Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.an den Leser. den andern tugenden vor eine königin muß gehalten werden.Jch bitte man lache nicht über diß exempel. Es finden Jmmittelst bedinge ich dieses/ es flicke mir niemand et- Sonsten was die gespräche anbelangt/ so hab ich meine Jngleichen ist das frauenzimmer welches in einigen zu- zunge
an den Leſer. den andern tugenden vor eine koͤnigin muß gehalten werdē.Jch bitte man lache nicht uͤber diß exempel. Es finden Jmmittelſt bedinge ich dieſes/ es flicke mir niemand et- Sonſten was die geſpraͤche anbelangt/ ſo hab ich meine Jngleichen iſt das frauenzimmer welches in einigen zu- zunge
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an den Leſer.
den andern tugenden vor eine koͤnigin muß gehalten werdē.
Jch bitte man lache nicht uͤber diß exempel. Es finden
ſich im gemeinen leben tauſend und aber tauſend compli-
menten/ die nicht viel beſſer klappen/ als dieſe ſchuſter-Ora-
tion, wiewohl es mag ein iedweder ſeinem belieben nach-
gehn/ ich bleibe bey meiner freyheit/ und habe meine luſt
an der einfalt die der natur am nechſten koͤmmt. Wie ich
denn in der ſchaͤfferey gleichfals keine hohe gedancken ein-
geflickt habe/ aus beyſorge ich moͤchte das freye und ſorgen-
loſe feld-leben dadurch mehr verſtellen als ſcheinbar ma-
chen. Und gewiß der Comoͤdiant waͤre ein narr/ der die
ſchaͤffer in die ſammet peltzen praͤſentirte: Und alſo waͤre
man nicht viel kluͤger/ wenn man den ſchaͤffern ſolche re-
den vorſchreiben wolte/ die ſich nirgend beſſer als in ſam-
met peltzen reden lieſſen. Jn dem letzten luſt-ſpiel habe
ich nach anlaß der perſohnen die worte bald hoch bald nie-
drig gefuͤhret/ ob die hiſtoria wahr oder nicht/ davor darff
ich ſo genau nicht rechenſchafft geben: Es iſt gnug/ daß ein
iedweder geſtehen muß/ es gehe in gemeinen leben nicht an-
ders her/ als daß eine Comoͤdi nach der andern von fal-
ſchen freunden geſpielet wird.
Jmmittelſt bedinge ich dieſes/ es flicke mir niemand et-
was hinein/ der es nicht gelernet hat. Jch ſah einmahl
meine triumphirende keuſchheit agiren/ und hoͤrte offt wie
ein ander ſeine kaͤlber-lunge darzu gethan hatte/ daß mir
faſt uͤbel darbey ward. Wer ſo kuͤnſtlich iſt/ daß er alles
verbeſſern kan/ der mache lieber etwas neues/ es bleibt doch
huͤmpeley/ wenn zweyerley gedancken zuſammen geflickt
werden.
Sonſten was die geſpraͤche anbelangt/ ſo hab ich meine
perſon unter dem nahmen Gilanes verborgen. Die zwey
en guten freunde aber ſtellen eine widerwaͤrtige natur vor.
Melintes iſt ernſthafftig: Fillidor hingegen kurtzweilig.
Auff die weiſe habe ich gelegenheit die Uberfluͤßigen Gedan-
cken bald zu erklaͤhren/ bald zu entſchuldigen.
Jngleichen iſt das frauenzimmer welches in einigen zu-
ſammenkuͤnfften mit eingefuͤhret wird/ von wider-ſinni-
ſchem gemuͤthe: Ob ich die redens-arten nach der weiber-
zunge
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