Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683.Jacobs Jac. Ich sehe wohl/ ein Bräutlgam muß sich vexieren lassen. Doch ich vermeinte meine Lliebste hier anzutreffen. Lot. Sachte/ sachte Herr Bräutigam/ wil er sich an unserer Landes Gewohnheit versündigen? Jac. Ist das Sünde/ menn man eine sucht/ die man ohne Sünde nicht verlassen kan? Lot. Was hilffts? die alten Gewohnheiten las- sen sich allemahl so genau nicht untersuchen: Gleich- wol ist es bey uns Mode/ daß ein Bräutigam seine Braut den gantzen Hochzeit Tag nicht anschauen darff: sie wird jhm mit verdeckten Gesichte zur Trauung zugeführet/ sie absentirt sich von den Gästen/ und endlich muß sie auch jhren Liebsten bey stiller Finsterniß in das Schlaff-Gemach begleitet werden. Jac. So viel habe ich mich um dergleichen Sa- chen bekümmert/ daß ich von den Hochzeit Gebräu- chen das erste mahl reden höre. Dark. Mir scheinet die Gewohnheit gar billich: denn eine rechtschaffene Jungfer muß sich doch ent- fernen/ wenn sie den Feind jhrer Jungfrauschafft vor Augen siehet: darum kan jhr auch mit einer Decke am besten geholffen werden; sie mag nun blaß oder roth seyn/ so haben doch die Hochzeit- Gäste nichts zu richten. Jac. Herr Darkon behält seine Art/ daß er et- was höhnisch ist. Dar.
Jacobs Jac. Ich ſehe wohl/ ein Braͤutlgam muß ſich vexieren laſſen. Doch ich vermeinte meine Lliebſte hier anzutreffen. Lot. Sachte/ ſachte Herr Braͤutigam/ wil er ſich an unſerer Landes Gewohnheit verſuͤndigen? Jac. Iſt das Suͤnde/ menn man eine ſucht/ die man ohne Suͤnde nicht verlaſſen kan? Lot. Was hilffts? die alten Gewohnheiten laſ- ſen ſich allemahl ſo genau nicht unterſuchen: Gleich- wol iſt es bey uns Mode/ daß ein Braͤutigam ſeine Braut den gantzen Hochzeit Tag nicht anſchauen darff: ſie wird jhm mit verdeckten Geſichte zur Trauung zugefuͤhret/ ſie abſentirt ſich von den Gaͤſten/ und endlich muß ſie auch jhren Liebſten bey ſtiller Finſterniß in das Schlaff-Gemach begleitet werden. Jac. So viel habe ich mich um dergleichen Sa- chen bekuͤmmert/ daß ich von den Hochzeit Gebraͤu- chen das erſte mahl reden hoͤre. Dark. Mir ſcheinet die Gewohnheit gar billich: denn eine rechtſchaffene Jungfer muß ſich doch ent- fernen/ wenn ſie den Feind jhrer Jungfrauſchafft vor Augen ſiehet: darum kan jhr auch mit einer Decke am beſten geholffen werden; ſie mag nun blaß oder roth ſeyn/ ſo haben doch die Hochzeit- Gaͤſte nichts zu richten. Jac. Herr Darkon behaͤlt ſeine Art/ daß er et- was hoͤhniſch iſt. Dar.
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Jacobs
Jac. Ich ſehe wohl/ ein Braͤutlgam muß ſich
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hier anzutreffen.
Lot. Sachte/ ſachte Herr Braͤutigam/ wil er
ſich an unſerer Landes Gewohnheit verſuͤndigen?
Jac. Iſt das Suͤnde/ menn man eine ſucht/ die
man ohne Suͤnde nicht verlaſſen kan?
Lot. Was hilffts? die alten Gewohnheiten laſ-
ſen ſich allemahl ſo genau nicht unterſuchen: Gleich-
wol iſt es bey uns Mode/ daß ein Braͤutigam ſeine
Braut den gantzen Hochzeit Tag nicht anſchauen
darff: ſie wird jhm mit verdeckten Geſichte zur
Trauung zugefuͤhret/ ſie abſentirt ſich von den
Gaͤſten/ und endlich muß ſie auch jhren Liebſten bey
ſtiller Finſterniß in das Schlaff-Gemach begleitet
werden.
Jac. So viel habe ich mich um dergleichen Sa-
chen bekuͤmmert/ daß ich von den Hochzeit Gebraͤu-
chen das erſte mahl reden hoͤre.
Dark. Mir ſcheinet die Gewohnheit gar billich:
denn eine rechtſchaffene Jungfer muß ſich doch ent-
fernen/ wenn ſie den Feind jhrer Jungfrauſchafft
vor Augen ſiehet: darum kan jhr auch mit einer
Decke am beſten geholffen werden; ſie mag nun
blaß oder roth ſeyn/ ſo haben doch die Hochzeit-
Gaͤſte nichts zu richten.
Jac. Herr Darkon behaͤlt ſeine Art/ daß er et-
was hoͤhniſch iſt.
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683/119>, abgerufen am 16.02.2025. |