Weber, Max: Politik als Beruf. In: Geistige Arbeit als Beruf. Vier Vorträge vor dem Freistudentischen Bund. Zweiter Vortrag. München, 1919.hinter sich, und die Praxis der Berichterstattung und öffentlichen So in England. Das dortige caucus-System war aber nur Was bedeutet dies spoil system - die Zuwendung aller hinter ſich, und die Praxis der Berichterſtattung und öffentlichen So in England. Das dortige caucus-Syſtem war aber nur Was bedeutet dies spoil system – die Zuwendung aller <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0040" n="40"/> hinter ſich, und die Praxis der Berichterſtattung und öffentlichen<lb/> Kritik an dieſen Beratungen bedingt es, daß dieſe Schule eine<lb/> wirkliche Ausleſe bedeutet und den bloßen Demagogen ausſchaltet.</p><lb/> <p>So in England. Das dortige <hi rendition="#aq">caucus</hi>-Syſtem war aber nur<lb/> eine abgeſchwächte Form, verglichen mit der amerikaniſchen<lb/> Parteiorganiſation, die das plebiszitäre Prinzip beſonders<lb/> früh und beſonders rein zur Ausprägung brachte. Das Amerika<lb/> Washingtons ſollte nach ſeiner Jdee ein von <hi rendition="#aq">„gentlemen“</hi> ver-<lb/> waltetes Gemeinweſen ſein. Ein <hi rendition="#aq">gentleman</hi> war damals auch<lb/> drüben ein Grundherr oder ein Mann, der Collegeerziehung<lb/> hatte. So war es auch zunächſt. Als ſich Parteien bildeten,<lb/> nahmen anfangs die Mitglieder des Repräſentantenhauſes<lb/> in Anſpruch, Leiter zu ſein wie in England zur Zeit der<lb/> Honoratiorenherrſchaft. Die Parteiorganiſation war ganz<lb/> locker. Das dauerte bis 1824. Schon vor den zwanziger Jahren<lb/> war in manchen Gemeinden – die auch hier die erſte Stätte<lb/> der modernen Entwicklung waren – die Parteimaſchine im<lb/> Werden. Aber erſt die Wahl von Andrew Jackſon zum Präſi-<lb/> denten, des Kandidaten der Bauern des Weſtens, warf die<lb/> alten Traditionen über den Haufen. Das formelle Ende der<lb/> Leitung der Parteien durch führende Parlamentarier iſt bald<lb/> nach 1840 eingetreten, als die großen Parlamentarier – Calhoun,<lb/> Webſter – aus dem politiſchen Leben ausſchieden, weil das<lb/> Parlament gegenüber der Parteimaſchine draußen im Lande<lb/> faſt jede Macht verloren hatte. Daß die plebiszitäre „Maſchine“<lb/> in Amerika ſich ſo früh entwickelte, hatte ſeinen Grund darin, daß<lb/> dort, und nur dort, das Haupt der Exekutive und – darauf<lb/> kam es an – der Chef der Amtspatronage ein plebiszitär<lb/> gewählter Präſident und daß er infolge der „Gewaltenteilung“<lb/> in ſeiner Amtsführung vom Parlament faſt unabhängig war.<lb/> Ein richtiges Beuteobjekt von Amtspfründen winkte alſo als<lb/> Lohn des Sieges gerade bei der Präſidentenwahl. Durch das<lb/> von Andrew Jackſon nun ganz ſyſtematiſch zum Prinzip erhobene<lb/><hi rendition="#aq">„spoil system“</hi> wurde die Konſequenz daraus gezogen.</p><lb/> <p>Was bedeutet dies <hi rendition="#aq">spoil system </hi>– die Zuwendung aller<lb/> Bundesämter an die Gefolgſchaft des ſiegreichen Kandidaten –<lb/> für die Parteibildung heute? Daß ganz geſinnungsloſe Parteien<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [40/0040]
hinter ſich, und die Praxis der Berichterſtattung und öffentlichen
Kritik an dieſen Beratungen bedingt es, daß dieſe Schule eine
wirkliche Ausleſe bedeutet und den bloßen Demagogen ausſchaltet.
So in England. Das dortige caucus-Syſtem war aber nur
eine abgeſchwächte Form, verglichen mit der amerikaniſchen
Parteiorganiſation, die das plebiszitäre Prinzip beſonders
früh und beſonders rein zur Ausprägung brachte. Das Amerika
Washingtons ſollte nach ſeiner Jdee ein von „gentlemen“ ver-
waltetes Gemeinweſen ſein. Ein gentleman war damals auch
drüben ein Grundherr oder ein Mann, der Collegeerziehung
hatte. So war es auch zunächſt. Als ſich Parteien bildeten,
nahmen anfangs die Mitglieder des Repräſentantenhauſes
in Anſpruch, Leiter zu ſein wie in England zur Zeit der
Honoratiorenherrſchaft. Die Parteiorganiſation war ganz
locker. Das dauerte bis 1824. Schon vor den zwanziger Jahren
war in manchen Gemeinden – die auch hier die erſte Stätte
der modernen Entwicklung waren – die Parteimaſchine im
Werden. Aber erſt die Wahl von Andrew Jackſon zum Präſi-
denten, des Kandidaten der Bauern des Weſtens, warf die
alten Traditionen über den Haufen. Das formelle Ende der
Leitung der Parteien durch führende Parlamentarier iſt bald
nach 1840 eingetreten, als die großen Parlamentarier – Calhoun,
Webſter – aus dem politiſchen Leben ausſchieden, weil das
Parlament gegenüber der Parteimaſchine draußen im Lande
faſt jede Macht verloren hatte. Daß die plebiszitäre „Maſchine“
in Amerika ſich ſo früh entwickelte, hatte ſeinen Grund darin, daß
dort, und nur dort, das Haupt der Exekutive und – darauf
kam es an – der Chef der Amtspatronage ein plebiszitär
gewählter Präſident und daß er infolge der „Gewaltenteilung“
in ſeiner Amtsführung vom Parlament faſt unabhängig war.
Ein richtiges Beuteobjekt von Amtspfründen winkte alſo als
Lohn des Sieges gerade bei der Präſidentenwahl. Durch das
von Andrew Jackſon nun ganz ſyſtematiſch zum Prinzip erhobene
„spoil system“ wurde die Konſequenz daraus gezogen.
Was bedeutet dies spoil system – die Zuwendung aller
Bundesämter an die Gefolgſchaft des ſiegreichen Kandidaten –
für die Parteibildung heute? Daß ganz geſinnungsloſe Parteien
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