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Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673.

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poris adeo, ut si aliter fecisset, pericu-
lum subiisset,
welches dieses gründlicher
als vorstehender Meinung/ und der Warheit
gemässer also gegeben wird/ Tiberius hat
diese nicht Ratio Status sondern Politische
Regel aus einer besondern Ratio Status
verkehret nach Erheischung der Zeit/ der
Landes Angelegenheit so weißlich/ daß/ wo er
solches nicht gethan/ er sich in Gefahr bege-
ben hätte/ Tiberius wuste wol/ daß er mit
dem Römischen Volcke/ welches die süsse
Milch der Freyheit gesogen hatte/ umgehen
muste/ wie mit einem zarten kleinen Kinde/
welchem man bey so gchliger Entwehnung
nicht bald harte Speisen vorsetzet/ sondern
das Unvergnügen mit Zucker und Tocken-
werck besänfftiget/ dannenhero wie begierig
er war/ dem Volcke das völlige Joch anzu-
legen/ so muste er dennoch vielmal die Säi-
ten schlaffen lassen/ und den Eyfer der Be-
herrschung in der Lufft des gemeinen Vol-
ckes abkühlen/ wie er denn niemalen klügli-
cher gethan/ und glückseeliger gewesen/ als
wenn er auff das unterliegende hinabsehen-
de denen Erforderungen einer ungebunde-
nen Bothmäßigkeit nicht so gnau angehan-

gen/
O iiij

poris adeò, ut ſi aliter feciſſet, pericu-
lum ſubiiſſet,
welches dieſes gruͤndlicher
als vorſtehender Meinung/ und deꝛ Warheit
gemaͤſſer alſo gegeben wird/ Tiberius hat
dieſe nicht Ratio Status ſondern Politiſche
Regel aus einer beſondern Ratio Status
verkehret nach Erheiſchung der Zeit/ der
Landes Angelegenheit ſo weißlich/ daß/ wo er
ſolches nicht gethan/ er ſich in Gefahr bege-
ben haͤtte/ Tiberius wuſte wol/ daß er mit
dem Roͤmiſchen Volcke/ welches die ſuͤſſe
Milch der Freyheit geſogen hatte/ umgehen
muſte/ wie mit einem zarten kleinen Kinde/
welchem man bey ſo gchliger Entwehnung
nicht bald harte Speiſen vorſetzet/ ſondern
das Unvergnuͤgen mit Zucker und Tocken-
werck beſaͤnfftiget/ dannenhero wie begierig
er war/ dem Volcke das voͤllige Joch anzu-
legen/ ſo muſte er dennoch vielmal die Saͤi-
ten ſchlaffen laſſen/ und den Eyfer der Be-
herrſchung in der Lufft des gemeinen Vol-
ckes abkuͤhlen/ wie er denn niemalen kluͤgli-
cher gethan/ und gluͤckſeeliger geweſen/ als
wenn er auff das unterliegende hinabſehen-
de denen Erforderungen einer ungebunde-
nen Bothmaͤßigkeit nicht ſo gnau angehan-

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[0343] poris adeò, ut ſi aliter feciſſet, pericu- lum ſubiiſſet, welches dieſes gruͤndlicher als vorſtehender Meinung/ und deꝛ Warheit gemaͤſſer alſo gegeben wird/ Tiberius hat dieſe nicht Ratio Status ſondern Politiſche Regel aus einer beſondern Ratio Status verkehret nach Erheiſchung der Zeit/ der Landes Angelegenheit ſo weißlich/ daß/ wo er ſolches nicht gethan/ er ſich in Gefahr bege- ben haͤtte/ Tiberius wuſte wol/ daß er mit dem Roͤmiſchen Volcke/ welches die ſuͤſſe Milch der Freyheit geſogen hatte/ umgehen muſte/ wie mit einem zarten kleinen Kinde/ welchem man bey ſo gchliger Entwehnung nicht bald harte Speiſen vorſetzet/ ſondern das Unvergnuͤgen mit Zucker und Tocken- werck beſaͤnfftiget/ dannenhero wie begierig er war/ dem Volcke das voͤllige Joch anzu- legen/ ſo muſte er dennoch vielmal die Saͤi- ten ſchlaffen laſſen/ und den Eyfer der Be- herrſchung in der Lufft des gemeinen Vol- ckes abkuͤhlen/ wie er denn niemalen kluͤgli- cher gethan/ und gluͤckſeeliger geweſen/ als wenn er auff das unterliegende hinabſehen- de denen Erforderungen einer ungebunde- nen Bothmaͤßigkeit nicht ſo gnau angehan- gen/ O iiij

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Zitationshilfe: Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/343>, abgerufen am 24.11.2024.