Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683.Heyrath. Han. Ich wil hoffen/ er lebt noch. Rah. So last mich doch die Zeitung hören. Han. Ein unglückseliger Schäfer hat jhn bere- det/ als wäre die schönste Rahel an einen Syrischen Printzen versprochen worden. Rah. Ach wer sprengt doch die falschen Gedichte so bald aus! Han. Darauff hat er etliche ungeduldige Wor- te gegen dieses Land ausgestossen/ und hat die schleu- nigste Flucht gegen das Gebirge zu genommen. Rah. Ach Haniel, ist es möglich? Han. Ich wolte wünschen/ es wäre anders. Rah. Ach ich unglückselige! So muß ich bey meiner höchsten Beständigkeit als eine treulose Person gehasset werden. Ach wie offt wird Ja- cob meinen Nahmen verfluchen/ und was vor unver- diente Seelen-Schmertzen werden jhm durch mein Gedächtnüs erwecket werden! Han. Das Unglück ist groß/ darbey man auch nicht einen Trost erfinden kan. Rah. Mein Freund/ ihr seyd mein Zeuge/ daß ich allbereit in die Flucht gewilliget habe/ saget mir nur/ wo er sich hingelencket hat; Vielleicht ist mei- ne Liebe geschwinder als seine Rachgier. Ich wil jhn suchen: so wahr als ich eine gerechte Sache habe/ so wahr wil ich jhn finden. Han. Ich kan nichts rathen und nichts verbit- ten. Sie muß zusehen/ was sie bey dem Herrn Vater verantworten kan. Rah. M 3
Heyrath. Han. Ich wil hoffen/ er lebt noch. Rah. So laſt mich doch die Zeitung hoͤren. Han. Ein ungluͤckſeliger Schaͤfer hat jhn bere- det/ als waͤre die ſchoͤnſte Rahel an einen Syriſchen Printzen verſprochen worden. Rah. Ach wer ſprengt doch die falſchen Gedichte ſo bald aus! Han. Darauff hat er etliche ungeduldige Wor- te gegen dieſes Land ausgeſtoſſen/ und hat die ſchleu- nigſte Flucht gegen das Gebirge zu genommen. Rah. Ach Haniel, iſt es moͤglich? Han. Ich wolte wuͤnſchen/ es waͤre anders. Rah. Ach ich ungluͤckſelige! So muß ich bey meiner hoͤchſten Beſtaͤndigkeit als eine treuloſe Perſon gehaſſet werden. Ach wie offt wird Ja- cob meinen Nahmen verfluchen/ und was vor unver- diente Seelen-Schmertzen werden jhm durch mein Gedaͤchtnuͤs erwecket werden! Han. Das Ungluͤck iſt groß/ darbey man auch nicht einen Troſt erfinden kan. Rah. Mein Freund/ ihr ſeyd mein Zeuge/ daß ich allbereit in die Flucht gewilliget habe/ ſaget mir nur/ wo er ſich hingelencket hat; Vielleicht iſt mei- ne Liebe geſchwinder als ſeine Rachgier. Ich wil jhn ſuchen: ſo wahr als ich eine gerechte Sache habe/ ſo wahr wil ich jhn finden. Han. Ich kan nichts rathen und nichts verbit- ten. Sie muß zuſehen/ was ſie bey dem Herrn Vater verantworten kan. Rah. M 3
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Heyrath.
Han. Ich wil hoffen/ er lebt noch.
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Han. Ein ungluͤckſeliger Schaͤfer hat jhn bere-
det/ als waͤre die ſchoͤnſte Rahel an einen Syriſchen
Printzen verſprochen worden.
Rah. Ach wer ſprengt doch die falſchen Gedichte
ſo bald aus!
Han. Darauff hat er etliche ungeduldige Wor-
te gegen dieſes Land ausgeſtoſſen/ und hat die ſchleu-
nigſte Flucht gegen das Gebirge zu genommen.
Rah. Ach Haniel, iſt es moͤglich?
Han. Ich wolte wuͤnſchen/ es waͤre anders.
Rah. Ach ich ungluͤckſelige! So muß ich bey
meiner hoͤchſten Beſtaͤndigkeit als eine treuloſe
Perſon gehaſſet werden. Ach wie offt wird Ja-
cob meinen Nahmen verfluchen/ und was vor unver-
diente Seelen-Schmertzen werden jhm durch mein
Gedaͤchtnuͤs erwecket werden!
Han. Das Ungluͤck iſt groß/ darbey man auch
nicht einen Troſt erfinden kan.
Rah. Mein Freund/ ihr ſeyd mein Zeuge/ daß
ich allbereit in die Flucht gewilliget habe/ ſaget mir
nur/ wo er ſich hingelencket hat; Vielleicht iſt mei-
ne Liebe geſchwinder als ſeine Rachgier. Ich wil
jhn ſuchen: ſo wahr als ich eine gerechte Sache
habe/ ſo wahr wil ich jhn finden.
Han. Ich kan nichts rathen und nichts verbit-
ten. Sie muß zuſehen/ was ſie bey dem Herrn
Vater verantworten kan.
Rah.
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683/202>, abgerufen am 27.07.2024. |