Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693. Charl. Behüte GOtt! Jst er ein Land- läuffer? Ein solcher Cavallier wird ja so viel haben/ daß er reiten kan. Louys. Ach Schwestergen/ er ist über die Schweitzer Gebürge geklettert/ da hat ihn die Noth zum Landläuffer gemacht. Laff. Wir sind alle Landläuffer/ ob wir einen Menschen Fuß oder einen Pfer- de Fuß darzu brauchen. Doch wie haben sie sich in währender Zeit befun- den? So viel ich sehe/ werde ich aller- seits Ursache haben zu gratuliren. Charl. Jch bin mit meinem Glücke zu frie- den/ so gehet mirs allezeit wol. Louys. Und ich verschweige mein Unglück/ so wird kein lieber Mensch an der Gra- tulation verhindert. Laff. Das ist nachdencklich geredt/ daß man sein Unglück verschweigt: Jch will nicht hoffen/ daß unter diesen Worten eine heimliche Liebe soll ver- standen werden. Charl. Jhr lieben Herren/ es heist in Franckreich verändert sich die Mode alle Tage; Laßt doch einmal die garsti- ge
Charl. Behuͤte GOtt! Jſt er ein Land- laͤuffer? Ein ſolcher Cavallier wird ja ſo viel haben/ daß er reiten kan. Louyſ. Ach Schweſtergen/ er iſt uͤber die Schweitzer Gebuͤrge geklettert/ da hat ihn die Noth zum Landlaͤuffer gemacht. Laff. Wir ſind alle Landlaͤuffer/ ob wir einen Menſchen Fuß oder einen Pfer- de Fuß darzu brauchen. Doch wie haben ſie ſich in waͤhrender Zeit befun- den? So viel ich ſehe/ werde ich aller- ſeits Urſache haben zu gratuliren. Charl. Jch bin mit meinem Gluͤcke zu frie- den/ ſo gehet mirs allezeit wol. Louyſ. Und ich verſchweige mein Ungluͤck/ ſo wird kein lieber Menſch an der Gra- tulation verhindert. Laff. Das iſt nachdencklich geredt/ daß man ſein Ungluͤck verſchweigt: Jch will nicht hoffen/ daß unter dieſen Worten eine heimliche Liebe ſoll ver- ſtanden werden. Charl. Jhr lieben Herren/ es heiſt in Franckreich veraͤndert ſich die Mode alle Tage; Laßt doch einmal die garſti- ge
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0568" n="402"/> <sp who="#CHA"> <speaker>Charl.</speaker> <p>Behuͤte GOtt! Jſt er ein Land-<lb/> laͤuffer? Ein ſolcher <hi rendition="#aq">Cavallier</hi> wird ja<lb/> ſo viel haben/ daß er reiten kan.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOU"> <speaker>Louyſ.</speaker> <p>Ach Schweſtergen/ er iſt uͤber die<lb/> Schweitzer Gebuͤrge geklettert/ da hat<lb/> ihn die Noth zum Landlaͤuffer gemacht.</p> </sp><lb/> <sp who="#LAF"> <speaker>Laff.</speaker> <p>Wir ſind alle Landlaͤuffer/ ob wir<lb/> einen Menſchen Fuß oder einen Pfer-<lb/> de Fuß darzu brauchen. Doch wie<lb/> haben ſie ſich in waͤhrender Zeit befun-<lb/> den? So viel ich ſehe/ werde ich aller-<lb/> ſeits Urſache haben zu <hi rendition="#aq">gratuli</hi>ren.</p> </sp><lb/> <sp who="#CHA"> <speaker>Charl.</speaker> <p>Jch bin mit meinem Gluͤcke zu frie-<lb/> den/ ſo gehet mirs allezeit wol.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOU"> <speaker>Louyſ.</speaker> <p>Und ich verſchweige mein Ungluͤck/<lb/> ſo wird kein lieber Menſch an der <hi rendition="#aq">Gra-<lb/> tulation</hi> verhindert.</p> </sp><lb/> <sp who="#LAF"> <speaker>Laff.</speaker> <p>Das iſt nachdencklich geredt/ daß<lb/> man ſein Ungluͤck verſchweigt: Jch<lb/> will nicht hoffen/ daß unter dieſen<lb/> Worten eine heimliche Liebe ſoll ver-<lb/> ſtanden werden.</p> </sp><lb/> <sp who="#CHA"> <speaker>Charl.</speaker> <p>Jhr lieben Herren/ es heiſt in<lb/> Franckreich veraͤndert ſich die Mode<lb/> alle Tage; Laßt doch einmal die garſti-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ge</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [402/0568]
Charl. Behuͤte GOtt! Jſt er ein Land-
laͤuffer? Ein ſolcher Cavallier wird ja
ſo viel haben/ daß er reiten kan.
Louyſ. Ach Schweſtergen/ er iſt uͤber die
Schweitzer Gebuͤrge geklettert/ da hat
ihn die Noth zum Landlaͤuffer gemacht.
Laff. Wir ſind alle Landlaͤuffer/ ob wir
einen Menſchen Fuß oder einen Pfer-
de Fuß darzu brauchen. Doch wie
haben ſie ſich in waͤhrender Zeit befun-
den? So viel ich ſehe/ werde ich aller-
ſeits Urſache haben zu gratuliren.
Charl. Jch bin mit meinem Gluͤcke zu frie-
den/ ſo gehet mirs allezeit wol.
Louyſ. Und ich verſchweige mein Ungluͤck/
ſo wird kein lieber Menſch an der Gra-
tulation verhindert.
Laff. Das iſt nachdencklich geredt/ daß
man ſein Ungluͤck verſchweigt: Jch
will nicht hoffen/ daß unter dieſen
Worten eine heimliche Liebe ſoll ver-
ſtanden werden.
Charl. Jhr lieben Herren/ es heiſt in
Franckreich veraͤndert ſich die Mode
alle Tage; Laßt doch einmal die garſti-
ge
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/568 |
Zitationshilfe: | Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/568>, abgerufen am 21.06.2024. |