Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

dern auch/ als ob sie ihres eignen Thei-
les nicht achtete/ sich gleichsam befürch-
tende dessen/ was der Venus von ihrem
blinden Sohne wiederfahren/ daß er ihr
selbsten nicht schonete/ und mit dem
schärffsten Pfeilen das Hertze/ woraus
er gezeuget/ verwundete/ die vornehm-
sten Lehrer als Pfleger selbsten sind in
der Erziehung so nachläßig gewesen/ daß
wenn dieses Hellen-Kind nicht zu Hoffe
hätte Lufft geschöpffet/ und an dieser Am-
men Brüsten Nahrung gesuchet/ an-
noch in den dickesten Tüchern der Ver-
gessenheit hätte müssen stecken bleiben/
und die Welt in einer schädlichen Ver-
wirrung lassen. Darüber sich die jeni-
nigen nicht verwundern/ welche wol wis-
sen/ in was vor Unordnung und Unvoll-
kommenheit die gantze Staats-Lehre sich
durch und durch befunden/ wie sie von
ihren eignen Meistern mehr verdunckelt/
als erkläret/ und in unverdiente Enge
gezogen/ wie man sich etlichen Heydni-
schen Rotten sclaviret/ und darnach den
gantzen Becirck des menschlichen Ver-
standes/ nicht allein das jenige/ was

zu

dern auch/ als ob ſie ihres eignen Thei-
les nicht achtete/ ſich gleichſam befuͤrch-
tende deſſen/ was der Venus von ihrem
blinden Sohne wiederfahren/ daß er ihr
ſelbſten nicht ſchonete/ und mit dem
ſchaͤrffſten Pfeilen das Hertze/ woraus
er gezeuget/ verwundete/ die vornehm-
ſten Lehrer als Pfleger ſelbſten ſind in
der Erziehung ſo nachlaͤßig geweſen/ daß
wenn dieſes Hellen-Kind nicht zu Hoffe
haͤtte Lufft geſchoͤpffet/ und an dieſer Am-
men Bruͤſten Nahrung geſuchet/ an-
noch in den dickeſten Tuͤchern der Ver-
geſſenheit haͤtte muͤſſen ſtecken bleiben/
und die Welt in einer ſchaͤdlichen Ver-
wirrung laſſen. Daruͤber ſich die jeni-
nigen nicht verwundern/ welche wol wiſ-
ſen/ in was vor Unordnung und Unvoll-
kommenheit die gantze Staats-Lehre ſich
durch und durch befunden/ wie ſie von
ihren eignen Meiſtern mehr verdunckelt/
als erklaͤret/ und in unverdiente Enge
gezogen/ wie man ſich etlichen Heydni-
ſchen Rotten ſclaviret/ und darnach den
gantzen Becirck des menſchlichen Ver-
ſtandes/ nicht allein das jenige/ was

zu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0233"/>
dern auch/ als ob &#x017F;ie ihres eignen Thei-<lb/>
les nicht achtete/ &#x017F;ich gleich&#x017F;am befu&#x0364;rch-<lb/>
tende de&#x017F;&#x017F;en/ was der <hi rendition="#aq">Venus</hi> von ihrem<lb/>
blinden Sohne wiederfahren/ daß er ihr<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;ten nicht &#x017F;chonete/ und mit dem<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;rff&#x017F;ten Pfeilen das Hertze/ woraus<lb/>
er gezeuget/ verwundete/ die vornehm-<lb/>
&#x017F;ten Lehrer als Pfleger &#x017F;elb&#x017F;ten &#x017F;ind in<lb/>
der Erziehung &#x017F;o nachla&#x0364;ßig gewe&#x017F;en/ daß<lb/>
wenn die&#x017F;es Hellen-Kind nicht zu Hoffe<lb/>
ha&#x0364;tte Lufft ge&#x017F;cho&#x0364;pffet/ und an die&#x017F;er Am-<lb/>
men Bru&#x0364;&#x017F;ten Nahrung ge&#x017F;uchet/ an-<lb/>
noch in den dicke&#x017F;ten Tu&#x0364;chern der Ver-<lb/>
ge&#x017F;&#x017F;enheit ha&#x0364;tte mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tecken bleiben/<lb/>
und die Welt in einer &#x017F;cha&#x0364;dlichen Ver-<lb/>
wirrung la&#x017F;&#x017F;en. Daru&#x0364;ber &#x017F;ich die jeni-<lb/>
nigen nicht verwundern/ welche wol wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ in was vor Unordnung und Unvoll-<lb/>
kommenheit die gantze Staats-Lehre &#x017F;ich<lb/>
durch und durch befunden/ wie &#x017F;ie von<lb/>
ihren eignen Mei&#x017F;tern mehr verdunckelt/<lb/>
als erkla&#x0364;ret/ und in unverdiente Enge<lb/>
gezogen/ wie man &#x017F;ich etlichen Heydni-<lb/>
&#x017F;chen Rotten <hi rendition="#aq">&#x017F;clavi</hi>ret/ und darnach den<lb/>
gantzen Becirck des men&#x017F;chlichen Ver-<lb/>
&#x017F;tandes/ nicht allein das jenige/ was<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0233] dern auch/ als ob ſie ihres eignen Thei- les nicht achtete/ ſich gleichſam befuͤrch- tende deſſen/ was der Venus von ihrem blinden Sohne wiederfahren/ daß er ihr ſelbſten nicht ſchonete/ und mit dem ſchaͤrffſten Pfeilen das Hertze/ woraus er gezeuget/ verwundete/ die vornehm- ſten Lehrer als Pfleger ſelbſten ſind in der Erziehung ſo nachlaͤßig geweſen/ daß wenn dieſes Hellen-Kind nicht zu Hoffe haͤtte Lufft geſchoͤpffet/ und an dieſer Am- men Bruͤſten Nahrung geſuchet/ an- noch in den dickeſten Tuͤchern der Ver- geſſenheit haͤtte muͤſſen ſtecken bleiben/ und die Welt in einer ſchaͤdlichen Ver- wirrung laſſen. Daruͤber ſich die jeni- nigen nicht verwundern/ welche wol wiſ- ſen/ in was vor Unordnung und Unvoll- kommenheit die gantze Staats-Lehre ſich durch und durch befunden/ wie ſie von ihren eignen Meiſtern mehr verdunckelt/ als erklaͤret/ und in unverdiente Enge gezogen/ wie man ſich etlichen Heydni- ſchen Rotten ſclaviret/ und darnach den gantzen Becirck des menſchlichen Ver- ſtandes/ nicht allein das jenige/ was zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/233
Zitationshilfe: Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/233>, abgerufen am 28.11.2024.