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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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gantzen Tag zur Straffe barfuß gehn. Hier-
mit kam sie an die Thüre/ und wolte die
Strümpfe herauß tragen/ da riß die Com-
pagni
e wieder aus/ und verfügte sich in die
Schlaff-Kammer. Nun hätten sie sich ger-
ne über den Narren verwundert/ aber ümb
den Schlaff nicht zu verstören/versparten sie
solches biß auf den andern Tag/ gaben unter-
dessen dem Mahler Befehl/ sich mit den Far-
ben fertig zu halten/ wenn er unversehens den
elenden Sieman abmahlen müste.

Früh morgens gieng der gute Mann mit
seinen Grillen zu Rahte/ wie er sich doch gut
genug entschuldigen möchte/ wenn er von
Gästen zur Reise gefordert würde/ vornem-
lich schämte er sich vor den fremden Leuten mit
nackichten Beinen zu erscheinen/ und gleich-
wol kunte er die Sache nicht ändern/ doch zu
seinem Glücke saß der Mahler in der Stube/
und machte die Farben zu rechte/der hatte nun
etwas in der Kammer oben vergessen/ und wolte
es holen/ indessen wischet der Wirth über die
schwartze Farbe/ und bestreichet sich die blossen
Beine über und über/ daß zehen Blinden hät-
ten sollen vorüber gehen/ und nicht anders
dencken/ es wären rechte nette Englische
Strümpfe. Jn solchem Ornat steckte er
die Füsse in die Pantoffeln/ und sprach

sei-


gantzen Tag zur Straffe barfuß gehn. Hier-
mit kam ſie an die Thuͤre/ und wolte die
Struͤmpfe herauß tragen/ da riß die Com-
pagni
e wieder aus/ und verfuͤgte ſich in die
Schlaff-Kammer. Nun haͤtten ſie ſich ger-
ne uͤber den Narren verwundert/ aber uͤmb
den Schlaff nicht zu verſtoͤren/verſparten ſie
ſolches biß auf den andern Tag/ gaben unter-
deſſen dem Mahler Befehl/ ſich mit den Far-
ben fertig zu halten/ wenn er unverſehens den
elenden Sieman abmahlen muͤſte.

Fruͤh morgens gieng der gute Mann mit
ſeinen Grillen zu Rahte/ wie er ſich doch gut
genug entſchuldigen moͤchte/ wenn er von
Gaͤſten zur Reiſe gefordert wuͤrde/ vornem-
lich ſchaͤmte er ſich vor den fremden Leuten mit
nackichten Beinen zu erſcheinen/ und gleich-
wol kunte er die Sache nicht aͤndern/ doch zu
ſeinem Gluͤcke ſaß der Mahler in der Stube/
und machte die Farben zu rechte/der hatte nun
etwas in der Kam̃er oben vergeſſen/ und wolte
es holen/ indeſſen wiſchet der Wirth uͤber die
ſchwartze Farbe/ und beſtreichet ſich die bloſſen
Beine uͤber und uͤber/ daß zehen Blinden haͤt-
ten ſollen voruͤber gehen/ und nicht anders
dencken/ es waͤren rechte nette Engliſche
Struͤmpfe. Jn ſolchem Ornat ſteckte er
die Fuͤſſe in die Pantoffeln/ und ſprach

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[20/0026] gantzen Tag zur Straffe barfuß gehn. Hier- mit kam ſie an die Thuͤre/ und wolte die Struͤmpfe herauß tragen/ da riß die Com- pagnie wieder aus/ und verfuͤgte ſich in die Schlaff-Kammer. Nun haͤtten ſie ſich ger- ne uͤber den Narren verwundert/ aber uͤmb den Schlaff nicht zu verſtoͤren/verſparten ſie ſolches biß auf den andern Tag/ gaben unter- deſſen dem Mahler Befehl/ ſich mit den Far- ben fertig zu halten/ wenn er unverſehens den elenden Sieman abmahlen muͤſte. Fruͤh morgens gieng der gute Mann mit ſeinen Grillen zu Rahte/ wie er ſich doch gut genug entſchuldigen moͤchte/ wenn er von Gaͤſten zur Reiſe gefordert wuͤrde/ vornem- lich ſchaͤmte er ſich vor den fremden Leuten mit nackichten Beinen zu erſcheinen/ und gleich- wol kunte er die Sache nicht aͤndern/ doch zu ſeinem Gluͤcke ſaß der Mahler in der Stube/ und machte die Farben zu rechte/der hatte nun etwas in der Kam̃er oben vergeſſen/ und wolte es holen/ indeſſen wiſchet der Wirth uͤber die ſchwartze Farbe/ und beſtreichet ſich die bloſſen Beine uͤber und uͤber/ daß zehen Blinden haͤt- ten ſollen voruͤber gehen/ und nicht anders dencken/ es waͤren rechte nette Engliſche Struͤmpfe. Jn ſolchem Ornat ſteckte er die Fuͤſſe in die Pantoffeln/ und ſprach ſei-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/26>, abgerufen am 24.11.2024.