Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.Von dem Recht Das XVIII. eben das vornehmste Stück und gleichsamb die Seele des Rechtsist. Dahero siehet man/ daß bey den Rechts-Beschreibungen die Was bißher beschrieben worden/ das betrifft das Recht und das Sondern auch zur Lust und in Schertz/ als bey den Spielen/ da- Hieher/ und zu der Claß einiger Moralischen Fühlbarkeiten/ wel- welche
Von dem Recht Das XVIII. eben das vornehmſte Stuͤck und gleichſamb die Seele des Rechtsiſt. Dahero ſiehet man/ daß bey den Rechts-Beſchreibungen die Was bißher beſchrieben worden/ das betrifft das Recht und das Sondern auch zur Luſt und in Schertz/ als bey den Spielen/ da- Hieher/ und zu der Claß einiger Moraliſchen Fuͤhlbarkeiten/ wel- welche
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0140" n="130"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von dem Recht Das <hi rendition="#aq">XVIII.</hi></hi></fw><lb/> eben das vornehmſte Stuͤck und gleichſamb die Seele des Rechts<lb/> iſt.</p><lb/> <p>Dahero ſiehet man/ daß bey den Rechts-Beſchreibungen die<lb/> Quantitaͤt/ wie viel eigentlich geſchehen ſoll/ wie hoch dieſes oder jenes<lb/> zu achten/ wie hoch zu belohnen/ wie hoch zu ſtraffen/ wie hoch zu <hi rendition="#aq">æſtimi-</hi><lb/> ren/ was und wieviel einer dem andern hinauß zugeben/ und derglei-<lb/> chen/ vornehmlich/ ja faſt einig und allein zu beobachten vorgeſchrieben<lb/> werde. Jnmaſſen die Rechts-Gelehrten nichts anders ſind/ als eigent-<lb/> liche <hi rendition="#aq">Mathematici</hi> der Moraliſchen Quantitaͤten/ Rechenmeiſter der<lb/> Civil Zahlen/ und Rechts-ermeſſende Kuͤnſtler/ welche was jedem zu-<lb/> zurechnen/ und wieviel das Thun außtrage/ was es vor ein <hi rendition="#aq">facit</hi> gebe/<lb/> nach genauer Uberlegung der That/ (<hi rendition="#aq">facti</hi>) mit ſeinem Maß/ nehm-<lb/> lich mit dem Geſetz und Recht/ als mit einer gewiſſen Richtſchnur/ be-<lb/> urtheilen und außſprechen.</p><lb/> <p>Was bißher beſchrieben worden/ das betrifft das Recht und das<lb/> Geſetz/ als eine durch gewiſſe Regeln und Außſpruͤche ihr vorzuſtellende<lb/> Moraliſche Qualitaͤt und Fuͤhlbarkeit/ welche entweder allen und jeden<lb/> Menſchen ins gemein/ als das natuͤrliche Recht; oder allen ſo in einer<lb/> Republiq beyſammen leben/ als das Buͤrgerliche Recht/ zukompt und<lb/> anhaͤngig iſt: Aber auſſer dieſem gleichſamb gemeinſchafftlichen Recht<lb/> findet ſich auch mancherley gleichſamb einzeln Recht/ welches die Pri-<lb/> vat-Perſonen untereinander auffgerichtet/ und ihre Willens-Re-<lb/> gungen nach demſelben einzurichten/ ſich <hi rendition="#aq">reſolvi</hi>ret haben. Als da<lb/> ſind die <hi rendition="#aq">Leges</hi> und <hi rendition="#aq">Inſtructiones</hi> die einer dem andern/ der es annim̃t/<lb/> vorſchreibet/ nicht allein in Ernſt und zur Nothdurfft/ als wenn einer<lb/> ſeinem <hi rendition="#aq">Mandatario,</hi> gewiſſe Puncte vorſchreibet/ ſeinem Arbeiter ei-<lb/> nen Dingzettel machet/ ſeinen Kindern oder Erben ein Teſtament<lb/> hinterlaͤſt/ ꝛc.</p><lb/> <p>Sondern auch zur Luſt und in Schertz/ als bey den Spielen/ da-<lb/> bey vielerley Geſetze/ Recht/ Satzungen und <hi rendition="#aq">Statuta</hi> ſich finden/ welche<lb/> man gemeiniglich viel ſteiffer/ als die ernſthafften Geſetze/ zu halten pfle-<lb/> get.</p><lb/> <p>Hieher/ und zu der Claß einiger Moraliſchen Fuͤhlbarkeiten/ wel-<lb/> che mit gewiſſen euſſerlichen Merckmahlen bezeichnet/ und in gewiſſe<lb/> Reden und Außſpruͤche gefaſſet ſind/ gehoͤren alle Schrifften und <hi rendition="#aq">Do-<lb/> cumenta,</hi> derer man ſich in Buͤrgerlichen Weſen zu bedienen pfleget/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">welche</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [130/0140]
Von dem Recht Das XVIII.
