Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Der beschützten Unschuld Dieg. Jch kan nicht längere schritte thun/ als mir die beine gewachsen sind. Ponc. Du alter schelm/ so nimm die beine auff den nacken und lauffe damit fort. Dieg. Auff was soll ich denn lauffen/ gewiß auf den sturtzeln? Ponc. Lauff/ so lieb dir dein leben ist. Dieg. Jch kan nicht lauffen/ wenn es den leuten ei- ne ehre ist/ so mögen sie mir die hand voll blut nehmen. Ponc. Du alter dieb? wilstu nicht lauffen. Dieg. Da wil ich mich niedersetzen. Ponc. So wirstu gewiß gehangen. Dieg. Jch kan nicht dafür/ wenn solche strassenräu- ber über mich kommen. Ponc. Du alter krippenstösser/ du bist es nicht werth/ daß ich es so gut mit dir meine: Sieh da/ wil- stu oder kanstu nicht lauffen/ so wil ich dir einen guten rath geben/ laß dir den grauen bart abschneiden/ daß dich die soldaten nicht kennen. Dieg. Ach nein/ das ist mein bester zierath. Ponc. So laß dich in diesem zierath an den galgen hencken. Dieg. Jch armer mann! ist es denn so scharff? Ponc. So wahr ich ein ehrlicher mann bin/ es ist befehl da/ der erste der dich kriegt/ sol dich an den nech- sten baum hencken. Dieg. Auff die weise muß der bart wol herunter. Ponc. Habe ichs doch lange gesagt/ nun recke den tüntschel her (hier schneidet ihm Poncinello den baart ab/ und treibet possierliche händel mit ihm.) Dieg.
Der beſchuͤtzten Unſchuld Dieg. Jch kan nicht laͤngere ſchritte thun/ als mir die beine gewachſen ſind. Ponc. Du alter ſchelm/ ſo nimm die beine auff den nacken und lauffe damit fort. Dieg. Auff was ſoll ich denn lauffen/ gewiß auf den ſturtzeln? Ponc. Lauff/ ſo lieb dir dein leben iſt. Dieg. Jch kan nicht lauffen/ wenn es den leuten ei- ne ehre iſt/ ſo moͤgen ſie mir die hand voll blut nehmen. Ponc. Du alter dieb? wilſtu nicht lauffen. Dieg. Da wil ich mich niederſetzen. Ponc. So wirſtu gewiß gehangen. Dieg. Jch kan nicht dafuͤr/ wenn ſolche ſtꝛaſſenraͤu- ber uͤber mich kommen. Ponc. Du alter krippenſtoͤſſer/ du biſt es nicht werth/ daß ich es ſo gut mit dir meine: Sieh da/ wil- ſtu oder kanſtu nicht lauffen/ ſo wil ich dir einen guten rath geben/ laß dir den grauen bart abſchneiden/ daß dich die ſoldaten nicht kennen. Dieg. Ach nein/ das iſt mein beſter zierath. Ponc. So laß dich in dieſem zierath an den galgen hencken. Dieg. Jch armer mann! iſt es denn ſo ſcharff? Ponc. So wahr ich ein ehrlicher mann bin/ es iſt befehl da/ der erſte der dich kriegt/ ſol dich an den nech- ſten baum hencken. Dieg. Auff die weiſe muß der bart wol herunter. Ponc. Habe ichs doch lange geſagt/ nun recke den tuͤntſchel her (hier ſchneidet ihm Poncinello den baart ab/ und treibet poſſierliche haͤndel mit ihm.) Dieg.
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Der beſchuͤtzten Unſchuld
Dieg. Jch kan nicht laͤngere ſchritte thun/ als mir
die beine gewachſen ſind.
Ponc. Du alter ſchelm/ ſo nimm die beine auff den
nacken und lauffe damit fort.
Dieg. Auff was ſoll ich denn lauffen/ gewiß auf den
ſturtzeln?
Ponc. Lauff/ ſo lieb dir dein leben iſt.
Dieg. Jch kan nicht lauffen/ wenn es den leuten ei-
ne ehre iſt/ ſo moͤgen ſie mir die hand voll blut nehmen.
Ponc. Du alter dieb? wilſtu nicht lauffen.
Dieg. Da wil ich mich niederſetzen.
Ponc. So wirſtu gewiß gehangen.
Dieg. Jch kan nicht dafuͤr/ wenn ſolche ſtꝛaſſenraͤu-
ber uͤber mich kommen.
Ponc. Du alter krippenſtoͤſſer/ du biſt es nicht
werth/ daß ich es ſo gut mit dir meine: Sieh da/ wil-
ſtu oder kanſtu nicht lauffen/ ſo wil ich dir einen guten
rath geben/ laß dir den grauen bart abſchneiden/ daß
dich die ſoldaten nicht kennen.
Dieg. Ach nein/ das iſt mein beſter zierath.
Ponc. So laß dich in dieſem zierath an den galgen
hencken.
Dieg. Jch armer mann! iſt es denn ſo ſcharff?
Ponc. So wahr ich ein ehrlicher mann bin/ es iſt
befehl da/ der erſte der dich kriegt/ ſol dich an den nech-
ſten baum hencken.
Dieg. Auff die weiſe muß der bart wol herunter.
Ponc. Habe ichs doch lange geſagt/ nun recke den
tuͤntſchel her
(hier ſchneidet ihm Poncinello
den baart ab/ und treibet poſſierliche haͤndel
mit ihm.)
Dieg.
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