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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Capitel. Leben ins gemein.
Geschlecht auch durch freywilligen Computum derer Zahlen selbst/
immer ein richtig und gerechtes Facit nach dem andern/ zu seiner Lust
und immerwehrenden doch mitwürckenden Contemplation, heraus
bringen möge.

§. 3. Welcher Mensch nun alhier in dieser Zeitligkeit
vor sich als ein Einsiedler lebet/ derselbige fält gleichsam aus der
Rechentafel der schönen Ordnung in die Wüsteney der wilden Unver-
nunfft dahin/ und thut wider seines Schöpffers/ als des höchsten Re-
chenmeisters/ intention. Lebet er aber in Gesellschafft mit andern/
und ist ein Glied einer Gemeine/ darinnen einer oder mehr zu Regen-
ten verordnet/ das gemeine Wesen an statt aller zubesorgen/ ja viel-
mehr an Gottes statt/ als vice Rechenmeister/ die gemeinschafftli-
che Rechnung zuziehen/ alles in Ordnung zusetzen/ und für alle Noth-
durffts-Fälle heilsame Anstalt zumachen; Deme oder denen die andern
unterthänig und gehorsam zu seyn/ und zu Beobachtung der gemeinen
Wohlfart nöthigen Beytrag zuthun/ sich wo nicht außdrücklich doch
stillschweigend ergeben: Derselbe hat sich zu Gottes Rechenbanck als
ein getreuer Zahlpfennig gefunden und eingestellet. Dazu auch die
Menschliche Natur/ als welche nicht gern allein ist/ noch füglich seyn
kan/ so sehr geneiget sich befindet/ daß eine solche wohlgefassete Rechen-
tafel billig vor dem Grund des höchsten Gutes im zeitlichen Leben zu-
achten/ weil das höchste Gut des Menschen/ nemlich die Vergnüg-
lichkeit und Hertzensfreude des mit allerhand Noth-
durffts-Mitteln möglichst versehenen Verstand- und Tu-
gend-übenden Gemüthes/
nicht in der Einöde/ sondern bey
solcher Gemeinschafft/ zufinden und zuerhalten ist.

Ebener massen/ als die freudige Beruhigung unsers Gemüthes/
daß wir eine zumal weitleufftige Rechnung leicht und richtig zuschlies-
sen/ und weder zuviel noch zuwenig/ sondern das gerechte Facit mit
Verstand und Vortheil/ wo und wann es vonnöthen/ heraus zubrin-
gen geschickt sind/ keines weges bey der zerstreueten Art der einzelen Uni-
täten/ sondern in einer gewissen Zahlen-Verfassung und Gesellschafft/
erlanget werden kan.

§. 4. Es lebe der Mensch aber in dieser Zeitligkeit wo und
wie er wolle/ so lebet er in der Welt/ und besonders auff der Erd-
kugel/
doch mitten im Himmel/ weil dessen Mittelpunct sich in

der
A ij

Capitel. Leben ins gemein.
Geſchlecht auch durch freywilligen Computum derer Zahlen ſelbſt/
immer ein richtig und gerechtes Facit nach dem andern/ zu ſeiner Luſt
und immerwehrenden doch mitwuͤrckenden Contemplation, heraus
bringen moͤge.

§. 3. Welcher Menſch nun alhier in dieſer Zeitligkeit
vor ſich als ein Einſiedler lebet/ derſelbige faͤlt gleichſam aus der
Rechentafel der ſchoͤnen Ordnung in die Wuͤſteney der wilden Unver-
nunfft dahin/ und thut wider ſeines Schoͤpffers/ als des hoͤchſten Re-
chenmeiſters/ intention. Lebet er aber in Geſellſchafft mit andern/
und iſt ein Glied einer Gemeine/ darinnen einer oder mehr zu Regen-
ten verordnet/ das gemeine Weſen an ſtatt aller zubeſorgen/ ja viel-
mehr an Gottes ſtatt/ als vice Rechenmeiſter/ die gemeinſchafftli-
che Rechnung zuziehen/ alles in Ordnung zuſetzen/ und fuͤr alle Noth-
durffts-Faͤlle heilſame Anſtalt zumachen; Deme oder denen die andern
unterthaͤnig und gehorſam zu ſeyn/ und zu Beobachtung der gemeinen
Wohlfart noͤthigen Beytrag zuthun/ ſich wo nicht außdruͤcklich doch
ſtillſchweigend ergeben: Derſelbe hat ſich zu Gottes Rechenbanck als
ein getreuer Zahlpfennig gefunden und eingeſtellet. Dazu auch die
Menſchliche Natur/ als welche nicht gern allein iſt/ noch fuͤglich ſeyn
kan/ ſo ſehr geneiget ſich befindet/ daß eine ſolche wohlgefaſſete Rechen-
tafel billig vor dem Grund des hoͤchſten Gutes im zeitlichen Leben zu-
achten/ weil das hoͤchſte Gut des Menſchen/ nemlich die Vergnuͤg-
lichkeit und Hertzensfreude des mit allerhand Noth-
durffts-Mitteln moͤglichſt verſehenen Verſtand- und Tu-
gend-uͤbenden Gemuͤthes/
nicht in der Einoͤde/ ſondern bey
ſolcher Gemeinſchafft/ zufinden und zuerhalten iſt.

