Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

unterstehen solte/ seinem Stande etwas
unanständiges zu begehen/ wenn er wis-
se daß es soll geschrieben/ und durch alle
Zeiten in die Welt außgebreitet werden/
daß alles Thun auch das entlegenste und
verborgenste den Scribenten nicht un-
bekand bleibe. Fürchtet er aber Gott/
so ist er ja versichert/ daß das gerechte
Gottes Auge alles siehet/ verkriche dich
unter die schattichten Bäume/ bedecke
dich mit den dickesten Feigenblättern/ Er
stehet dennoch bey dir/ und ruffet also-
bald/ wo bistu? Alle Vorhänge sind dem
unsichtbaren durchsichtig/ alle verschlos-
sene Winckel stehen ihm offen/ denn auch
Finsternüß nicht finster ist bey ihm/ und
die Nacht leuchtet wie der Tag/ Finster-
nüß ist wie das Licht. Uber dem Tür-
ckischen Divan oder geheimen Rathstu-
ben soll eine gläserne Decke gemacht
seyn/ damit der Türckische Käyser als
wenn er allzeit gengenwärtig stets da-
durch sehe/ seine vertrauteste Räthe in
unabläßiger Pflicht und Ergebenheit er-
hielte/ wie wohl nun diese Einbildung
offte hintergangen worden/ dennoch ist

nicht

unterſtehen ſolte/ ſeinem Stande etwas
unanſtaͤndiges zu begehen/ wenn er wiſ-
ſe daß es ſoll geſchrieben/ und durch alle
Zeiten in die Welt außgebreitet werden/
daß alles Thun auch das entlegenſte und
verborgenſte den Scribenten nicht un-
bekand bleibe. Fuͤrchtet er aber Gott/
ſo iſt er ja verſichert/ daß das gerechte
Gottes Auge alles ſiehet/ verkriche dich
unter die ſchattichten Baͤume/ bedecke
dich mit den dickeſten Feigenblaͤttern/ Er
ſtehet dennoch bey dir/ und ruffet alſo-
bald/ wo biſtu? Alle Vorhaͤnge ſind dem
unſichtbaren durchſichtig/ alle verſchloſ-
ſene Winckel ſtehen ihm offen/ denn auch
Finſternuͤß nicht finſter iſt bey ihm/ und
die Nacht leuchtet wie der Tag/ Finſter-
nuͤß iſt wie das Licht. Uber dem Tuͤr-
ckiſchen Divan oder geheimen Rathſtu-
ben ſoll eine glaͤſerne Decke gemacht
ſeyn/ damit der Tuͤrckiſche Kaͤyſer als
wenn er allzeit gengenwaͤrtig ſtets da-
durch ſehe/ ſeine vertrauteſte Raͤthe in
unablaͤßiger Pflicht und Ergebenheit er-
hielte/ wie wohl nun dieſe Einbildung
offte hintergangen worden/ dennoch iſt

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0228"/>
unter&#x017F;tehen &#x017F;olte/ &#x017F;einem Stande etwas<lb/>
unan&#x017F;ta&#x0364;ndiges zu begehen/ wenn er wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e daß es &#x017F;oll ge&#x017F;chrieben/ und durch alle<lb/>
Zeiten in die Welt außgebreitet werden/<lb/>
daß alles Thun auch das entlegen&#x017F;te und<lb/>
verborgen&#x017F;te den Scribenten nicht un-<lb/>
bekand bleibe. Fu&#x0364;rchtet er aber Gott/<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t er ja ver&#x017F;ichert/ daß das gerechte<lb/>
Gottes Auge alles &#x017F;iehet/ verkriche dich<lb/>
unter die &#x017F;chattichten Ba&#x0364;ume/ bedecke<lb/>
dich mit den dicke&#x017F;ten Feigenbla&#x0364;ttern/ Er<lb/>
&#x017F;tehet dennoch bey dir/ und ruffet al&#x017F;o-<lb/>
bald/ wo bi&#x017F;tu? Alle Vorha&#x0364;nge &#x017F;ind dem<lb/>
un&#x017F;ichtbaren durch&#x017F;ichtig/ alle ver&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ene Winckel &#x017F;tehen ihm offen/ denn auch<lb/>
Fin&#x017F;ternu&#x0364;ß nicht fin&#x017F;ter i&#x017F;t bey ihm/ und<lb/>
die Nacht leuchtet wie der Tag/ Fin&#x017F;ter-<lb/>
nu&#x0364;ß i&#x017F;t wie das Licht. Uber dem Tu&#x0364;r-<lb/>
cki&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Divan</hi> oder geheimen Rath&#x017F;tu-<lb/>
ben &#x017F;oll eine gla&#x0364;&#x017F;erne Decke gemacht<lb/>
&#x017F;eyn/ damit der Tu&#x0364;rcki&#x017F;che Ka&#x0364;y&#x017F;er als<lb/>
wenn er allzeit gengenwa&#x0364;rtig &#x017F;tets da-<lb/>
durch &#x017F;ehe/ &#x017F;eine vertraute&#x017F;te Ra&#x0364;the in<lb/>
unabla&#x0364;ßiger Pflicht und Ergebenheit er-<lb/>
hielte/ wie wohl nun die&#x017F;e Einbildung<lb/>
offte hintergangen worden/ dennoch i&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0228] unterſtehen ſolte/ ſeinem Stande etwas unanſtaͤndiges zu begehen/ wenn er wiſ- ſe daß es ſoll geſchrieben/ und durch alle Zeiten in die Welt außgebreitet werden/ daß alles Thun auch das entlegenſte und verborgenſte den Scribenten nicht un- bekand bleibe. Fuͤrchtet er aber Gott/ ſo iſt er ja verſichert/ daß das gerechte Gottes Auge alles ſiehet/ verkriche dich unter die ſchattichten Baͤume/ bedecke dich mit den dickeſten Feigenblaͤttern/ Er ſtehet dennoch bey dir/ und ruffet alſo- bald/ wo biſtu? Alle Vorhaͤnge ſind dem unſichtbaren durchſichtig/ alle verſchloſ- ſene Winckel ſtehen ihm offen/ denn auch Finſternuͤß nicht finſter iſt bey ihm/ und die Nacht leuchtet wie der Tag/ Finſter- nuͤß iſt wie das Licht. Uber dem Tuͤr- ckiſchen Divan oder geheimen Rathſtu- ben ſoll eine glaͤſerne Decke gemacht ſeyn/ damit der Tuͤrckiſche Kaͤyſer als wenn er allzeit gengenwaͤrtig ſtets da- durch ſehe/ ſeine vertrauteſte Raͤthe in unablaͤßiger Pflicht und Ergebenheit er- hielte/ wie wohl nun dieſe Einbildung offte hintergangen worden/ dennoch iſt nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/228
Zitationshilfe: Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/228>, abgerufen am 28.11.2024.