Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite

weiter, denn diese verlangt, dass einzelne Fälle völliger
Rückkehr zur Stammform schon in der zweiten Gene-
ration aufgefunden werden können, und solche sind
in der That beobachtet worden
. Ja Godron fand, dass
"Melandryum album x rubrum schon mit eigenem Pollen in
zweiter Generation zu den Stammarten zurückschlug" (Focke,
p. 485). Dies erklärt sich aus der Theorie ganz wohl. Wenn
einzelne der Mutter-Keimzellen vom Bastard ihre Reductions-
theilung so ausführen, dass in jede der beiden fertigen Keim-
zellen [Formel 1] Idanten1) nur von album oder nur von rubrum ge-
langen, so werden bei der Befruchtung dieser Keimzellen zwei
Möglichkeiten eintreten können; entweder nämlich trifft eine
Keimzelle mit rothen Idanten mit einer solchen zusammen, die
weisse enthält, oder beide bei der Befruchtung sich vereinigende
Keimzellen enthalten gleichelterliche Idanten. In ersterem Falle
entsteht von Neuem die Bastardform, im letzteren aber eine
reine Stammart
. Solche Rückschläge scheinen selten vor-
zukommen und dies möchte darauf hinweisen, dass da, wo sie
vorkommen, irgend welche uns noch unbekannte Umstände die
Halbirung des Keimplasma's der Mutter-Keimzellen in einer
bestimmten
Theilungsebne bevorzugen, nämlich in derjenigen,
welche zwischen den Gruppen der väterlichen und mütterlichen
Idanten hindurchgeht.

Aus der Theorie erhellt auch, was aus der Beobachtung
nicht mit Sicherheit ersehen werden könnte, dass der Rück-
schlag des Bastards auf die Stammform ein vollstän-
diger
sein kann. Gäbe es keine Reductionstheilung, so wäre
dies nicht möglich, oder wäre das Keimplasma eine homogene
Masse, die sich bei der Bastardirung mit dem Keimplasma der

1) n bedeutet die Zahl der Idanten, welche bei den betreffenden
Arten Norm ist.
Weismann, Das Keimplasma. 26

weiter, denn diese verlangt, dass einzelne Fälle völliger
Rückkehr zur Stammform schon in der zweiten Gene-
ration aufgefunden werden können, und solche sind
in der That beobachtet worden
. Ja Godron fand, dass
„Melandryum album × rubrum schon mit eigenem Pollen in
zweiter Generation zu den Stammarten zurückschlug“ (Focke,
p. 485). Dies erklärt sich aus der Theorie ganz wohl. Wenn
einzelne der Mutter-Keimzellen vom Bastard ihre Reductions-
theilung so ausführen, dass in jede der beiden fertigen Keim-
zellen [Formel 1] Idanten1) nur von album oder nur von rubrum ge-
langen, so werden bei der Befruchtung dieser Keimzellen zwei
Möglichkeiten eintreten können; entweder nämlich trifft eine
Keimzelle mit rothen Idanten mit einer solchen zusammen, die
weisse enthält, oder beide bei der Befruchtung sich vereinigende
Keimzellen enthalten gleichelterliche Idanten. In ersterem Falle
entsteht von Neuem die Bastardform, im letzteren aber eine
reine Stammart
. Solche Rückschläge scheinen selten vor-
zukommen und dies möchte darauf hinweisen, dass da, wo sie
vorkommen, irgend welche uns noch unbekannte Umstände die
Halbirung des Keimplasma’s der Mutter-Keimzellen in einer
bestimmten
Theilungsebne bevorzugen, nämlich in derjenigen,
welche zwischen den Gruppen der väterlichen und mütterlichen
Idanten hindurchgeht.

Aus der Theorie erhellt auch, was aus der Beobachtung
nicht mit Sicherheit ersehen werden könnte, dass der Rück-
schlag des Bastards auf die Stammform ein vollstän-
diger
sein kann. Gäbe es keine Reductionstheilung, so wäre
dies nicht möglich, oder wäre das Keimplasma eine homogene
Masse, die sich bei der Bastardirung mit dem Keimplasma der

