Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_027.001 Petersens Werk zieht zwar auch nichtdeutsche Forschungen heran, lebt pwe_027.017 1 pwe_027.039
Stanley Edgar Hyman, The Armed Vision. A Study in the Methods of Modern pwe_027.040 Literary Criticism. New York 1948. pwe_027.001 Petersens Werk zieht zwar auch nichtdeutsche Forschungen heran, lebt pwe_027.017 1 pwe_027.039
Stanley Edgar Hyman, The Armed Vision. A Study in the Methods of Modern pwe_027.040 Literary Criticism. New York 1948. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0033" n="27"/><lb n="pwe_027.001"/> Sinn gebracht (z. B. Existenz, Stil). Wenn <hi rendition="#k">Petersen</hi> von den Begriffen <lb n="pwe_027.002"/> der <hi rendition="#k">Ermatingerschen</hi> Poetik meint, es sei möglich, „beinahe den ganzen <lb n="pwe_027.003"/> Schaffensvorgang an diesen Anhaltspunkten wie einen Rosenkranz herunterzubeten“, <lb n="pwe_027.004"/> so erweckt er selbst wohl dasselbe Mißverständnis – als <lb n="pwe_027.005"/> ob die vollkommene wissenschaftliche Arbeit im sukzessiven Anwenden <lb n="pwe_027.006"/> aller stufenweise geordneten Gesichtspunkte geleistet wäre. Das Buch läßt <lb n="pwe_027.007"/> ratlos, sowie es über das – an sich hervorragende – Referat hinausgeht: <lb n="pwe_027.008"/> denn es muß diesem nachträglichen System der Einheits- und Mittelpunkt <lb n="pwe_027.009"/> fehlen. Das Werk ist so schließlich das letzte Monument einer Wissenschaftsgesinnung, <lb n="pwe_027.010"/> die dem 19. Jahrhundert zugehört, jetzt aber merkwürdig <lb n="pwe_027.011"/> entleert wirkt: idealistisch im Glauben an das harmonische und universale <lb n="pwe_027.012"/> System, positivistisch im Verzicht auf Spekulation zugunsten eines <lb n="pwe_027.013"/> „undogmatischen Aufbaus“ aus den Elementen (z. B.: „Aus der Analyse <lb n="pwe_027.014"/> der Einzelwerke sind die Fäden gesponnen, mit denen das Gewebe großer <lb n="pwe_027.015"/> Darstellungen zusammengewirkt werden kann“).</p> <lb n="pwe_027.016"/> <p> <hi rendition="#k">Petersens</hi> Werk zieht zwar auch nichtdeutsche Forschungen heran, lebt <lb n="pwe_027.017"/> aber doch im wesentlichen ganz aus der deutschen, der germanistischen Forschungstradition. <lb n="pwe_027.018"/> Eine völlig andere Luft weht in dem glänzenden Buche <lb n="pwe_027.019"/> <hi rendition="#k">Stanley Edgar Hymans,</hi> der überragenden Darstellung angelsächsischer <lb n="pwe_027.020"/> Literaturwissenschaft<note xml:id="PWE_027_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_027.039"/> Stanley Edgar Hyman, <hi rendition="#i">The Armed Vision. A Study in the Methods of Modern <lb n="pwe_027.040"/> Literary Criticism.</hi> New York 1948.</note>. <hi rendition="#k">Hyman</hi> scheint einerseits die deutsche Literatur <lb n="pwe_027.021"/> und Literaturwissenschaft kaum zu kennen, aber in seinem Bereich gibt er <lb n="pwe_027.022"/> nicht nur eine äußerst reichhaltige, sondern auch eine sprühende, kluge und <lb n="pwe_027.023"/> witzige Diskussion der verschiedensten modernen Methoden der Literaturkritik <lb n="pwe_027.024"/> („Literary Criticism“ wird dabei abgegrenzt einerseits gegen „Reviewing“, <lb n="pwe_027.025"/> anderseits gegen „Aesthetics“). In zwölf, je mit einem Schlagwort gekennzeichneten <lb n="pwe_027.026"/> Kapiteln charakterisiert er je einen führenden Kritiker oder <lb n="pwe_027.027"/> Wissenschafter in der ganzen Breite seiner Werke, um dann von hier nach <lb n="pwe_027.028"/> den verschiedensten Seiten vorzustoßen. Ist so durch ein lockeres und der <lb n="pwe_027.029"/> Intention der verschiedenen Forschungsrichtungen angepaßtes Verfahren jeder <lb n="pwe_027.030"/> Systemzwang vermieden, so versucht Hyman in einem Schlußkapitel <lb n="pwe_027.031"/> doch eine Art Synthese zu geben, zunächst im ironischen Ausmalen des <lb n="pwe_027.032"/> idealen Wissenschafters, der sämtliche Methoden eklektisch verbinden und <lb