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Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.

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] im Gegensatz zum Inhalt u. ä.). Das Bedürfnis, die Einheitlichkeit, pwe_067.002
den Ganzheitscharakter des Werks mit einer genaueren Bezeichnung pwe_067.003
zu fassen, ist damit verständlich. Auch die Bezeichnung "Struktur", wie pwe_067.004
sie von Psychologie und Poetik seit Dilthey gebraucht wird, scheint zu unverbindlich pwe_067.005
und allzu sehr ins Reich des Mineralischen oder Architektonisch-Starren pwe_067.006
zu verweisen. Schon Ermatinger spricht daher, wo es das pwe_067.007
Wesen künstlerischer "Form" zu bestimmen gilt, ausdrücklich von Organisation, pwe_067.008
Organismus, organisch, um nicht nur das Ganzheitliche, sondern pwe_067.009
auch das Lebendige und Schöpferische der Dichtung auszudrücken. Das pwe_067.010
empfahl sich um so mehr, als mit Begriffen wie Erlebnis oder Entwicklung pwe_067.011
die Literaturwissenschaft sich auch sonst an der Natur- und Kunstlehre pwe_067.012
Goethes orientiert hatte. Gerade in diesem Zusammenhang tritt nun pwe_067.013
aber neuerdings eine weitere Bezeichnung in den Vordergrund, die sich pwe_067.014
auch auf Goethe berufen kann und zudem in den verschiedensten Disziplinen pwe_067.015
der modernen Naturwissenschaft und der Psychologie, die ja ohne pwe_067.016
den Begriff der Ganzheit längst nicht mehr auskommen, eine bedeutende pwe_067.017
Rolle spielt: die Bezeichnung "Gestalt" (vgl. etwa die Werke des Philosophen pwe_067.018
F. Weinhandl1, des Psychologen D. Katz2 und des Physiologen pwe_067.019
Viktor v. Weizsäcker3). Als Kriterien der "Gestalt" werden gewöhnlich pwe_067.020
angeführt, daß das Ganze mehr als die Summe der Teile sei und daß pwe_067.021
es unverändert in veränderte Bedingungen transponierbar (z. B. vererbbar) pwe_067.022
sei, Kriterien, die auf ihre Weise ja auch für das Dichtwerk zutreffen. pwe_067.023
Jene Ganzheit ist damit auch in jedem "Teil" oder in jedem Moment des pwe_067.024
Vollzugs gegenwärtig, was wiederum für die Dichtung als Bewegung, als pwe_067.025
Einheit von Dauer und Wechsel, wichtig ist. So ist denn Morphologie, pwe_067.026
morphologische Literaturwissenschaft ein neues Programm pwe_067.027
geworden, hinter das sich vor allem Günther Müller4 gestellt pwe_067.028
hat.

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G. Müller beruft sich unmittelbar auf Goethes Definition der Gestalt pwe_067.030
als "Komplex des Daseins eines wirklichen Wesens" und nennt Gestalt pwe_067.031
die "anschauliche Erscheinung, in der die Dichtung spricht". "Dichtung ist

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Ferdinand Weinhandl, Die gestaltanalytische Philosophie in ihrem Verhältnis pwe_067.033
zur Morphologie Goethes und zur Transzendentalphilosophie Kants.
"Kant- pwe_067.034
Studien" N. F. Bd. 42 (1942/43) 106 ff.
2 pwe_067.035
D. Katz, Gestaltpsychologie. Basel 1944.
3 pwe_067.036
Viktor von Weizsäcker, Der Gestaltkreis. Theorie der Einheit von Wahrnehmen pwe_067.037
und Bewegen.
3. Aufl., Stuttgart 1947.
4 pwe_067.038
Günther Müller, Die Gestaltfrage in der Literaturwissenschaft und Goethes pwe_067.039
Morphologie.
Halle 1944. (Die Gestalt. Abhandlungen zu einer allgemeinen Morphologie, pwe_067.040
Bd. 13).
- Ders., Morphologische Poetik. Helicon V (1943), 1 ff.

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] im Gegensatz zum Inhalt u. ä.). Das Bedürfnis, die Einheitlichkeit, pwe_067.002
den Ganzheitscharakter des Werks mit einer genaueren Bezeichnung pwe_067.003
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als „Komplex des Daseins eines wirklichen Wesens“ und nennt Gestalt pwe_067.031
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Ferdinand Weinhandl, Die gestaltanalytische Philosophie in ihrem Verhältnis pwe_067.033
zur Morphologie Goethes und zur Transzendentalphilosophie Kants.
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Studien“ N. F. Bd. 42 (1942/43) 106 ff.
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Zitationshilfe: Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wehrli_poetik_1951/73>, abgerufen am 21.11.2024.