Dass dem nicht immer so sein muss, erhellt aus der Theorie und geht auch aus der Beobachtung hervor, nach welcher nicht alle Jungen kahlköpfig werden.
Ganz ähnlich wird es sich verhalten, wenn es sich um Vermehrung der Federn einer bestimmten Stelle handelt, wie z. B. bei der Bildung der Rasse der Pfauentaube. Bekannt- lich besitzt die heutige Pfauentaube bis zu 40 Steuerfedern im Schwanz an Stelle der 12, welche die Stammform aufweist, und die Rasse ist ohne Zweifel durch künstliche Züchtung entstanden, und zwar dadurch, dass man immer die Tauben zur Nachzucht auswählte, die eine Feder mehr besassen, als die übrigen. Die Jungen werden dann häufig oder doch zuweilen noch mehr Schwanzfedern besessen haben, als jeder der beiden Eltern. Aber auch dies war dann nicht etwa eine "Kraftverstärkung" einer "Eigenschaft", sondern es war Nichts als eine Zusammen- tragung verschiedener neuer Federn auf ein Indivi- duum. Gesetzt, der Tauber hätte zwei überzählige Federn ge- habt, die an der Stelle a' und d' standen, zwischen den nor- malen Federn a und b, und c und d; die Mutter hätte ebenfalls zwei überzählige Federn gehabt, und zwar an der Stelle f' und h', so könnte eines der Kinder eine Majorität der Determinanten der überzähligen Federn sowohl des Vaters, als der Mutter in seinem Keimplasma vereinigen und somit alle vier neuen Federn aufweisen, und diese "Steigerung des Charakters" der Vielfedrig- keit des Schwanzes hat seinen Grund in der Constitution des Keimplasma's, kann also auf die folgende Generation vererbt werden.
Gerade an diesem Beispiel aber tritt es klar hervor, dass alles wirklich Neue nicht auf blosser Vererbung be- ruhen kann, sondern auf Veränderung und häufig Ver- mehrung der Determinanten. Solange es sich nur um die blosse Ausbreitung einer "Eigenschaft" über grössere Körper-
Dass dem nicht immer so sein muss, erhellt aus der Theorie und geht auch aus der Beobachtung hervor, nach welcher nicht alle Jungen kahlköpfig werden.
Ganz ähnlich wird es sich verhalten, wenn es sich um Vermehrung der Federn einer bestimmten Stelle handelt, wie z. B. bei der Bildung der Rasse der Pfauentaube. Bekannt- lich besitzt die heutige Pfauentaube bis zu 40 Steuerfedern im Schwanz an Stelle der 12, welche die Stammform aufweist, und die Rasse ist ohne Zweifel durch künstliche Züchtung entstanden, und zwar dadurch, dass man immer die Tauben zur Nachzucht auswählte, die eine Feder mehr besassen, als die übrigen. Die Jungen werden dann häufig oder doch zuweilen noch mehr Schwanzfedern besessen haben, als jeder der beiden Eltern. Aber auch dies war dann nicht etwa eine „Kraftverstärkung“ einer „Eigenschaft“, sondern es war Nichts als eine Zusammen- tragung verschiedener neuer Federn auf ein Indivi- duum. Gesetzt, der Tauber hätte zwei überzählige Federn ge- habt, die an der Stelle a' und d' standen, zwischen den nor- malen Federn a und b, und c und d; die Mutter hätte ebenfalls zwei überzählige Federn gehabt, und zwar an der Stelle f' und h', so könnte eines der Kinder eine Majorität der Determinanten der überzähligen Federn sowohl des Vaters, als der Mutter in seinem Keimplasma vereinigen und somit alle vier neuen Federn aufweisen, und diese „Steigerung des Charakters“ der Vielfedrig- keit des Schwanzes hat seinen Grund in der Constitution des Keimplasma’s, kann also auf die folgende Generation vererbt werden.
Gerade an diesem Beispiel aber tritt es klar hervor, dass alles wirklich Neue nicht auf blosser Vererbung be- ruhen kann, sondern auf Veränderung und häufig Ver- mehrung der Determinanten. Solange es sich nur um die blosse Ausbreitung einer „Eigenschaft“ über grössere Körper-
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Dass dem nicht immer so sein muss, erhellt aus der Theorie
und geht auch aus der Beobachtung hervor, nach welcher nicht
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Ganz ähnlich wird es sich verhalten, wenn es sich um
Vermehrung der Federn einer bestimmten Stelle handelt, wie
z. B. bei der Bildung der Rasse der Pfauentaube. Bekannt-
lich besitzt die heutige Pfauentaube bis zu 40 Steuerfedern im
Schwanz an Stelle der 12, welche die Stammform aufweist, und
die Rasse ist ohne Zweifel durch künstliche Züchtung entstanden,
und zwar dadurch, dass man immer die Tauben zur Nachzucht
auswählte, die eine Feder mehr besassen, als die übrigen. Die
Jungen werden dann häufig oder doch zuweilen noch mehr
Schwanzfedern besessen haben, als jeder der beiden Eltern. Aber
auch dies war dann nicht etwa eine „Kraftverstärkung“ einer
„Eigenschaft“, sondern es war Nichts als eine Zusammen-
tragung verschiedener neuer Federn auf ein Indivi-
duum. Gesetzt, der Tauber hätte zwei überzählige Federn ge-
habt, die an der Stelle a' und d' standen, zwischen den nor-
malen Federn a und b, und c und d; die Mutter hätte ebenfalls
zwei überzählige Federn gehabt, und zwar an der Stelle f' und h',
so könnte eines der Kinder eine Majorität der Determinanten
der überzähligen Federn sowohl des Vaters, als der Mutter in
seinem Keimplasma vereinigen und somit alle vier neuen Federn
aufweisen, und diese „Steigerung des Charakters“ der Vielfedrig-
keit des Schwanzes hat seinen Grund in der Constitution des
Keimplasma’s, kann also auf die folgende Generation vererbt
werden.
Gerade an diesem Beispiel aber tritt es klar hervor, dass
alles wirklich Neue nicht auf blosser Vererbung be-
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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/584>, abgerufen am 22.11.2024.
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