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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Uberflüssiger
Gedancken

Andere Gattung.


Geehrter Leser.

ALs ich vor sechs jahren ein stück von meinen Uber-
flüßigen Gedancken in die freye welt ausfliegen
ließ/ meinte ich/ es solten nun die andern sachen/
welche ich zurücke behalten/ eher in dem winckel
vermodern und zu nichte werden/ als daß ich noch einmahl
etlichen catonianischen eßig-krügen wolte gelegenheit an
die hand geben/ mich vor ein welt-kind auszuschreyen. Al-
lein mein glücke fügte sich vor wenig jahren also/ daß ich
den winter und frühling auff dem lande zubringen muste.
Da ich denn in meiner einsamkeit zwar gute musse hatte
mein studiren fortzusetzen: Nur an der compagny spürte
ich offtermahls nicht einen geringen mangel. Derohalben
wenn sich etliche überflüßige grillen bey mir angeben wol-
ten/ so wuste ich kein besser mittel dieselben zu verjagen als
durch die Uberflüßige Gedancken/ welche mir vormahls e-
ben zu solcher zeit eingefallen/ da ich ein überflüßiges mit
dem andern vertreiben muste. Also nahm ich meine alten
Universitäts-acta herfür/ und womit ich vermeinte einen
günstigen leser zu vergnügen/ solches zeichnete ich bey vor-
fallender musse zusammen. Jch hatte aber bey dem ersten
theil albereit angemerckt/ wie dunckel und unverständlich
manch liedgen heraus kam/ indem es also bloß/ und ohne
alle erklärung hingesetzt war/ drumb fiel mir dieses mittel
ein/ durch etliche gespräche eines und das ander deutlicher
und verhoffentlich etwas annehmlicher vorzustellen/ habe
also eine neue mode auff die bahn gebracht/ die lieder gleich-
sam in einer lustigen gesellschafft zu überliefern/ daß aber

aller-
Uberfluͤſſiger
Gedancken

Andere Gattung.


Geehrter Leſer.

ALs ich vor ſechs jahren ein ſtuͤck von meinen Uber-
fluͤßigen Gedancken in die freye welt ausfliegen
ließ/ meinte ich/ es ſolten nun die andern ſachen/
welche ich zuruͤcke behalten/ eher in dem winckel
vermodern und zu nichte werden/ als daß ich noch einmahl
etlichen catonianiſchen eßig-kruͤgen wolte gelegenheit an
die hand geben/ mich vor ein welt-kind auszuſchreyen. Al-
lein mein gluͤcke fuͤgte ſich vor wenig jahren alſo/ daß ich
den winter und fruͤhling auff dem lande zubringen muſte.
Da ich denn in meiner einſamkeit zwar gute muſſe hatte
mein ſtudiren fortzuſetzen: Nur an der compagny ſpuͤrte
ich offtermahls nicht einen geringen mangel. Derohalben
wenn ſich etliche uͤberfluͤßige grillen bey mir angeben wol-
ten/ ſo wuſte ich kein beſſer mittel dieſelben zu verjagen als
durch die Uberfluͤßige Gedancken/ welche mir vormahls e-
ben zu ſolcher zeit eingefallen/ da ich ein uͤberfluͤßiges mit
dem andern vertreiben muſte. Alſo nahm ich meine alten
Univerſitaͤts-acta herfuͤr/ und womit ich vermeinte einen
guͤnſtigen leſer zu vergnuͤgen/ ſolches zeichnete ich bey vor-
fallender muſſe zuſammen. Jch hatte aber bey dem erſten
theil albereit angemerckt/ wie dunckel und unverſtaͤndlich
manch liedgen heraus kam/ indem es alſo bloß/ und ohne
alle erklaͤrung hingeſetzt war/ drumb fiel mir dieſes mittel
ein/ durch etliche geſpraͤche eines und das ander deutlicher
und verhoffentlich etwas annehmlicher vorzuſtellen/ habe
alſo eine neue mode auff die bahn gebracht/ die lieder gleich-
ſam in einer luſtigen geſellſchafft zu uͤberliefern/ daß aber

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[283/0299] Uberfluͤſſiger Gedancken Andere Gattung. Geehrter Leſer. ALs ich vor ſechs jahren ein ſtuͤck von meinen Uber- fluͤßigen Gedancken in die freye welt ausfliegen ließ/ meinte ich/ es ſolten nun die andern ſachen/ welche ich zuruͤcke behalten/ eher in dem winckel vermodern und zu nichte werden/ als daß ich noch einmahl etlichen catonianiſchen eßig-kruͤgen wolte gelegenheit an die hand geben/ mich vor ein welt-kind auszuſchreyen. Al- lein mein gluͤcke fuͤgte ſich vor wenig jahren alſo/ daß ich den winter und fruͤhling auff dem lande zubringen muſte. Da ich denn in meiner einſamkeit zwar gute muſſe hatte mein ſtudiren fortzuſetzen: Nur an der compagny ſpuͤrte ich offtermahls nicht einen geringen mangel. Derohalben wenn ſich etliche uͤberfluͤßige grillen bey mir angeben wol- ten/ ſo wuſte ich kein beſſer mittel dieſelben zu verjagen als durch die Uberfluͤßige Gedancken/ welche mir vormahls e- ben zu ſolcher zeit eingefallen/ da ich ein uͤberfluͤßiges mit dem andern vertreiben muſte. Alſo nahm ich meine alten Univerſitaͤts-acta herfuͤr/ und womit ich vermeinte einen guͤnſtigen leſer zu vergnuͤgen/ ſolches zeichnete ich bey vor- fallender muſſe zuſammen. Jch hatte aber bey dem erſten theil albereit angemerckt/ wie dunckel und unverſtaͤndlich manch liedgen heraus kam/ indem es alſo bloß/ und ohne alle erklaͤrung hingeſetzt war/ drumb fiel mir dieſes mittel ein/ durch etliche geſpraͤche eines und das ander deutlicher und verhoffentlich etwas annehmlicher vorzuſtellen/ habe alſo eine neue mode auff die bahn gebracht/ die lieder gleich- ſam in einer luſtigen geſellſchafft zu uͤberliefern/ daß aber aller-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/299>, abgerufen am 03.06.2024.