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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Drittes Gespräch.
Des himmels gar zu leicht vergist/
Und an der schönsten perlen stat/
Nur spreu und staub in händen hat.

2. GOtt hat uns ja so viel versprochen
Als woll'er unser Vater seyn.
Der segen bleibt auch ungebrochen/
Und stellt sich alle stunden ein.
Derhalben ach aus was für noth
Bckümmern wir uns um das brod.
3. Je mehr wir geld im kasten haben/
Je mehr begehren wir darzu;
Und also stören uns die gaben
Nur an der süssen lebens-ruh:
Da sonst der allerärmste mann
Gar sanfft und sicher schlaffen kan.
4. Und über diß/ die armen leute
Sind auff den abend gleich so satt/
Da dennoch mancher kaum auff heute
Den proviant zu finden hat.
Drum liegt es nicht an geld und gut
Daß uns das leben sanffte thut.
5. Die reichen können mehr nicht essen/
Als was in ihren magen geht:
Der ist schon richtig abgemessen/
Wenn gleich der tiseh voll speisen steht/
Der appetit wird nur verführt/
Und manche schüssel nicht berührt.
6. Die meisten wollen ihren kindern
Durch ihren geitz behülfflich seyn/
Doch diese lassen sich verhindern/
Und bilden sich viel sachen ein/
Daß man bey solchem übermuth
Kein

Drittes Geſpraͤch.
Des himmels gar zu leicht vergiſt/
Und an der ſchoͤnſten perlen ſtat/
Nur ſpreu und ſtaub in haͤnden hat.

2. GOtt hat uns ja ſo viel verſprochen
Als woll’er unſer Vater ſeyn.
Der ſegen bleibt auch ungebrochen/
Und ſtellt ſich alle ſtunden ein.
Derhalben ach aus was fuͤr noth
Bckuͤmmern wir uns um das brod.
3. Je mehr wir geld im kaſten haben/
Je mehr begehren wir darzu;
Und alſo ſtoͤren uns die gaben
Nur an der ſuͤſſen lebens-ruh:
Da ſonſt der alleraͤrmſte mann
Gar ſanfft und ſicher ſchlaffen kan.
4. Und uͤber diß/ die armen leute
Sind auff den abend gleich ſo ſatt/
Da dennoch mancher kaum auff heute
Den proviant zu finden hat.
Drum liegt es nicht an geld und gut
Daß uns das leben ſanffte thut.
5. Die reichen koͤnnen mehr nicht eſſen/
Als was in ihren magen geht:
Der iſt ſchon richtig abgemeſſen/
Wenn gleich der tiſeh voll ſpeiſen ſteht/
Der appetit wird nur verfuͤhrt/
Und manche ſchuͤſſel nicht beruͤhrt.
6. Die meiſten wollen ihren kindern
Durch ihren geitz behuͤlfflich ſeyn/
Doch dieſe laſſen ſich verhindern/
Und bilden ſich viel ſachen ein/
Daß man bey ſolchem uͤbermuth
Kein
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[347/0363] Drittes Geſpraͤch. Des himmels gar zu leicht vergiſt/ Und an der ſchoͤnſten perlen ſtat/ Nur ſpreu und ſtaub in haͤnden hat. 2. GOtt hat uns ja ſo viel verſprochen Als woll’er unſer Vater ſeyn. Der ſegen bleibt auch ungebrochen/ Und ſtellt ſich alle ſtunden ein. Derhalben ach aus was fuͤr noth Bckuͤmmern wir uns um das brod. 3. Je mehr wir geld im kaſten haben/ Je mehr begehren wir darzu; Und alſo ſtoͤren uns die gaben Nur an der ſuͤſſen lebens-ruh: Da ſonſt der alleraͤrmſte mann Gar ſanfft und ſicher ſchlaffen kan. 4. Und uͤber diß/ die armen leute Sind auff den abend gleich ſo ſatt/ Da dennoch mancher kaum auff heute Den proviant zu finden hat. Drum liegt es nicht an geld und gut Daß uns das leben ſanffte thut. 5. Die reichen koͤnnen mehr nicht eſſen/ Als was in ihren magen geht: Der iſt ſchon richtig abgemeſſen/ Wenn gleich der tiſeh voll ſpeiſen ſteht/ Der appetit wird nur verfuͤhrt/ Und manche ſchuͤſſel nicht beruͤhrt. 6. Die meiſten wollen ihren kindern Durch ihren geitz behuͤlfflich ſeyn/ Doch dieſe laſſen ſich verhindern/ Und bilden ſich viel ſachen ein/ Daß man bey ſolchem uͤbermuth Kein

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/363>, abgerufen am 01.06.2024.