Ebener maſſen/ als die freudige Beruhigung unſers Gemuͤthes/
daß wir eine zumal weitleufftige Rechnung leicht und richtig zuſchlieſ-
ſen/ und weder zuviel noch zuwenig/ ſondern das gerechte Facit mit
Verſtand und Vortheil/ wo und wann es vonnoͤthen/ heraus zubrin-
gen geſchickt ſind/ keines weges bey der zerſtreueten Art der einzelen Uni-
taͤten/ ſondern in einer gewiſſen Zahlen-Verfaſſung und Geſellſchafft/
erlanget werden kan.

§. 4. Es lebe der Menſch aber in dieſer Zeitligkeit wo und
wie er wolle/ ſo lebet er in der Welt/ und beſonders auff der Erd-
kugel/
doch mitten im Himmel/ weil deſſen Mittelpunct ſich in

der
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[3/0013] Capitel. Leben ins gemein. Geſchlecht auch durch freywilligen Computum derer Zahlen ſelbſt/ immer ein richtig und gerechtes Facit nach dem andern/ zu ſeiner Luſt und immerwehrenden doch mitwuͤrckenden Contemplation, heraus bringen moͤge. §. 3. Welcher Menſch nun alhier in dieſer Zeitligkeit vor ſich als ein Einſiedler lebet/ derſelbige faͤlt gleichſam aus der Rechentafel der ſchoͤnen Ordnung in die Wuͤſteney der wilden Unver- nunfft dahin/ und thut wider ſeines Schoͤpffers/ als des hoͤchſten Re- chenmeiſters/ intention. Lebet er aber in Geſellſchafft mit andern/ und iſt ein Glied einer Gemeine/ darinnen einer oder mehr zu Regen- ten verordnet/ das gemeine Weſen an ſtatt aller zubeſorgen/ ja viel- mehr an Gottes ſtatt/ als vice Rechenmeiſter/ die gemeinſchafftli- che Rechnung zuziehen/ alles in Ordnung zuſetzen/ und fuͤr alle Noth- durffts-Faͤlle heilſame Anſtalt zumachen; Deme oder denen die andern unterthaͤnig und gehorſam zu ſeyn/ und zu Beobachtung der gemeinen Wohlfart noͤthigen Beytrag zuthun/ ſich wo nicht außdruͤcklich doch ſtillſchweigend ergeben: Derſelbe hat ſich zu Gottes Rechenbanck als ein getreuer Zahlpfennig gefunden und eingeſtellet. Dazu auch die Menſchliche Natur/ als welche nicht gern allein iſt/ noch fuͤglich ſeyn kan/ ſo ſehr geneiget ſich befindet/ daß eine ſolche wohlgefaſſete Rechen- tafel billig vor dem Grund des hoͤchſten Gutes im zeitlichen Leben zu- achten/ weil das hoͤchſte Gut des Menſchen/ nemlich die Vergnuͤg- lichkeit und Hertzensfreude des mit allerhand Noth- durffts-Mitteln moͤglichſt verſehenen Verſtand- und Tu- gend-uͤbenden Gemuͤthes/ nicht in der Einoͤde/ ſondern bey ſolcher Gemeinſchafft/ zufinden und zuerhalten iſt. Ebener maſſen/ als die freudige Beruhigung unſers Gemuͤthes/ daß wir eine zumal weitleufftige Rechnung leicht und richtig zuſchlieſ- ſen/ und weder zuviel noch zuwenig/ ſondern das gerechte Facit mit Verſtand und Vortheil/ wo und wann es vonnoͤthen/ heraus zubrin- gen geſchickt ſind/ keines weges bey der zerſtreueten Art der einzelen Uni- taͤten/ ſondern in einer gewiſſen Zahlen-Verfaſſung und Geſellſchafft/ erlanget werden kan. §. 4. Es lebe der Menſch aber in dieſer Zeitligkeit wo und wie er wolle/ ſo lebet er in der Welt/ und beſonders auff der Erd- kugel/ doch mitten im Himmel/ weil deſſen Mittelpunct ſich in der A ij

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/13>, abgerufen am 21.11.2024.