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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Uberflüss ger gedancken
Und der ist wol ein narr/ der sich wil helffen lassen.
Die liebe kan ja nicht von pfefferkuchen seyn/
Die bauren würden sie sonst auf den hirse streun:
Kein welckes rübgen nicht/ sie würde nicht gelitten/
Die jungfern hätten sie schon längsten klein geschnitten.
Sie ist kein käse nicht/ denn solte dieses seyn/
So steckte mancher eh sein scharffes messer ein:
Sie ist kein häscher nicht/ wer hätte sonst verlangen/
Daß ihn die liebe solt in ihrem loche fangen?
Die liebe brennet nicht/ sonst würd ein gantzes land
Den ersten hochzeit-tag bißweilen abgebrannt:
Die liebe kühlet nicht/ sonst würde man nicht schwitzen;
Die liebe sticht auch nicht/ sonst würde man sich ritzen;
Die lieb ist auch kein floh/ sonst wär gefahr dabey/
Die jungfern knickten ihr den kopf geschwind entzwey;
Sie ist kein klapperstorch/ sonst wär es grosse schande/
So bald es winter wär/ so zög sie aus dem lande.
Die liebe thut nicht weh und bringet schlechte pein/
Sonst würd ein jungfer-maul nicht also wolfeil seyn;
Die wäre wol ein kind/ wann jemand greiffen wolte/
Daß sie vor freuden nicht ein bißgen lachen solte.
Es bleibet wol dabey/ nur hurtig lieb gehabt/
Ach wohl dem/ welcher sich in seiner jugend labt/
Ein alter taugt nicht mehr/ er spielt nur mit geberden/
Und weil er sonst nichts kan/ muß er zum han - - -

V.
Als er in den Citronen-Keller fiel.
HAlt bruder/ halt ich falle/
Der absatz gleit mir ab/
Jch portzle schon hinab/
Sind bald die stuffen alle?
Ach komm und hilff mir doch/
Jch

Uberfluͤſſ ger gedancken
Und der iſt wol ein narr/ der ſich wil helffen laſſen.
Die liebe kan ja nicht von pfefferkuchen ſeyn/
Die bauren wuͤrden ſie ſonſt auf den hirſe ſtreun:
Kein welckes ruͤbgen nicht/ ſie wuͤrde nicht gelitten/
Die jungfern haͤtten ſie ſchon laͤngſten klein geſchnittẽ.
Sie iſt kein kaͤſe nicht/ denn ſolte dieſes ſeyn/
So ſteckte mancher eh ſein ſcharffes meſſer ein:
Sie iſt kein haͤſcher nicht/ wer haͤtte ſonſt verlangen/
Daß ihn die liebe ſolt in ihrem loche fangen?
Die liebe brennet nicht/ ſonſt wuͤrd ein gantzes land
Den erſten hochzeit-tag bißweilen abgebrannt:
Die liebe kuͤhlet nicht/ ſonſt wuͤrde man nicht ſchwitzẽ;
Die liebe ſticht auch nicht/ ſonſt wuͤrde man ſich ritzen;
Die lieb iſt auch kein floh/ ſonſt waͤr gefahr dabey/
Die jungfern knickten ihr den kopf geſchwind entzwey;
Sie iſt kein klapperſtorch/ ſonſt waͤr es groſſe ſchande/
So bald es winter waͤr/ ſo zoͤg ſie aus dem lande.
Die liebe thut nicht weh und bringet ſchlechte pein/
Sonſt wuͤrd ein jungfer-maul nicht alſo wolfeil ſeyn;
Die waͤre wol ein kind/ wann jemand greiffen wolte/
Daß ſie vor freuden nicht ein bißgen lachen ſolte.
Es bleibet wol dabey/ nur hurtig lieb gehabt/
Ach wohl dem/ welcher ſich in ſeiner jugend labt/
Ein alter taugt nicht mehr/ er ſpielt nur mit geberden/
Und weil er ſonſt nichts kan/ muß er zum han - - -

V.
Als er in den Citronen-Keller fiel.
HAlt bruder/ halt ich falle/
Der abſatz gleit mir ab/
Jch portzle ſchon hinab/
Sind bald die ſtuffen alle?
Ach komm und hilff mir doch/
Jch
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[108/0124] Uberfluͤſſ ger gedancken Und der iſt wol ein narr/ der ſich wil helffen laſſen. Die liebe kan ja nicht von pfefferkuchen ſeyn/ Die bauren wuͤrden ſie ſonſt auf den hirſe ſtreun: Kein welckes ruͤbgen nicht/ ſie wuͤrde nicht gelitten/ Die jungfern haͤtten ſie ſchon laͤngſten klein geſchnittẽ. Sie iſt kein kaͤſe nicht/ denn ſolte dieſes ſeyn/ So ſteckte mancher eh ſein ſcharffes meſſer ein: Sie iſt kein haͤſcher nicht/ wer haͤtte ſonſt verlangen/ Daß ihn die liebe ſolt in ihrem loche fangen? Die liebe brennet nicht/ ſonſt wuͤrd ein gantzes land Den erſten hochzeit-tag bißweilen abgebrannt: Die liebe kuͤhlet nicht/ ſonſt wuͤrde man nicht ſchwitzẽ; Die liebe ſticht auch nicht/ ſonſt wuͤrde man ſich ritzen; Die lieb iſt auch kein floh/ ſonſt waͤr gefahr dabey/ Die jungfern knickten ihr den kopf geſchwind entzwey; Sie iſt kein klapperſtorch/ ſonſt waͤr es groſſe ſchande/ So bald es winter waͤr/ ſo zoͤg ſie aus dem lande. Die liebe thut nicht weh und bringet ſchlechte pein/ Sonſt wuͤrd ein jungfer-maul nicht alſo wolfeil ſeyn; Die waͤre wol ein kind/ wann jemand greiffen wolte/ Daß ſie vor freuden nicht ein bißgen lachen ſolte. Es bleibet wol dabey/ nur hurtig lieb gehabt/ Ach wohl dem/ welcher ſich in ſeiner jugend labt/ Ein alter taugt nicht mehr/ er ſpielt nur mit geberden/ Und weil er ſonſt nichts kan/ muß er zum han - - - V. Als er in den Citronen-Keller fiel. HAlt bruder/ halt ich falle/ Der abſatz gleit mir ab/ Jch portzle ſchon hinab/ Sind bald die ſtuffen alle? Ach komm und hilff mir doch/ Jch

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/124>, abgerufen am 16.07.2024.