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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Uberfl. gedancken andere gattung
Kein geld erwirbt und viel verthut.

7. Ach sind die kinder unsers gleichen/
So mögen sie dasselbe thun/
Wodurch wir unser gut erreichen.
Man darff nicht auff dem polster ruhn/
Und wer die faulheit auch begehrt/
Der ist kaum eines dreyers werth.
8. Es bleibt darbey/ das ist das beste:
GOtt lasse mich vergnügsam seyn.
Je mehr ich mich auff erden mäste/
Je schwerer geh' ich himmel ein.
Und wenn ich sterbe/ kömmt das geld
Nicht neben mir in jene welt.
Mel. Mein/ warum hastu nicht mehr fleiß auf sol-
che lieder gelegt?
Gil. Wenn Melintes viel seines gleichen hätte/ so
würde ich vielleicht grössere lust haben solche tugend-
lieder aufzusetzen. Nun aber gar wenig liebhaber ge-
funden werden/ muß ich es machen wie ein kauffmann/
der befleisset sich auff die wahre/ die am meisten abgeht.
Mel. Wie dem allen: Bey mir gehen solche wah-
ren wol ab/ mache mich noch so glückselig/ daß ich mehr
anhören darff.
Gil. Wenn der freund nicht so köstlich wäre/ wür-
de ich mich mit meiner armuth entschuldigen. So le-
be ich in guter hoffnung du wirst mit etlichen Sonne-
ten vorlieb nehmen.
Mel. Jch bin es wohl zu frieden.
Gil. Da hab ich eines/ das mit dem vorigen liede
fast einer meinung ist.

DJß ist mein wunsch/ weil ich auff erden lebe:
Gott gebe mir nicht allzu grosses gut:
Er

Uberfl. gedancken andere gattung
Kein geld erwirbt und viel verthut.

7. Ach ſind die kinder unſers gleichen/
So moͤgen ſie daſſelbe thun/
Wodurch wir unſer gut erreichen.
Man darff nicht auff dem polſter ruhn/
Und wer die faulheit auch begehrt/
Der iſt kaum eines dreyers werth.
8. Es bleibt darbey/ das iſt das beſte:
GOtt laſſe mich vergnuͤgſam ſeyn.
Je mehr ich mich auff erden maͤſte/
Je ſchwerer geh’ ich himmel ein.
Und wenn ich ſterbe/ koͤmmt das geld
Nicht neben mir in jene welt.
Mel. Mein/ warum haſtu nicht mehr fleiß auf ſol-
che lieder gelegt?
Gil. Wenn Melintes viel ſeines gleichen haͤtte/ ſo
wuͤrde ich vielleicht groͤſſere luſt haben ſolche tugend-
lieder aufzuſetzen. Nun aber gar wenig liebhaber ge-
funden werden/ muß ich es machen wie ein kauffmann/
der befleiſſet ſich auff die wahre/ die am meiſten abgeht.
Mel. Wie dem allen: Bey mir gehen ſolche wah-
ren wol ab/ mache mich noch ſo gluͤckſelig/ daß ich mehr
anhoͤren darff.
Gil. Wenn der freund nicht ſo koͤſtlich waͤre/ wuͤr-
de ich mich mit meiner armuth entſchuldigen. So le-
be ich in guter hoffnung du wirſt mit etlichen Sonne-
ten vorlieb nehmen.
Mel. Jch bin es wohl zu frieden.
Gil. Da hab ich eines/ das mit dem vorigen liede
faſt einer meinung iſt.

DJß iſt mein wunſch/ weil ich auff erden lebe:
Gott gebe mir nicht allzu groſſes gut:
Er
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[348/0364] Uberfl. gedancken andere gattung Kein geld erwirbt und viel verthut. 7. Ach ſind die kinder unſers gleichen/ So moͤgen ſie daſſelbe thun/ Wodurch wir unſer gut erreichen. Man darff nicht auff dem polſter ruhn/ Und wer die faulheit auch begehrt/ Der iſt kaum eines dreyers werth. 8. Es bleibt darbey/ das iſt das beſte: GOtt laſſe mich vergnuͤgſam ſeyn. Je mehr ich mich auff erden maͤſte/ Je ſchwerer geh’ ich himmel ein. Und wenn ich ſterbe/ koͤmmt das geld Nicht neben mir in jene welt. Mel. Mein/ warum haſtu nicht mehr fleiß auf ſol- che lieder gelegt? Gil. Wenn Melintes viel ſeines gleichen haͤtte/ ſo wuͤrde ich vielleicht groͤſſere luſt haben ſolche tugend- lieder aufzuſetzen. Nun aber gar wenig liebhaber ge- funden werden/ muß ich es machen wie ein kauffmann/ der befleiſſet ſich auff die wahre/ die am meiſten abgeht. Mel. Wie dem allen: Bey mir gehen ſolche wah- ren wol ab/ mache mich noch ſo gluͤckſelig/ daß ich mehr anhoͤren darff. Gil. Wenn der freund nicht ſo koͤſtlich waͤre/ wuͤr- de ich mich mit meiner armuth entſchuldigen. So le- be ich in guter hoffnung du wirſt mit etlichen Sonne- ten vorlieb nehmen. Mel. Jch bin es wohl zu frieden. Gil. Da hab ich eines/ das mit dem vorigen liede faſt einer meinung iſt. DJß iſt mein wunſch/ weil ich auff erden lebe: Gott gebe mir nicht allzu groſſes gut: Er

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/364>, abgerufen am 21.06.2024.