Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


vergangenen Winter habe er sein Holtz ver-
kaufft/ und sey biß gegen Mittag im Bette
gelegen; hernach habe er den Tag in fremden
Stuben zugebracht. Man könte auch seiner
nicht loß werden/ als biß man Geld herumb
geben wolle/ da liesse er sein Goldstück sehen/
und wenn niemand wieder zu geben hätte/ so
suchte er Gelegenheit wegzugehen. Er habe
nicht weit auf dem Lande eine Schwester/ die
schickte ihm bißweilen etwas von kalter Küche:
aber er böte solches entweder der Trödel-
Frauen an/ daß sie es umb ein lumpen Geld
verschleppen müste: oder er ässe so sparsam/
daß gemeiniglich das meiste verdürbe. Da
sagte einer/ es wäre noch Wunder/ daß er
eine Bier-Merthe machen liesse. Ach sagte
der Wirth/ es ist auch eine Merthe/ darauff
ich seyn Gast nicht seyn will. Er hat Bier
zu brauen: Nun will er mit allen auf das
theuerste hinauß/ und gleich wohl läst er es an
Hopffen und Maltz allenthalben fehlen/ ja er
geust den Kofent mit in die Bier-Fässer. Da
kan es nicht anders kommen/ das elende Ge-
söffe muß ihm über dem Halse bleiben.
Und also kömmt das saure Bier an ihn/ da
wirfst er ein bißgen Saltz hinein/ krumelt
Brod darzu/ daß man die Seure nicht so

haupt-
E vij


vergangenen Winter habe er ſein Holtz ver-
kaufft/ und ſey biß gegen Mittag im Bette
gelegen; hernach habe er den Tag in fremden
Stuben zugebracht. Man koͤnte auch ſeiner
nicht loß werden/ als biß man Geld herumb
geben wolle/ da lieſſe er ſein Goldſtuͤck ſehen/
und wenn niemand wieder zu geben haͤtte/ ſo
ſuchte er Gelegenheit wegzugehen. Er habe
nicht weit auf dem Lande eine Schweſter/ die
ſchickte ihm bißweilen etwas von kalter Kuͤche:
aber er boͤte ſolches entweder der Troͤdel-
Frauen an/ daß ſie es umb ein lumpen Geld
verſchleppen muͤſte: oder er aͤſſe ſo ſparſam/
daß gemeiniglich das meiſte verduͤrbe. Da
ſagte einer/ es waͤre noch Wunder/ daß er
eine Bier-Merthe machen lieſſe. Ach ſagte
der Wirth/ es iſt auch eine Merthe/ darauff
ich ſeyn Gaſt nicht ſeyn will. Er hat Bier
zu brauen: Nun will er mit allen auf das
theuerſte hinauß/ und gleich wohl laͤſt er es an
Hopffen und Maltz allenthalben fehlen/ ja er
geuſt den Kofent mit in die Bier-Faͤſſer. Da
kan es nicht anders kommen/ das elende Ge-
ſoͤffe muß ihm uͤber dem Halſe bleiben.
Und alſo koͤmmt das ſaure Bier an ihn/ da
wirfſt er ein bißgen Saltz hinein/ krumelt
Brod darzu/ daß man die Seure nicht ſo