eben das vornehmſte Stuͤck und gleichſamb die Seele des Rechts
iſt.
Dahero ſiehet man/ daß bey den Rechts-Beſchreibungen die
Quantitaͤt/ wie viel eigentlich geſchehen ſoll/ wie hoch dieſes oder jenes
zu achten/ wie hoch zu belohnen/ wie hoch zu ſtraffen/ wie hoch zu æſtimi-
ren/ was und wieviel einer dem andern hinauß zugeben/ und derglei-
chen/ vornehmlich/ ja faſt einig und allein zu beobachten vorgeſchrieben
werde. Jnmaſſen die Rechts-Gelehrten nichts anders ſind/ als eigent-
liche Mathematici der Moraliſchen Quantitaͤten/ Rechenmeiſter der
Civil Zahlen/ und Rechts-ermeſſende Kuͤnſtler/ welche was jedem zu-
zurechnen/ und wieviel das Thun außtrage/ was es vor ein facit gebe/
nach genauer Uberlegung der That/ (facti) mit ſeinem Maß/ nehm-
lich mit dem Geſetz und Recht/ als mit einer gewiſſen Richtſchnur/ be-
urtheilen und außſprechen.
Was bißher beſchrieben worden/ das betrifft das Recht und das
Geſetz/ als eine durch gewiſſe Regeln und Außſpruͤche ihr vorzuſtellende
Moraliſche Qualitaͤt und Fuͤhlbarkeit/ welche entweder allen und jeden
Menſchen ins gemein/ als das natuͤrliche Recht; oder allen ſo in einer
Republiq beyſammen leben/ als das Buͤrgerliche Recht/ zukompt und
anhaͤngig iſt: Aber auſſer dieſem gleichſamb gemeinſchafftlichen Recht
findet ſich auch mancherley gleichſamb einzeln Recht/ welches die Pri-
vat-Perſonen untereinander auffgerichtet/ und ihre Willens-Re-
gungen nach demſelben einzurichten/ ſich reſolviret haben. Als da
ſind die Leges und Inſtructiones die einer dem andern/ der es annim̃t/
vorſchreibet/ nicht allein in Ernſt und zur Nothdurfft/ als wenn einer
ſeinem Mandatario, gewiſſe Puncte vorſchreibet/ ſeinem Arbeiter ei-
nen Dingzettel machet/ ſeinen Kindern oder Erben ein Teſtament
hinterlaͤſt/ ꝛc.
Sondern auch zur Luſt und in Schertz/ als bey den Spielen/ da-
bey vielerley Geſetze/ Recht/ Satzungen und Statuta ſich finden/ welche
man gemeiniglich viel ſteiffer/ als die ernſthafften Geſetze/ zu halten pfle-
get.
Hieher/ und zu der Claß einiger Moraliſchen Fuͤhlbarkeiten/ wel-
che mit gewiſſen euſſerlichen Merckmahlen bezeichnet/ und in gewiſſe
Reden und Außſpruͤche gefaſſet ſind/ gehoͤren alle Schrifften und Do-
cumenta, derer man ſich in Buͤrgerlichen Weſen zu bedienen pfleget/
welche
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/140 |
Zitationshilfe: | Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/140>, abgerufen am 16.02.2025. |