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Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Zürich, 1891.

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Martha. Ich auch. Lieber zwanzig Jungens als drei
Mädchen.
Thea. Mädchen sind langweilig!
Martha. Wenn ich nicht schon ein Mädchen geworden
wäre, ich würde es heute gewiß nicht mehr.
Wendla. Das ist, glaube ich, Geschmacksache, Martha!
Ich freue mich jeden Tag, daß ich Mädchen bin. Glaub' mir,
ich wollte mit keinem Königssohn tauschen. -- Darum möchte ich
aber doch nur Buben!
Thea. Das ist doch Unsinn, lauter Unsinn, Wendla!
Wendla. Aber ich bitte dich, Kind, es muß doch tausendmal
erhebender sein, von einem Manne geliebt zu werden, als von
einem Mädchen!
Thea. Du wirst doch nicht behaupten wollen, Forst-
referendär Pfälle liebe Melitta mehr als sie ihn!
Wendla. Das will ich wohl, Thea! -- Pfälle ist stolz.
Pfälle ist stolz darauf, daß er Forstreferendär ist -- denn Pfälle
hat nichts. -- Melitta ist selig, weil sie zehntausendmal mehr
bekommt, als sie ist.
Martha. Bist du nicht stolz auf dich, Wendla?
Wendla. Das wäre doch einfältig.
Martha. Wie wollt' ich stolz sein an deiner Stelle!
Thea. Sieh' doch nur, wie sie die Füße setzt -- wie sie
geradaus schaut -- wie sie sich hält, Martha! -- Wenn das nicht
Stolz ist!
Wendla. Wozu nur?! Ich bin so glücklich, Mädchen zu
sein; wenn ich kein Mädchen wär', brächt' ich mich um, um das
nächste Mal ...
Melchior. (Geht vorüber und grüßt.)
Thea. Er hat einen wundervollen Kopf.
Martha. Ich auch. Lieber zwanzig Jungens als drei
Mädchen.
Thea. Mädchen ſind langweilig!
Martha. Wenn ich nicht ſchon ein Mädchen geworden
wäre, ich würde es heute gewiß nicht mehr.
Wendla. Das iſt, glaube ich, Geſchmackſache, Martha!
Ich freue mich jeden Tag, daß ich Mädchen bin. Glaub' mir,
ich wollte mit keinem Königsſohn tauſchen. — Darum möchte ich
aber doch nur Buben!
Thea. Das iſt doch Unſinn, lauter Unſinn, Wendla!
Wendla. Aber ich bitte dich, Kind, es muß doch tauſendmal
erhebender ſein, von einem Manne geliebt zu werden, als von
einem Mädchen!
Thea. Du wirſt doch nicht behaupten wollen, Forſt-
referendär Pfälle liebe Melitta mehr als ſie ihn!
Wendla. Das will ich wohl, Thea! — Pfälle iſt ſtolz.
Pfälle iſt ſtolz darauf, daß er Forſtreferendär iſt — denn Pfälle
hat nichts. — Melitta iſt ſelig, weil ſie zehntauſendmal mehr
bekommt, als ſie iſt.
Martha. Biſt du nicht ſtolz auf dich, Wendla?
Wendla. Das wäre doch einfältig.
Martha. Wie wollt' ich ſtolz ſein an deiner Stelle!
Thea. Sieh' doch nur, wie ſie die Füße ſetzt — wie ſie
geradaus ſchaut — wie ſie ſich hält, Martha! — Wenn das nicht
Stolz iſt!
Wendla. Wozu nur?! Ich bin ſo glücklich, Mädchen zu
ſein; wenn ich kein Mädchen wär', brächt' ich mich um, um das
nächſte Mal …
Melchior. (Geht vorüber und grüßt.)
Thea. Er hat einen wundervollen Kopf.
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[14/0030] Martha. Ich auch. Lieber zwanzig Jungens als drei Mädchen. Thea. Mädchen ſind langweilig! Martha. Wenn ich nicht ſchon ein Mädchen geworden wäre, ich würde es heute gewiß nicht mehr. Wendla. Das iſt, glaube ich, Geſchmackſache, Martha! Ich freue mich jeden Tag, daß ich Mädchen bin. Glaub' mir, ich wollte mit keinem Königsſohn tauſchen. — Darum möchte ich aber doch nur Buben! Thea. Das iſt doch Unſinn, lauter Unſinn, Wendla! Wendla. Aber ich bitte dich, Kind, es muß doch tauſendmal erhebender ſein, von einem Manne geliebt zu werden, als von einem Mädchen! Thea. Du wirſt doch nicht behaupten wollen, Forſt- referendär Pfälle liebe Melitta mehr als ſie ihn! Wendla. Das will ich wohl, Thea! — Pfälle iſt ſtolz. Pfälle iſt ſtolz darauf, daß er Forſtreferendär iſt — denn Pfälle hat nichts. — Melitta iſt ſelig, weil ſie zehntauſendmal mehr bekommt, als ſie iſt. Martha. Biſt du nicht ſtolz auf dich, Wendla? Wendla. Das wäre doch einfältig. Martha. Wie wollt' ich ſtolz ſein an deiner Stelle! Thea. Sieh' doch nur, wie ſie die Füße ſetzt — wie ſie geradaus ſchaut — wie ſie ſich hält, Martha! — Wenn das nicht Stolz iſt! Wendla. Wozu nur?! Ich bin ſo glücklich, Mädchen zu ſein; wenn ich kein Mädchen wär', brächt' ich mich um, um das nächſte Mal … Melchior. (Geht vorüber und grüßt.) Thea. Er hat einen wundervollen Kopf.

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Zitationshilfe: Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Zürich, 1891, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wedekind_erwachen_1891/30>, abgerufen am 21.11.2024.