haupt-
E vij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0115" n="109"/><lb/>
vergangenen Winter habe er &#x017F;ein Holtz ver-<lb/>
kaufft/ und &#x017F;ey biß gegen Mittag im Bette<lb/>
gelegen; hernach habe er den Tag in fremden<lb/>
Stuben zugebracht. Man ko&#x0364;nte auch &#x017F;einer<lb/>
nicht loß werden/ als biß man Geld herumb<lb/>
geben wolle/ da lie&#x017F;&#x017F;e er &#x017F;ein Gold&#x017F;tu&#x0364;ck &#x017F;ehen/<lb/>
und wenn niemand wieder zu geben ha&#x0364;tte/ &#x017F;o<lb/>
&#x017F;uchte er Gelegenheit wegzugehen. Er habe<lb/>
nicht weit auf dem Lande eine Schwe&#x017F;ter/ die<lb/>
&#x017F;chickte ihm bißweilen etwas von kalter Ku&#x0364;che:<lb/>
aber er bo&#x0364;te &#x017F;olches entweder der Tro&#x0364;del-<lb/>
Frauen an/ daß &#x017F;ie es umb ein lumpen Geld<lb/>
ver&#x017F;chleppen mu&#x0364;&#x017F;te: oder er a&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;o &#x017F;par&#x017F;am/<lb/>
daß gemeiniglich das mei&#x017F;te verdu&#x0364;rbe. Da<lb/>
&#x017F;agte einer/ es wa&#x0364;re noch Wunder/ daß er<lb/>
eine Bier-Merthe machen lie&#x017F;&#x017F;e. Ach &#x017F;agte<lb/>
der Wirth/ es i&#x017F;t auch eine Merthe/ darauff<lb/>
ich &#x017F;eyn Ga&#x017F;t nicht &#x017F;eyn will. Er hat Bier<lb/>
zu brauen: Nun will er mit allen auf das<lb/>
theuer&#x017F;te hinauß/ und gleich wohl la&#x0364;&#x017F;t er es an<lb/>
Hopffen und Maltz allenthalben fehlen/ ja er<lb/>
geu&#x017F;t den Kofent mit in die Bier-<hi rendition="#fr">F</hi>a&#x0364;&#x017F;&#x017F;er. Da<lb/>
kan es nicht anders kommen/ das elende Ge-<lb/>
&#x017F;o&#x0364;ffe muß ihm u&#x0364;ber dem Hal&#x017F;e bleiben.<lb/>
Und al&#x017F;o ko&#x0364;mmt das &#x017F;aure Bier an ihn/ da<lb/>
wirf&#x017F;t er ein bißgen Saltz hinein/ krumelt<lb/>
Brod darzu/ daß man die Seure nicht &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E vij</fw><fw place="bottom" type="catch">haupt-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0115] vergangenen Winter habe er ſein Holtz ver- kaufft/ und ſey biß gegen Mittag im Bette gelegen; hernach habe er den Tag in fremden Stuben zugebracht. Man koͤnte auch ſeiner nicht loß werden/ als biß man Geld herumb geben wolle/ da lieſſe er ſein Goldſtuͤck ſehen/ und wenn niemand wieder zu geben haͤtte/ ſo ſuchte er Gelegenheit wegzugehen. Er habe nicht weit auf dem Lande eine Schweſter/ die ſchickte ihm bißweilen etwas von kalter Kuͤche: aber er boͤte ſolches entweder der Troͤdel- Frauen an/ daß ſie es umb ein lumpen Geld verſchleppen muͤſte: oder er aͤſſe ſo ſparſam/ daß gemeiniglich das meiſte verduͤrbe. Da ſagte einer/ es waͤre noch Wunder/ daß er eine Bier-Merthe machen lieſſe. Ach ſagte der Wirth/ es iſt auch eine Merthe/ darauff ich ſeyn Gaſt nicht ſeyn will. Er hat Bier zu brauen: Nun will er mit allen auf das theuerſte hinauß/ und gleich wohl laͤſt er es an Hopffen und Maltz allenthalben fehlen/ ja er geuſt den Kofent mit in die Bier-Faͤſſer. Da kan es nicht anders kommen/ das elende Ge- ſoͤffe muß ihm uͤber dem Halſe bleiben. Und alſo koͤmmt das ſaure Bier an ihn/ da wirfſt er ein bißgen Saltz hinein/ krumelt Brod darzu/ daß man die Seure nicht ſo haupt- E vij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/115
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/115>, abgerufen am 21.11.2024.