1) n bedeutet die Zahl der Idanten, welche bei den betreffenden
Arten Norm ist.
Weismann, Das Keimplasma. 26
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0425" n="401"/>
weiter, denn diese verlangt, dass <hi rendition="#g">einzelne Fälle völliger<lb/>
Rückkehr zur Stammform schon in der zweiten Gene-<lb/>
ration aufgefunden werden können, und solche sind<lb/>
in der That beobachtet worden</hi>. Ja <hi rendition="#g">Godron</hi> fand, dass<lb/>
&#x201E;Melandryum album × rubrum schon mit <hi rendition="#g">eigenem</hi> Pollen in<lb/>
zweiter Generation zu den Stammarten zurückschlug&#x201C; (Focke,<lb/>
p. 485). Dies erklärt sich aus der Theorie ganz wohl. Wenn<lb/>
einzelne der Mutter-Keimzellen vom Bastard ihre Reductions-<lb/>
theilung so ausführen, dass in jede der beiden fertigen Keim-<lb/>
zellen <formula/> Idanten<note place="foot" n="1)">n bedeutet die Zahl der Idanten, welche bei den betreffenden<lb/>
Arten Norm ist.</note> <hi rendition="#g">nur</hi> von album oder <hi rendition="#g">nur</hi> von rubrum ge-<lb/>
langen, so werden bei der Befruchtung dieser Keimzellen zwei<lb/>
Möglichkeiten eintreten können; entweder nämlich trifft eine<lb/>
Keimzelle mit rothen Idanten mit einer solchen zusammen, die<lb/>
weisse enthält, oder beide bei der Befruchtung sich vereinigende<lb/>
Keimzellen enthalten gleichelterliche Idanten. In ersterem Falle<lb/>
entsteht von Neuem die Bastardform, <hi rendition="#g">im letzteren aber eine<lb/>
reine Stammart</hi>. Solche Rückschläge scheinen selten vor-<lb/>
zukommen und dies möchte darauf hinweisen, dass da, wo sie<lb/>
vorkommen, irgend welche uns noch unbekannte Umstände die<lb/>
Halbirung des Keimplasma&#x2019;s der Mutter-Keimzellen in <hi rendition="#g">einer<lb/>
bestimmten</hi> Theilungsebne bevorzugen, nämlich in derjenigen,<lb/>
welche zwischen den Gruppen der väterlichen und mütterlichen<lb/>
Idanten hindurchgeht.</p><lb/>
            <p>Aus der Theorie erhellt auch, was aus der Beobachtung<lb/>
nicht mit Sicherheit ersehen werden könnte, dass <hi rendition="#g">der Rück-<lb/>
schlag des Bastards auf die Stammform ein vollstän-<lb/>
diger</hi> sein kann. Gäbe es keine Reductionstheilung, so wäre<lb/>
dies nicht möglich, oder wäre das Keimplasma eine homogene<lb/>
Masse, die sich bei der Bastardirung mit dem Keimplasma der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Weismann</hi>, Das Keimplasma. 26</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[401/0425] weiter, denn diese verlangt, dass einzelne Fälle völliger Rückkehr zur Stammform schon in der zweiten Gene- ration aufgefunden werden können, und solche sind in der That beobachtet worden. Ja Godron fand, dass „Melandryum album × rubrum schon mit eigenem Pollen in zweiter Generation zu den Stammarten zurückschlug“ (Focke, p. 485). Dies erklärt sich aus der Theorie ganz wohl. Wenn einzelne der Mutter-Keimzellen vom Bastard ihre Reductions- theilung so ausführen, dass in jede der beiden fertigen Keim- zellen [FORMEL] Idanten 1) nur von album oder nur von rubrum ge- langen, so werden bei der Befruchtung dieser Keimzellen zwei Möglichkeiten eintreten können; entweder nämlich trifft eine Keimzelle mit rothen Idanten mit einer solchen zusammen, die weisse enthält, oder beide bei der Befruchtung sich vereinigende Keimzellen enthalten gleichelterliche Idanten. In ersterem Falle entsteht von Neuem die Bastardform, im letzteren aber eine reine Stammart. Solche Rückschläge scheinen selten vor- zukommen und dies möchte darauf hinweisen, dass da, wo sie vorkommen, irgend welche uns noch unbekannte Umstände die Halbirung des Keimplasma’s der Mutter-Keimzellen in einer bestimmten Theilungsebne bevorzugen, nämlich in derjenigen, welche zwischen den Gruppen der väterlichen und mütterlichen Idanten hindurchgeht. Aus der Theorie erhellt auch, was aus der Beobachtung nicht mit Sicherheit ersehen werden könnte, dass der Rück- schlag des Bastards auf die Stammform ein vollstän- diger sein kann. Gäbe es keine Reductionstheilung, so wäre dies nicht möglich, oder wäre das Keimplasma eine homogene Masse, die sich bei der Bastardirung mit dem Keimplasma der 1) n bedeutet die Zahl der Idanten, welche bei den betreffenden Arten Norm ist. Weismann, Das Keimplasma. 26

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/425
Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/425>, abgerufen am 21.11.2024.