schildbögen.“

In den Kellern der Wohngebäude iſt für die Pfeileranordnung
die Stellung der Wände maßgebend, welche, ſofern ſie nur 1½ Ziegel
ſtark ſind, an den Endpunkten der Kreuzgewölbe mit Pfeilervorlagen
verſtärkt werden müſſen. Im Allgemeinen pflegt man in Wohnhaus-
kellern ſelten die Kreuzgewölbe anzulegen, und nur über Kellerräumen
unter großen Sälen ſind ſie zweckmäßig, weil man hier gleichmäßig
geſtaltete und gleich große Felder ſchaffen kann. So z. B. ſehen wir
in Fig. 450 den Keller eines großen freiſtehenden Gebäudes; über den

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[432/0448] Zweites Kapitel. Die Gewölbe. Veſtibüls, Corridoren, Hallen und Sälen. Am häufigſten trifft man ſie in Kirchen an, denn da die Kreuzgewölbe die Eigenſchaft haben, ihre Laſt nur auf einzelne Stützpunkte, die ſich kräftig ausbilden laſſen, zu übertragen, dagegen das übrige Schildmauerwerk durchaus nicht in Anſpruch nehmen, iſt man im Stande, das letztere nicht nur relativ dünn zu machen, ſondern auch mit großen Fenſteröffnungen zu durch- brechen. Sollen größere Räume mit Kreuzgewölben überdeckt werden, ſo muß man ſie, ebenſo wie bei böhmiſchen Gewölben, mittelſt Gurten in kleinere Felder mit höchſtens 5m beſſer 3 — 4m Seite zerlegen (Fig. 449). Die Pfeiler s bleiben entweder ganz viereckig oder erhalten ½ — 1 Stein ſtarke Vorſprünge, wie in der Figur angegeben iſt, damit [Abbildung Fig. 449.] die Gurten zweckmäßige Auflager erhalten. Die Bögen t trennen die einzelnen Kappen auseinander und ſpringen etwa ½ Stein an dem Intrados vor; dieſe Bögen nennt man „Schildbögen.“ In den Kellern der Wohngebäude iſt für die Pfeileranordnung die Stellung der Wände maßgebend, welche, ſofern ſie nur 1½ Ziegel ſtark ſind, an den Endpunkten der Kreuzgewölbe mit Pfeilervorlagen verſtärkt werden müſſen. Im Allgemeinen pflegt man in Wohnhaus- kellern ſelten die Kreuzgewölbe anzulegen, und nur über Kellerräumen unter großen Sälen ſind ſie zweckmäßig, weil man hier gleichmäßig geſtaltete und gleich große Felder ſchaffen kann. So z. B. ſehen wir in Fig. 450 den Keller eines großen freiſtehenden Gebäudes; über den

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/448>, abgerufen am 22.11.2024.