Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Uberflüssiger gedancken 5. Du diebische katze/ was leckst du mich doch/ Wann du mich willst von hinden kratzen? Du spitzige zunge/ was willstu mir noch Von guter gunst und freundschafft schwatzen: Du meinst/ ich sol ins netze gehn Drum singst du so lieblich und pfeiffest so schön. 6. Du Türcke/ du Heyde/ bedenckst du dich nicht/ Du unmensch/ hast du kein gewissen/ Des himmels gerechtigkeit eiffert und spricht: Verflucht sey! der sich so beflissen/ Daß er den nechsten der ihn liebt/ Mit tausend betrüglichen händen betrübt. 7. Doch schwerme nur besser du rasender hund/ Biß mir und aller welt zuwieder; Jch bleibe doch immer am leibe gesund/ Du aber schlägst dich selber nieder/ Ein hund der sich so sehr bewegt/ Hat selten neun tage zurücke gelegt. 8. Jch habe noch keinen bekannten gesehn/ Dem du von hertzen günstig wärest: Drum laß ich es endlich gedultig geschehen/ Daß du mich hier und da versehrest. Vielleicht kompt noch die liebe zeit/ Daß mancher sein eiffriges wüten bereut. XI. Er nimmt Abschied. DU liebes kind/ indem ich von dir reise/ Und deiner gunst zu guter letzt erweise/ Was ich bißher mit grosser lust gethan; So nimm diß lied mit lieben händen an. 2. Mein kind/ es ist vielleicht mein besser glücke/ Wofern ich bald zu dieser reise schicke/ Abson-
Uberfluͤſſiger gedancken 5. Du diebiſche katze/ was leckſt du mich doch/ Wann du mich willſt von hinden kratzen? Du ſpitzige zunge/ was willſtu mir noch Von guter gunſt und freundſchafft ſchwatzen: Du meinſt/ ich ſol ins netze gehn Drum ſingſt du ſo lieblich und pfeiffeſt ſo ſchoͤn. 6. Du Tuͤrcke/ du Heyde/ bedenckſt du dich nicht/ Du unmenſch/ haſt du kein gewiſſen/ Des himmels gerechtigkeit eiffert und ſpricht: Verflucht ſey! der ſich ſo befliſſen/ Daß er den nechſten der ihn liebt/ Mit tauſend betruͤglichen haͤnden betruͤbt. 7. Doch ſchwerme nur beſſer du raſender hund/ Biß mir und aller welt zuwieder; Jch bleibe doch immer am leibe geſund/ Du aber ſchlaͤgſt dich ſelber nieder/ Ein hund der ſich ſo ſehr bewegt/ Hat ſelten neun tage zuruͤcke gelegt. 8. Jch habe noch keinen bekannten geſehn/ Dem du von hertzen guͤnſtig waͤreſt: Drum laß ich es endlich gedultig geſchehen/ Daß du mich hier und da verſehreſt. Vielleicht kompt noch die liebe zeit/ Daß mancher ſein eiffriges wuͤten bereut. XI. Er nimmt Abſchied. DU liebes kind/ indem ich von dir reiſe/ Und deiner gunſt zu guter letzt erweiſe/ Was ich bißher mit groſſer luſt gethan; So nimm diß lied mit lieben haͤnden an. 2. Mein kind/ es iſt vielleicht mein beſſer gluͤcke/ Wofern ich bald zu dieſer reiſe ſchicke/ Abſon-
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Uberfluͤſſiger gedancken
5. Du diebiſche katze/ was leckſt du mich doch/
Wann du mich willſt von hinden kratzen?
Du ſpitzige zunge/ was willſtu mir noch
Von guter gunſt und freundſchafft ſchwatzen:
Du meinſt/ ich ſol ins netze gehn
Drum ſingſt du ſo lieblich und pfeiffeſt ſo ſchoͤn.
6. Du Tuͤrcke/ du Heyde/ bedenckſt du dich nicht/
Du unmenſch/ haſt du kein gewiſſen/
Des himmels gerechtigkeit eiffert und ſpricht:
Verflucht ſey! der ſich ſo befliſſen/
Daß er den nechſten der ihn liebt/
Mit tauſend betruͤglichen haͤnden betruͤbt.
7. Doch ſchwerme nur beſſer du raſender hund/
Biß mir und aller welt zuwieder;
Jch bleibe doch immer am leibe geſund/
Du aber ſchlaͤgſt dich ſelber nieder/
Ein hund der ſich ſo ſehr bewegt/
Hat ſelten neun tage zuruͤcke gelegt.
8. Jch habe noch keinen bekannten geſehn/
Dem du von hertzen guͤnſtig waͤreſt:
Drum laß ich es endlich gedultig geſchehen/
Daß du mich hier und da verſehreſt.
Vielleicht kompt noch die liebe zeit/
Daß mancher ſein eiffriges wuͤten bereut.
XI.
Er nimmt Abſchied.
DU liebes kind/ indem ich von dir reiſe/
Und deiner gunſt zu guter letzt erweiſe/
Was ich bißher mit groſſer luſt gethan;
So nimm diß lied mit lieben haͤnden an.
2. Mein kind/ es iſt vielleicht mein beſſer gluͤcke/
Wofern ich bald zu dieſer reiſe ſchicke/
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