n="pwe_027.033"/> mit einem Literaturwerk alles nur Denkbare unternehmen würde, also <lb n="pwe_027.034"/> über ein lyrisches Gedicht mehrere Bände und über eine Novelle ein Lebenswerk <lb n="pwe_027.035"/> zu schreiben hätte, dann aber ernsthaft mit dem Programm <lb n="pwe_027.036"/> einer planmäßigen Zusammenarbeit der verschiedenen Spezialisten in echtem <lb n="pwe_027.037"/> dialektischen Kampf und Wettkampf. So wird vom amerikanischen Gelehrten <lb n="pwe_027.038"/> der Gedanke der Kooperation ausgespielt gegen eine deutsche Forschung, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0033]
pwe_027.001
Sinn gebracht (z. B. Existenz, Stil). Wenn Petersen von den Begriffen pwe_027.002
der Ermatingerschen Poetik meint, es sei möglich, „beinahe den ganzen pwe_027.003
Schaffensvorgang an diesen Anhaltspunkten wie einen Rosenkranz herunterzubeten“, pwe_027.004
so erweckt er selbst wohl dasselbe Mißverständnis – als pwe_027.005
ob die vollkommene wissenschaftliche Arbeit im sukzessiven Anwenden pwe_027.006
aller stufenweise geordneten Gesichtspunkte geleistet wäre. Das Buch läßt pwe_027.007
ratlos, sowie es über das – an sich hervorragende – Referat hinausgeht: pwe_027.008
denn es muß diesem nachträglichen System der Einheits- und Mittelpunkt pwe_027.009
fehlen. Das Werk ist so schließlich das letzte Monument einer Wissenschaftsgesinnung, pwe_027.010
die dem 19. Jahrhundert zugehört, jetzt aber merkwürdig pwe_027.011
entleert wirkt: idealistisch im Glauben an das harmonische und universale pwe_027.012
System, positivistisch im Verzicht auf Spekulation zugunsten eines pwe_027.013
„undogmatischen Aufbaus“ aus den Elementen (z. B.: „Aus der Analyse pwe_027.014
der Einzelwerke sind die Fäden gesponnen, mit denen das Gewebe großer pwe_027.015
Darstellungen zusammengewirkt werden kann“).
pwe_027.016
Petersens Werk zieht zwar auch nichtdeutsche Forschungen heran, lebt pwe_027.017
aber doch im wesentlichen ganz aus der deutschen, der germanistischen Forschungstradition. pwe_027.018
Eine völlig andere Luft weht in dem glänzenden Buche pwe_027.019
Stanley Edgar Hymans, der überragenden Darstellung angelsächsischer pwe_027.020
Literaturwissenschaft 1. Hyman scheint einerseits die deutsche Literatur pwe_027.021
und Literaturwissenschaft kaum zu kennen, aber in seinem Bereich gibt er pwe_027.022
nicht nur eine äußerst reichhaltige, sondern auch eine sprühende, kluge und pwe_027.023
witzige Diskussion der verschiedensten modernen Methoden der Literaturkritik pwe_027.024
(„Literary Criticism“ wird dabei abgegrenzt einerseits gegen „Reviewing“, pwe_027.025
anderseits gegen „Aesthetics“). In zwölf, je mit einem Schlagwort gekennzeichneten pwe_027.026
Kapiteln charakterisiert er je einen führenden Kritiker oder pwe_027.027
Wissenschafter in der ganzen Breite seiner Werke, um dann von hier nach pwe_027.028
den verschiedensten Seiten vorzustoßen. Ist so durch ein lockeres und der pwe_027.029
Intention der verschiedenen Forschungsrichtungen angepaßtes Verfahren jeder pwe_027.030
Systemzwang vermieden, so versucht Hyman in einem Schlußkapitel pwe_027.031
doch eine Art Synthese zu geben, zunächst im ironischen Ausmalen des pwe_027.032
idealen Wissenschafters, der sämtliche Methoden eklektisch verbinden und pwe_027.033
mit einem Literaturwerk alles nur Denkbare unternehmen würde, also pwe_027.034
über ein lyrisches Gedicht mehrere Bände und über eine Novelle ein Lebenswerk pwe_027.035
zu schreiben hätte, dann aber ernsthaft mit dem Programm pwe_027.036
einer planmäßigen Zusammenarbeit der verschiedenen Spezialisten in echtem pwe_027.037
dialektischen Kampf und Wettkampf. So wird vom amerikanischen Gelehrten pwe_027.038
der Gedanke der Kooperation ausgespielt gegen eine deutsche Forschung,
1 pwe_027.039
Stanley Edgar Hyman, The Armed Vision. A Study in the Methods of Modern pwe_027.040
Literary Criticism. New York 1948.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |